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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2015

Sanierung und Erweiterung des Badischen Staatstheaters

Schauwerkstatt an Meidinger- | Baumeisterstrasse

Schauwerkstatt an Meidinger- | Baumeisterstrasse

3. Preis

Preisgeld: 60.000 EUR

Waechter + Waechter Architekten BDA PartmbB

Architektur

Erläuterungstext

Wie auf einer Perlenkette gezogen reihen sich entlang des nach Westen und Osten verlängerten Foyers die Spielstätten das ‘Kleine Haus‘ mit dem neuen Bühnenturm, das ‘Junge Staatstheater‘, das große Haus mit dem bestehende Bühnenturm sowie die Probebühnen (Oper/ Ballett) mit dem markanten neuen turmartigen Baukörper. Der neu gestaltete Theaterplatz erhält durch die ‚perlenkettenartige‘ Konzeption des Foyers eine Fassung für vielfältige Aktivitäten mit Ausstellungen und informellen Aufenthalten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau, Freiraum, Architektur

Besonders begrüßt wird die offene und breit angelegte Eingangsgeste des konkav gestalteten Theaterbaus. Diese bildet den Endpunkt eines Freiraums, den man sich über die „Via triumphalis“ hinweg vorstellen kann. Die transparente Fassade unterstreicht diese einladende Geste und öffnet sich zum Stadtraum.

Die Entscheidung begünstigt die Anbindung nach Norden auch über den Boulevard hinweg. Der Freiraum zwischen der ehemaligen Oberpostdirektion und dem Theater führt einerseits Richtung Südstadt weiter, anderseits wird hier die Möglichkeit eröffnet, eine Vorfahrt und Kurzzeit-Parkplätze sinnvoll zuzuordnen. Der Entwurf schließt die Raumkanten zur Baumeisterstraße und zur Meidingerstraße, ohne einen starren Blockrand zu definieren.

Die Straßenräume in der Baumeister- und Meidingerstraße sind durch Baumreihen angemessen gestaltet. Der Raum zwischen Staatstheater und Ettlinger Straße wird nicht einheitlich, sondern durch einen Baumhain und einen „Platz im Platz“ – den Theaterplatz – umgestaltet. Hierunter leidet allerdings die visuelle Präsenz und Erlebbarkeit des Staatstheaters und der vormaligen Oberpostdirektion.

In der Höhenentwicklung staffelt sich die Baumasse von der Baumeisterstraße hin zu den überhöhten Bühnenbereichen. Der zusätzliche Bühnenturm des Schauspielhauses wird durch eine signifikante Rundlochfassade geprägt. Er setzt sich von den übrigen Bauteilen eigenständig ab. Dieses Sujet wird durch den Probebühnenturm in der Nordostecke ebenfalls aufgenommen. Dadurch erhält die Baumasse am Kriegsstraßen-Boulevard einen sehr eigenständigen städtebaulichen Akzent.

Die Architektur Bätzners bleibt zu wesentlichen Teilen erhalten, wird jedoch teilweise überformt und im Zusammenhang mit den zusätzlichen Volumina nicht fortgeschrieben.
Dieser Kontrast wurde kontrovers diskutiert.

Der Bau erhält zum vorgelagerten Platz mehr Transparenz und eröffnet so eine Verzahnung des Innen- und Außenraumes. Die horizontale Schichtung wird als Gestaltungsprinzip aufgenommen und erlaubt einen Freiraumbezug auf der Galerieebene. Die neue Interpretation der zusätzlichen Volumina und die Abfolge der Baukörper können jedoch nicht überzeugen. Die Aufnahme der angetroffenen Formsprache für das Neue und andererseits die Ergänzung durch neue, stark formal bestimmende Elemente eröffnet einen Dialog, der unbefriedigend und nicht nachvollziehbar bleibt.

Im Inneren verspricht der Dialog von Alt und Neu eine Fortschreibung der vorhandenen Qualitäten, ohne dass sich das Neue in den Vordergrund schiebt. Kritisch bleiben funktionale Defizite im Bereich des Theaterbetriebs festzustellen, die auf Grundlage des vorgelegten Entwurfs ggf. nicht vollumfänglich geheilt werden können.

Bauabschnitte

Der erste Bauabschnitt als Schauspielhaus ist in einer klaren Trennung vom Bestand möglich, impliziert jedoch vorab den Abbruch wesentlicher Teile des Foyer- und Kassenbereichs und eine Schließung des heutigen Schauspielhauses. Die Frage, ob die Funktionalität des Foyers des großen Hauses während der Bauzeit unterbrechungsfrei genutzt werden kann, muss noch nachgewiesen werden. Der erste Abschnitt geht von einer Vorabmaßnahme aus, welche die Tiefgaragenzu- und -abfahrt verlegt. Obwohl der zweite Abschnitt den bestehenden Baukörper additiv umfasst, wird der Wegfall des heutigen musikalischen Apparats und der Orchesterprobe ebenso wie die Eingriffe in den Werkstattbereich zu Störungen des Theaterbetriebes führen. Über die logistische Abwicklung des dritten Abschnitts sind keine Aussagen gemacht.

Urheberrecht

Der Gebäudekomplex greift den Bestand auf. Die bewusste (?) Absetzung der beiden Türme ist in ihrer Fassadengestaltung entweder zu wenig eingehend auf den bestehenden Baukörper oder zu wenig selbstbewusst eigenständig, so dass eine qualitative Fortschreibung dadurch nicht erfolgt.

Funktionen

Das Foyer ermöglicht nicht nur die öffentliche Zugänglichkeit aller geforderten Räume, sondern darüber hinaus auch aller Probebühnen, dies wird positiv bewertet.

Auch ist lobend zu erwähnen, dass die Theaterarbeit zum Straßenraum hin transparent wird. Die Einführungsbereiche sind aufgrund des Zuschnitts und der Schallübertragung nicht funktional. Die geforderte Publikumsgastronomie ist funktional, die dargestellte Außengastronomie und der direkte Zugang aus der Bestandstiefgarage werden als positiv bewertet. Das junge Staatstheater, die Studio- und die Werkstattbühne sind nicht wie gefordert flexibel in ihrer Raumnutzung, da der Zugang über ein höher gelegenes Stockwerk erfolgt.

Grundsätzlich ist die Transportsituation problematisch, beginnend mit der Anlieferung,
die durch den Entfall der unterirdischen Anlieferung überlastet wird. Alle Transportwege im Gebäude sind zu eng ausgelegt, führen teilweise über notwendige Räume und im Bereich des Kleinen Hauses über ein Hubpodium. Dies lässt Engpässe im täglichen Betrieb erwarten. Der Kulissentransport vom Großen Haus zur ersten Probebühne ist zu lang, die Fahrstühle für den notwendigen Kulissentransport sind mit den Transportwägen nicht erreichbar.

Die Anordnung aller Werkstätten auf einer Ebene ist für den Betrieb grundsätzlich sehr gut, insofern ist auch die Unterschreitung der geforderten Flächen tolerierbar. Der Zuschnitt
des Zuschauerraums des Kleinen Hauses führt dazu, dass eine große Anzahl an Sitzplätzen nur eine eingeschränkte Sicht auf die Bühne hat. Einige Raumzuschnitte wie z.B. die Übungsräume des Orchesters und der theaterpädagogische Raum sind nicht funktional.

Die Umsetzung des ersten Moduls parallel zum Spielbetrieb scheint möglich. Modul 2 setzt die Auslagerung des Probenbetriebes Orchester und Chor, sowie Teile der Kostümwerkstätten und der Maske voraus.

Baukonstruktion und Gebäudetechnik

Das statisch-konstruktive Konzept ist ausreichend beschrieben und entspricht den Anforderungen. In die tragende Struktur der vorhandenen Bausubstanz wird wesentlich eingegriffen.

Die in der Auslobung geforderten Eckpunkte für das Gebäudetechnikkonzept wurden teilweise gemacht. Angaben zur vertikalen und horizontalen Erschließung liegen nicht vor. Die ausgewiesenen Technikflächen sind in ihrem Umfang zu gering.

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz

Der Entwurf hat die Voraussetzung für die in der Auslobung vorgegebenen energetischen Ziele.

Nachvollziehbare Angaben für die geforderte Nutzung erneuerbarer Energien wurden nicht gemacht.

Das geforderte Konzept zum winterlichen Wärmeschutz und sommerlichen Komfort wurde nicht ausreichend dargestellt. Das Tageslichtkonzept ist nicht beschrieben, jedoch in den Plänen erkennbar.

Wirtschaftlichkeit

Die Soll-Nutzflächen wurden um 6 % überschritten. Die Überschreitung liegt im unteren Bereich aller Entwürfe Das Verhältnis Nutzfläche zu Bruttogrundfläche (BGF/NF) als Kennzeichen für die Flächeneffizienz liegt im mittleren Bereich aller Entwürfe.

Die prognostizierten Gesamtbaukosten des Entwurfs liegen um 22 % über den berechneten Kosten der Aufgabenstellung und damit im mittleren Bereich aller Entwürfe.

Die prognostizierten Gesamtbaukosten des Moduls 1 überschreiten die berechneten Kosten der Aufgabenstellung für dieses Modul im Vergleich aller Entwürfe durchschnittlich.

Ausgehend von funktionalen Gesichtspunkten ist mit einem überdurchschnittlichen personellen Aufwand für den Gebäudebetrieb zu rechnen.
Offenes Theater | Spielstätten an Perlenschnur

Offenes Theater | Spielstätten an Perlenschnur

Theaterplatz

Theaterplatz

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Schnitte

Schnitte

Kleines Haus

Kleines Haus