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offener einphasiger städtebaulicher Ideenwettbewerb | 06/2006

Ideenwettbewerb "Obere Hauptstraße"

Strukturkonzept und Leitidee

Strukturkonzept und Leitidee

1. Preis

Dirk Vogel

Architektur

Erläuterungstext


Stadtleben am wiederentdeckten Bach

Topografie, Stadtbaugeschichte und Entwurfskonzept:

Die Künsbachaue gab der Stadt Künzelsau, deren Ortsbild von eingeschnittenen Flußtälern und bewaldete Bergen geprägt ist, ihren Namen. Im 15. Jahrhundert wurde das Rathaus direkt über dem Künsbach in die Hauptstraße gebaut, seitdem fließt er mittig unter dem Rathaus hindurch. Durch die Verdohlung des Künsbachs, der jahrhundertelang durch die Stadt geflossen war, verlor die Stadt einen Teil ihrer Identität. Der Wasserlauf und die außer¬gewöhnliche Lage des Rathauses sollen wieder sichtbar und über einen längeren Abschnitt erlebbar werden.

Wasser und Vegetation:

Der Bachverlauf wird in akkustisch, optisch und haptisch variantenreiche Sequenzen gegliedert, Schwankungen des Wasserstandes werden erlebbar. Zwei rauschende Wasserfälle überdecken das Rauschen des Verkehrs. Danach fließt der Bach munter bewegt über das flache mit Steinen ausgelegte Bachbett. Unterhalb des Rathauses wird der Künsbach ein letztes Mal spielerisch mit der Pumpe eines interaktiven Wasserspielbrunnens hochgeholt. Oberirdische Rinnen und Wasserspeier inszenieren den Regen. Ein innovatives Regenwasserkonzept entlastet die Kläranlage. Im Sommer sorgt der offene Bach für ein verbessertes Mikroklima.

Vegetation (Kastanien, Kletterpflanzen, Wasserpflanzen) und Wasser stellen den Reiz der Jahreszeiten, das Wetter sowie Blühereignisse als essentielles Element unseres Lebenszyklus dar. Die Stützmauer zwischen Fahrweg und Sitzstufen bildet einen grünen Rücken für die Wassergenießer am Bach. Im Bachbett selbst ermöglichen Flachwasserzonen eine spontane Vegetation, wodurch die streng architektonische Form des Bachlaufs um eine jahreszeitliche und veränderliche Komponente bereichert wird.

Motorisierter Verkehr und Parkierung

Mit dem motorisierten Verkehr soll ein integrierter und entspannter Umgang gefunden werden. Die Mischverkehrsfläche wird dezent von einer breiten überfahrbaren Kandel in Fußgänger und motorisierten Verkehr gegliedert, wodurch die langsame Begegnung von Bus und Pkw nahezu überall möglich ist. Aufgrund der am „Oberen Platz“ unter den Kastanien konzentrierten Parkplätze entfällt der Parksuchverkehr. Bei Konzerten und Festen wird aus dem „Oberen Platz“ ein eleganter Stadtplatz.

Aufenthaltsqualität, Gastronomie und Einzelhandel:

Die zentrale Frage bei der Gestaltung dieses urbanen Begegnungsplatzes ist nicht die gebaute Materie, sondern das Dazwischen. Bietet der Platz Raum für das Alltagsleben bei jedem Wetter, bei jeder Jahreszeit und das auch noch Jahrzehnte später? Eine hohe gestalterische Qualität soll diesen Platz angenehm und human machen, aber auch ökonomische und repräsentive Bedürfnisse erfüllen. Langfristig bietet eine durchdachte und zurückhaltenden Gestaltung dafür die besten Vorraus¬setzungen. Die Eingangstreppen des alten Rathauses, aber auch die Taschenplätze dienen als Bühne für Straßenmusik oder als Logenplätze. Nördlich des alten Rathauses animiert eine interaktive Brunneninstallation zum kreativen „Bespielen“. Hier sind sportliche Wettstreite oder Spiele mit den Fontainen möglich. Das ganze Spektakel kann zwei Stufen höher vom Eiscafé aus gemütlich beobachtet werden.

Ein breiter Fußgängerbereich mit Auslagen direkt vor den Fachgeschäften bietet eine angenehme kommunikative Einkaufsatmosphäre. Direkt am Künsbach befinden sich attraktive Freisitze. Kostenlose Sitz- und Spielgelegenheiten machen den Treffpunktplatz jederzeit für Jung und Alt, Zuschauer und Akteure attraktiv.

Stadtmöbel und Materialität:

Das übergeordnete Entwurfsziel, den Künsbach zusammenhängend erlebbar zu machen, kann nur durch eine im Detail durchgängige Gestaltung erreicht werden. Aus dem Fundus schon vorhandener Materialien und Möbel werden einige wenige gezielt eingesetzt. Als einheitliches Bodenmaterial wird gelblich-graues Granitpflaster gewählt. Die Fußgängerbereiche werden aus gut begehbarem Kleinpflaster, die befahrbaren Bereiche mit Großpflaster gepflastert. Generell sollen Einbauten einen Mehrfachnutzen haben, so dient die Ufermauer aus grob behauenen Muschel¬kalkblöcken nicht nur als Absturzsicherung, sondern auch als Sitzgelegenheit und raumbildendes Element.

Lichtkonzept

Auf der Basis einer hochwertigen Beleuchtung wird das Besondere hervorgehoben: das alte Rathaus, ausgewählte Freiraum- und Architekturdetails. Der Künsbach bleibt absichtlich als Reflexionsfläche im Dunkel, ebenso wie der Bereich der Sitzstufen, um die beleuchteten Wasserfälle zu betrachten. Streiflicht aus Einbauleuchten in den Ufermauern modelliert die Textur des Natursteinpflasters.

Ein geschwungenes „Licht-Wasser-Band“ aus Wasserkandel und Leuchtstelen verbindet die Fragmente des Künsbachs. Die avantgardistischen Stelen erscheinen als vertikale raumbildende Lichtelemente. Da der Rathausplatz vom alten Rathaus dominiert werden soll, werden die Leuchtstelen als bodengleiche farbige Lichtpunkte fortgesetzt. Auf die unterirdische Besonderheit weist der Lichtschimmer aus den Fugen großformatiger Platten hin, der einen über dem Bach liegenden Lichtteppich zum Rathauseingang bildet.
Gestaltungskonzept

Gestaltungskonzept

Lichtkonzept

Lichtkonzept

Sitzstufen am Bach

Sitzstufen am Bach

Querschnitt

Querschnitt

Nachtperspektive

Nachtperspektive