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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2020

Neugestaltung des KZ-Gedenkortes Ellrich-JuliushĂŒtte

Neugestaltung des KZ-Gedenkortes Ellrich-JuliushĂŒtte - Ideenteil Poster 1

Neugestaltung des KZ-Gedenkortes Ellrich-JuliushĂŒtte - Ideenteil Poster 1

1. Preis / Zur Realisierung empfohlen

Preisgeld: 2.000 EUR

PSL Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Wettbewerb zur Neugestaltung des Gedenkortes Ellrich-JuliushĂŒtte

ErlÀuterungsbericht

Nicht nur 45 Jahre seit Kriegsende, sondern auch 30 Jahre seit der politischen Wende und
damit Überwindung der innerdeutschen Grenze mussten vergehen, bis die Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Konzentrationslager Ellrich-JuliushĂŒtte und damit dem Tod - von mehr als 4.000 HĂ€ftlingen, in einer GedenkstĂ€tte und einem Lernort Ausdruck findet. Außerdem entsteht nun aus einem Un-Ort, dies- und jenseits der ehemaligen Demarkationslinie - zwischen 1961 bis 1989 - ein historischer Ort, der die Zeitebenen des historischen Gipsabbaus, des Naziregimes/KZ und die Zeit der deutsch-deutschen Teilung umfasst. Wo sich die GrĂ€ueltaten des Nationalsozialismus mit malerischer Landschaft und schĂŒtzenswerter Natur vereinen, ist inzwischen das Nationale Naturmonument GrĂŒnes Band ThĂŒringen aus dem ehemaligen Todesstreifen hervorgegangen. So schön ist es hier, dass inzwischen „unschuldige“ Themenwanderwege durch das Areal verlaufen. Auch wenn es gilt, die verschiedenen historischen Konnotationen zu verdeutlichen, steht doch die Auseinandersetzung mit den vorgefundenen MassengrĂ€bern der ermordeten HĂ€ftlinge - als Grab- und TrauerstĂ€tte - im Vordergrund.


Ideenwettbewerb

Raum- und Vegetationsstruktur

Zeitlich differenzierte Nutzungen des Ortes sollen durch verschiedene rĂ€umliche Wirkungen des GedenkstĂ€ttengelĂ€ndes ausgedrĂŒckt werden. D. h. der Umgang mit der Vegetation wird von zunehmenden Überlagerungen der historischen Nutzungen der einzelnen Teilbereiche abgeleitet. Je mehr historische Nutzungen sich örtlich ĂŒberlagern, desto radikaler wird mit der Vegetationsstruktur umgegangen. Dies spiegelt sich in der zunehmenden Reduktion bzw. Gestaltung der Vegetationsstrukturen wider. Durch die entstehende rĂ€umliche Wirkung auf den Besucher werden diese Bedeutungen dem Nutzer, unterstĂŒtzt durch Informationstafeln, begreifbar gemacht. Die auf Poster 1 dargestellte Explosionsgrafik zeigt die Konnotationen der Teilbereiche auf:
Der Ă€ußere, westliche Bereich des Plangebietes wurde als Wirtschafts- und Unterkunftsbereich fĂŒr SS- und spĂ€ter DDR-GebĂ€ude genutzt. Der Eingriff dort ist minimal. Wege werden freigestellt. Im Bereich der SS-UnterkĂŒnfte sowie der DDR-GebĂ€ude werden der Unterwuchs entfernt und BestandsbĂ€ume ausgelichtet und teilweise aufgeastet, so dass die Standorte ehemaliger GebĂ€ude zu jeder Jahreszeit erkennbar werden. Der waldartige Charakter bleibt erhalten, da dieser Bereich nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen soll. Der westliche Bereich des HĂ€ftlingslagers, auf der niedersĂ€chsischen Seite, soll mehr Aufmerksamkeit erfahren. Die heutige Überlagerung vieler Schutzgebiete verbietet jedoch eine völlige Freistellung. Ein Herausstellen von Baumclustern gewĂ€hrt jedoch Einblicke in dieses Areal, so dass die rĂ€umlichen Ausmaße zu erahnen sind.
Die MassengrĂ€ber werden freigestellt. Lediglich EinzelbĂ€ume mit geweißten StĂ€mmen, die
zudem auf vier Meter Höhe aufgeastet sind, dienen der Grabgestaltung und markieren die
Lage aus grĂ¶ĂŸerer Entfernung. Zudem wird eine Sichtachse aus Richtung Appellplatz zum
östlichen Massengrab freigestellt.
Der östliche HĂ€ftlingslagerbereich, auf thĂŒringischer Seite, hat die stĂ€rkste historische
Konnotation: KZ-HĂ€ftlingslager und Grenzgebiet DDR-BRD (Todesstreifen); dazu das NNM GrĂŒnes Band ThĂŒringen - heute. Im Außenraum stellt sich das durch eine vollstĂ€ndige Freistellung des Areals dar – mittels Rasen- und WiesenflĂ€chen. Dieser Eingriff ist nicht zuletzt durch die Schutzgebietsdefinition des Nationalen Naturmonuments gerechtfertigt: Neben dem Naturwert wird NNM ein ebenso wichtiger Kulturwert beigemessen. Deren Grundsatz liegt in der Erhaltung bzw. Verbesserung der wertgebenden Merkmale des NNM. Die bedeutende Rolle von Ellrich-JuliushĂŒtte als Gedenkt- und Lernort, eingebettet in die seltene Gipskarstlandschaft des SĂŒdharzes, spiegelt beispielhaft den besonderen Wert des GrĂŒnen Bandes wider und verbindet heute das gemeinsame Engagement fĂŒr die Natur und das Geschichtsbewusstsein.
Der Rand der Baumcluster - an der Grenze zwischen ThĂŒringen und Niedersachsen - zeichnet den Grenzverlauf weitestgehend nach.
Eine zehn Meter breite Baumschneise verdeutlicht den Verlauf der HĂ€ftlingslagergrenze. Der Wald wird bis zum Verlauf des ehemaligen Lagerzaunes zurĂŒckgedrĂ€ngt. In der Schneise wird eine Wiese angelegt und damit weiterer Baum- und Strauchwuchs verhindert.

Erschließung FußgĂ€nger, Fahr- und ruhender Verkehr

Eine Erschließung ist fußlĂ€ufig vom Bahnhof Ellrich ĂŒber die Pontelstraße möglich.
Auch ĂŒber den Karstwander-/Kaiserweg gelangt man, wie bisher schon, auf das GelĂ€nde. Die beiden Fernwanderwege fĂŒhren zwar weiterhin durch die GedenkstĂ€tte, nun jedoch nicht mehr direkt an den MassengrĂ€bern vorbei, um einen ungestörten Trauerort zu bieten. Der gezielte Zugang zu den GrabstĂ€tten ist jedoch weiterhin möglich. Der Kolonnenweg endete bisher - von Norden nach SĂŒden – nördlich von Ellrich. Die Thematisierung der deutsch-deutschen Grenze bei der Gestaltung der GedenkstĂ€tte kann somit zu einem weiteren und besonderen Abschnitt des Kolonnenweges in Richtung SĂŒden sein.
Die Pontelstraße wird auf einer Breite von 3,5 Metern asphaltiert (mit heller Kieseinstreu). Drei asphaltierte Ausweichbuchten in schlecht einsehbaren Bereichen sind zum Ausweichen vor Gegenverkehr vorgesehen. Dadurch ist eine durchgehende zweispurige Befestigung obsolet. Eine WendeflĂ€che ist direkt an der GedenkstĂ€tte vorgesehen. Straßenbegleitend stehen - nahe der GedenkstĂ€tte, jedoch außer Sichtweite - 30 Pkw-StellplĂ€tze sowie 3 BehindertenstellplĂ€tze (jeweils Schotterrasen) zur VerfĂŒgung. Die Senkrechtaufstellung erfordert eine Straßenverbreiterung auf sechs Meter (ebenfalls Schotterrasen).

Eingangsbereich

Den Auftakt der GedenkstÀtte bildet eine rÀumlich verengte Situation, welche auf die
historische Lagergrenze und Torsituation des Lagers Bezug nimmt. Sie entsteht sowohl durch das BestandsgebĂ€ude selbst (mit sog. kalter musealer Ausstellung), als auch durch eine Mauerscheibe aus Sichtbeton mit Schriftzug. Ein sich anschließender Vorplatz
(wassergebundene Wegedecke, mittelgrau) bietet die Möglichkeit zur Orientierung und ist
Ausgangspunkt verschiedener Wegeoptionen. Breite Streifen aus Ortbeton, in plattenartige
Segmente unterteilt, markieren die ZugĂ€nge zu GedenkstĂ€tte und Rundweg. Ein topografisches Modell des historischen Lagerkomplexes Ellrich-JuliushĂŒtte ist ein erster zentraler Anlaufpunkt zur Orientierung und Sammelbereich fĂŒr Gruppen und FĂŒhrungen. Neben einer Sitzmöglichkeit erhĂ€lt der Platz eine Informationstafel und drei EinzelbĂ€ume. Durch die SĂ€ulenform der BĂ€ume können sie eine Fernwirkung/ Orientierung ermöglichen, ohne BestandsgebĂ€ude oder das DB-GrundstĂŒck zu beeintrĂ€chtigen.
Das nahe des Eingangsbereiches freigelegte und gesicherte Fundament eines historischen
WirtschaftsgebĂ€udes fĂŒhrt bereits an die authentische Situation des Lagers heran. Die aktuell vor dem KĂŒchentrakt verortete Informationstafel wird auf dem Vorplatz aufgestellt.

Appellplatz

Der vorhandene Gedenkstein mit seitlichen Einfassungshecken, im Bereich des ehemaligen Appellplatzes, wird respektvoll in die neue Gestaltung integriert. Um diese dezent zu halten und um die Lage des Appellplatzes im heutigen GrĂŒnen Band zu verdeutlichen, wird der Platz sowie seine Umgebung grĂŒn belassen. Der Kontrast zwischen WiesenflĂ€chen außerhalb des Platzes und Rasen innerhalb desselben zeichnen symbolisch dessen Konturen nach. Da die Ausmaße des Appellplatzes nicht genau definiert sind, wird stellvertretend (auf einer FlĂ€che von 39 x 29 Metern) an die damalige Funktion erinnert. In die RasenflĂ€che eingelassene Platten (Betonplatte, 40 x 40 cm) symbolisieren den historischen Appellcharakter - antretende und wartende HĂ€ftlinge, wĂ€hrend SS-Aufseher zwischen den Reihen umhergingen. Die Anzahl der Platten reduziert sich von außen in Richtung Platzinneres, um nicht mit Gedenkstein zu konkurrieren.

Wege

Die vorhandene WegefĂŒhrung bleibt weitestgehend erhalten. Der Weg wird als Rundweg
durch die GedenkstĂ€tte ausgebaut. Er wird auf 2,5 Meter verbreitert und mit wassergebundener Wegedecke (grau) teilbefestigt. Auf eine Einfassung wird verzichtet, um dem landschaftlichen Charakter zu entsprechen. Die Wegebefestigung setzt sĂŒdlich des Appellplatzes ein und setzt sich in die waldartigen Teilbereiche fort. Der Rundweg in westlicher Richtung wird - bis hin zu den MassengrĂ€bern - barrierefrei angelegt. Ansonsten lĂ€sst die vorhandene Topographie keine vollstĂ€ndige Barrierefreiheit ohne grĂ¶ĂŸere Eingriffe zu. Bei Erfordernis ist der Weg auch fĂŒr Kraftfahrzeuge befahrbar.
Vom Hauptweg aus fĂŒhren Wege an die beiden MassengrĂ€ber heran, so dass man diese auch aus nĂ€herer Entfernung betrachten kann. Um Trauernde nicht zu stören, kann man auf dem Hauptweg verbleiben. Im nordwestlichen Bereich fĂŒhrt der Weg durch die dort vorhandenen GebĂ€udereste von HĂ€ftlingsunterkĂŒnften, statt – wie bisher - entlang der Bahngeleise. Im baumfreien nördlichen Areal verlĂ€uft der Weg wieder parallel zu den Bahngeleisen; ein freies Bewegen auf der RasenflĂ€che zum Erkunden der Ruine des KĂŒchentraktes ist jedoch ebenso möglich.

Umgang mit vorhandenen GebÀuderelikten und mit Standorten ohne erkennbare Relikte

FĂŒr eine zusammenhĂ€ngende Gestaltung der GedenkstĂ€tte werden gemeinsame, sich
wiederholende Elemente bei der Sicherung der vorhandenen GebÀuderelikte verwendet.
Variierende Elemente zeigen unterschiedliche historische Nutzungen der GebÀude auf.

HĂ€ftlingsunterkĂŒnfte, keine GebĂ€udereste vorhanden:
Vermutete GebÀudeecken werden mit Eckteilen aus Beton markiert. Diese haben eine
KantenlÀnge von 1,40 Metern sowie eine Höhe und Breite von 0,30 Metern. Die leichte
Erhöhung macht auch vom Rundweg weiter entfernt liegende GebÀude sichtbar.
Der GebÀudegrundriss wird mit Schotter von Anhydrit flÀchig nachgezeichnet, da der
Stollenvortrieb durch dieses Material, vor allem im Kohnstein, den Großteil der Zwangsarbeit ausmachte.

HĂ€ftlingsunterkĂŒnfte, Fundamente vorhanden:
Da die GebÀudegrundrisse noch erkennbar sind, werden hier die ZwischenrÀume der
Streifenfundamente mit Schotter aus Anhydrit versehen.

Vorhandene Mauerreste (HĂ€ftlingsunterkunft 4) und KĂŒchentrakt:
Auch hier werden nicht mehr vorhandene Hausecken mit Winkeln und der Grundriss mit
Schotter aus Anhydrit dargestellt. MauerĂŒberreste werden von Vegetation befreit. Lockere Steine und Ziegel werden fixiert. Offene Fugen und Risse werden verschlossen und versiegelt. SteinoberflĂ€chen werden ggf. gereinigt und erhalten eine konservatorische OberflĂ€chenergĂ€nzung. Abschließend erhalten Mauern eine grau eingefĂ€rbte Sichtbetonkappe, die sich klar von der historischen Bausubstanz unterscheidet und Endringen von Niederschlagswasser verhindert. Eine Hydrophobierung aller OberflĂ€chen bewirkt zusĂ€tzlichen Schutz.

Ehemaliges Krematorium:
Um die besondere Stellung des Krematoriums als Symbol fĂŒr die Vernichtung der Überreste tausender HĂ€ftlinge zu thematisieren, weicht die Darstellung von den restlichen GebĂ€uden ab. Da die Lage und Ausmaße des GebĂ€udes ohne weitere Nachforschungen nicht exakt beschreibbar sind, werden die GebĂ€udeecken mit leicht gedrehten Betonwinkeln symbolisiert. Die vermutete GrundflĂ€che wird mit feinerem Kies aus Grauwacke aufgezeigt, um den Bezug zu den ebenfalls mit Grauwacke belegten AschegrĂ€bern herzustellen.

SS-GebÀude, sonstige KZ- sowie DDR-GebÀude, keine GebÀudereste vorhanden:
Die Betonwinkel, als verbindendes Element, markieren auch hier die GebÀudeecken und die Zusammengehörigkeit des Lagerkomplexes. Da diese GebÀude nicht im Zentrum der
Aufmerksamkeit stehen sollen, wird der Grundriss mit Schotterrasen nachgezeichnet, der sich nur leicht von umgebende Rasen- und WiesenflÀchen unterscheidet.

SS-GebÀude, sonstige KZ- sowie DDR-GebÀude, Fundamente vorhanden:
Die ZwischenrÀume der Streifenfundamente werden mit Schotterrasen versehen.

Sicherung der Überreste des KĂŒchentraktes

Eine Versiegelung der Fenster und weiterer Öffnungen auf der Vorderseite erfolgt mittels
Fensterelementen aus Panzerglas. Dadurch wird ein minimaler visueller Eingriff in die
Erscheinung des GebĂ€udekörpers durchgefĂŒhrt, ohne die historische Bausubstanz mit
unpassend anmutenden Elementen zu stören. Die RĂŒckseite der Ruine wird zugemauert. LichteinlĂ€sse werden mit Glasbausteinen ergĂ€nzt, um einen Lichteinfall beizubehalten.

Informationselemente und sonstige Ausstattung

Aktuell genutzte und mit dem Informationssystem der GedenkstÀtte Mittelbau-Dora
abgestimmte Tafeln werden beibehalten und ergÀnzt. Das Layout und die Erscheinung erfolgen im gleichen Stil, jedoch mit verschiedenen thematischen Farben:
Blaue Infotafeln klĂ€ren ĂŒber die Gipsabbauvergangenheit auf. Die deutsch-deutsche Teilung und DDR-Vergangenheit werden im Farbton orange gehalten. Naturschutz und das NNM werden auf grĂŒnen Infotafeln behandelt. Der WĂŒrde des Ortes und einer dezenten Gestaltung entsprechend, sind die Farben in hellen Pastelltönen gehalten. Grau verbleibt zur Information ĂŒber die KZ-Vergangenheit.
Durch ein einheitliches Layout wird aufgezeigt, dass vor Ort keine zufĂ€llige Überlagerung der Nutzungen stattfand, sondern dass diese sich gegenseitig bedingt haben: Die ehemaligen RĂ€umlichkeiten der Gipsindustrie wurden als KZ genutzt. Durch die Lage zwischen zwei BundeslĂ€ndern wurden große Teile der Bausubstanz wĂ€hrend der deutsch-deutschen Teilung geschleift. Der entstandene, ehemalige Todesstreifen wurde spĂ€ter zum NNM erklĂ€rt.
Weiterhin wird durch das gemeinsame Layout die Vielfalt an Themen der priorisierten
GedenkstÀttengestaltung untergeordnet.
Wichtige Infotafeln sind breiter und erhalten ein halbseitiges Schwarzweißbild aus GrĂŒnden der Barrierefreiheit fĂŒr Sehbehinderte.
Informationstafeln zum Naturschutz im Corporate Design schließen am Kolonnenweg an, im Übergangsbereich der GedenkstĂ€tte nach außen.
Da abendliche bzw. nÀchtliche Besuche der GedenkstÀtte nicht vorgesehen sind, wird auf eine Ausleuchtung der Wege und die Illumination von Teilbereichen der GedenkstÀtte verzichtet. BÀnke sind in Form von pflegearmen Sitzblöcken an ausgewÀhlten Punkten. AbfallbehÀlter sind nicht vorgesehen.


Realisierungswettbewerb

Gestaltung der MassengrÀber

Die formale Gestaltung orientiert sich u. a. an den örtlichen Gegebenheiten: der Topographie, der WegefĂŒhrung und der Lage des Krematoriums. Dadurch fĂŒgt sie sich in den Bestand ein und ergĂ€nzt diesen, ohne ihn zu ĂŒberformen.
Die fĂŒr den Wettbewerb angegebenen Ausmaße der MassengrĂ€ber werden als nicht
ausreichend empfunden, da vmtl. auf viel grĂ¶ĂŸerer FlĂ€che menschliche Überreste auffindbar sind. Deshalb werden auch Verdachtsbereiche freigehalten.
Areale, auf denen sterbliche Überreste nachgewiesen wurden, werden mit Grobschlag von
Grauwacke abgedeckt. Grober Schotter aus Grauwacke bedeckt darĂŒber hinaus gehende
vermutete Bereiche, mit zum Rand feiner werdender Textur.
Die gestaltete FlÀche des östlichen Massengrabes soll den symbolischen Wurfkegel der
hinuntergeworfenen Asche am Hang des Krematoriums widerspiegeln. So entsteht am
vorhandenen Hang eine halbrunde Grabform. Diese Form wird auf die sĂŒdlich liegende Berme, auf der auch das Krematorium stand, gespiegelt und als Gedenkort befestigt. Diese Befestigung geschieht mittels Ortbeton, der konstruktionsbedingt in plattenartige Segmente mit 1,5 Metern KantenlĂ€nge unterteilt ist. Die Materialwahl und Großformatigkeit der Segmente symbolisiert gleichzeitig die BrutalitĂ€t mit der gegen die HĂ€ftlinge vorgegangen wurde. Des Weiteren kontrastiert der Beton am stĂ€rksten zum dominanten umgebenden Wald. Auf der befestigten FlĂ€che bietet sich die Möglichkeit ungestörten Gedenkens, auch fĂŒr Gruppen. Das Augenmerk wird auf das Wesentliche gerichtet: die GrabstĂ€tte.
An der gedachten Überlappung von Grab- und PlatzflĂ€chen ist jeweils eine spitz-ovale FlĂ€che aus Naturstein verortet, die als Gedenkstein fungiert und einen Platz zum Ablegen von Blumen, KrĂ€nzen u. Ă€. bietet. Diese besondere FlĂ€che ist jeweils stufenhoch und zum Rand hin abgeflacht. Sie vermittelt gewissermaßen zwischen Gedenkplatz und Grab. Eine Aufschrift aus Metallbuchstaben auf der Oberseite könnte lauten: „Den Opfern des KZ Ellrich-JuliushĂŒtte.“
Als Sitzgelegenheit dienen quaderförmige Blöcke, aus demselben Naturstein, der im Kontrast zum Beton steht. Naturstein (hier wird beispielhaft naheliegendes Travertin angegeben) strahlt eine höhere Wertigkeit als Beton aus und steht deshalb fĂŒr die Opfer sowie fĂŒr deren Angehörige und Gedenkende. Auf der SĂŒdseite begrenzt die vorhandene Topographie die PlatzflĂ€che.
Auch das westliche Massengrab wird nach diesen Vorgaben gestaltet. Allerdings weitet sich hier das Massengrab ĂŒber die vorhandene Berme hinweg aus.
Auf beiden GrabflĂ€chen bleiben EinzelbĂ€ume - als Mittelgrund der Gestaltung – bestehen.
Diese sind auf drei bis vier Meter Höhe aufgeastet und geweißt, so dass - auch aus weiterer Entfernung - der Blick haften bleibt und die GrabflĂ€che markiert wird.
Durch die, an die GedenkstÀtte Mittelbau-Dora angelehnte Gestaltung der GrÀber werden
zwischen beiden GedenkstÀtten ZusammenhÀnge aufgezeigt.
Der Einbau von Grauwacke ermöglicht die Gestaltung der Grabfelder auch bei steileren
Böschungswinkeln, wie am östlichen Grab gegeben.

Pflege der gesicherten GebÀudestandorte und MassengrÀber

Prinzipiell geht es darum, im Gebiet – auf den von Baum- und Strauchwuchs befreiten sowie Rasen-/WiesenflĂ€chen - natĂŒrliche Sukzession zu verhindern, was nicht ohne ein Mindestmaß an Pflege gelingen kann. Die hier aufgefĂŒhrten GestaltungsĂŒberlegungen erfolgten jedoch auch unter dem Ziel, die kĂŒnftige Pflege zu minimieren.
Die Verwendung von Wurzelschutzvlies unter den Grobschlag- und SchotterflÀchen aus
Anhydrit- und Grauwacke verhindert das Aufkommen im Boden befindlicher WurzelunkrÀuter. Etwaige in der Gesteinsabdeckung keimende Pflanzen sollten manuell in ein bis zwei PflegegÀngen pro Jahr entfernt werden.
SchotterrasenflÀchen ehemaliger SS- und WirtschaftsgebÀude können (bei entsprechender
Erreichbarkeit) mit AufsitzmĂ€her geschnitten werden. FlĂ€chen zwischen Streifenfundamenten mĂŒssen mit Freischneider niedrig gehalten werden. Auch hier sowie fĂŒr die WiesenflĂ€chen im ehemaligen östlichen HĂ€ftlingslagerbereich sind ein bis zwei MahdgĂ€nge pro Jahr ausreichend.

Beurteilung durch das Preisgericht

ein sehr durchdachter Entwurf mit ĂŒberzeugenden LösungsvorschlĂ€gen und zielsicherer und angemessener Anwendung landschaftsarchitektonischer Stilmittel

Ideenteil
- fein abgestimmtes Nutzungskonzept mit Anlehnung der NutzungsintensitĂ€t an die AusprĂ€gung der geschichtlichen und naturschutzbezogenen NutzungsĂŒberlagerung,
- Sichtbarmachung der IntensitĂ€t der NutzungsĂŒberlagerung durch IntensitĂ€t der landschaftlichen Eingriffe (Wald – Baumcluster – Wiese),
- Freistellung einer Schneise entlang der ehemaligen Lagergrenze und clusterartige Gehölzfreistellungen im Inneren sind gestalterisch sehr gut nachvollziehbar, eine weitgehend naturschutzgerechte Umsetzung muss gewÀhrleistet sein,
- eine freigestellte Sichtachse aus Richtung Appellplatz ist sehr geeignet, den Fokus vom Eingangsbereich in Richtung der GrabstĂ€tten zu fĂŒhren, die Orientierung fĂŒr Besuchende zu verbessern und eine ausschnittsweise eine Vorstellung von der GrĂ¶ĂŸe des Lagers zu generieren,
- sehr gute BerĂŒcksichtigung der verschiedenen zeitgeschichtlichen Aspekte, Trennung von Lern- und Gedenkorten und TĂ€ter-Opfer-Unterscheidung und somit sehr gute Grundlage fĂŒr die gedenkstĂ€ttendidaktischen Anforderungen,
- die bewegte Topographie wurde erkennbar berĂŒcksichtigt, - Wegeerschließung auf Grundlage der vorhandenen Wege mit einem durchdachten Besucherleitsystem,
- Informationstafeln nach Themenfeldern differenziert, dabei geeignete Anlehnung an das Layout und Corporate Design des Informationssystems der GedenkstÀtte KZ Mittelbau-Dora,
- konkrete und gut umsetzbare VorschlĂ€ge fĂŒr den Umgang mit den vorhandenen baulichen Relikten z.B. KĂŒchentrakt, HĂ€ftlingsbaracken, SS-UnterkĂŒnfte, dabei geeignete AnsĂ€tze einer gestalterischen Differenzierung zwischen Lernorten ĂŒber die Opfer (Fokus HĂ€ftlingsunterkĂŒnfte und, optisch abgestuft, Lernorte ĂŒber das System der Ausbeutung wie SS-WirtschaftsgebĂ€ude)
- herausragende Gestaltung des Appellplatzes mit einer freigestellten FlÀche, die mittels eingelassener Platten die historische Nutzung respektvoll symbolisiert, ohne mit dem vorhandenen
Gedenkstein zu konkurrieren

Realisierungsteil
- Gestaltung der Grabfelder unter Beachtung der nicht vollstĂ€ndig zu klĂ€render Abgrenzung mit Grauwacke in unterschiedlicher GrĂ¶ĂŸe (zentral gröber – nach außen auslaufend und feiner) und dem Weißen der BaumstĂ€mme innerhalb des Grabfeldes,
- ĂŒberzeugend ist die rĂ€umliche NĂ€he der beiden GedenkplĂ€tze an den Grabfeldern mit der Betrachtung von oben,
- es wurde der Gedanke der Spiegelung der Grabfeldgeometrie und GrĂ¶ĂŸe umgesetzt, die genug Raum fĂŒr Gedenkveranstaltungen und Möglichkeit zur Kranzniederlegung bietet,
- fĂŒr die konkretisierende und weiterfĂŒhrende Planung wird empfohlen, den Gedenkstein und die AblageflĂ€che fĂŒr den Trauerschmuck in sĂŒdliche Richtung zu verschieben, um eine Überbauung von GrabflĂ€chen zu verhindern
Neugestaltung des KZ-Gedenkortes Ellrich-JuliushĂŒtte - Realisierungsteil Poster 2

Neugestaltung des KZ-Gedenkortes Ellrich-JuliushĂŒtte - Realisierungsteil Poster 2