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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2016

Neubau Gefahrenabwehrzentrum (GAZ)

Modell

Modell

Anerkennung / 4. Rang

Preisgeld: 7.250 EUR

Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA PartGmbB

Architektur

plandrei Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro Fankhänel & Müller

Tragwerksplanung

MN Mörbitz Nordhorn Ingenieure GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

ERLÄUTERUNGEN 14 35 68


Städtebauliches und architektonisches Konzept

Das neue Gefahrenabwehrzentrum erscheint in seiner städtebaulichen Einordnung und Baumassenwirkung als Carré, das sich in Klarheit und Prägnanz darstellt.
Die prinzipielle Zweigeschossigkeit schafft dabei Maßstäblichkeit trotz der Ausdehnung über das Grundstück.
Näher betrachtet fügt sich das Carré aus zwei Gebäudewinkeln zusammen, die in ihren jeweiligen Flügeln die baulichen Einheiten von Hauptfeuerwache Berufsfeuerwehr (BF), Fachdienst Gefahrenabwehr (FD) mit Leitstelle und Feuerwehrtechnischem Zentrum (FTZ) in funktionalem Bezug beinhalten. Neben den jeweils intern bereichsoptimierten Einheiten werden schnelle Diagonal- und Querbeziehungen von Einheit zu Einheit für funktionale Betriebsabläufe gewährleistet.
Die Gebäudeform umschreibt einen geschützten Hof und schirmt so sicherheitsrelevante Bereiche, interne Nutzungen allein durch die Figuration ab und leistet gleichzeitig lärmschützende Wirkung zu künftigen umgebenden Bebauung (Wohnnutzung).
Der südöstliche Winkel schafft in seiner Position Raum für einen repräsentativen Vorplatz mit allen Parkgelegenheiten im Süden und im Osten für einen klimatisch wirksamen Grünzug.
Die funktionsbedingte Tiefe des Erdgeschosses eröffnet im 1. Obergeschoss eine Gebäudestaffelung zum Hof, die zusätzliche Freiraumangebote als Dachterrasse bzw. begrünte Dachfläche ermöglicht.
Diese Dachebene schafft einen Brückenschlag zur funktionalen Verbindung trotz Durchfahrbarkeit zum nordwestlichen Winkel. Dessen Westflügel mündet im 27m hohen Turm, der das Gebäude akzentuiert und zeichenhaft die einzige Carréöffnung beschließt.

Hier befindet sich die zweite Zu- und Ausfahrt/Alarmausfahrt. Die Fahrzeughallen im Ostflügel öffnen sich beidseitig, so dass flexible Fahrzeugbewegungen möglich sind und die Hauptausfahrtsrichtung über Ost zur Alarmausfahrt in der Achse der Straße von der Rödgener Straße an der südlichen Grundstücksgrenze gewährleistet ist.

In unmittelbarer Nähe zu den Parkplätzen erreicht man also direkt vom Vorplatz den Haupteingang an der Südseite. Zentral werden hier Mitarbeiter, Kunden und Besucher vom Wachhabenden in Empfang genommen und geleitet. Ein großzügiges Foyer schafft multifunktionalen Raum für Wartende, größere Gruppen, Ausstellungen etc.. Durchgesteckt zum Hof verschafft es zudem Zugang zum Hofbereich, so dass die Lenkung zu den weiteren Bereichen unmittelbar geschaffen wird.
Generell ermöglicht der großzügige Hofbereich die direkte Zuordnung der erforderlichen Freibereiche zu den jeweiligen Nutzungsbereichen - ohne Überlagerungen und unter Gewährleistung der Wegebeziehungen und Fahrbereiche.
Vorgeschlagen wird, drei Segmente der Stahlskeletthalle zu erhalten, die vielfältige Nutzungmöglichkeiten anbieten z.B. zusätzlichen überdachten wettergeschützten Freibereich (Unterstellhalle) oder auch die Qualifizierung und Nutzung als Übungshaus.

Konstruktion und Rasteraufbau des Gebäudekomplexes erlauben Flexibilität in der inneren Raumteilung und -belegung sowie ausgewiesene Erweiterungsbereiche.

Das äußere Erscheinungsbild des neuen Gefahrenabwehrzentrums stellt sich als Klinkerbau dar. Die Wasserstrichbacksteine verkleiden die Fassade in einem Farbverlauf von gedämpften Rot-Rosé-Tönen zu fast Weiß. Neben den klassisch erkennbaren Toren der Fahrzeughallen prägen Fensterbänder die Fassade. Versprünge weisen zusätzlich auf Zugänge hin oder nehmen Bezug auf innere Nutzungen (große Öffnungen für große Räume wie Schulungsbereiche, höhere Brüstungen für Sanitärräume u.ä.).
Textile Verschattungselemente sorgen für den erforderlichen sommerlichen Wärmeschutz, Sicht- und Blendschutz oder auch Verdunklung.

Die Baustoffe sind hinsichtlich ihrer Langlebigkeit, Recyclefähigkeit, ihrem dauerhaften Erscheinungsbild und ihrer nachwachsenden Eigenschaft unter ökologischer Betrachtung gewählt worden.
Den funktionalen Zusammenhängen und der räumlich optimalen Organisation wird Priorität eingeräumt. Der hohe Dämmstandard des Gesamtgebäudes gewährleistet unter Betrachtung des Wärmeversorgungskonzeptes und Niedertemperaturheizung eine hervorragende Energieeffizienz inkl. der Live Cycle Cost Betrachtung mit ökonomischer und ökologischer Relevanz.

Statisches Konzept
Das Gebäude wird als monolithische Stahlbetonkonstruktion konzipiert.
Die Geschossdecken werden außerhalb der Fahrzeughallen unterzugsfrei geplant.
Hierdurch ist eine hohe Flexibilität für die Leitungsführung der Haustechnik gewährleistet.
Im Bereich der Fahrzeughallen werden Querrahmen aus Unterzügen und Stützen vorgesehen.
Im Bereich der Unterzüge werden definierte Aussparungen für die Haustechnik vorgesehen.
Die tragenden Innen- und Außenwände werden in Stahlbeton geplant.
Die Gebäudestabilisierung erfolgt über Wände und Treppenhauskerne sowie über die Querrahmen im Bereich der Fahrzeughallen.
Die Geschoßtreppen werden als Fertigteile geplant.
Für einen zügigen Bauablauf können Filigrandecken und Wände verwendet werden.
Die Gründung wird als elastisch gelagerte Stahlbetonplatte konzipiert.
Da kein Baugrundgutachten vorliegt könnten zusätzliche Baugrundverbesserungen erforderlich werden.
Die gewählte Stahlbetonkonstruktion gewährleistet eine hohe Feuerwiderstandsdauer ohne zusätzliche Maßnahmen.

Energetisches Konzept
vorgeschlagene Konzept zeigt eine Alternative zum grundsätzlich möglichen Anschluss an die Fernwärme auf im Sinne einer unabhängigen ökologischen Versorgung.
Diese Versorgung des Bauvorhabens soll über zwei Wasser-Wasser-Wärmepumpenanlagen erfolgen. Als Wärmequelle ist dabei ein Erdsondenfeld geplant, welches im Bereich des Innenhofes angeordnet werden soll. Gemäß hydrogeologischer und wasserwirtschaftlicher Standortbeurteilung für die Errichtung von Erdwärmesonden in Hessen, Kreis Gießen (Herausgeber: Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie; Bearbeitungsstand: Januar 2016) ist das Baufeld für die Geothermienutzung als günstig gekennzeichnet.
Pro Gebäudeteil (BF bzw. FTZ+FD) ist eine separate Wärmepumpenanlage vorgesehen, die auf eine Leistung von 2/3 des Gesamtbedarfs der Liegenschaft ausgelegt wird. Als Spitzenlastsystem ist ein Pelletkessel vorgesehen, der auf 1/3 des Gesamtleistungsbedarfs ausgelegt wird. Über Verbindungsleitungen zwischen den Wärmepumpenzentralen der beiden Gebäudeteile in Verbindung mit dem Pelletkessel ist die redundante Versorgung der Liegenschaft gegeben. Im Falle eines Stromausfalles erfolgt die Versorgung der Wärmeerzeuger über das geplante Notstromaggregat.
Zur zusätzlichen Verbesserung der CO2-Bilanz des Gebäudes wird je Wärmepumpenanlage auf dem jeweiligen Gebäudeteil eine Photovoltaikanlage aufgestellt, wobei die gewonnene Elektroenergie primär zur Einspeisung in die Wärmepumpenanlage angedacht ist.
Beiden Wärmeerzeugersysteme ist ein Pufferspeicher nachgeschaltet, in den auch die Wärme des Pelletkessels eingespeist wird.
Die Beheizung der Gebäude erfolgt ausschließlich als Flächenheizungen. In der Fahrzeughalle soll dabei eine Industriebodenheizung installiert werden, in allen anderen Räumen Fußbodenheizung.
Die mit der Flächenheizung verbundenen niedrigen Systemtemperaturen gewährleisten eine optimale Ausnutzung des durch das Erdsondenfeld gewonnenen Temperaturniveaus.
Das Gesamtsystem garantiert sehr niedrige Betriebskosten in Verbindung mit einem weitestgehend CO2-neutralem Anlagenbetrieb.
Thermische Behaglichkeit
Neben dem vorgesehenen baulichen Sonnenschutz sollen zur Einhaltung der thermischen Behaglichkeit die Wärmepumpenanlagen unterstützend im Freikühlbetrieb laufen. Dabei werden die Flächenheizsysteme mit kühlem Wasser aus den Erdsonden durchströmt und damit in den Räumen anfallende Wärmelasten abgeführt. Dies ist eine sehr wirtschaftliche Lösung, da das System als Freikühlung betrieben wird, also ohne Aktivierung der Wärmepumpen. Außerdem erfolgt durch die Einlagerung der dem Gebäude entzogenen Wärme in das Erdreich eine Regeneration des Untergrundes für den Wärmepumpenbetrieb in der Heizperiode.

Lufttechnische Anlagen, Wärmerückgewinnung
Alle außenliegenden Büro- und Aufenthaltsräume werden natürlich über öffenbare Fenster gelüftet. Die innenliegenden Räume, Räume mit einer hohen Belegungsdichte (Schulungsräume etc.) sowie die Sanitär- und Umkleidebereiche werden mit einer mechanische Zu- und Abluftanlage ausgestattet. Die jeweilige Luftrate richtet sich dabei nach den geltenden Technischen Regeln und Vorschriften. Alle Lüftungsanlagen, mit Ausnahme von Kleinlüftungsanlagen, werden mit einer Wärmerückgewinnung mit hoher Rückwärmzahl (mind. 0,85) versehen.

Freiraumkonzept

Ziel des Entwurfs ist es, die Neubauten durch ein freundliches und zugleich funktionales Gesamtbild zu ergänzen. Im Fokus des Entwurfes steht die konsequente Weiterführung der geometrischen Formensprache von Architektur und Gelände sowie die strenge Ordnung der Raumfunktionen. Die Freianlagen gliedern sich der jeweiligen Funktion entsprechend an die angeschlossenen Innenräume und unterteilen sich in repräsentativem Vorplatz mit Ein- und Ausfahrten, großzügigen Innenhof, Dachflächengestaltung sowie Grünen Rahmen.

Vorplatz
Den Empfang bildet ein repräsentativer Vorplatz aus hochwertigem Pflasterbelag verschiedener Formaten und hohem Grünfugenanteil. Farbige Belagsintarsien leiten zum Haupteingang. Die Stellplatzanlage bietet ausreichend Kapazität für alle Fachdienste und Besucher. Kleinkronige, linear eingeordnete, hochstämmige Bäume spenden Schatten und erlauben gleichzeitig den Ausblick auf ein- und ausfahrende Fahrzeuge. Gegenüber des Haupteinganges sind Radstellplätze vorgesehen. Westlich des Vorplatzes befindet sich die Alarmausfahrt auf die Rödgener Straße, im Osten liegt die Einfahrt zum Gelände. An dieser sind fünf LKW-Stellplätze sowie der Tankstellenbereich eingeordnet.

Innenhof
Der zentrale Innenhof bietet ausreichend Raum für alle funktionalen Anforderungen. Durch die ebene Ausbildung als eine durchgehende Fläche ist der Innenhof multifunktional nutz- und befahrbar. Im Anschluss an die Fahrzeughallen befinden sich Aufstellflächen für die Einsatzfahrzeuge, welche großzügigen Bewegungsraum bieten. Östlich des Neubaus FD wird ein großflächiger Übungshof eingeordnet. Neben der in Teilen z.B. als Übungshaus erhaltenen Kalthalle befinden sich hier alle notwendigen Infrastrukturen wie offenes Löschwasserbecken, unterirdische Zisterne, Saugstellen, Anleiterstellen u.dgl.
Die Verkehrswege sind aufgrund der weiträumigen Dimensionierung zügig und flexibel befahrbar. Sie stellen keine räumliche Barriere dar und integrieren sich unauffällig in das Gesamtbild des Innenhofs. Neben den technischen Voraussetzungen bietet der Übungshof auch Aufenthaltsqualität im Bereich des zentralen Solitärbaumes. Im nordwestlichen Gebäudewinkel befindet sich ein zentraler Aufenthalts- und Sportbereich mit einem Kleinfeld, Sportgeräten sowie Sitzbereichen.
Alle Hofflächen und Fahrbahnen werden aus funktionalen Gründen in Asphalt ausgeführt. Durch die Gestaltung mit Markierungen verschiedener Farben und Formen wird nicht nur ein ästhetisch ansprechendes Bild erzeugt, sondern funktionale Zusammenhänge, hier sei beispielsweise auf die Wegeführung für Fußgänger verwiesen, hergestellt.

Dachflächengestaltung
Die Dachflächen sämtlicher Neubauten werden zugunsten der klimatischen Wirkung begrünt. Die Dachfläche im ersten Obergeschoss, welche von den Aufenthalts- und Gemeinschaftsräumen aus direkt begehbar ist, wird als Dachgarten gestaltet. Dieser bietet sowohl Gemeinschaftsbereiche in Form von Dachterrassen als auch Ruhebereiche mit Wiesen, Sträuchern und mehrstämmigen Gehölzen. Vom Dachgarten aus ist auch das Geschehen im Innenhof gut zu beobachten. Die Dachflächen der obersten Geschosse werden mit extensiver Dachbegrünung ausgestattet. Zwei Photovoltaikanlagen versorgen die beiden Gebäudeteile zusätzlich mit regenerativer Energie.

Grüner Rahmen
Die Gebäude und angrenzende Freiräume werden von extensiven Wiesenflächen mit Hecken- und Strauchpflanzungen gerahmt, welche sich an den übergeordneten Grünzug anfügen. Die bestehenden Solitärbäume werden als strukturierende Elemente erhalten und durch Neupflanzungen ergänzt. Unter dem Baumhain wird ein Aufenthaltsbereich im Grünen eingeordnet. Weitere Baumreihen bilden die vertikale Begleitung von Grünachse und Neubauten.
Neben der klimatischen Ausgleichswirkung der Grünflächen nehmen die Wiesen anfallendes Niederschlagswasser der befestigten Flächen, insbesondere aus dem Bereich der westlichen Aufstell- und Fahrbahnflächen, auf. Im Innenhof anfallendes Regenwasser wird in Punkteinläufen geleitet, zentral gesammelt und dient zur Speisung von Löschwasserbecken und Zisterne sowie der Bewässerung der begrünten Dachflächen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeigt eine klare und gut ablesbare Gebäudestruktur. Der Grünzug ist positiv in das Außenraumkonzept mit einbezogen. Allerdings sind die geforderten Grünflächenansätze in ihrer Größe nicht ganz erfüllt. Kritisch wird jedoch die Zusammenlegung der gesamten Stellplätze im vorderen Bereich gesehen. Wünschenswert wäre hier die Schauseite einladender zu gestalten.

Die 1. Alarmausfahrt ist richtigerweise an der Ostseite des Grundstücks gelegen und kann hier überzeugen. Die 2. Alarmausfahrt hingegen kollidiert mit dem Fußweg zu den Seminarräumen kollidiert.

In der Funktionalität sind die Raumabhängigkeiten gut gelöst, in der Erfüllung des Raumprogramms weist die Arbeit leider Mängel auf.

Die Sportfläche vor den Seminarräumen lässt ein großes Konfliktpotenzial hinsichtlich der Geräuschbildung befürchten. Auch die langen Fußwegeführungen über den Übungshof zu den Seminarräumen werden kritisch gesehen. Die Dachterrasse vor den Ruheräumen wird als Gewinn gewertet.

Die Architektur kann in Ihren Gesamtzügen keine Identitätsbildung in dem neuen Quartier erzeugen. Nicht nachvollziehbar ist die sehr kleine Eingangssituation. Hier hätte sich die Ausloberin einen positiveren Auftritt im Innen-und Außenraum gewünscht.

Leider sind die Lagerflächen mit Ihren relativ geschlossenen Flächen zur Schauseite orientiert und verhindern so eine qualitative Fassade zum Wohngebiet. Die Materiawahl wird vom Preisgericht als angemessen und charmanter Vorschlag gewertet.

Das Tragwerksystem ist pragmatisch durchdacht und ohne prinzipielle Änderungen wirtschaftlich realisierbar.

Die TGA entspricht in Funktionalität und Anlagenstand dem derzeitigen Stand der Technik. Ökologie/Ökonomie und Innovation bzw. Nachhaltigkeit sind angemessen berücksichtigt. Die Empfehlung der Fachpreisrichter ist es, auf die vorgeschlagene Pellet Heizung zu verzichten und die Fernwärme zu nutzen.

Die Kenndaten liegen im Vergleich zu den anderen Arbeiten im unteren Bereich.

Der Entwurf stellt in seiner Gesamtheit einen positiven Beitrag zur Wettbewerbsaufgabe dar.
Lageplan

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Detail

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