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Einladungswettbewerb | 10/2023

Klimaanpassung im Wohnungsbau - Modellvorhaben Kolpingstraße in Deggendorf

Schwarzplan

Schwarzplan

2. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

Victoria von Gaudecker Architektur

Stadtplanung / Städtebau

NUWELA Büro für Städtebau und Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

BAUEN UND LEBEN MIT DEM KLIMAWANDEL
NEUES WOHNEN ENTLANG DER KOLPINGSTRASSE IN DEGGENDORF

Das Wohnquartier an der Kolpingstraße ist geprägt durch die besondere landschaftliche Lage am Klosterberg und dem umgebenden Naturerholungsraum. Abgeleitet aus den Wohnhöfen des historischen Stadterweiterungsgebiet wird entlang der Kolpingstraße ein offener, sich mit der Landschaft und Topografie verzahnender grüner Wohnhof mit einer durchmischten Bewohnerstruktur geplant. Dieser Wohnhof bildet eine gemeinsame Mitte als aufgelockerte Raumsequenz mit den Zugängen zu den Wohnhäusern, Durchblicke und Öffnungen ermöglichen eine fußläufige Durchwegung im und durch das gesamte Quartier. Durch das Wohnquartier entstehen Wegeverbindungen in die bestehenden Stadtquartiere und eine Verbindung derselben mit dem grünen Freiraum, dem Klosterberg. Den Bezug zu diesem besonderen Landschaftsraum möchten wir hervorheben, Ausblicke und Verbindungen in die Landschaft sollen für alle Bewohner spürbar werden.

Alle Wohngebäude werden von dem gemeinsamen Freiraum aus erschlossen, somit entsteht eine klare Adressbildung aber auch Gemeinschaft, die identitätsstiftend wirkt. An diesem gemeinsamen Hofbereich liegt auch der zentrale Gemeinschaftsraum als Treffpunkt für alle Bewohner*innen. Die 70 barrierefreien Wohnungen unterschiedlicher Größe werden an begrünten Laubengängen erschlossen.

Die Wohnungen reagieren mit ihrer Ausrichtung optimal auf die Belichtung und den Bezug zum Außenraum. Kleine Aufweitungen des Laubengangs markieren die privaten Eingänge und bilden zusätzlich an den Treppenhäusern offene Außenbereiche, die zur Kommunikation mit den Nachbarn einladen. Alle Wohnungen erhalten darüber hinaus einen nach Süden zum Klosterberg hin orientierten privaten Freibereich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die vorgeschlagene Wohnbebauung stellt sich als eigenständiges, familienfreundliches Nachbarschaftsquartier dar, das einfühlsam auf die Gegebenheiten der vorhandenen Wohnbebauung wie auf die Rahmenbedingungen des Klosterbergs eingeht. Der Hang gegenüber den bestehenden ersten vier freistehenden Einzelhäuser wird von einer verschattenden Bebauung freigehalten, während das anschließende Neubauquartier aufgrund des größeren Abstands die vorhandenen Atriumhäuser wenig beeinträchtigt. Gleichzeitig eröffnet sich mit dem städtebaulichen Ansatz ein angenehm begehbarer Erschließungsweg durch den Grünraum in Richtung Innenstadt und Klosterberg. Zudem kann ein Teil des Baumbestands an der Kolpingstraße erhalten werden. Dadurch wird glaubhaft, dass diese freigehaltene Zone auch auf Dauer freigehalten wird. Mit dem von den vier Gebäudegruppen gebildeten Wohnhof kann ein angenehmer und in seiner Größe angemessener sozialer Begegnungsraum entstehen, der zur Identität der Wohnadresse beiträgt. Am Wohnhof befindet sich richtigerweise auch der Gemeinschaftsraum.

Die zwei Parkebenen können höhenmäßig nahezu eben von der Kolpingstraße erschlossen werden. Nachteilig kann sich dabei auswirken, dass die in zweiter Reihe angeordneten Wohngebäude nur mittelbar und über den Freiraum erreichbar sind.

Die geringere Stellplatzanzahl wird durch das vorgeschlagene Mobilitätskonzept (Car-/Bikesharing, Lastenfahrräder) begründet. Eine spätere Nachnutzung der Garagenplätze ist aufgrund der Belichtung zur Kolpingstraße denkbar. Ausreichend große Fahrradräume finden sich westlich und östlich. Die barrierefreie Erschließung und die notwendige Feuerwehrzufahrt werden in Frage gestellt.

Die dreigeschossige Bebauung fügt sich maßstäblich in die Topografie ein. Alle Wohnungen sind über Aufzüge und Laubengänge erschlossen. Die Laubengänge sind angenehm kurz dimensioniert, mit jeweils einem Treffpunkt an Aufzug und Treppe.

Die Wohnungen sind gut belichtet und geschnitten. Nachteilig sind die z.T. zu kleinen Individualräume und die kleinen Bäder, in denen keine Waschmaschine Platz findet. Das Wohnzimmer ist als Durchgangraum ausgebildet. Die Loggien sind gut nutzbar. Die Fassaden mit ihrem Holzcharakter lassen einen angenehmen Gesamteindruck erwarten.

Eine strömungsoptimierte Bebauung durch die parallele Setzung der Volumina ist gegeben, Folglich kann der Einfluss der Bebauung auf die lokalen Kaltluftverhältnisse beschränkt werden. Es werden wenige Aussagen zu dem Erhalt des Baumbestands gemacht. Bei der Verdichtung durch Neupflanzungen sind klimaresiliente Bäume angedacht. Die Aufenthaltsqualität in Verbindung mit einer wassersensiblen Planung wie Retentions- und Versickerungsflächen wurde aufgezeigt. Jedoch sind multifunktionale Flächen wie die Verbindung von Retentionsflächen und Spielplatz im Konzept nicht sichtbar. Es wurde kein Energiekonzept dargestellt. Eine passive Durchlüftung der Wohnungen ist nur zum Teil gegeben. Das Konzept ermöglicht kein serielles Bauen, da jede Kubatur anders ausformuliert wird. Das wirft Fragen in Hinsicht auf die Wirtschaftlichkeit auf.

Der attraktive, grüne Wohnhof stellt die zentrale Freiraumqualität der Arbeit für die zukünftige Nachbarschaft dar, der sich bedauerlicherweise durch den Gebäuderiegel von der bestehenden Nachbarschaft abgrenzt und den öffentlichen Straßenraum ausblendet. Als Beitrag zur Klimaanpassung positiv gewertet werden die vorgesehenen Großbaumpflanzungen im Bereich des nicht unterbauten Wohnhofes.

Die wenigen Interventionen am Klosterberg unterstreichen auf angemessene Weise die Potentiale des Ortes. Die Wegeführung wirkt dabei aber etwas steif und zu sehr grafisch motiviert. Die gelungene Vermittlung zwischen Siedlung und Landschaftsraum über Streuobstwiesen und die den vermehrten Starkregenereignissen Rechnung tragende, oberflächliche Ableitung des Regenwassers am Hang und deren Versickerung über großzügige Retentionsmulden wird von der Jury gewürdigt.
Lageplan

Lageplan

Axonometrie

Axonometrie

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss Regelgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Querschnitt 1

Querschnitt 1

Querschnitt 2

Querschnitt 2

Fassadenschnitt & Ansicht

Fassadenschnitt & Ansicht