modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 07/2014

Neugestaltung des Kirchhofs St. Remigius

1. Preis

BIERBAUM. AICHELE. landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Neugestaltung des Kirchhofs von St. Remigius - Zeitschichten

Ziel unseres Gestaltungsvorschlages ist es, den Kirchhofcharakter von St. Remigius wiederherzustellen, dabei die unterschiedlichen Zeitschichten und Umgestaltungen sichtbar zu machen und über eine zurückhaltende Materialität der Beläge und der Bepflanzung miteinander zu einem schlüssigen Ganzen zu verbinden.
Über den Pflasterplattenbelag aus gesägtem Muschelkalk, der an den Rändern in die Rasenflächen ausläuft, wird eine ruhige Zugangssituation und Gestaltung des Kirchhofs erreicht. Die vorhandenen Gräber bzw. die Grabplatten verbleiben in ihrer Lage innerhalb dieser Rasenfläche, werden lediglich in ihrer Höhenlage angepasst. Lediglich die Kreuzigungsgruppe wird an die östliche Kirchhofmauer verschoben und von Strauchrosen und Eibisch, Salbei, Minze, Ringelblumen, Schwertlilie, Madonnenlilie, Akelei, Christ- und Pfingstrose und anderen Stauden in Anlehnung an das Capitulare de villis Karls des Großen eingefasst und begleitet.
Über die Entfernung der Kastanie (die Rodung kann hierbei sofort oder erst nach entsprechenden Notwendigkeiten aus der Verkehrssicherungspflicht) und die Rodung von in der Mitte des 20.Jhrds. gepflanzten Decksträucher werden große zusammenhängende Rasenflächen geschaffen, die an der Mauer von Solitärsträuchern (Eibe, Feige, Strauchrosen, Mispel) akzentuiert werden. Der damit entstehende parkartige Charakter erzeugt einen ruhigen, introvertierten Ort innerhalb der betriebsamen Stadt. Eine Winterlinde (Tilia cordata) wird am Standort der Gerichtslinde neu gepflanzt. Sie kann mit zunehmenden Alter den Kirchhof als Solitär überstellen. In diesem Zusammenhang kann erwogen werden, die (aus gartendenkmalpflegerischer Sicht eher untypische) Blutbuche, die zudem sehr dicht am Turm der Kirche steht, irgendwann weg zu nehmen, die Gerichtslinde somit als Solitär im Kirchhof zur Geltung zu bringen und so eine historische Gestaltung zur Barockzeit oder früher wieder herzustellen.
Wir schlagen dafür auch vor, den bestehenden Seitenzugang vom Parkplatz zu schließen, die Kirchhofmauer zu schließen. Durch die Freistellung der Mauern von dem bestehenden Gebüsch und der Wiederherstellung des ursprünglichen Höhenniveaus an der Mauer wird der Kirchhofcharakter mit seiner geschlossenen Kirchhofsmauer wieder erlebbar. Als Zugänge verbleiben der Hauptzugang mit seinem schmiedeeisern Tor an der Mainzer Straße, der Zugang vom Pfarrhaus sowie die Treppenanlage an der Belzer Straße, die wir jedoch umbauen, um die geschlossene Form des Kirchhofs an dieser Stelle wieder herzustellen bzw. zu betonen.
Zeitschichten
Das Niveau um den Turm wird (aus Gründen des Baumschutzes der Rotbuche nur in einem schmalen Streifen) auf das historische Niveau des romanischen Turmportals abgesenkt, so dass die Zugänglichkeit für eine touristische Aufbereitung und Präsentation des frühchristlichen Taufpiscina im Kirchturm gewährleistet ist.
Die Abmessungen der merowingerzeitlichen Pfarr- und Taufkirche sind durch einen Naturstein-plattenbelag aus Muschelkalk im wilden Verband sowie ein Plattenband aus hellerem Muschelkalk oder Travertin (ähnlich wie im Saalgebiet) ablesbar, so dass ein nachvollziehen der historischen Abmessungen des Merowingerbaus für den interessierten Besucher zusammen mit erläuternden Abbildungen möglich ist.
Diese Erläuterungen sollen über Informationsträger / Tafeln im Corporate-Design der Kaiserpfalz vermittelt werden. Die Standorte dieser Träger / Tafeln sind flexibel und mit der Denkmalpflege abzustimmen. Ein Vorschlag ist dargestellt.
An der West- und der Nordwestseite der Kirche schlagen wir eine Pflanzung von spalierartig gezogenenen Linden vor, die den Blick auf die wenig angemessene Nachbarbebauung versperrt und zum introvertierten Charakter des Kirchhofes beiträgt. Gegenüber dem barocken Westportal der Kirche schirmt eine Eibenhecke den Blick auf das Nachbargebäude und den Tiefhof ab, eine steinerne Rundbank und zwei Buchs- oder Eibenkugeln rechts und links des Portals greifen barocke Gestaltungselemente auf.
Im Norden der Kirche wird dieses Gestaltungsprinzip fortgeführt. Der Pflanzstreifen zwischen Natursteinbelägen und Mauer soll mit Gehölzen und Stauden in Anlehnung an das Capitulare de villis (s.o.) bepflanzt werden. Hier wie auch entlang der restlichen Kirchhofmauer werden durch diese Pflanzen punktuell zurückhaltende Farb- und Blütenakzente gesetzt und gleichzeitig auf die gärtnerische Kultur zur Zeit Karl des Großen verwiesen. Entsprechende Erläuterungen könnten gegeben werden.
Im Nord- und Südwesten sowie im Nordosten des Kirchhofs schlagen wir weitere Baumstandorte vor. Den nordöstlichen Zugang zum Kirchhof von der Belzer Straße überstellen wir mit einer Ess-Kastanie (Castanea sativa). Für die zwei neuen Bäume die das Westportal flankieren, sind nicht fruchtende Vogelkirschen (Prunus avium ‚Plena‘) vorgesehen.
Nutzungen und Ausstattung
Neben der steineren Rundbank (Muschelkalk ggfs. mit Holzauflage) bieten 4 neue Parkbänke im Kirchhof, die mit dem Rücken zur Kirchhofmauer stehen, Möglichkeiten zum Verweilen und zur inneren Einkehr. Sie unterstützen das Ziel, den Kirchhof und die Kirche St. Remigius als Teil der Tourismusstrategie als attraktiven und interessanten Ort erlebbar zu machen.
Pflasterplattenfläche und Rasenfläche bieten dabei einen angemessenen und würdigen Raum für verschiedene kirchliche Veranstaltungen und Ereignisse, wie bspw. ein Zusammentreffen nach dem Kirchgang, Empfänge nach der Trauung bei Hochzeiten oder Taufen, für Oster- und Weihnachts-marktstände oder für den Abschluss des Martinsumzugs. Das Osterfeuer kann wie bisher an der gewohnten Stelle entzündet werden.
Bodenstrahler akzentuieren die Remigius-Kirche und wichtige Elemente des Kirchhofs. Über das indirekte Licht wird der Kirchhof angemessen ausgeleuchtet, es sind keine weiteren Mastleuchten erforderlich. Durch die offene und einsehbare Gestaltung werden Angsträume oder dunkle Ecken vermieden.
Mit der Materialwahl und die geringfüge Änderung der Höhensituation ist eine barrierefreie Erschließung des Kirchhofs gewährleistet. Den barrierefreien Zugang in die Kirche sehen wir über das Westportal vor.
Fahrradfahrer finden Abstellmöglichkeiten an der Nord- und Südseite des östlichen Kirchhofs.