Städtebauliches Konzept:
Das städtebauliche Konzept nimmt die regionaltypischen Hofgebäude als Grundbaustein für ein urbanes Dorf auf. Diese Hofhäuser bilden die einzelnen Quartiersbausteine und gliedern die städtebaulichen Räume in einer vielfältigen Abfolge von Plätzen und Gassen.
Die Hofhäuser werden durch unterschiedliche Höhenstaffelungen und Gebäudetiefen differenziert, wodurch trotz hoher Dichte ein angemessener städtebaulicher Maßstab erreicht wird. Punktuelle Satteldachaufbauten nehmen die Körnung der Umgebungsbebauung auf.
Der bestehende Geländeverlauf wird weitestgehend erhalten. Der Topografie folgend wird das Quartier in ein Ober- und Unterdorf geteilt. Im Böschungsbereich durchzieht ein grünes Band das Gebiet. Diese Band wandert auch durch die Hofgebäude, so dass die Topografie für die Bewohner erlebbar wird.
Das Quartiershaus bildet den zentralen Baustein des Areals und südlichen Abschluss des Quartiersplatzes. Dieser Platz verbindet Ober- und Unterdorf durch eine großzügige Freitreppe und ermöglich gleichzeitig eine sinnfällige Realteilung in ein gleichwertiges Ost- und Westquartier. Damit profitieren beide Baufelder gleichwertig von der Konzeption der topografisch differenzierten Dorfareale.
Der bestehende Turm soll als Landmarke erhalten bleiben und als Spiel- und Aussichtsturm sowie als begrünter Mikrobiotop mit Bienenzucht fungieren.
Gebäude Konstruktion / Nachhaltigkeit
Die in Teilen zweigeschossige Tiefgarage wird ausschließlich im höheren Geländebereich platziert und nutzt so die Topografie des Geländes für möglichst geringe energieintensive Erdbewegungen. Unterkellerungen im tiefer liegenden Areal können reduziert werden, in dem oberirdische Kellerersatzräume angeboten werden.
Vielfältige Wohnformen sorgen für ein differenziertes Portfolio für alle Nutzergruppen. Neben klassisch kompakten Geschosswohnungen werden offene Loftwohnungen, Reihenhaustypen, Chalethäuser, Maisonettewohnungen und Senioren-Wohngemeinschaften angeboten.
Die Hofgebäude nehmen auch in ihrer Konstruktion regionale Elemente auf. Die typische Gliederung oberschwäbischer Fachwerkhäuser mit steinernem Sockelgeschoss und Holzfachwerk in den Obergeschossen wird dabei neu interpretiert: Für die Erdgeschosszone soll Abbruchmaterial der Betonbauten als zeitgenössisches Bruchsteinmauerwerk verwendet werden, die Obergeschosse sollen in Holz- oder Holzhybridbauweise errichtet werden. Weiterer Betonabbruch soll in den Außenanlagen für Trockenmauern und im Rohbau für RC-Beton wiederverwendet werden. Damit wird eine nachhaltige Bauweise mit geringem Einsatz grauer Energie ermöglicht und wertvolle Ressourcen der abzubrechenden Gebäude werden im Sinne des Urban Mining im Stoffkreislauf erhalten.
Alle Satteldächer werden vollflächig mit PV-Modulen bestückt, ebenso Teile der begrünten Dachflächen, die somit die sinnvolle Synergie von Begrünung und Energiegewinnung ermöglichen. Die Holzbauweise ermöglicht mit wirtschaftlicher Bauweise einen hohen Dämmstandard und in Kombination mit einer geregelten Lüftung und PV-Strom-Erzeugung ein CO2-neutrales Quartier.
Der Großteil der Flachdachflächen wird intensiv begrünt, um einen Ausgleich für die versiegelten Bodenflächen zu schaffen und das Mikroklima und die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Die Sockelbereiche der Wohnhäuser bzw. die Obergeschosse des Quartiershauses werden ebenfalls begrünt und sorgen neben den Baumstandorten für raumbegleitendes Grün.
Begrünte Pergolen und Rankgerüste ergänzen das Portfolio an gebäudenahen Begrünungselementen.
Verkehrskonzept
Das gesamte Wohngebiet ist autofrei und im Inneren dem Fußgänger- und Radfahrerverkehr vorbehalten. Diese Fortbewegungsmöglichleiten setzen sich auf bequeme und kurze Art und Weise in der umgebenden Siedlung und Landschaft fort. So wird die Siedlung intensiv mit kurzen Wegen mit der Umgebung verflochten.
Die vorhandenen und neuen Erschließungsstraßen um die Siedlung werden abschnittsweise zur Verkehrsberuhigung als Shared-Space ohne eine bauliche Trennung von Fahrbahn und Gehbereichen gestaltet. So soll die Geschwindigkeit des Kfz-Verkehrs reduziert und die Querung der Straße für Fußgänger und Radfahrer vereinfacht und damit die Aufenthaltsqualität für alle verbessert werden.
Erschließung
Die Erschließung der Siedlung erfolgt über die Quartiersränder. Kfz-Verkehr und ruhender Verkehr ist oberirdisch innerhalb der Siedlung nicht vorgesehen.
Die Zufahrten zu den Kfz- und Fahrrad-Tiefgaragen erfolgt getrennt zu den beiden Teilbaugebieten. Weitere Fahrradstellplätze befinden sich im Bereich der jeweiligen Hauseingänge bzw. Innenhöfe. Im Straßenraum innerhalb der Siedlung sind nur Fußgänger- und Fahrradverkehr sowie bei Bedarf von Service-, Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen vorgesehen.
Das Quartiershaus ist von Süden über die Fahrradstraße anlieferbar. Hier befindet sich auch der gut zugängliche Hauptzugang zu dieser Einrichtung mit Bedeutung über die Siedlung hinaus.
Die Sammelplätze für die Müll- und Wertstoffentsorgung befinden sich an den Zugängen zur Siedlung, wo diese gut von den Erschließungsstraßen zugänglich und anfahrbar sind. Hier kommen die Einwohner und andere Nutzer regelmäßig vorbei.
Am südlichen Rand des Wettbewerbsgebietes verläuft auf der stillgelegten Bahntrasse der übergeordnete Radweg. Die Trasse wird in die Gestaltung integriert und zur Erschließung der Siedlung für den Fahrradverkehr genutzt.
Freiraumkonzept
Der Freiraum wird aus dem Spannungsfeld der Stadtraumelemente entwickelt. Durch unterschiedliche Breiten, einander versetzten Baufluchten sowie Grünausstattung des Außenraumes ergeben sich Plätze, Gassen und kleinstädtisch geprägte Grünräume mit hoher Aufenthalts-, Wiedererkennungs- und Nutzungsqualität. Hier kann gemeinsam gegärtnert werden (Urban-Gardening), hier können die Kinder gefahrlos miteinander spielen und Jung und Alt können sich hier treffen.
Schwamm- und wasserdurchlässige Siedlung
Gemäß dem Schwammstadtkonzept wird das gesamte anfallende Niederschlagswasser oberflächlich in Rinnen und „Beeken“ gesammelt und verzögert durch Vegetationsflächen in Sammel- und Anstaumulden, die mit Riedgras („Baien“) bepflanzt sind, möglichst lange im Quartier gehalten und zur Versickerung gebracht. Mit diesem Wasser werden auch die Fassadenbegrünungen, Baumpflanzungen und Gartenflächen bewässert und durchziehen das gesamte Quartier als partiell offene Bächlein.
Diese vertieften Riedgrasflächen ergeben vielfältige Orte, zum sich miteinander Treffen und zur Wahrnehmung von Niederschlagswasser in der Landschaft.
Der gesamte Straßen- und Platzraum der Siedlung ist für Oberflächenwasser auch bei Starkregenereignissen schadlos durchfließbar. Größere Platz- und Grünflächen können gemäß dem Schwammstadtkonzept bei Starkregenereignissen temporär angestaut werden. Zusammen mit Retentionsdachbegrünungen und der Nutzung des Niederschlagswassers als Grauwasser wird der Trinkwasserbedarf reduziert und die Aufwendungen für die Regenwasserkanalisation minimiert.
Die Innenhöfe innerhalb der Baublöcke sind jeweils zur Hälfte begrünt und können von der jeweiligen Hausgemeinschaft individuell oder gemeinschaftlich genutzt und gestaltet werden. Auch diese Bereiche werden für die Zurückhaltung (Retention) und Versickerung von Niederschlagswasser genutzt. Auf der Tiefgaragenfläche anfallendes Niederschlagswasser wird auf dieser zurückgehalten und verzögert in das Grundwasser eingeleitet bzw. in das Oberflächen-System zur Niederschlagsableitung des Unterdorfes eingeleitet.
Überschüssiges Niederschlagswasser soll unabhängig von der vorhandenen Niederschlagskanalisation über begrünte Rückhalteflächen südlich der Radwegetrasse in die Ach verzögert eingeleitet werden.
Die gemeinschaftliche und bespielbare Siedlung
Kinder können gefahrlos im Freiraum innerhalb der Baublöcke oder im autofreien umliegenden Straßenraum spielen.
Im gesamten Straßenraum und Innenhöfen der Siedlung sind Aufenthalts-, Sitz-, Spiel- und Bewegungsangebote wohnungsnah angeordnet.
In den Innenhöfen und auf Teilen der Dachflächen sind individuelle und gemeinschaftliche Terrassen vorgesehen.
Im zentralen Bereich nördlich vom Gemeinschaftshaus entsteht ein zusammenhängender bis in die angrenzende Siedlung hineinreichender öffentlicher Freiraum mit einem multifunktionalen Quartiersplatz. Rund um die Rampen- und Treppenlage zwischen Ober- und Unterdorf ergeben sich durch Lauf- und Sitzstufen, Rampen sowie längere Quartiersbänke vielfältige Gelegenheiten zum Treffen und Leben im Freiraum.
Der vorhandene Turm wird erhalten, als Mikrobiotop begrünt und als Gelegenheit für Spiel und Bewegung für jeden ausgebaut. Hier gibt es eine lange Rutsche und eine Boulderwand.
Oberhalb davon entsteht im Oberdorf einen intensiv mit Bäumen begrünter schattiger Pocketpark, der über die nördlich angrenzende Straße bis in die angrenzende bestehende Siedlung und Landschaft reicht. Hier finden sich Angebote zum gemeinschaftlichen Spielen und Bewegen für Jung und Alt.
Die Biotop- / verbundene Klimaschutzsiedlung
Zur Verbesserung des Klimas und Biotopvielfalt weisen die Gebäudesockel sowie die senkrechte Flächen eine vielfältige Fassadenbegrünung mit Spalierobst aus einheimischen klimaangepassten Obstsorten und Klimmern auf. Dachflächen sind differenziert begrünt und werden zur Erzeugung regenerativer Energie genutzt. Das Aufheizen der Gebäude im Sommer wird dadurch vermieden. Es entsteht so ein Biotopverbundsystem durch die Siedlung, welches in die Umgebung hinein wirkt.
Innerhalb des Freiraums sind zur Anreicherung der Biodiversität Insektenhotels, Trockenmauern aus Naturstein und Recyclingbaustoffe sowie Flächen für Nachtschattengewächse vorgesehen. Außer- und innerhalb des vorhandenen begrünten Turmes sind Mooswände, Algenfassaden und andere Mikrobiotope vorgesehen.
Die Streuobstwiesen am Rande der Siedlung sollen diese besser mit der umgebenden Landschaft verzahnen und Starkwind von der Siedlung abhalten. Diese stellen einen wichtigen Beitrag zum Biotopverbund dar und diesen gleichzeitig als Ausgleichs- und Ersatzflächen.