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Zweiphasiger begrenzt offenener Wettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 03/2007

Gestaltung der Freianlagen in der östlichen Überseestadt - Hafenvorstadt und Europahafen

Abgabeblatt 1

Abgabeblatt 1

3. Preis

Prof. Gabriele G. Kiefer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

ERLÄUTERUNGSBERICHT

Orte am Wasser
Weltweit werden in den Innenstädten die Situationen am Wasser (wieder-)entdeckt und zugänglich gemacht. Die direkte Verknüpfung dieser Flächen mit der Innenstadt erzeugt in Bremen - mit den beeindruckenden Ausmaßen der Gewerbegebäude und der Tiefe des Hafenbeckens - einen besonderen urbanen Charakter.

An den Uferstreifen verbindet sich die Inszenierung des Urbanen mit dem Wasser. Das Wasser ist Symbol des Lebens, aber auch Sinnbild der Landschaft, die sich mit der Stadt verbindet, ja im Idealfall versöhnt. Ebbe und Flut werden sichtbar und rücken die Gesetze der Zeit und der Gezeiten ins Bewusstsein der Passanten. Die Wasserfläche, auf die man blickt, in der sich der Betrachter und die Stadt spiegeln, ist mindestens genauso wichtig wie die Beschaffenheit der flankierenden Flächen, der Promenaden und Plätze, auf der sich der Betrachter – hinausblickend – aufhält.
Das Thema des Wassers und die Aufteilung von Sichtraum und Bewegungsraum sind auch bestimmend für die Gestaltung der Park-Achse.

Materialität
Beton als der „ideale“ Kunststein hat wenig seiner Faszination als flexibel formbarer und einsetzbarer Baustoff eingebüßt. Beton wird als Leitmaterial für die Freiräume am Hafenbecken vor und zwar in einer speziellen Ausformung mit Zuschlagstoffen aus Eisenoxid, um eine rostbraune Färbung hervorzurufen. Durch die „Säuerung“ der Oberfläche wird eine matte Beschaffenheit erzielt. Die Färbung mit Eisenoxiden arbeitet mit einer sich verändernden, „changierenden“ Patina und nimmt Bezug auf die Ästhetik von Hafen- und Gewerbeanlagen sowie die erhöhte Korrosion der Baustoffe im Einflussbereich von brackigem Wasser. Die Verwendung von Beton in Form von speziell konzipierten Fertigteilen erlaubt im Gegensatz zum ursprünglich vorgesehenen Corten-Stahl eine höhere Gestaltungsflexibilität und ist kostengünstiger.



DIE PARKACHSE
Boulevard
Entlang der sonnenexponierten Seite der Parkachse flankiert ein acht Meter breiter Boulevard eine langgezogene Wiesenfläche. Diese Wegeachse – belegt mit rostfarbenen Beton-Großplatten - stellt die parkinterne Flaniermeile dar. Eine Familie aus Bänken - mal mit, mal ohne Rückenlehne, in einigen Fällen von beiden Seiten nutzbar – überzieht den Boulevard und setzt sich bis zur Aussichtsplattform fort. Frei verteilte Lichtstelen beleuchten den Boulevard und unterstützen zusammen mit den Bäumen die Formung eines charakteristischen Freiraumbilds.

Die angrenzende langgezogene Wiesenfläche stellt den Sichtraum dar, der Blickbeziehungen bis zum Hafenbecken zulässt, und ist gleichzeitig Raum für Aufenthalt und Kinderspiel. Lediglich das Trafogebäude bildet eine Zäsur in der Raumflucht. Bänder aus Weißbeton unterteilen Abschnitte unterschiedlich gemähter Felder mit verschiedenen Wiesentexturen und verknüpfen über Querbeziehungen die benachbarten Quartiere miteinander. Während sich die Wegeachse aus Beton zum urbanen Straßenraum hin öffnet, verläuft auf der anderen Seite der Wiesenachse eine geschnittene Hainbuchen-Hecke, welche die Linearität der Parkachse betont und vor dem benachbarten Verkehrsraum schützt.

Lockere Gruppen aus markanten Kiefern ziehen sich über die Flächen und spenden lichten Schatten. Die Kiefern symbolisieren die wasserferne Kulturlandschaft, die hier auf die Atmosphäre des Überseehafens trifft und anregende Kontraste hervorruft.

Eingangsplatz
Auf dem Eingangsplatz der Achse, an der Straße Am Lloydtor, wölbt sich das rostfarbene Betonband zu einer städtebaulich wirksamen Skulptur auf und bildet ein zeichenhaftes, einladendes und schützendes Dach, das ein Fenster zum Park bildet. Ein Nebelbrunnen sorgt an dieser Nahtstelle zur Innenstadt für eine besondere Atmosphäre. Das Wasser des Hafenbeckens tritt damit am entgegengesetzten Ende der Freiraum-Achse nochmals in transformierter Form auf. Bei Veranstaltungen ist der Nebelbrunnen abschaltbar und die Fläche mit Nutzungen belegbar.


Aussichtsplattform
Auf der dem Hafen zugewandten Seite der städtebaulichen Achse bildet eine markante Aussichtsplattform den Abschluss, von der aus der Europahafen in seiner gesamten Tiefe überblickt werden kann. Die Aussichtsplattform wird zu jenem bedeutungsvollen Ort, an dem sich das öffentliche Leben der Stadt und die bisher abgeschotteten Aktivitäten des Hafens wieder vereinen.
Die Aussichtsplattform ist als wassergebundene Decke aus einem rostfarbenen Splitt konzipiert. Die Kieferngruppen des Boulevards setzen sich bis hierhin fort und ergänzen prägnant das weithin sichtbare städtische Merkzeichen. Eine langgezogene, beidseitig nutzbare Bank verläuft entlang der Schauseite. Bodenstrahler beleuchten die Betonbrüstung und betonen den skulpturalen Charakter der Bastion.

Die Aussichtsbastion wird auf der Platzseite von einer zweiteiligen Freitreppe aus Weißbeton flankiert, die großzügig zur unteren Hafenebene vermittelt. Der mittlere Abschnitt der Treppe ist mit hellen Sitzstufen belegt, die die Treppe zu einem attraktiven Aufenthaltsbereich am Hafenkopf machen. Damit werden Veranstaltungen im unteren Bereich des Hafens begünstigt, z.B. mittels einer schwimmenden Seebühne. Auf der anderen Seite der Bastion verläuft eine gegliederte, barrierefreie Rampe hinab auf das untere Höhenniveau. Sie ergänzt die steilere, befahrbare Rampe entlang der Freitreppe.

Der weitere Raum zwischen Aussichtsplattform und der Straße „Hansator“ bildet eine Platzfläche als flexibel nutzbaren Puffer zum geplanten Punkthochhaus, die – wie die Wiesenflächen am Boulevard – mit Bändern aus Weißbeton strukturiert ist. Der Bezug zum Boulevard wird über das sich fortsetzende Betonband und einen lockeren Kiefernhain hergestellt, so dass Nutzungsabstufungen entstehen. Wenn das Punkthochhaus ohne Sockelgeschoss umgesetzt wird, erhält das Gebäudeumfeld eine leicht vom übrigen Platzniveau über einen Höhenversatz abgesetzte Terrasse.

DAS HAFENBECKEN
Kai-Promenaden
Die historische Kubatur des Hafenbeckens wird beibehalten und im Rahmen der Sanierung der Stützmauern transformiert. Das Höhenniveau des oberen Kais wird im Rahmen der Hafensanierung durch eine untere Kaiebene ergänzt. Dadurch wird der für die Besucherwahrnehmung ungünstige hohe Abstand zum Wasserspiegel bereits verringert. Die obere und die untere Promenade werden durch eine dritte Erschließungsebene in Form eines langgestreckten Holzpontons direkt über dem Wasserspiegel ergänzt. Mehrere bewegliche Rampen verbinden die untere Kaiebene mit den Pontons, so dass der gezeiten-unabhängige Zugang gewährleistet ist.

Die Kaiflächen werden klar herausgearbeitet und bilden eine Terrassenanlage im Sinne einer städtischen Gesamtskulptur, die nachts durch Strahler illuminiert wird. Diese Gestaltung unterstützt die historische Form des Hafens: dienten die Kais vormals noch als flexibel belegbare Verkehrs- und Lagerflächen, so sind sie jetzt frei bespielbare Aufenthalts-, Bewegungs- und Veranstaltungsflächen.

Die nördliche Promenade wird entlang der Portgebäude mit einer Stützmauer aus rostfarbenen Beton versehen, die das Leitmaterial entlang des Hafenbeckens weiterführt. Die Stützwand wird über das Niveau der oberen Promenade hinaus gezogen und bildet dort eine Brüstung zur Absturzsicherung. Aufgrund der Südorientierung dieser Hafenseite schneiden sich zwei sonnenbeschienene Freitreppen – teilweise mit Sitzstufen – in die obere Ebene ein und verbinden sie mit dem unteren Kai. Die Stützmauern auf der anderen Seite des Hafenbeckens werden in Anlehnung an die historische Schwergewichtsmauer gestaltet.

Die obere Ebene der Kai-Promenaden ist mit dunklem Granit belegt, während die untere Promenade mit Belägen aus hellem Granit ausgestattet ist. Stärker von Fußgängern frequentierte Bereiche sind mit Platten aus Granit versehen, andere mit Granit-Großsteinpflaster, z.B. der Platz am Punkthochhaus. Ein Material tritt somit in unterschiedlichen Ausprägungen auf. Damit kann das vorhandene Großstein-Pflaster weitgehend in das Materialkonzept integriert werden. Langgestreckte Bänke aus Granit-Blöcken grenzen Bewegungsbereiche von Aufenthaltszonen ab.




Attraktionen direkt auf dem Wasser
Als neuartige Anziehungspunkte im Hafenbecken dienen die Pontons, die die veränderte Hafennutzung verkörpern. Sie sind jeweils über einen Steg von der, die Kais flankierenden Holzplattform aus zugänglich.
Der erste Ponton ist ein einfaches Holzdeck zum Aufenthalt. Für diesen Ponton bietet sich die Nutzung bei Veranstaltungen an. Es schließt sich ein Abschnitt der geplanten Marina mit Liegeplätzen für Sportboote an, die für viele Besucher an sich schon eine Attraktion darstellen.

Der zweite und ungewöhnlichste Ponton ist nur für Wartungszwecke zugänglich und beherbergt einen schwimmenden Hain über einer Tennenfläche aus Cortenstahl-Splitt. Diese „Insel der Sehnsucht“ ist gleichzeitig Augenweide, ökologisches Refugium und Experiment. Anhand des Auf- und Niedersteigens der Pontons, insbesondere der „Bauminsel“, wird der Tidehub für die Besucher anschaulich nachvollziehbar.

Jenseits der das Hafenbecken flankierenden Wohnbebauung schließen sich mit aktiven Freizeitnutzungen besetzte Pontons an, die Sportinseln.
Der Badeponton ist mit einem Schwimmbecken ausgestattet, das von einem Pächter kommerziell betrieben wird. Er ist mit einem benachbarten Holzponton verbunden, der Aufenthaltsflächen anbietet.
Weitere Pontons sind ebenfalls kommerziellen Trendsport-Aktivitäten gewidmet, wie z.B. Beach-Volleyball. Jenseits der Pontons setzt sich die Marina soweit fort, wie es politisch und wirtschaftlich angemessen ist

Hochwasserschutz
Die obere Kaiebene von 7,30m über NN hält durch die Beton-Brüstung die Deichlinie von 7,80m über NN ein. Die seitlich eingeschnittenen Freitreppen unterbrechen zugunsten einer hohen Aufenthaltsqualität die Brüstung und werden im Hochwasserfall durch mobile Elemente geschlossen.

Der Platz mit der Aussichtsplattform am Punkthochhaus liegt mit 7,80 über NN höher als die obere Kaiebene und hält damit auch ohne Brüstung die Deichlinie ein. Im Süden vermittelt eine sanfte, im Norden sich deutlich abzeichnende Rampe zum Höhenniveau von 7.30m der oberen Kaipromenade.
Abgabeblatt 2

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Abgabeblatt 3

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