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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2020

Umbau eines Bahnhofs zu einem Verwaltungsgebäude für den SRCC-Bahncampus in Annaberg-Buchholz

2. Preis

Preisgeld: 4.600 EUR

Architekturbüro Preißler

Architektur

Erläuterungstext

Umbau Nördlicher Kopfbau Unterer Bahnhof Annaberg-Buchholz

Brainstorming

- Das ungenutzte und leerstehende Gebäude des Unteren Bahnhofs in Annaberg-Buchholz soll nach Aufgabenstellung der Auslober des Wettbewerbs das Zentrum, den Kristallisationskern für die Entstehung eines modernen Bahnforschungscampus bilden. Notwendigerweise findet diese Entwicklung zeitversetzt und mit großer Wahrscheinlichkeit auch in Verantwortung unterschiedlicher Bauherren und Nutzer statt. Die gestellte Wettbewerbsaufgabe umfasst vorerst den nördlichen Kopfbau des Gebäudes und eventuell erforderliche Erweiterungen, wobei die zukunftsweisende Nutzung als Verwaltungsgebäude des Bahncampus erkennbar sein soll.

- Wenn nun die gestalterische Einheit des denkmalgeschützten Bestandsgebäudes, zumindest der nördlichen und südlichen Kopfbauten gewahrt bleiben soll, dann darf sich nach Verständnis des Entwurfsverfassers die innovative neue Nutzung nicht wesentlich über die Bestandsgebäude dokumentieren, sondern muss seinen Ausdruck über die bauliche Erweiterungen im Rahmen dieses Wettbewerbs und über zu- künftige Maßnahmen, zum Beispiel die Neugestaltung der Obergeschosse des Mittelbaus, finden.

- Insbesondere unter Berücksichtigung des zu erwartenden Zeitversatzes würde eine wesentliche Veränderung der Optik des nördlichen Kopfbaus unmittelbar mit den beiden südlichen Kopfbauten korrespondieren. Um die postulierte gestalterische Einheit des Gebäudes nicht zu zerstören wären potentielle Nutzer dieser Gebäudeteile gezwungen, sich dem „Diktat“ des nördlichen Kopfbaus anzuschließen oder aber ihr Engagement diesbezüglich in Frage zu stellen.

- Der Entwurfsverfasser geht weiter davon aus, dass die zu erwartende positive Entwicklung des Smart Rail Connectivity-Campus zu einem europäischen Kompetenzzentrum des digitalisierten, vernetzten und automatisierten Verkehrs auf der Schiene, neben den bisher geplanten baulichen Maßnahmen mit Sicherheit weiteren Gebäudebedarf generieren wird. Dieser Gebäudebedarf kann, auch unter Berücksichtigung der geplanten Mobilitätsschnittstelle Bahnhof Annaberg-Buchholz, nur durch Erweiterung der Anlage in nördliche Richtung gedeckt werden. Die Erfüllung der gestellten Entwurfsaufgabe sollte aus Sicht des Entwurfsverfassers also auch die Schaffung einer Schnittstelle für die Erweiterung in diese Richtung beinhalten.

Entwurfslösung

- Das vorhandene Gebäude „Nördlicher Kopfbau“ wird saniert und entsprechend den Forderungen des Raumprogramms in allen Geschossen umgebaut.

- Im Dachgeschoss werden neue Gaupen errichtet. Darüber hinaus erfährt die Gebäudehülle hinsichtlich Fassadengliederung, Materialität und Farbgebung keine Veränderungen. Die nicht stilgerechten Veränderungen der Fensteröffnungen, welche in den vergangenen Jahren besonders an der Ostfassade erfolgten, werden jedoch korrigiert.

- Die historische Treppe des Gebäudes wird erhalten. Das Treppenhaus erhält einen Rauchabzug entsprechend § 35 SächsBO.

- Im Rahmen der Grundrissgestaltung erfährt das vorhandene Treppenhaus eine Erweiterung bis zur östlichen Außenwand des Gebäudes und wird dadurch zum „außenliegendem Treppenhaus“.

- Im Südgiebel des Gebäudes werden Verbindungen zwischen Bestandstreppenhaus und den Fluren eines zukünftig neu zu errichtenden Mittelbaus vorbereitet, welche bei Bedarf ohne großen Aufwand geöffnet werden können, aber nicht müssen. Für zukünftige Nutzer des Mittelbaus entsteht somit eine höhere Flexibilität.

- Über einen Glas-Verbindungsbau wird an das Bestandsgebäude ein neu zu errichtender Treppenturm mit Aufzug angegliedert, welcher als endgültige Lösung verbleibt und als erster Rettungsweg dient. Der Aufzug ist so dimensioniert, dass der Transport von modellhaften Werkstücken möglich ist.

- Der Verbindungstunnel zur westlich geplanten Forschungshalle bindet im Kellerbereich des Treppenhausneubaus barrierefrei an diesen an.

- Der puristische Kubus des Treppenturmes schließt mit einem steilen Pultdach nach oben ab, welches nur durch die Überfahrt des Aufzuges durchstoßen wird. Im Firstbereich des Pultdaches ist eine Windkraftanlage mit drei Windrädern integriert.

- Die Fassade des Neubaus wird mit hochleistungsfähigen farbigen Dünnschicht-Solarmodulen, welche speziell für die Bauindustrie entwickelt wurden, verkleidet. In verschatteten Bereichen werden diese Elemente mit optisch gleichen Aluminium- oder ALUCOBOND-Elementen kombiniert.

Von der Notwendigkeit zu Innovation und Gestaltgebung

- Die zu erwartende dynamische Entwicklung des SRCC wird mit großer Wahrscheinlichkeit einen Bedarf an Gebäudeflächen generieren, der durch die vorhandene und derzeit geplante Gebäudesubstanz nicht gedeckt werden kann. Eine Erweiterung ist aufgrund von Lage und Zuschnitt des Grundstücks und unter Berücksichtigung der geplanten Mobilitätsschnittstelle Unterer Bahnhof Annaberg- Buchholz nur in nördlicher Richtung möglich. Durch den Anbau des neuen Treppenhauses wird dafür eine ideale Schnittstelle geschaffen. Möglichen Investoren wird eine bereits vorhandene Erschließung und die Option einer funktionellen Verbindung zum Bestehenden angeboten.

- Ein Verlust von Reservefläche tritt nicht ein, da eine spätere Erweiterung auch Erschließungsfläche benötigen würde. Beim Bau eines separaten Gebäudes wäre der Flächenverlust durch die Abstandflächen noch höher.

- Durch die mit dem Anbau verbundenen Verlegung des Haupteinganges erfährt dieser eine Betonung und die Zugangsmöglichkeit auch von der Bahnseite.

- Mit der Gestaltung des Baukörpers Treppenhaus kann schon in diesem ersten Bauabschnitt auf die neue, zukunftsweisende Nutzung hingewiesen werden, die auch im historischen Gebäude und hinter der respektierten historischen Fassade stattfindet.

- Die im nördlichen Kopfbau befindliche, gewendelte Bestandstreppe ist als 1. Rettungsweg nach den Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A1.8 bzw. ASR A2.3 nicht zulässig. Sie müsste mit hohem Aufwand und unter Verlust der Denkmaleigenschaften umgebaut werden.

- Ein provisorischer Rettungsweg, welcher bei Errichtung und bezogen auf die zu erwartende lange Vorhaltedauer auch erhebliche Kosten verursachen würde, muss letztendlich rückgebaut werden und durch eine Lösung in späteren Bauabschnitten ersetzt werden. Es darf bezweifelt werden, dass ein solches Provisorium als 1. Rettungsweg für bis zu 100 Personen genehmigungsfähig ist.

- Mit der Wettbewerbslösung wäre das Gebäude sofort und unabhängig von der weiteren Entwicklung dauerhaft funktionsfähig.

- Die durch Grundrissoptimierung mögliche Anbindung des Bestandstreppenhauses an die Außenwand verhindert die ganz erheblichen Aufwendungen für die mechanische Entrauchung eines innenliegenden Treppenhauses, die Anordnung von entsprechenden Vorräumen und dergleichen. Damit wird dieses Treppenhaus, welches über den ehemaligen Haupteingang direkt ins Freie führt, als 2. Rettungsweg qualifiziert.

- Der Einbau eines Aufzuges in das Bestandsgebäude wäre ein erheblicher Eingriff in das statisch- konstruktive System, verbunden mit hohen Kosten und dem Verlust an Geschossfläche.

- Gleiches gilt in besonders hohem Maß für die Anbindung des Verbindungstunnels zur Forschungshalle. Es ist trotz der noch nicht erfolgten Planung bereits jetzt erkennbar, dass dessen Gründungssohle sicher mindestens 2 m unter Oberkante des jetzigen Kellerfußbodens liegen wird. Um die Anbindung an einen Aufzug bzw. eine Erweiterung des Treppenhauses barrierefrei, brandschutzgerecht und funktionell erträglich zu realisieren müsste das gesamte Gebäude umfangreichst unterfangen werden. Da der westliche Bereich des Gebäudes schon bei Errichtung nicht unterkellert wurde, kann angenommen werden, das hier massiver Fels ansteht, dessen Abtrag im Gebäudebereich zusätzlich einen immensen Aufwand erfordern würde.

- Durch die Auslagerung des Aufzugs und die eingesparten Flächen im Zusammenhang mit dem entfallenen innenliegenden Treppenhaus kann das geforderte Raumprogramm in Summe im Altbau realisiert werden.

- Darüber hinaus konnten zusätzlich zu den Forderungen der ASR A4.1 in jeder Etage Toiletten eingeordnet werden. Auch werden in jeder Ebene Kopierplätze bereitgestellt.

- Die Verkleidung des Treppenhausanbaus mit Dünnschicht-Solarmodulen erfolgt nach CIS-Technologie. Hauptmerkmal der CIS-Technologie ist die hauchdünne 2μm dünne Halbleiterschicht. CIS ist die effizienteste aller Dünnschicht-Technologien: Die CIS-Technologie bietet im Vergleich zu anderen PV-Technologien ein enormes Einspar- und Leistungspotenzial. Die Module zeichnen sich durch ihr hervorragendes Schwachlichtverhalten aus, was sich bei wolkenverhangenem Himmel, diffusem Licht oder flachem Sonnenstand zeigt. Die Maßnahme ermöglicht den Einsatz regenerativer Energien auf höchstem technologischen Niveau und dokumentiert dies auch nach außen.

- Wie vorstehend beschrieben dient auch die im Dachbereich des Gebäudes integrierte Klein- Windkraftanlage der Nutzung regenerativer Energien und stellt den hohen technisch-technologischen Anspruch des Nutzers dar. Bei Akzeptanz eines gewissen Maßes Symbolismus ließe sich aus den Rotorblättern der Anlage auch eine Entsprechung zu den sich dynamisch bewegenden Rädern der Schienenfahrzeuge ableiten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ist gekennzeichnet durch die Anordnung eines freistehenden Erschließungsturmes, der Treppenraum und Aufzug beinhaltet. Er dominiert mit seiner Höhe, Kubatur und Ausführung die gesamte Anlage, was seiner Nutzung nicht angemessen erscheint. Von diesem Turm erfolgt nachvollziehbar und plausibel die unterirdische Anbindung an die geplante Forschungshalle. Der Abstand zum Bestandgebäude vermeidet dessen sonst notwendige Unterfangung
Durch die Baukörperkonfiguration und dessen Anbindung an den Bestandsbau sind erhebliche Eingriffe in das denkmalgeschützte Altgebäude erforderlich, die insbesondere im Dachbereich kritisch gewertet werden. Ausformung und Materialität lassen keinen Respekt gegenüber dem Altgebäude sichtbar werden. Der dominante Anbau drängt das Altgebäude weg. Der gesamte Bahnhofbau wird gestalterisch zerrissen.
Durch die Anordnung des Erschließungsbaukörpers sind prognostische Erweiterungen nach Norden jederzeit gut möglich. Zugleich wird der Bestandsbau hinsichtlich der Verkehrsflächen entlastet, was der Funktionszuordnung im Inneren zu Gute kommt. Die Aufteilung der Geschoss-flächen bildet das geforderte Raumprogramm sehr gut ab. Der im EG zwischen Treppenhaus und Bestandsbau angeordnete Eingangsbereich erscheint in Bezug auf die erwartenden Frequenzen zu klein dimensioniert.