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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2023

Städtebauliche Entwicklung Alte Messe West in Leipzig

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 40.000 EUR

de+ architekten gmbh

Stadtplanung / Städtebau

Bacher Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit bietet über das gesamte Bearbeitungsgebiet hinweg ruhige Blockstrukturen an, in denen sich die in der Auslobung beschriebenen Nutzungsarten gut umsetzen lassen. Die Raumbildung ist auf den ersten Blick klassischen städtebaulichen Qualitäten mit Gasse, Straße und Anger verpflichtet. Trotz der enormen Heterogenität des Gebiets gelingt es den Verfassern, dem Entwurf durch kluge Flächenzuschnitte und ruhige Volumen eine klare Struktur zu verleihen. Gut definierte Quartiere hoher Dichte fassen dabei die offene Bestandsbebauung an der Landsteiner Straße und bilden in sich stimmige Ensembles aus, die eine große Bandbreite an Formaten bereitstellen. Die ausgewiesenen Baufelder bieten bezüglich Zusammenlegung und Teilbarkeit ein hohes Maß an Flexibilität.
Der angerförmige Pocket Park stellt ein grünes Quartierszentrum dar, das ohne überzogene Erwartungen an städtisches Leben auskommt. Im Umfeld der Großmarkthallen wird ökonomisch mit dem Freiraum umgegangen. Das westliche Vorfeld wird eher als Teil des grünen Bandes, eher als Gartenplatz interpretiert und pflegt damit die Kontinuität des benachbarten Parks am Bayrischen Bahnhof. Lokschuppen und Mediakreisel bilden als Setzungen im Grünen ein plausibles Gegenüber mit der aktivierten Westseite der Hallen als „Messerampe“. Das schmale steinerne Band vor der Halle wird allerdings von Teilen des Preisgerichts als allzu bescheiden empfunden. Auch der Medienkreisel löst im Hinblick auf die rotationssymmetrischen Kuppelformen der Markthalle und als formale Reprise des Lokschuppens sowie hinsichtlich seiner Nutzbarkeit Widerspruch aus. Seine das Denkmal respektierende Zurückhaltung in der Höhe wird dagegen befürwortet.
Die Erweiterung der Tiefhöfe der Markthalle auf deren Südseite ist umsetzbar und kann der attraktiveren Nutzung des Untergeschosses dienen. Besonders gelungen ist die Bebauung zwischen Halle und Zwickauer Straße, die in ihrer sensiblen Proportionierung auf überzeugende Weise auf die städtebauliche Struktur der gegenüberliegenden Tierkliniken reagiert. Das polygonale und sechsgeschossige Parkhaus wird hingegen als zu groß und unproportioniert kritisiert.
Das denkmalgeschütze Wohnhaus wird gut separiert und damit in seinem Bestand akzeptiert. Die Stärkung übergreifender Strukturen führt zum zentralen Freiraumelement des Entwurfs. Konsequent geht der westliche Platzsaum an den Hallen in das Aktivband entlang der Kleingärten über. Zu den Kleingärten hin wird die Veloroute angeboten, während den Gebäuden vorgelagert die Gebäudeerschließung und mithin die Adressbildung der Randbebauung angeordnet ist. Der verbleibende Zwischenraum erscheint für die versprochene Programmierung mit Spiel- und Sportangeboten, Ruderalvegetation etc. allerdings allzu knapp bemessen wie im Ganzen das Angebot öffentlicher Freiräume etwas umfassender sein könnte. Zu hinterfragen ist auch, ob die Ostseite lediglich Erschließungscharakter ohne Adressqualität entwickeln wird. Das Erschließungssystem insgesamt scheint ökonomisch, auch unter Einbeziehung des Bestandes. Die öffentliche Anbindung an den S-Bahn-Haltepunkt ist gegeben.
Die Quartiersgaragen befinden sich jeweils richtigerweise in der Peripherie des Quartiers, die Zufahrtsstraße der südlichen Garage liegt jedoch zu nah am Knoten Richard-Lehmann-/Zwickauer Straße. Die Linienführung Geh-/Radverkehr, von der Unterführung kommend sowie verschiedene Erschließungssituationen im Detail, sind zu prüfen und zu optimieren. Das Straßenbaumkonzept ist weitgehend umgesetzt, Bestandsbiotope und Birkenwäldchen wurden erhalten und stützen das innerstädtische Biotopverbundsystem. Der Entwurf weist eine durchschnittliche Versiegelungsrate mit deutlichem Potential zur Reduzierung der Versiegelung auf.
Insgesamt eine Arbeit, der ein überraschend klarer Vorschlag zur Integration des Bestandes gelingt. Zwar werfen die kleinformatigen Gebäudestrukturen Fragen im Hinblick auf die Belichtung und die Aufenthaltsqualitäten in den Quartiersstrukturen auf – die große Geschlossenheit und Klarheit der Volumina wird also möglicherweise so nicht realisierbar sein – trotzdem stellt der Entwurf einen robusten und sofort auf attraktive Weise umsetzbaren Beitrag dar.