Einstufiger, nicht offener, regional begrenzter Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 02/2023
Grünes Viertel Stephansstift in Hannover
©raumwerk / GHP Landschaftsarchitekten
Perspektive 01
3. Preis / Baufeld 3
raumwerk Gesellschaft für Architektur und Stadtplanung mbH
Architektur, Stadtplanung / Städtebau
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Janine Rahm, Danny Alexander Lettkemann, Sabrina Wei Ying Ng, Benjamin Bechtold
Landschaftsarchitektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Erläuterungstext
Städtebauliche Einbindung, ein lebendiger Stadtbaustein
Materialität und Wertigkeit, Bezug zum Ort
Baukonstruktion
Brandschutz
Erschließung und Mobilität
Das autoarm entwickelte Wohnquartier wird über die beiden angrenzenden Hauptstraßen erschlossen. Die Tiefgaragenabfahrt ist zusammen mit der Anlieferung des Nahversorgers an der Ostseite des Hauses 3.4 integriert. Oberirdische Kfz-Stellplätze sind nur im südlichen Bereich für den Nahversorger vorgesehen. Die nachzuweisenden Fahrradabstellplätze befinden sich jeweils an den Gebäudeeingängen (10% Besucher) und in den Fahrradräumen im Untergeschoss. Zusätzliche kleine Abstellräume, die durch die Bewohner:innen des Viertels angemietet werden können sind in zwei Geschossen an der Rückseite der Quartiersgarage vorgesehen. Die Unterflursysteme für die Müllentsorgung sind an zwei zentralen Sammelstellen für alle Bewohner gut erreichbar positioniert, sodass die Laufdistanz bis zur Entsorgungsstelle max. 50m beträgt. Für die Abholung sind die Sammelstellen durch den Entsorgungsbetrieb einfach anzudienen.
Energetisches Konzept und Nachhaltigkeit
Bei der Konstruktion des Gebäudes werden Rückbau- und recyclingfähige Materialien eingesetzt, wie zB. Außenwände aus Proton, Vollsteinklinker und Dämmung aus Mineralwolle, welche die Voraussetzungen für eine sortenreine Trennung der später anfallenden Reststoffe schaffen. Die durch dem Abriss der vorhandenen Gebäude anfallenden Klinker werden für die Wiederverwendung im Neubau gereinigt und aufbewahrt.
Wirtschaftlichkeit, Flächeneffizienz
Barrierefreiheit
Alle Gebäude und deren Zugänge zu den Außenbereichen sind barrierefrei erreichbar. Insgesamt können 15 Wohnungen (entspricht 36%, gefordert ist 12,8%) als rollstuhlgerechte Wohnungen ausgeführt werden.
Freiraum, Privatheit und Gemeinschaft
Zwischen den Wohngebäuden spannen sich die GRÜNEN WOHNZIMMER auf. Unter Obstgehölzen entstehen hier grüne, introvertierte Treffpunkte für die Hausgemeinschaften, welche Raum für spontane Begegnungen sowie geplante Zusammenkünfte bieten. Die Wohnzimmer werden durch dichte Pflanzungen umschlossen und ermöglichen so eine konfliktfreie Koexistenz von privaten Gärten und Gemeinschaftsflächen. Auch die Dachflächen des Studierendenwohnheims und der Quartiersgarage werden aktiviert. So entsteht auf dem Dach des Mobilitäts-Hubs ein gemeinschaftlich nutzbares FARM-DACH mit Kräuter- und Gemüsenbeeten sowie Gewächshäusern. Die Dachfläche des Studierendenwohnheims wird als grünes LERN-ZIMMER entwickelt, welches zur Erholung, zum Austausch und zum Lernen genutzt werden kann. Um einen möglichst geringen Versiegelungsgrad zu erreichen ist der größte Anteil der Freiflächen entweder als Grün- oder als wasserdurchlässige Fläche (Wassergebundene Wegedecke, Rasengitterstein) geplant. In der Aktiven Mitte sind zusätzlich zwei großzügig dimensionierte Retentionsmulden vorgesehen, die zusammen mit den Verdunstungsbeeten entlang der Nord-Südverbindung eine natürliche Regenwasserversickerung ermöglichen. Ein Teil des anfallenden Regenwassers wird in Zisternen gespeichert und zur Bewässerung des Farm-Dachs, sowie den Grünflächen des Baufelds genutzt.
Insgesamt entsteht ein facettenreicher naturnah gestalteter ökologischer Freiraum, an dem sich die Bewohner:innen und die Quartiersgemeinschaft begegnen können.
Beurteilung durch das Preisgericht
Unter dem Motto der ‘aktiven Mitte’ formulieren die Verfasser:innen einen lebendigen und vielfältigen Stadtbaustein. Die offene Blockstruktur in Form der windmühlenartig angeordneten Baukörper wird genutzt, um einen großzügigen zentralen Freiraum als neues aktives Zentrum für das gesamte Quartier zu entwickeln.
Selbstverständlich und angemessen wird die aktive Mitte durch ein klar strukturiertes und ruhiges Gebäudeensemble gerahmt. Wichtige stadträumliche Zugänge werden durch die plastische Ausarbeitung in Form von Erkern betont. Ein Wechselspiel von Balkonen und Loggien sowie leichten Vertiefungen lassen zudem ein abwechslungsreiches Straßenbild entstehen.
Die äußere Stadtfassade wird durch Ziegel in unterschiedlichen Farbtönen zusammengefasst. Die Hoffassade dagegen wird aus hellen Putzflächen und Holzwerkstoffen bewusst kontrastierend ausformuliert. Es entsteht ein interessantes Wechselspiel zwischen Innen und Außen. Erschließung und Grundrissgestaltung der nördlichen Baukörper sind solide und nachvollziehbar. Die Grundrisse für Housing-First und studentisches Wohnen sind dagegen wenig überzeugend.
Besonders hervorzuheben ist das differenzierte Freiraumkonzept. Neben der durch Sport- und Bewegungseinheiten geprägten aktiven Mitte werden schlüssige private und hausöffentliche Freiräume angeboten. Sogenannte ‘grüne Wohnzimmer’ bieten beispielsweise geschützte Treffpunkte für die Hausgemeinschaften und ein ‘grünes Lernzimmer’ aktiviert die Dachflächen des Studierendenwohnheims. Die von den Verfasser:innen entwickelte ‘Verteiler Fuge’ formuliert zudem eine sehr klare Ost-West-Verbindung durch den Hofbereich und bindet diesen über kleinere Platzflächen gut an den Quartiersplatz an.
Das vorgegebene Mobility-Hub wird ebenfalls gut in das Gebäudeensemble und in die Konzeption der aktiven Mitte integriert. Die Nutzung der Wandflächen als Kletter- und Boulderwände ergänzen das Sport- und Spielangebot sinnvoll. Die beschriebene Nutzung der Dachfläche als ‘Farm’-Dach wird jedoch kritisch diskutiert. Ein Dachgarten erscheint aus wirtschaftlicher Sicht nicht realistisch. Zudem fehlt neben einem barrierefreien Zugang die Möglichkeit zur Anlieferung von Materialien für den urbanen Garten.
Die Einbindung des Nahversorgers orientiert sich an den Vorgaben. Die Lage des Haupteingangs zur ‘grünen Quartiersachse’ ist einerseits nachvollziehbar, wird aber auch kontrovers diskutiert. Eine stärkere Adressbildung in südlicher Richtung wäre hier wünschenswert gewesen. Weiterhin überzeugt die dargestellte Warenanlieferung nicht vollständig. Ihre Funktionalität muss nachgewiesen werden. Die Verfasser:innen reduzieren das Stellplatzangebot sehr stark und schlagen lediglich im Bereich des Nahversorgers eine Tiefgarage vor. Generell muss diese Thematik überprüft werden.
Problematisch ist zudem das entwickelte Entfluchtungskonzept. Die Entfluchtung an der Anna-von-Borries-Straße ist nicht wie dargestellt möglich.
Insgesamt stellt die Arbeit einen qualitätsvollen Beitrag im Verfahren dar.
©raumwerk / GHP Landschaftsarchitekten
Lageplan
©raumwerk / GHP Landschaftsarchitekten
Perspektive 02
©raumwerk / GHP Landschaftsarchitekten
Perspektive 03
©raumwerk / GHP Landschaftsarchitekten
Erdgeschoss
©raumwerk / GHP Landschaftsarchitekten
Ansicht