modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 06/2017

Umbau und Erweiterung der JUNG GrĂĽndervilla

ein 2. Preis

Yonder – Architektur und Design

Architektur

Erläuterungstext

“Everybody experiences far more than he understands. Yet it is experience, rather than understanding, that influences behavior.”

Im Sinne dieser Worte von Marshall McLuhan erleben und erfahren die Besucher beim Gang durch die Räume der neuen Repräsentations- und Produktionsstätte der Firma JUNG mit dem vorliegenden Entwurf ganz intuitiv und selbsterklärend die zentrale Botschaft und Philosophie des Familienbetriebes JUNG: Zum einen verweist eine in ihren architektonischen Ursprüngen gestärkte historische Villa auf die lange Tradition des Unternehmens, zum anderen bricht der Neubau mit formalen Sehgewohnheiten und repräsentiert mit technischer Raffinesse geradezu exemplarisch den zukunftsweisenden Innovationsgeist des Unternehmens. Ziel ist, mit dem Neubau beispielhaft und stellvertretend für die Firma JUNG zu zeigen, dass Nullenergiegebäude und Hightech Hand in Hand mit Funktion, hoher Aufenthaltsqualität und Tradition gehen.

Der Altbau wird in seinem Äußeren, von wenigen Eingriffen in die Proportionen der Fensteröffnungen abgesehen, weitestgehend in seinem momentanen Erscheinungsbild belassen. Mit der Wahl der Materialien entsteht im Innern des Bestandsgebäudes ein Wechselspiel zwischen rohem Beton, der insbesondere die Eingriffe in die Substanz beschreibt, edlen geölten Holztäferbekleidungen und gefärbten Wänden, die den historischen Charakter der Gründervilla betonen.

Mit der Form des Neubaus wird das Zitat des historischen Kontextes architektonisch überhöht und zugespitzt, und durch die umlaufende Faltung der Außenhaut zudem verfremdet. Die Fassadengeometrie wird zum Ornament. Dies führt zu einer ganz eigen anmutenden Formensprache des Baus. Das Falten der Fassade ermöglicht zusätzlich eine energetische Aktivierung der immateriell spiegelnden Außenhaut des Gebäudes. Im Inneren wird ein multifunktional nutzbares Raumkontinuum mit flexibler Unterteilbarkeit angeboten.

Die Architekten begeben sich beim vorliegenden Entwurf auf Spurensuche vor Ort und im historischen Kontext der Bauaufgabe. Sie greifen Vorgefundenes auf, ordnen im Altbau, stellen neue Bezüge her und überhöhen das historische Zitat im Neubau.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Kerngedanke des Entwurfs basiert auf dem Motiv des „Freien Pavillons“. In eigenständiger, spielerischer, leichter Art und Weise positioniert sich hier ein vertikal gefächerter und strukturierter Baukörper. Geschlossene und offene Elemente umfassen den Innenraum. Mit entsprechendem Respekt zum Bestand, der in seiner Ausprägung und Funktion als großzügige Zuwegung zum Grün verstanden wird und eine weitläufige Perspektive in den Gartenraum aufzeigt, erfolgt die Erschließung zum Neubau.
Die Entwurfsverfasser nutzen in beeindruckender Konsequenz Gestaltungsmerkmale des Altbaus, interpretieren diese neu und selbstbewusst. Der Bestand erhält eine neue, horizontale Sichtachse zum Süden mit angrenzender Terrasse als ein Zielpunkt der Kommunikation, wodurch eine atmosphärische Durchlichtung im Innenraum erfolgt.
Die Villa erfährt durch die rücksichtsvolle und gezielte „Entnahme“ einiger Wandelemente und das damit einhergehende bewusste setzen einiger Stützen erstmals eine räumlich gewünschte und dem Thema Villa angemessene Großzügigkeit mit Perspektive. Die formulierte Material- und Farbwelt lässt räumlich proportional Ausgewogenes erwarten.
Eine Arbeit mit Qualität. Eine Arbeit die eine differenzierte Haltung aufzeigt, mit einem hohen Maß an Selbstverständlichkeit im Entwurfsprozess und einer damit verbundenen guten Umsetzung des Raumprogramms, jedoch lediglich die jeweiligen Eingangsebenen betreffend.
Weiterhin kritisch anzumerken ist die Dopplung der Erschließung hinauf zum Obergeschoss. Dieses scheint zum einen in der in Halbkreisform angebotenen Zuwegung in der räumlichen Geste unverhältnismäßig, zum anderen vermutet man eine andere Austrittsperspektive / Freifläche anstelle einer unmittelbaren Wand. Kontrovers diskutiert wird darauf basierend die Raumzuordnung im Obergeschoss, die im Vergleich zu den sonstigen Entwurfsqualitäten nicht angemessen erscheint.