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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2019

Neubau der Unternehmenszentrale Leipziger Stadtwerke Campus Südost

2. Rundgang

RKW Architektur +

Architektur

fagus FachGesellschaft für Umweltplanung und Stadtentwicklung mbH

Landschaftsarchitektur

ZBP Zimmermann und Becker GmbH

TGA-Fachplanung

R&P RUFFERT Ingenieurgesellschaft mbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Die Aufgabe bestand darin, auf dem ehemaligen Heizwerkstandort zwischen Richard-Lehmann-Straße und Arno-Nitzsche-Straße, südlich der Leipziger Innenstadt, zwei Bürogebäude als Bestandteil des zukünftigen „Campus Südost“ als räumliche Konzentration und Bündelung der Mitarbeiter zu realisieren.
Der Neubau der Unternehmenszentrale Leipziger Stadtwerke besteht aus zwei Baukörpern. Die einfachen, großmaßstäblichen Gebäudeformen erfahren eine klare städtebauliche Setzung und generieren dadurch eine Platzfigur, die „neue Campus Mitte“, welche eine Abfolge von zwei Plätzen vereint. Dieser städtebauliche Eingriff fasst den bislang zerstreuten und heterogenen Bereich des vorhandenen Stadtraums zusammen und gibt ihm eine eigenständige Identität.

Ein zentraler Ort des Ankommens und der Kommunikation entsteht. Beide Gebäude kommunizieren über eine gemeinsame architektonische Gestaltung. Die Verwandtschaft beider Gebäude zeigt sich in der Verwendung der gleichen Farbgebung, des einen spezifisches Materials und der plastischen Fassadengliederung. Auch der Einsatz von Kolonnaden, verortet an der Platz zugewandten Fassade, als klassisches Element des europäischen Städtebaus, verstärken die Kommunikation und Verbindung beider Architekturen und generiert so einen Raum zwischen Außen und Innen. Beide Verwaltungsbauten sind über ein überhöhtes Erdgeschoss, als Sockel gegliedert. Ein Atrium als gestalteter Kaltraum im Gebäude auf dem Baufeld 1 ermöglich die Belichtung der tiefen Raumstrukturen, auch im Gebäude auf dem Baufeld 2 wird ein Atrium als wesentliches räumliches Thema verwendet – hier ist dieser Raum das Zentrum des Gebäudes und dient zur Kommunikation und Belichtung. Dieser Baukörper wurde überhöht- mittels eines Kopfbaus - ausgebildet, um eine klare Adressbildung im städtischen Raum zu definieren, auch befindet sich eine Mitarbeiterterrasse auf dem Dach.

Die Gestaltung der Fassade durch stehende Fensterformate und plastische Lisenenausbildungen betonen die vertikale Ausrichtung der stark gegliederten Fassade. Ein strenges Raster und eine starke Reliefwirkung der Betonhaut, in unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen, geben den Gebäuden ein charakteristisches Fassadenbild.
Das Architekturensemble hat eine dominante städtebauliche Prägnanz und gleichzeitig eine beherrschende Eleganz. Die Stadtwerke Leipzig erhalten somit einen Verwaltungssitz mit ausstrahlender Wirkung, welche einen hervorragenden baulichen Auftakt der gesamtplanerischen Entwicklung des neuen Campus Südost darstellen kann.

Freiraumkonzept

Die Freiraumgestaltung knüpft an das Konzept der neuen Campusmitte an und verbindet die Nutzungen der einzelnen Gebäude im Außenraum. Die Idee einer Mitte und das Konzept der neuen Arbeitsplätze soll sich auch im Freiraum widerspiegeln. Die Mitte versteht sich als autofreier Begegnungsort und Verknüpfungspunkt.
In Analogie zur Gestaltung der Gebäude wird auch der Außenraum schlicht und geradlinig gehalten. Die Fläche zwischen den Bestandsgebäuden wird als ‚Grüner Platz‘ gestaltet und bildet einen Aufenthaltsraum zwischen Cafeteria und Büros. Die großen Japanischen Schnurbäume bilden ein locker wirkendes Blätterdach und bieten im Sommer ausreichend Schatten. Gegliedert wird der Platz mit einer großzügigen Wasserfläche und einem bepflanzten Grünstreifen.

Um auf die neuen Formen von Arbeitsplätzen und die zunehmend flexibleren Arbeitsbereiche zu reagieren, werden auch im Freiraum Bereiche zum Arbeiten angeboten. Diese sind als eine markante räumliche Kleinstruktur an der Wasserfläche angeordnet. Verschiedene Größen für unterschiedliche Arbeitsgruppen sind hier vorstellbar.

Im Gegensatz dazu dient der ‚Städtische Platz’ zwischen den neu geplanten Gebäuden vor allem als Verbindungsstück. Die Baumpflanzungen sind kleiner und lockerer. Die schirmförmigen Zierkirschen sind in Kombination mit der Wasserfläche ein Höhepunkt auf der Fläche und lassen die Blickbeziehungen zwischen den Gebäuden zu. Damit der Freiraum von den Mitarbeitern und Besuchern optimal genutzt werden kann, wird die Nutzung der Fußgänger in den Vordergrund gerückt. Die PKW Stellplätze im östlichen Bereich können über die West-Ost-Verbindung erreicht werden. Die Verbindungsstraße in Nord-Süd-Ausrichtung wird für eine urbane autofreie Mitte überplant. Für Rettungsfahrzeuge ist ausreichend Platz, diese Verbindung weiterhin zu nutzen. Stellplätze sind in den Randbereichen um die Campusmitte herum geplant. Bestehende Stellplätze wurden teilweise neu sortiert und mit Birkenpflanzungen aufgewertet. Flächen die nicht für zusätzliche Stellplätze benötigt werden, werden entsiegelt.
Radfahrer haben ausreichend Möglichkeiten, ihre Fahrräder oberirdisch in unmittelbarer Nähe der Büro- und Verwaltungsgebäude abzustellen (140 Stellplätze).
Die Anbindung des neuen Verwaltungsschwerpunktes könnte durch eine zusätzliche S-Bahn-Haltestelle (Stadtwerke + Mehrzweckhalle) sehr attraktiv werden. Damit kann auch der Anteil an PKW-Stellplätzen in der Zukunft reduziert werden.

Auf Grund des hohen Versiegelungsgrades und des klimatischen Trends der letzten Jahre, werden so viel wie möglich Flächen entsiegelt. Die Stellplätze werden versickerungsfähig hergestellt. Die Wasserflächen in der Campusmitte sind unter dem Geländeniveau und können im Falle eines Starkregenereignisses zusätzlich anfallendes Regenwasser aufnehmen. In den entsiegelten Bereichen werden für den Überflutungsfall oberirdische Mulden angelegt, auch sind Grünblau-Dächer, so genannte Retensionsdächer vorgesehen.

Statisches - konstruktives Konzept

Das Tragwerk und die Konstruktion wird so entwickelt, dass Veränderungen und Nutzungsanpassungen zu einem späteren Zeitpunkt ohne großen baulichen Aufwand möglich sind. Die beiden neuen Bürogebäude werden in Stahlbeton-Skelett-Bauweise mit aussteifenden Kernen sowie tragenden Fassadenpfeilern und innen liegenden Stützen geplant. Auf Grundlage des für Büroarbeitsplätze sinnvollen Konstruktionsrasters von 1,35 m variiert das Stützenraster, dabei entsprechend der Anforderungen aus den unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionsbereichen zwischen 5,40 m und 8,10 m. Sämtliche Innenwände können dann unter Berücksichtigung der Schall- und Brandschutzanforderungen als jederzeit reversible, leichte Metallständer- oder Systemtrennwände ausgeführt werden.

Die Aussteifung der Gebäude wird horizontal über die Stahlbetondeckenscheiben und vertikal über die in Stahlbeton geplanten Treppenhaus-, Aufzugs- und Sanitärkerne gewährleistet. Durch die Anzahl, Lage und Länge der vertikal aussteifenden Bauteile sind die Gebäude ausreichend gegen Translation und Rotation ausgesteift.
Die Decken sind als unterzugsfreie Stahlbetonflachdecken mit Auflagerung auf den Stahlbetonstützen und -wänden geplant. Um große Deckenspannweiten bei gleichzeitiger Reduzierung des Deckeneigengewichts realisieren zu können, wird der Einsatz von Hohlkörperdecken (Cobiax Slim-Line Decken) partiell vorgeschlagen. Bei Ausführung dieses Deckensystems ist von einer Reduzierung der Bewehrungsmenge bei allen tragenden Stahlbetonbauteilen (Decken, Stützen, Wände, Gründung) auszugehen. Des Weiteren resultieren daraus geringere Abmessungen von Stützen und Gründungsbauteilen. Zur Vermeidung unwirtschaftlicher Deckendicken werden in allen Geschossen gleitende Deckenanschlüsse für die nicht tragenden Trennwände berücksichtigt. Gem. der Forderung nach einer einfachen Lastabtragung des Tragwerks werden alle aussteifenden Kerne sowie die tragenden Stützen bis auf die Gründung durchgeführt. Auf aufwändige und kostenintensive Abfangmaßnahmen wird verzichtet. Die zügige und wirtschaftliche Realisierung der Baumaßnahme wird durch den Einsatz von Vollfertigteilstützen und Hohlwänden (Filigranwänden) unterstützt. Damit wird der Schalungsaufwand auf der Baustelle erheblich reduziert und die Bauzeit verkürzt.

Energiekonzept und Anlagenkonzept

Es wurde ein Energiekonzept mit einer hohen Energieeffizienz aus regenerativer Umweltenergie und Wärmerückgewinnung aus den Gebäudeprozessen gewählt. Die Grundversorgung erfolgt über zwei Eisspeicher mit je 1.200 m³, welche eine alternative Wärmequelle für die Sole/Wasser-Wärmepumpen darstellen. Es werden zwei Wärmepumpen mit je ca. 420 kW und ein ca. 2.500 kW Rückkühler geplant. Das genehmigungsfreie System bündelt die Energie aus Umgebungsluft, solarer Einstrahlung und dem Erdreich. Es kann durch das Eisspeichersystem eine „kostenlose“ Kühlung zur Verfügung gestellt werden, welche gleichzeitig den Speicher regeneriert. Die Eisspeicher hätten in diesem Fall einen Durchmesser von ca. 18 m und eine Höhe von ca. 5 m. Die Kapazität der Eisspeicher ist hierbei ausreichend, um ca. 30 % des Kältebedarfs in der Kühlperiode bereitzustellen. Die Kühlung erfolgt dabei über den Regenerationswärmeübertrager in Form eines offenen Systems zur Wasserentnahme. Der Rückkühler, der in der Heizperiode zur Regeneration des Eisspeichers genutzt wird, dient im Sommer zur Abfuhr der Abwärmeleistung der Wärmepumpe im Aktivkühlfall. Im Eisspeicher-System stammt ein Teil der Heizwärme aus dem Eis, respektive aus der sogenannten Kristallisationsenergie. Sie wird frei, wenn Wasser zu Eis gefriert. Im Eisspeicher wird dieser Wechsel des Aggregatzustandes während der Heizperiode durch den Wärmeentzug der Wärmepumpe herbeigeführt. Dabei wird dieselbe Energiemenge bereitgestellt, die benötigt wird, um einen Liter Wasser von 0 ° C auf 80 °C zu erwärmen. Wird das Eis im Regenerationsbetrieb wieder aufgetaut, kann dieser Prozess beliebig oft wiederholt werden. Dabei ist die Technik nahezu wartungsfrei. Am Ende der Heizperiode wird gezielt Eis gebildet. Dieses steht dann an heißen Tagen als kostenlose Kältequelle für die Gebäudekühlung zur Verfügung.

Mit diesem Energiekonzept werden die Anforderungen nach dem erneuerbaren Energiegesetz nicht nur erfüllt, sondern die Anforderungen an die Energieeinsparverordnung sogar überschritten. Die Investition in ein Eisspeicher-System wird durch den Erhalt von Fördermitteln besonders rentabel. Im Rahmen der Innovationsförderung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle können Wärmepumpen mit verbesserter Systemeffizienz gefördert werden. Das sind Wärmepumpen mit zusätzlichen Anlagenteilen beziehungsweise Sonderbauformen, die mit zusätzlichem Investitionsaufwand deutlich effizienter arbeiten und damit einen Beitrag zur Reduzierung des Strombedarfs und der Netzlast leisten.

Für die Gebäude ist eine mechanische Be- und Entlüftung geplant. Mittels einer Luftqualitätsregelung (CO2-Regelung) kann die Luft je nach anwesender Personenanzahl bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden. Da voraussichtlich keine Abhangdecken geplant werden, wird eine oberflächennahe Betonkernaktivierung für das Konzept vorgeschlagen.