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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2020

Neubau eines Veranstaltungssaales am Gebäude der TUFA in Trier

1. Preis

Preisgeld: 29.000 EUR

Paul Bretz architectes

Architektur

bpa Architecture

Architektur

Inca lngenieurs conseils

Bauingenieurwesen

BLS Energieplan GmbH

TGA-Fachplanung

BlueNode GmbH

TGA-Fachplanung

AMT Ingenieurgesellschaft mbH

Bauphysik

Erläuterungstext

E1: Gestalterische Konzeption
Die städtebauliche Struktur der direkten Umgebung ist geprägt durch unterschiedliche Zeilenbebauungen und den beiden Solitären des bischöflichen Weingutes und des TUFAGebäudes. Den Neubau des Veranstaltungssaals fügen wir als dritten Solitär mit eigenständiger Ausprägung zu diesem „Ensemble“ hinzu. Der Saal ist ein geschlossenes kompaktes Volumen welches exakt auf dem Grundstück positioniert ist: Mit respektvollem Abstand zum TUFAGebäude, einen kleinen Vorplatz ausbildend an der Gervasiusstraße und relativ dicht an der Wechselstraße entsprechend der ursprünglichen Bebauung. Das Volumen des Saals wird durch einen eingeschossigen Verbindungsbau mit dem Bestandsgebäude verbunden. Dieser Verbindungsbau findet seine Fortsetzung durch die Einbeziehung des bestehenden Hofes der TUFA und dessen Inwertsetzung. Der neu gestaltete Hof dient zum einen der Anlieferung und zum anderen als Eingang für die Interimsspielstätte. Da diese beiden Funktionen zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden gibt es hier keine oder wenige Überschneidungen. Sowohl die Anlieferung als auch der Eingang liegen damit sehr günstig im Bezug auf zu erwartende Geräuschemissionen zur Nachbarbebauung hin.

E2: Funktionale Zusammenhänge
Der Veranstaltungssaal ist als kompaktes Volumen konzipiert, der alle zu dessen Funktion notwendigen Räume mit beinhaltet: Technik, Regie und Lagerraum. Die ausziehbare Tribüne des Saals ist fest in dessen Rückwand in einer „Tasche“ verbaut. Die notwendigen Bühnenpodeste werden mobil eingebaut. In der Interimsnutzung kann man auch im Lagerbereich Bühnenpodeste einbauen um eine ebene Fläche mit der Bühne herzustellen. In der Gesamtkonzeption erhält der Saal eine mobile Schiebewand die neben der Tribüne „geparkt“ werden kann. Somit lässt sich der Saal multifunktional nutzen. Der Saal wird bühnentechnisch über eine technische Decke erschlossen. Hier können verfahrbare Kettenzüge oder verfahrbare Punktzüge angeordnet werden und je nach Bedarf können durch die gute Zugänglichkeit eine große Zahl von Hängepunkte vorgesehen werden. Wenn es die Nutzung erfordert können auch Prospektzüge für die Theaternutzung installiert werden. Die technische Decke ist vom Bereich hinter der Bühne und von der Regie aus über Treppenhäuser gut erschlossen. Unter der technischen Decke werden die Scheinwerfer der Bühnenbeleuchtung angeordnet, die von einem Fahrsteg, welcher unter der technischen Decke rechts und links in einer Schiene aufgehängt wird, montiert und fokussiert werden können. Der Fahrsteg kann motorisch nach oben in den Bereich der technischen Decke gehoben werden um ihn zu parken. Alternativ könnte die technische Decke auch mit mehreren ca. 80 cm abgesenkten Stegen als Beleuchtungsbrücken ausgerüstet werden an deren Vorderseiten die Scheinwerfer installiert sind und dadurch von den Beleuchterbrücken einfach fokussiert und eingestellt werden können. Bühne und Zuschauerraum sind für die Theaternutzung mit einem temporär installierten Portalrahmen getrennt. Für die Theaternutzung ist die Bühne mit einem modularen und tragfähigen Bühnenpodest mit Bühnenholzboden gegenüber dem Zuschauerraum erhöht angeordnet. Die Licht- und Tonregie ist in der Zuschauerraumrückwand über der Teleskoptribüne angeordnet. Der Regierbereich ist zum großen Saal hin möglichst weit geöffnet um für die Tontechnik einen optimalen akustischen Höreindruck gewährleisten zu können. Die Künstlergarderoben und die Toilettenanlagen stehen als eingestellte „Kisten“ im Verbindungsbau der das Foyer bildet. Wir haben die Künstlergarderoben bewusst im Neubau angeordnet um die Wegeführung zu vereinfachen und einen Eingriff in das Bestandsgebäude während der Interimsnutzung zu vermeiden. Der Neubau ist somit ohne den Bestandbau voll funktionsfähig was auch Vorteile während der Sanierungsphase des Bestandgebäudes hat. In der Gesamtkonzeption wird das Foyer des Neubaus mit dem neuen Foyer des Bestandsgebäudes verbunden. Der Interimseingang bildet dann eine Multifunkionsfläche: Sie kann weiterhin als Eingang für Veranstaltungen genutzt werden, sie kann aber auch als Hinterbühnenbereich / Anlieferungsbereich für den neuen Veranstaltungssaal bzw. für den kleinen Saal im Bestandsgebäude verwendet werden. Im Bestandsgebäude haben wir das Treppenhaus vor der Fassade entfernt und eine neue Treppe mit Aufzug dem Foyer zugeordnet. Die Fassade wird somit „freigestellt“ und das neue Treppenhaus bietet eine bessere Orientierung im Gebäude. In allen anderen Bereichen wird die Struktur des Bestandsgebäudes erhalten, es wird räumlich „entrümpelt“ und die Wegeführung wird neu organisiert um sie einfacher und übersichtlicher zu gestalten. Im Erdgeschoss wird die Kneipe und deren Infrastruktur neu geordnet. Die Thekenanlage kann am Foyer liegen um hier einen Ausschank zu haben, sie könnte aber auch Richtung Küche gedreht werden.

E3: Energiekonzept
Der Veranstaltungssaal hat eine kompakte, gut gedämmte Gebäudehülle ohne Fenster. Lediglich das Foyer hat verglaste Flächen, die nach Süden einen großen Dachüberstand aufweisen. Um die Wärmebrücken in den Griff zu bekommen erhält die Fassade des Bestandsgebäudes eine neue Vorsatzschale aus Wärmedämmung und einer Ziegelfassade. Die Fenster müssen erneuert werden und das Dach wird gedämmt. Alle Fenster die sich nicht nach Norden orientieren erhalten einen außen liegenden Sonnenschutz. Der Energiebedarf an Heiz- und Kühlenergie wird somit auf ein Minimum reduziert. Die Wärmeerzeugung erfolgt auf Basis der vorhandenen Gasversorgung mittels einer Gasmotorwärmepumpe und einem Gasbrennwertkessel als Spitzenkessel. Die so erzeugte Wärme aus Gasmotor und Wärmepumpe wird sowohl für Beheizung auf hohem Temperaturniveau für statische Heizflächen, RLT-Anlagen und Bestandsgebäude genutzt als auch für Wärmeanwendungen auf Niedertemperaturniveau mittels Bauteilaktivierung (z.B. Fußbodenheizung im Neubau). Neben der Nutzung der Abwärme aus dem Gasmotor wird auch Umweltwärme genutzt. Dies führt zu geringen Betriebskosten und ist sehr effizient. Die Wärmepumpe wird reversibel auch für eine Kältebereitstellung eingesetzt was über die Fußbodenheizung im Foyer und im Saal erfolgt. Im Veranstaltungsraum fallen innere thermische Lasten aufgrund der hohen Personendichte und der Beleuchtungstechnik an. Diese thermische Last wird über die Lüftungsanlage und der bereitgestellten Kühlenergie aus der Gasmotorwärmepumpe abgeführt. Der Veranstaltungsraum, das Foyer sowie innenliegende Räume und Sanitärbereiche werden mechanisch belüftet und mit Wärmerückgewinnung ausgestattet.

E4: Vorbeugender Brandschutz
Dem Konzept für den Neubau des Veranstaltungssaals liegen die LBO und die VstättVO zu Grunde, d.h. ausreichend Rettungswege und Möglichkeiten das Gebäude ebenerdig zu verlassen, sowie eine gute und einfache Orientierung im Gebäude. Die Angriffsmöglichkeiten für die Feuerwehr sind gegeben. Während der Interimsnutzung erhält der Workshopraum im 1.OG des Bestandsgebäudes einen provisorischen Fluchtweg (z.B. Gerüsttreppe nach Absprache mit dem Nachbarn). Da die Feuerwehrzufahrt zu diesem Bereich nach der Sanierung des Bestandsgebäudes nicht mehr benötigt wird haben wir diese aus Platzgründen für den neuen Saal überplant. Durch die Neuorganisation des Bestandsgebäudes vor allem in punkto Wegeführung wird die Fluchtwegesituation deutlich übersichtlicher. In den Obergeschossen des nord-westlichen Bauteils, der eine Sackgasse darstellt haben wir nur Räume mit wenig bzw. keinem Publikumsverkehr angeordnet. Diese Räume können von Osten angeleitert werden da sie keinen 2. baulichen Rettungsweg haben.

E5: Materialien und Konstruktion
Der Neubau des Veranstaltungssaals liegt auf demselben Niveau wie das TUFA-Gebäude, d.h. es kommt die Gründungsvariante 1 zur Ausführung. Der Saal erhält eine zweischalige Betonwand mit Kerndämmung, die mit einem neuen System von Schalungsabstandshaltern mit einer Außenschale von nur 12 cm und in einem Arbeitsgang betoniert werden kann. Da der Saal fast keine Öffnungen hat kann hier schnell und kostengünstig gebaut werden. Die Dachkonstruktion besteht aus Stahlträgern, die die Höhe der Technikebene aufnehmen sowie einer dünnen Betondecke aus Filigrandeckenplatten mit Aufbeton. Die Sichtbetonaußenschale ist glatt geschalt, der Beton ist dunkel eingefärbt. Das Foyer besteht aus einer leichten Stahlkonstruktion für das Dach und Glasfassaden in Pfosten-Riegel- Konstruktion. Beide Räume erhalten einen beheizten Industrieestrich. Der Saal wir als „Black Box“ mit einer akustisch wirksamen Innenschale ausgebaut. Der neue Hof wird mit Stahlstelen gefasst. Dieses gestalterische Element befindet sich auch teilweise vor den Glasfassaden des Foyers und bildet eine gestalterische Einheit. Das Bestandsgebäude soll sein Erscheinungsbild beibehalten da dieses prägend für die TUFA ist. Aus Gründen der energetischen Ertüchtigung schlagen wir vor eine Kerndämmung und eine Ziegelfassade vor den Bestandsfassaden anzubringen. Die neue Ziegelfassade wird mit einer hellen / weißen Schlämme überzogen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt mit dem Vorschlag eines langgestreckten, monolithischen Quaders für den Neubau, der analog der orthogonalen Grundstruktur des TUFA-Bestandsgebäudes ausgerichtet ist. Hierdurch entsteht ein angemessen proportionierter Straßenraum an der Gervasiusstraße. Zwischen Bestand und Neubau entsteht durch die leicht verkippte Flucht der Nordwest-Fassade ein spannender, trapezförmiger Foyerbereich, dessen Raumgeometrie ihn größer wirken lässt, als er tatsächlich ist. Eine »Box« mit den Sanitärräumen für die Besucher ist am Ende dieses Foyers angeordnet und teilt zugleich auf geschickte Weise die Publikumsflächen vom Back- Stage-Bereich. Der Zugang erfolgt auch in diesem Entwurf über die Gervasiusstraße, wobei der eigentliche Eingang zum Foyer weit von dieser entfernt auf dem Grundstück liegt. Unter dem Aspekt des Schallschutzes für die Wohnbebauung erscheint dies als eine gute Lösung. Die Anlieferung erfolgt über den Hofbereich von der Wechselstraße. Ein Dach schützt die Wohnbebauung vor den Lärmemissionen der Anlieferung. Die Ausformung des Wandbereichs der Anlieferung zur Wechselstraße müsste unter Schallschutz-Aspekten nochmals überprüft werden. Positiv wird der relativ kurze Weg von den Umkleiden im Bestand zur Bühne des Neubaus gesehen. Die Raumdisposition ermöglicht zugleich, dass der Anlieferbereich in den Nachtstunden ggf. als zweiter, zusätzlicher Ausgang für das Publikum genutzt werden kann. Sehr positiv gewertet wird die Anordnung des Lagerbereichs hinter der Bühne, was eine sehr flexible und funktionale Nutzung ermöglicht. Positiv gesehen wird der Umgang mit dem Bestand, wobei der Zubau des Erschließungsturms im Innenhof nur bedingt überzeugt. Hier müsste die genaue Anordnung nochmals geprüft werden. In Bezug auf den Neubau wird die Gestaltung der Sichtbetonfassaden durch die Jury hinterfragt. Um eine Monotonie dieser Flächen zu vermeiden, sollten Möglichkeiten der Oberflächen- und farblichen Strukturierung (z. B. durch geeignete Zuschlagsstoffe) geprüft werden. Positiv gesehen wird der Vorschlag einer Innendämmung für den Bestand, der eine Bewahrung des authentischen Erscheinungsbildes ermöglicht. Geprüft werden müsste die Anforderung an die Erreichbarkeit des TUFA-Gebäudes von Nordwest für das Rettungsfenster des Workshopraums im 1. OG. Ggf. müsste die Treppenanlage in diesem Bereich durch eine befahrbare Rampe ersetzt und der Foyerbereich zugunsten der Aufstellfläche reduziert werden. Beides erscheint – auch nach Rücksprache mit der Feuerwehr Trier – als möglich. Ebenfalls überprüft werden müssten die Abstandsflächen zum Nachbargrundstück der Bischöflichen Weingüter, die im Bereich der Engstelle geringfügig überschritten werden. Eine Korrektur erscheint im Rahmen der Grunddisposition leicht möglich. Die Flächenbilanz des Entwurfs (NUF, BGF) überschreitet die Vorgaben bzw. Annahmen des Auslobers nur geringfügig. Die veranschlagten Bauwerkskosten liegen über den Erwartungen. Kritisch gesehen wird, dass die Kosten für die Technischen Anlagen deutlich unter den Schätzungen des Auslobers liegen. In diesem Bereich werden erhebliche Mehrkosten befürchtet.
Insgesamt wird die Arbeit allerdings als der wirtschaftlich günstigste innerhalb des Teilnehmerfeldes eingeschätzt. Die Jury wertet die Arbeit 1003 als besonders gelungenen Beitrag, der mit einigen grundlegenden Entscheidungen die Voraussetzungen für ein stimmiges Gesamtkonzept schafft.