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Offener Wettbewerb | 05/2016

Bezirksgebäude Meilen - Erweiterung Bezirksgericht

Balzac I

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 25.000 CHF

Menzi Bürgler Architekten

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das überzeugendste Merkmal dieses Projektvorschlages ist seine massgeschneiderte Kubatur, die sich wohlproportioniert und mit schönen Aussenräumen in den doch recht heterogenen und weithin kleinmasstäblichen Kontext einfügt. Insbesondere im Situationsmodell überzeugt diese sensible Integration in hohem Masse. Fast etwas spröde wirken auf dem vorliegenden Stand hingegen sowohl die Umgebungs- als auch die Fassadengestaltung: Erstere leidet etwa unter der Tatsache, dass seitlich vor dem Eingang viele Parkplätze untergebracht werden müssen, die auch einer späteren Erweiterung im Wege stünden. Hinsichtlich Fassadengestaltung wird die materialmässige Anlehnung an den benachbarten Bestand zwar geschätzt, der Aus- druck würde aber als zeitgemässe und repräsentative Interpretation durchaus etwas mehr „Frische“ vertragen. Abgesehen davon handelt es sich um einen sehr konsequent und überzeugend durchgestaltetes Projekt, das Qualitäten auf den unterschiedlichsten Ebenen auf- weist. In räumlicher Hinsicht besticht die Klarheit der Orientierung und Zuordnung, indem ein starker Kontrast zwischen den nach aussen orientierten Bewegungs- und Wartebereichen und den introvertierten Saalkammern aufgebaut wird. Auf Erdge- schossebene wird der Besucher – nachdem er einen noch nicht ganz funktionieren- den Zugangsbereich durchquert hat – in einer grosszügigen und auf den Garten sich öffnenden Halle empfangen und von dort über eine prominent platzierte Treppe in die Obergeschosse geleitet. Eine Serie von Besprechungsräumen bildet ein attraktives Vis-à-Vis zum Eingangsbereich: Diese wird zur Belebung der Halle beitragen, auch wenn für die Wege aus den Gerichtssälen dafür eine gewisse Länge in Kauf genommen werden muss. In den Obergeschossen überzeugt das Projekt durch eine räumlich attraktive Verschränkung von Gerichtssälen und Aufenthaltsbereichen, indem den grossformatigen Wartebereichen jeweils ein unterschiedlich orientierter Aussenbereich zugeordnet werden kann, der den Raum und den Ausblick in die Weite öffnet. In den grossen Gerichtsälen stellt sich allerdings die Frage, ob deren Introvertiertheit derart hermetisch inszeniert werden muss: Die zenitalen Öffnungen erhöhen zwar den Repräsentativitätsgrad und stiften institutionelle Würde, beschränkte Ausblicke auf die Umgebung hätten aber das Konzept in keiner Weise geschmälert und könnten die Fassadengliederung von aussen gar bereichern. Das Gleiche gilt für die auf Konzeptebene noch etwas plakativ anmutende Materialisierungsdifferenz von steinernen Erschliessungsbereichen und hölzernen Sälen. In jedem Fall aber wäre zu verhindern, dass über den Wartebereich im zweiten Obergeschoss Einblicke über den Oberlichtkörper in den Gerichtssaal gewährt werden, was sich auch ohne grossen Aufwand bewerkstelligen liesse. Auf dem vorliegenden Stand werden auch die minimal geforderten Raumhöhen unterschritten, eine Tatsache, die mit weniger aufwändigen Deckenverkleidungen aber korrigierbar wäre und durchaus zu einer grösseren Selbstverständlichkeit des inneren Ausdrucks beitragen könnte. In ökonomischer Hinsicht liegen die Kennzahlen des Projektes durchwegs im Mittelwert der eingereichten Projekte. Die Graue Energie des Neubaus ist trotz der lediglich durchschnittlichen Kompaktheit des Baukörpers eher tief, was auf die ressourcenschonende Materialisierung und die einfache Lastableitung im Tragwerk zurückzuführen ist. Der Dämmstandard ist für die Anforderung Minergie-P nur knapp ausreichend. Der angemessene Fensteranteil, wenig Wärmebrücken und eine geeignete Struktur für eine einfache Medienführung stellen eine gute Ausgangslage zur Umsetzung der energetischen Anforderungen dar. Zusammenfassend handelt es sich bei Balzac I um einen vor allem im Situationsmodell sehr stimmigen Vorschlag, der in seiner räumlich-organisatorischen Anordnung überzeugt, hinsichtlich Umgebungsgestaltung, äusserem Ausdruck und innerer Atmosphäre auf der vorliegenden Basis aber noch ein gewisses Verfeinerungspotential aufweist. In seiner Grundhaltung wird der Vorschlag durch seine repräsentative Bescheidenheit aber der Anforderung eines dem Ort und der Aufgabe angemessenen institutionellen Gefässes auf selbstverständliche Weise gerecht.