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kooperative Planungskonkurrenz | 03/2018

Fassadengestaltung des Zentrums für Ressourcen und Energie (ZRE) in Hamburg

1. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

Gottlieb Paludan Architects

Architektur

Tour Exquisit

sonstige Fachplanung

Nature Impact

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Grüne Laternen
Die Laternen sind der prominenteste und attraktivste Teil der neuen Fassade. Die Laternen bestehen aus einer Rückwand aus gefalteten Metallplatten und einer Reihe von Metallsäulen auf der vorderen Seite. Statisch konstruktiv hängen die Laternen an Stahlfachwerkträgern, die aus der Gebäudestruktur auskragen. Die Kragbalken nehmen dabei das Laternendach auf und über Stahlrohre wird der Boden abgependelt. Gleichzeitig wird der Laternenboden an den bestehenden Wänden des Gebäudes befestigt. Die Stahlrohre sind entweder die Ver-spannung selbst oder verdecken die Streben.

Am Fuße der Laterne befindet sich eine 60 cm hohe Erdschicht, die automatisch durch ein konventionelles Gewächshaus-Bewässerungssystem bewässert wird. In dieser sogenannten Erd-Filterschicht befindet sich ein Drainagesystem. Die Erde ist mit Bims oder einer ähnli-chen mineralischen Substzanzen gemischt, um sowohl das Gewicht zu reduzieren als auch die Wasserspeicherkapazität zu erhöhen. Diese Erdschicht ist mit leicht zu pflegenden Bo-dendeckern sowie Trittsteinen zur Nutzung der Laternen bedeckt.

Kletter- oder Schlingpflanzen werden in der Erdschicht gepflanzt. Sie schlingen sich an den perforierten Metallstäben empor. An der Rückwand erfüllen vertikal gespannte Drähte die gleiche Funktion.

Auf den oftmals vom Sky Walk aus sichtbaren Laternendächern befindet sich eine 5 bis 6 cm dicke Sedumschicht, um die Verortung der Laternen auch von oben aus klar hervorzuheben. Auf allen anderen Dächern befindet sich keine Begrünung.

Die Pflanzen auf den grünen Dächern gedeihen in unterschiedlichen Farbtönen je nach Saison. Sie bilden gleichzeitig einen wichtigen Lebensraum für Insekten wie z.B. Bienen und Schmetterlinge, die die Pflanzen in den Laternen und natürlich auch in der angrenzenden Na-chbarschaft bestäuben können. Außerdem können die begrünten Dächer bis zu 65 Liter Was-ser pro Quadtratmeter speichern, und wirken so dem Austrocknen nach starken Regenfällen entgegen. Laut den Richtlinien der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Land-schaftsbau können auf einem richtig ausgeführten Gründach die Pflanzen so zusammen-wachsen, dass Windllasten und Windsog vermieden werden und Düngung und Pflege nur ein bis zweimal im Jahr nötig ist.

Die Auswahl der richtigen Pflanzen ist ausschlaggebend für eine einfache und kostengünstige Nutzung. Die Höhe der Laternen bedingt die Auswahl vertikaler Pflanzen, die nicht bis zur Decke wachsen. Je nach Ausrichtung der Laternen – Nord, Süd, West oder Ost – kommen verschiedene Pflanzen in Betracht, die für volles Sonnenlicht, Schatten oder Halbschatten geeignet sind. Wichtig ist ein Bepflanzungskonzept, das sowohl den Standort als auch Farben, Blütezeiten und ähnliche Eigenschaften in Betracht zieht.

Es sollten also Pflanzen ausgesucht werden, die sich entfalten und gedeihen und gleichzeitig im Raumumfang einer Laterne kontrollierbar bleiben. So sollen Unwägbarkeiten im laufenden Betrieb und Mehraufwände bei der Pflanzenpflege vermieden werden.

Sky Walk
Der Sky Walk ist ein geschlossener Kreislauf, ein Fußweg, der die Besucher auf einer bestimmten Route entlang festgelegter Punkte durch die Anlage führt – mit Blick auf die Hamburger Skyline, auf das innere der Anlage – und sogar in das Innere der Anlage.

Der Sky Walk verbindet alle Laternen und läuft durch sie hindurch. Er zieht sich wie ein mäanderndes Band um die Anlage – präzise ausgearbeitet, um den Besuchern bestmögliche Einund Ausblicke zu bieten. Er führt durch alle Laternen hindurch, die das Abenteuerliche, Symbolhafte repräsentieren, und auch durch die strikt rationale Anlage selbst, um den Kontrast zwischen Technik und Poesie erfahrbar zu machen.

Der Sky Walk hat Riffel oder Tränenblechböden mit perforierten Stahlseiten, die in einem
warmen Orangeton gestrichen sind. Eine durchgängige Beleuchtung ist in den Handläufen
eingebaut, so führt der Handlauf den Besucher wie an einem warmen, leuchtenden Band entlang. Von außen wirkt der Sky Walk durch die Perforation leicht, fast schwebend. Besucher, die auf dem Sky Walk entlanglaufen, werden als schemenhaft beleuchtete Silhouetten wahrgenommen.

Alle Laternen sind miteinander über den Sky Walk verbunden. Er könnte auch vom Personal als attraktiver, sicherer und eventuell auch kürzerer Weg zwischen den Gebäudeteilen genutzt werden.

Die nach Süden ausgerichtete Laterne am Verwaltungstrakt wird als attraktiver Balkon für
die Mitarbeiter ausgebildet. Um eine ungestörte Nutzung des Balkons zu gewährleisten wird der Skywalk an diesem Punkt entlang des Förderbands geführt.

Fassadenfarbe
Wir schlagen für den Großteil der Anlage eine Wellblech-Metallfassade im Farbton RAL 9006 Weißaluminium vor. Wir haben mit dieser Oberfläche über Tausende von Quadratmetern und seit Jahrzehnten gute Erfahrungen gemacht und hatten keinerlei Probleme mit Reflektionen.Von Weitem wirkt das Material leicht, es reflektiert nicht. Ein Vorteil ist außerdem, dass die Fassade sich ihrer Umgebung anpasst, das heißt, sie wirkt zum Beispiel rot bei Sonnenuntergang und blau an einem kalten, frostigen Morgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit vollzieht die Volumetrie der Anlage, wie sie technisch erforderlich ist,
nach und bekleidet sie mit einer Fassade aus Wellaluminium. Horizontale Stöße nehmen die funktionalen Abmessungen von Öffnungen wie Fenstern, Toren und Lüftungsgittern auf.

Die zunächst pragmatisch anmutenden matt-grauen Volumen werden ergänzt durch sogenannte „Laternen“, große loggienartige Anbauten,die begrünt werden. Diese sind in ihrer Proportion und Größe sorgfältig gewählt und werden zentrale Gestaltungsmerkmale des neuen ZRE. Eine ausreichende Substratschicht bildet den Nährboden für Bodendecker sowie Rankpflanzen an den Rückwänden und Stützen. Die Rückwände der Laternen sind in oranger Farbe hinterlegt und nehmen so Bezug auf die CI-Farbe der Hamburger Stadtreinigung. Nachts werden die Laternen ausgeleuchtet.

Der sogenannte Skywalk ist als Parkour von Laterne zu Laterne angelegt.
Er erschließt so die einzelnen Funktionsbereiche der Anlage und vermittelt diese als kubisch/plastisches Erlebnis in einer Art „Promenade Architectural“.

Die Arbeit überzeugt neben ihrer Ästhetik auch ökonomisch in der Wahl und Angemessenheit der Mittel.

Das ZRE ist weiterhin deutlich als industrielles Bauwerk zu erkennen, welches jedoch in seiner Materialisierung, seinen Laternen und dem offensichtlichen Gestaltungswillen einen überzeugenden und zeitgemäßen Umgang mit dem Thema Müll und Recycling findet.