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Studienauftrag | 07/2017

Studienauftrag Girtannerswiese

Gewinner

Staufer & Hasler Architekten AG

Architektur

Krebs und Herde GmbH

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

In der Logik der historisch angelegten Differenz des städtebaulichen Massstabs, mit der punktförmigen Körnigkeit der Villenbauten entlang des Südhangs des Rosenbergs und den grossmassstäblichen Bauten der Universität sowie dem erweiterten Verwaltungszentrum der Helvetia Versicherung auf der Krete des Rosenbergs, werden die Neubauten als starke eigenständige Grossform entwickelt. Die durch die Erweiterungsbauten von Herzog und de Meuron angelegte Staffelung der Gebäude entlang der Krete wird weitergeführt und schafft so eine geschickte städtebauliche Anbindung der neuen, in sich eigenständigen, Grossform an das Bauensemble der Helvetia.

Das Thema der Staffelung wird in der Setzung der einzelnen quaderförmigen Gebäude zur Grossform weitergeführt und mit über Eck eingesetzten offenen Loggien schachbrettartig verbunden. Die beiden so entstehenden Innenhöfe, die über die Diagonale miteinander verbunden sind, führen das durch die Erweiterungsbauten des Verwaltungszentrums angelegte Hofthema unmittelbar räumlich weiter und suchen mit der angedachten üppigen Bepflanzung auch auf der Ebene der Landschaftsarchitektur eine Anbindung an die vielbeachtete bestehende Gartengestaltung.

Die durchgehend viergeschossigen Baukörper erhalten je einen Attikaaufbau, der dreiseitig zurückgestaffelt ist und zur Nordostfassade bündig abgeschlossen wird. Es entsteht somit ein räumlicher Schwerpunkt, der die Grossform in ihrer Aussenwirkung gegen den nördlich angrenzenden Stadtraum zusätzlich stärkt. In dieser Logik müsste jedoch auf die Attika des südwestlichen Baukörpers, der nur in einem innenräumlichen Bezug steht, verzichtet werden.

Leider entstehen durch das rigid umgesetzte geometrische Bebauungsmuster sehr enge Hofräume, die nicht mehr die räumliche Grosszügigkeit und offenen Landschaftsbeziehungen der Höfe des Verwaltungsbaus vermitteln können. Auch die versprochenen diagonalen Ausblicke aus den Innenhöfen werden durch die vertikalen Pflanzräume der Loggien verhindert.

Mit der Setzung von fünf Bauten zu einer grossen Gesamtform entstehen drei unterschiedliche Aussenräume mit beinahe intimem Charakter. Ein Bereich des rückwertigen Aussenraumes im Norden wird als Spielplatz unter dem Baumbestand ausformuliert. Zwei Höfe bilden das Zentrum der Anlage und sind zugleich die neue Adresse für Wohnen und Arbeit. Die beiden Baumgruppen im Hof markieren zwei Kiesinseln als Ort der Begegnung zwischen den Häusern. Der Freiraum entlang der Hangkante über dem Villenquartier ist in drei kleinere Bereiche für eine gemeinschaftliche Nutzung unterteilt. Die Staudenpflanzung beim Hauptgebäude wird übernommen und als Blumenteppich weitergeführt. Die bestehende Wegführung wird ergänzt und führt mitten durch die beiden Höfe zum Freibergweg.

In der Entsprechung der städtebaulich gesuchten Grossform, die sich aussenräumlich an die Grundfigur des Verwaltungsbaus der Helvetia anlehnt, wird auch im architektonischen Ausdruck eine Verwandtschaft zu den Erweiterungsbauten der Helvetia gesucht. Die grossformatige Rasterung wird übernommen und mit einem Metallrahmen, in deren Innerem die Verschattungselemente angeordnet werden können, nachgeformt. Die so entstehende Ganzglasfassade wird an den Gebäudeecken mit offenen Balkonen oder den verbindenden Loggien erweitert und erhält mit diesen Ergänzungen die nötige zusätzliche Gewichtung im Ausdruck eines Wohngebäudes. Der an sich spannende Ansatz mit der Verwendung der grossformatigen Rasterung kann in der gezeigten Übernahme als festverglaste Fensterteilung mit vorgeblendetem Metallrahmen hinsichtlich der Ansprüche der Gebrauchstauglichkeit sowie eines ressourcen- und klimaschonenden Bauens noch nicht überzeugen. Inwiefern die Ganzglasfassade im Bereich der Schlafzimmer eine nötige Intimität und Innenraumstimmung ermöglicht muss kritisch hinterfragt werden und kann nicht Aufgabe der vorgeschlagenen äusseren Textilrollos sein.

Die Struktur der einzelnen Gebäudetrakte als Skelettbau, mit einem innenliegenden Treppen- und Liftkern, baut auf einem klaren Rastermass auf, das auf den Bedingungen des Bürobaus fusst. Einher mit diesen strukturellen Überlegungen sind auch die Anforderungen einer effizienten und kostengünstigen Gebäudestatik sowie Abstimmungen der nötigen Fluchtweglängen und einer optimalen Erschliessungsstruktur für die Gebäudetechnik überzeugend in die Entwicklung der Baukörper einbezogen worden. So wurden die Voraussetzungen geschaffen mit einer möglichst grossen Flexibilität in unterschiedliche Arbeitswelten, von Einzelbüros bis zum Open-Space, wie auch verschiedenste Wohnformen und Wohnungsgrössen in den Gebäuden realisieren zu können.

Vorgeschlagen wird im Erdgeschoss ein Mix aus Dienstleistungs-, Büro- und Wohnnutzungen. So sind an den räumlich dichten Zonen der Innenhöfe, die mit einer grosszügigen Durchwegung auch die Haupterschliessung der einzelnen Gebäudetrakte gewährleisten, die öffentlichen Dienstleistungsnutzungen angeordnet wie zum Beispiel die Kindertagesstätte oder ein Café. Den beiden Gebäudetrakten gegen Nordwesten sind die Büronutzungen vorbehalten wobei hier alternativ auch eine Durchmischung mit speziellen Wohnformen für die Verfasser denkbar wäre.

Die so geschaffenen vielfältigen Nutzungsszenarien lassen in der dichten Situation der Innenhöfe eine eigene Stimmung entstehen, die das Miteinander von Wohnen und Arbeiten schon fast exemplarisch zelebriert.

Leider gehen die räumlich interessant und attraktiv konzipierten Wohnungstypen zu wenig auf die durch die sehr dichte Anordnung entstehenden möglichen gegenseitigen Störungen oder die sehr unterschiedlichen Aussenraumqualitäten in Aussicht und Exposition ein. So können nicht nur die räumliche Nähe der Überecksituationen zu ungewünschten Einsichten in die unterschiedlichen Nutzungszonen der Wohnungen führen, sondern es lassen auch bei einem Grossteil der Wohnungen die gemeinsamen Aussenräume, trotz dem Vorschlag der dazwischenliegenden hängenden Gärten, eine nötige Privatheit vermissen.

Das Projekt hat vergleichsweise sehr hohe Kennwerte für Geschossflächen und Gebäudevolumen. Zusätzlich weist das Projekt aufgrund der Gebäudeform eine überdurchschnittliche Fassadenabwicklung und grosse Flächen an Verglasungen auf. Da die vermietbaren Flächen für Büro und Gewerbe massiv über dem Durchschnitt aller Projekte zu liegen kommen, führt dies dennoch zu einer überdurchschnittlichen Rendite.

Die fünf Gebäude in Massivbauweise und mit einer allseitigen Glasfassade sind sehr ressourcenintensiv und im Winter wie im Sommer vermutlich nicht einfach zu bewirtschaften, um ein behagliches Raumklima zu bekommen. Auch mit einer neuzeitlichen Energieerzeugung wird die Zielsetzung der Energie- und Ressourcenschonung kaum erreicht. Die Erschliessung mit fünf Treppenhäusern ist nicht sehr effizient; pro Stockwerk werden drei bis vier Wohnungen bedient. Die Nasszonen sind sehr konzentriert; eine Steigzone dürfte in vielen Fällen genügen. Der Minergiestandard ist erreichbar.

Die Aufgabenstellung, eine Gebäudestruktur zu entwickeln, die eine Variation zwischen Wohn- und Büronutzungen auch in einem späten Realisierungszeitpunkt erlaubt, wird zum Anlass genommen eine neue, dichte Wohn- und Arbeitswelt zu schaffen deren direktes Interagieren ungewöhnliche und eventuell zukunftsweisende Lebensformen ermöglichen kann. In der städtebaulichen Absicht die neue Siedlung als Weiterführung schon vorhandener Grossformen zu entwickeln wird eine räumlich dichte Situation geschaffen, die trotz ihrer etwas gefangen wirkenden räumlichen Rigorosität, das Potential einer stimmigen architektonischen Umsetzung der zukunftsgerichteten Wohn- und Lebensform aufweist.