Part of the Problem – Kind of a Solution
Das Projekt in einem Satz
Der Entwurf transformiert eine abrissgefährdete ehemalige Wirtschaftswunder-Kaufhalle in einen Third Place/Begegnungsort, der marginalisierte Gruppen explizit einschließt – im Gegensatz zu (aktuell vielfach geforderten) nur vermeintlich universalistischen konsumfreien Orten, die wieder nur denjenigen zugutekommen, die sonst hier konsumiert hätten.
Warum ist das Projekt besonders einzigartig?
Weil es eine neue ungewohnte Antwort auf die postpandemische Innenstadt vorschlägt und einen Prozess entwirft, wie „Problemgebäude“ – wie die zunehmend leerstehenden alten Stahlbetonriesen in deutschen Innenstädten – Teil der Lösung für eine gemeinwohlorientiertere Architektur sein können.
Projektbeschreibung
Innenstädte befinden sich im Wandel, nicht nur die Pandemie und die zunehmende Verlagerung des Einzelhandels in digitale Räume mach(t)en Veränderungen spürbar. Gleichzeitig wird der Wunsch nach Stadtteilzentren für die Gemeinschaft immer lauter. Bei der Debatte um unkommerzialisierte Räume wird oft von Gemeinwohl und Gerechtigkeit gesprochen, obwohl selbst der öffentliche Raum nur vermeintlich allen zugänglich ist und marginalisierte Menschen häufig strukturell ausgeschlossen werden. Der Entwurf erforscht die Frage, wie konsumfreie Innenstadträume gestaltet werden können, damit sie nicht wieder nur von denen genutzt werden, die sonst hier konsumieren würden.
In einer abrissgefährdeten ehemaligen Wirtschaftswunder-Kaufhalle soll ein Third Place entstehen, der benachteiligte Gruppen explizit einschließt und einen Begegnungsort für alle Menschen darstellt. Wir schlagen eine mehrstufige Intervention vor, bei der die bestehende Zweiteilung des Kaufhauses in verborgene Servicefunktionen und sichtbare Verkaufsfläche als Schutz- bzw. Kommunikationsräume verstärkt, und der Bau durch Doppelfassade und Ausstanzungen energetisch und räumlich ertüchtigt wird. Über Programme, die notwendige Bedürfnisse oder hinreichende Wünsche von unterschiedlichen sozialen Gruppen bedienen und Synergien nutzen, soll programmierter und aneignungsoffener Austausch ermöglicht und ein gegenseitiges Verständnis geschaffen werden.
(Jedes Geschoss beherbergt u.a. folgende funktionale Teile: PARASITE – verborgene Schutzräume, URGE – Bedürfnisbefriedigung marginalisierter Menschen, DESIRE – Abholung der Privilegiengesellschaft durch Unverhofftes, INTERSECTION – Kommunikation steht im Mittelpunkt. Eine mögliche programmatische Belegung wurde exemplarisch in den Grundrissen durchgespielt.)
Das Haus soll nicht als fertig geplantes Gebäude entworfen werden, sondern soziales Testfeld sein. Wir Entwerfenden betreuen den ersten Ausbauschritt und reihen uns dann zwischen den späteren Benutzer∗innen ein, denen der Entwurf ein Handbuch mitgibt, wie Weiterbau und Gebäudebetrieb über Aushandlungsprozesse gestaltet werden sollen.