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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2014

StadtLandschaft

2. Preis

Preisgeld: 10.500 EUR

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ein Gartenreich an der Stever
Die Flusslandschaft der Stever mit den Wasserläufen, Gräften und Burgen besitzt eine charak-teristische Eigenheit. Ziel der Planung ist die Stärkung der lokalen Identitäten, die Wiederge-winnung verlorener Bezüge und die Verknüpfung der vielen einzelnen Elemente zu einem übergreifenden Konzept.
Die Ideen greifen frühere Entwicklungen auf, als die Gefilde um die Wasserburgen nach Jahr-hunderten intensiver Nutzung zu einer romantisch anmutenden Parklandschaft ausgeformt wurden. In unmittelbarer Nachbarschaft von Innenstadt und Wohnvierteln kann diese Strategie auch heute wieder eine starke Wirksamkeit entfalten und zur Steigerung der Lebensqualität in Lüdinghausen beitragen.
Um die vorhandenen landschaftlichen Strukturen weiterzuentwickeln, werden vor allem neue Wegeverbindungen geschaffen und Sichtbeziehungen wiederhergestellt. So wird es möglich, die Korrespondenz der Burgen Lüdinghausen und Vischering zu zeigen und auch die Anbin-dung an die Innenstadt zu verbessern. Mit der gezielten Bewirtschaftung agrarisch und gärtne-risch genutzter Flächen werden historische und lokale Aspekte der Landnutzung aufgegriffen. Neu konzipierte Erlebnisbereiche vermitteln das Thema der Wasserläufe sowie die Geschichte der Wasserburgen.

Freier Blick auf die Burgen - Wiederherstellung von Sichtbeziehungen
Die ursprüngliche Wirkung der Burgen als Landmarke und räumlicher Bezugspunkt wird wie-derhergestellt, indem wichtige Sichtbeziehungen durch Entnahme bzw. Rückschnitt von Ge-hölzen geöffnet werden. Insbesondere die Beziehung zwischen den Burgen sowie zum Kirch-turm der Kirche St. Felicitas in der Innenstadt können dadurch neu erfahren werden. Ebenso werden entlang der Wege und Wasserläufe zahlreiche besondere Blicke auf die Burgen in-szeniert.

Wege in den Wiesen - neue Verknüpfungen
Um die funktionalen Bezüge zu verbessern, werden einige Wegeverbindungen ausgebaut bzw. neu hergestellt. Insbesondere die Querung der Steverwiesen (Wiesenweg) ist dabei von großer Bedeutung. Damit wird neben den alltäglichen Wegebeziehungen (z.B. als Schulweg) vor allem die Erlebbarkeit der Flusslandschaft gestärkt. Auch die historischen Gartenanlagen im Südwesten und Nordosten der Burg Lüdinghausen werden durch neue Wegeverbindungen an das bestehende Wegenetz angeschlossen und in den Erlebnisraum integriert. Ein weiterer Schwerpunkt sind die sichere Querung der Klosterstraße sowie die Eingangssituation zum Ge-lände der Burg Vischering.

Wiesensteg
Zur Herstellung der Wegeverbindung wird eine weitere Querung der Wasserfläche benötigt. Dazu dient ein flach über der Wasseroberfläche geführter Holzsteg, eng gestellte Pfähle er-möglichen geringe Spannweiten und Querschnitte. Von hier aus kann die Wasserwelt der Ste-ver auf eine neue Art erlebt werden.

Klosterstraße - Querung und Öffnung
Die Barrierewirkung der Klosterstraße wird durch eine Entzerrung der Funktionen größtenteils aufgehoben. Um die Blickbeziehung zwischen den Burgen wieder zu öffnen, wird die Halte-stelle etwas nach Osten verlagert und nach Süden teilweise durch eine Bepflanzung abge-schirmt. So ergibt sich die Möglichkeit, die Sichtachse zwischen den beiden Burgen zu öffnen und dabei keine störenden Einbauten im Blickfeld zu haben. Diese Verschiebung bietet die Chance, den Eingang zum Gelände der Burg Vischering großzügiger zu gestalten und eine übersichtliche Querungsmöglichkeit über die Klosterstraße anzubieten. Zusätzlich gewährleis-ten ein Zebrastreifen und die Ausweisung einer Tempo-30-Zone einen sicheren Übergang zwischen Landschaftsraum und Burgareal. Die Verkehrsabläufe innerhalb der Haltestelle wer-den grundsätzlich beibehalten, der Radweg jedoch etwas nach Süden verlagert, um für den Ein- und Ausstiegsbereich mehr Platz zu gewinnen.

Die Feldflur - Landwirtschaft mit lokalem Bezug
Die landwirtschaftliche Nutzung vor allem auf den Flächen zwischen den Burgen soll in Zukunft mit einem starken lokalen Bezug entwickelt werden. Es ist überliefert, dass die Flächen um die Burgen hauptsächlich zur Ernährung der Bewohner von Burgen, Stadt und umliegenden Dörfern dienten.
Grundsätzlich wird vorgeschlagen, in Anlehnung an die typischen landschaftlichen Strukturen der Flussaue hauptsächlich Wiesenland (Grünland) zu bewirtschaften, z.B. durch Mahd oder Beweidung. Ergänzt wird diese Nutzung durch den Anbau historischer Feldkulturen wie z.B. Lein, Waid, historischen Getreidesorten. Die Parzellen werden sehr kleinteilig bewirtschaftet, so dass ein reichhaltiges Nutzungsmosaik entsteht. Selbstpflückfelder (z.B. Erdbeeren, Schnittblumen) bieten eine Möglichkeit der Partizipation für Bewohner und Besucher, die Feldkulturen werden durch den Kapitelweg und den neu entstandenen Wiesenweg erschlos-sen. Auf diese Weise können ursprüngliche ländliche Lebensformen erlebbar werden.
Die Schulpavillons werden abgerissen, die Flächen in das Konzept der Feldkulturen als ein freier Experimentierraum einbezogen. Im Gegensatz zu den eher historisch orientierten Kultu-ren der zentralen Flächen bietet sich die Möglichkeit, mit neuartigen Pflanzungen zu experi-mentieren, temporäre Gärten anzulegen oder auch Veranstaltungen durchzuführen.

Gartenlandschaft an der Stever
Traditionell ist die Landschaft an der Stever auch eine Landschaft der Gärten. Ursprünglich zur Versorgung der Einwohner genutzt, haben sich auch später noch viele Gärten als Bürgergärten erhalten, eingebettet in eine romantisch umgestaltete Parklandschaft. Historische Namen wie Nachtigallgarten und Schiffsgarten künden von dieser Geschichte. Diese Tradition wird aufgegriffen, alte Gärten wieder entdeckt, an herausgehobenen Orten auch neue Gärten angelegt. Als öffentliche Räume von jedermann nutzbar, greifen sie historische Bezüge auf und entwickeln den Ruf Lüdinghausens als eine „Stadt der Gärten“.

Der Hohe Saum - die Festwiese wird zum Parkraum
Die Festwiese an der Steverstraße wird zu einem großzügigen, parkähnlichen Landschafts-element ausgeformt. Lockere Reihen aus hochkronigen Gehölzen schirmen den Bereich ab, untergliedern die Stellplätze und bieten gleichzeitig eine hohe Aufenthaltsqualität. Das Motiv findet sich auch an der Ostseite der Kleingärten, wo es ebenfalls eine abschirmende Funktion übernimmt. Hier entsteht durch diesen „Hohen Saum“ der Gehölze eine Zone besonderer Auf-enthaltsqualität, die sowohl im Alltag als auch während der Veranstaltungen eine eigene At-mosphäre entwickelt. Unter dem lichten Schatten der Baumkronen stehen einige Sitzbänke, von denen aus sich ein hervorragender Blick auf die Burg und den Wiesenraum bietet.

Steverstrand und Mühlenrad - eine neue Wasserlandschaft
In unmittelbarer Nähe des neuen Wiesenweges wird eine Möglichkeit zum direkten Erlebnis des Wassers geschaffen. Mit dem „Steverstrand“ wird ein Flachwasserbereich ausgeformt, der einen gefahrlosen Zugang zum Gewässer ermöglicht. Spielobjekte für verschiedene Alters-gruppen greifen das Thema auf und bieten einen hohen Erlebniswert. Insbesondere die Müh-lentradition wird hier, am Flussarm der „Mühlenstever“, inszeniert.

Der Wolfsturm - Wiederentdeckung der alten Burg
Die momentan im Verborgenen liegende Burg Wolfsberg wird aus ihrem „Dornröschenschlaf“ geweckt und als ein öffentlicher Ort mit historischer Bedeutung entwickelt. Dazu wird das Thema der Burggeschichte aufgegriffen und auf den Wiesen vor den Gebäuden ein moderner Spielort inszeniert. Gleich einem „Bergfried“ ragt ein bespielbarer Turm in die Höhe, der sowohl Elemente des Kletterns, wie auch eine Rutsche und weitere Aktionsformen beinhaltet.

Orientierung in der Landschaft - des Leitsystem
Das charakteristische Thema der „Burgenlandschaft“ wird in eine dem „Bergfried“ angenäherte Figur übersetzt und als Leitsystem sowie Möblierung verwendet. Wie die Burgen in der Land-schaft weithin sichtbar sind, bieten auch die Objekte des Leitsystems eine klare Orientierung. Die Elemente „Sitz“ „Thron“ „Bank“ und „Schild“ folgen einer gemeinsamen gestalterischen Sprache und führen den Besucher an die wichtigen Orte. Die Beschilderung enthält dabei die nötigen Informationen zu Hintergrund und Navigation (Karte und Text).

Stellplatzanlage Burg Vischering
Die Stellplatzanlage nordwestlich der Burg Vischering wird in ihrer Ausdehnung beibehalten, aber durch Reduzierung der Grünanlagen so umstrukturiert, dass zusätzliche Stellplätze ge-wonnen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit stellt einen grundsätzlich positiven Beitrag in dem Wettbewerbsverfahren »StadtLandschaft« in Lüdinghausen dar. Sie bildet eine Besonderheit durch die differenzierte Ausgestaltung der Fläche zwischen den Burgen und lässt im Bereich der vorgeschlagenen Feldflur wechselnde Eindrücke durch die variierenden Bepflanzungsmöglichkeiten im gesamten Vegetationszyklus erwarten. Das Wegesystem orientiert sich entsprechend des gesamten Entwurfes. Die Verortung der Haltestelle von der zukünftigen Besucherquerung entfernt, entflechtet die Verkehrsströme positiv. Eine weitere Besonderheit mit hoher Aufenthaltsqualität stellt der neue, etwas »übergestaltete« Spielbereich, direkt an der Stever, ökologisch an richtiger Stelle, dar. Deplatziert wirkt dagegen das »grüne Klassenzimmer«. Die gewünschte Vernetzung der Burgen und des Freibereiches erfolgt über punktuelle Aufmerksamkeiten in der Form kleiner »Burgen« in der Stadt. Form und Ausgestaltung wirken allerdings sehr aufgesetzt. Eine modernere Ausgestaltung wäre wünschenswert.