Nichtoffener Wettbewerb | 07/2023
Landesgartenschau 2027 in Lutherstadt Wittenberg
©StationC23
Strukturkonzept LP2000
3. Preis
Preisgeld: 35.000 EUR
Station C23 - Büro für Architektur, Landschaftsarchitektur und Städtebau
Landschaftsarchitektur, Architektur
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Sarah Zimmermann, Sebastian Pietzsch, Beatrice Puschkarski, Franziska Busch
Landschaftsarchitektur
Erläuterungstext
Parkinseln in der Elblandschaft
Für die Gestaltungsprinzipien der neuen Parklandschaften anlässlich der Landesgartenschau 2027 folgen wir den naturräumlichen Gegebenheiten und den natürlichen Dynamiken der Elblandschaft und der Wasserlandschaften in und um Wittenberg, und verknüpfen diese mit dem kulturellen und gärtnerischen Erbe der Lutherstadt.
Die neuen Freiräume mit „Elbwiesenpark“ auf der ehemaligen Kuhlache, „Stadtgarten“ zwischen Stadtgrabenteich und Universitätspark, sowie im Anger die Elbwieseninseln, der Angersteg am Elbtor und der Hafensteg als punktuelle Interventionen, orientieren sich grundsätzlich an den bestehenden Höhenverhältnissen und den damit verbundenen wechselnden Zuständen von Überflutung und Trockenheit. Damit verknüpft sind auch die bestehenden Vegetationsgesellschaften (und Schutzgebiete), auf deren Charakteristiken wir für die Entwicklung nachhaltiger, standortgerechter und strukturreicher Vegetationskonzepte aufbauen.
Der „Elbwiesenpark“ ist als Halbinsel auf dem bestehenden Höhenniveau zwischen Elbauen und freigelegtem Speckebach angelegt, die angrenzende Auenlandschaft wird visuell und mit einfachen Wegen mit dem intensiven Teil des Parks verbunden, die tiefer gelegenen Schichten können periodisch überflutet werden. So wird der Park einerseits Teil eines intensiv nutzbaren Stadtteils, und gleichzeitig Teil der dynamischen Wasserlandschaft der Elbaue. Auch der „Stadtgarten“ begleitet die bestehenden Gewässer und wird durch diese geprägt, gleichzeitig ist er eng mit dem Wegenetz der Innenstadt und des Stadtringes verknüpft. So werden die neuen Parks gleichzeitig direkt an die historische Innenstadt angebunden, und sind doch Teil der natürlichen Gewässerlandschaft von Elbe und Stadtbächen - auch werden auf diese Weise die beiden UNESCO Schwerpunkte „Biosphärenreservat“ und „Lutherstadt“ in den neuen Freiräumen konzeptionell und räumlich miteinander verknüpft.
Die starken räumlichen Bezüge zwischen Stadt und Fluss, insbesondere die Stadtansicht von den Elbwiesen, sollen durch wenige Eingriffe gestärkt und betont werden. Die drei Aussichtspunkte Elbwiesenturm, Angersteg, und Hafensteg bieten vielfältige Sichten auf den Fluss, die Elbbrücken und die Stadt, sie werden ergänzt durch kleine, flache „Elbwieseninseln“, von welchen inmitten der weiten Wiesenlandschaft auch der Blick auf die Stadtsilhouette inszeniert wird. Vom Elbwiesenpark bietet sich ebenfalls ein direkter Blick durch die bestehende Pappelallee zur Elbe und den Elbbrücken.
Unter dem Motto „Zukunft Pflanzen“ werden auf dem Ausstellungsgelände die „Zukunftslabore“ jeweils mit dem Schwerpunkt Pflanzen angelegt: „Die Essbare Stadt“, „Energiepflanzen“, „Nachwachsende Baustoffe“, und „Die wassersensible Stadt“. Diese Themen werden jedoch nicht nur für die Ausstellungsbeiträge temporär aufgegriffen, sondern sind integraler Bestandteil der dauerhaften Gestaltung im gesamten Bearbeitungsgebiet.
Das Grundprinzip des Entwurfs folgt dem Motto „mit den natürlichen Gegebenheiten gestalten, nicht gegen sie“ – die neuen Landschaften werden aus dem Kontext der Wasserlandschaft heraus entwickelt, welche den Ort am stärksten prägt. Daraus erwarten wir eine hohe Resilienz sowie Kompatibilität in ökologischen und naturschutzfachlichen Anforderungen. Die versiegelten und intensiv genutzten Flächen werden so weit möglich zusammengefasst und auf wenige Bereiche konzentriert, der größere Teil der neuen Parks soll überwiegend extensiv und mit standortgerechten, strukturreichen Pflanzengesellschaften gestaltet werden. Gleichzeitig sind die Bauweisen und Materialien so gewählt, dass nachhaltige, dauerhafte und klimafreundliche Gestaltungslösungen bevorzugt werden. Im Kontext der historischen Stadtmitte stehen robuste und natürliche Materialien wie Naturstein, Holz und Stahl im Fokus.
Die hochbaulichen Elemente des Vereinshauses und des Elbwiesenturms werden in Holzrahmenbauweise errichtet, über das eine Brettschichtholzdecke als Grundkonstruktion für ein extensives Gründach spannt. Eine filigrane Stahlkonstruktion bildet die pavillonartigen Pergolen sowie den Turm, in dem ein Aufzugsschacht aus Stahlbeton eine ca. 15m hohe, überdachte Kletterwand aufnimmt. Die Fassade wird durch sich kreuzende Lagen aus diagonalen Lärchenholzstäben gebildet, das den Gebäuden eine weidenkorbartige Erscheinung gibt und zusätzlich der Aussteifung dient. Hierbei lassen sich Analogien zum berühmten Kreuzrippengewölbe der Wittenberger Schlosskirche herstellen. Die diagonal gekreuzte Fassade wird auch am „Angersteg“ und am „Hafensteg“ angewandt, so dass die gestalterischen Bezüge zwischen den Landmarken für die Landesgartenschau erkennbar werden.
Das Vegetationskonzept ist in allen Teilbereichen so ausgelegt, dass grundsätzlich artenreiche Pflanzengesellschaften mit hoher Biodiversität angelegt werden, die Verwendung heimischer, bevorzugt autochthoner Pflanzen ist in vielen Bereichen bereits durch den Schutzstatus vorgegeben. Aus diesem Umstand werden vielfältige und abwechslungsreiche Pflanzenbilder erzeugt, welche nicht nur eine deutliche ökologische Verbesserung erzielen können, sondern vor allem auch für die Besuchenden der Gartenschau attraktive Pflanzenbilder bieten.
Beurteilung durch das Preisgericht
Unter dem Motto „Parkinseln in der Elblandschaft“ setzt sich der Entwurf in allen Bereichen intensiv mit den Thema Wasser auseinander und gestaltet mit den natürlichen Gegebenheiten, nicht gegen sie. Intensiv gestaltete Bereiche werden konzentriert gesetzt und aus dem Gelände herausgehoben, um mit Wasserschwankungen in allen Bereichen umgehen zu können.
Stärke des Entwurfs sind die wiedererkennbaren Nutzungspangen, die sehr starke Formen ausprägen, sich durch den gesamten Betrachtungsraum ziehen und auf den ersten Blick etwas befremdlich wirken. Sie sind begründet mit dem Anspruch zu zonieren und damit auch Nutzungen zu konzentrieren. Die Abstufung der Nutzungsintensität ist sowohl im Elbuferpark als auch im Stadtgarten gut ablesbar.
Die Anforderungen, die sich mit Blick auf das neu zu errichtende Wohnquartier am Elbuferpark ergeben, werden angemessen berücksichtigt, sowohl bzgl. der Setzungen der Wegeanbindungen, der Freizeit- und Aktivnutzungen als auch des Lärmschutzes. Nachzuarbeiten ist die Wegeanbindung des Elberadweges in Richtung Westen bzw. der Wirtschaftsweg zur Unterhaltung der Brücken in Richtung Großer Anger.
Die Zugänglichkeit zu den Bestandsnutzungen (Wassersportgemeinschaft) und zur Elbe ist akzentuiert und mit Blick auf die naturschutzfachlichen Belange behutsam entwickelt. Der östliche Platz nimmt zwar die durchgängige Wegeverbindung zum Elberadweg auf, jedoch ist die Platzgestaltung und die Anbindung an die Elbe unzureichend. Der westliche Auftaktplatz bietet ausreichend Fläche und Orientierung. Die Setzung des Turmes am Ende der Nutzungsspange greift die Sichtachse aus der Altstadt auf und wird hinsichtlich der Trennung von Turm und Funktion als auch der Schattenbildung durch die Pergolakonstruktion positiv bewertet.
In der Kleingartenanlage, die als Stadtgarten entwickelt werden soll, werden mit der Nutzungsspange Aktivitäten in einer Achse konzentriert. Dieser Gestaltungsidee fallen drei der zu erhaltenden Gärten zum Opfer. Mit der Ausrichtung der Achse orientiert sich das neue Multifunktionsgebäude weniger zur Wasserkante des Stadtgrabenteiches. Wünschenswert und Überarbeitungswürdig ist die Größe der Aufenthaltsfläche am Teich. Dennoch ist eine Durchgängigkeit des Gebäudes auch in Nord-Süd-Richtung gegeben.
Der Große Anger wird ausgesprochen behutsam durch Gestaltungselemente betrachtet. Der wichtige Übergang von der Stadt in diesem Landschaftsraum wird mit dem Angersteg angemessen betont und als einer von drei Übergangspunkten inszeniert. Jedoch sollte auf den Ausbau des Brückenpfades im sensiblen Bereich des Landschaftsschutzgebietes verzichtet werden.
Das Oberthema „Zukunft der Stadt“ wird in der Arbeit ausführlich ausformuliert. Ansätze sind in den Zukunftslaboren in Bezug auf Vegetation und Pflanzenbau aufgegriffen. Besonders positiv bei der Arbeit hervorzuheben ist die detaillierte Ausarbeitung eines Vegetationskonzeptes, welches sowohl Baumstrukturen (Zukunftsbäume, Obstgehölze, Parkbäume) jeweils thematisch an den richtigen Orten platziert und das auch dauerhaft denkt.
Darüber hinaus sind auch die für die Stadtgestaltung zukunftsorientierten Fragen u.a. zum Wassermanagement (Regenwasserzisterne, Rückhaltebecken) und zur Verschattung von öffentlichen Räumen mit Retentionsbecken und Überflutungsbereichen gut ausgearbeitet.
Architektur
Elbwiesenturm und Gemeinschaftshaus bilden gemeinsam mit weiteren räumlichen Elementen im öffentlichen Raum eine Familie mit gleichen Gestaltungselementen mit Lärchenholzverkleidung. Der Elbwiesenturm besitzt eine prägnante Gestalt und wird durch einen geschlossenen Umgang als flachen Gebäudeteilen und Dächern ergänzt, die weitere Funktionen beherbergen. Er bildet den räumlich wirksamen Auftakt zum sich südwestlich anschließenden intensiven Uferpark. Das Gemeinschaftshaus am Stadtgrabenteich bildet ebenfalls den Beginn eines Bandes, welches durch die Kleingärten gebildet wird. Beide Gebäude sind nicht nur durch gut erlebbare Gestaltungsthemen verbunden, sondern sind Teil von Bändern, die strukturbildend für die Gartenschau wirken. Das Gemeinschaftshaus bildet über dem Stadtgrabenteich eine Terrasse, die einen attraktiven Ort am Wasser mit Blick auf die Stadtsilhouette anbietet, jedoch wahrscheinlich zu klein geraten ist.
Denkmalschutz
Das Ausstellungskonzept im Eunikepark mit seinen Zuordnungen der Wechselflor- und Ausstellungsflächen ist angemessen und behutsam hinsichtlich der denkmalpflegerischen Zielstellungen ausgearbeitet.
©StationC23
Elbwiesenpark LGS LP500
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Elbwiesenpark Dauer LP500
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Stadtgartenpark Dauer LP500
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Perspektive Uferpark
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Perspektive Stadtgarten
©StationC23, Schoener und Panzer Architekten BDA
Prinzip Architektur
©StationC23, Schoener und Panzer Architekten BDA
Elbwiesenturm
©StationC23
Strukturkonzept
©StationC23, LUZ Landschaftsarchitekten
Vegetationskonzept
©StationC23
Wasserlandschaften