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Einladungswettbewerb | 06/2020

Neuentwicklung eines Bürostandortes auf drei Baufeldern in Hannover Bothfeld

1. Preis / Baufeld II

Preisgeld: 29.000 EUR

Thomas Müller Ivan Reimann Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

Erläuterungstext

Das Projekt markiert von Osten in Richtung Innenstadt kommend den Auftakt für bereits bestehende und sich derzeit entwickelnde urbanere Strukturen entlang der Podbielskistraße. Der städtebauliche Entwurf setzt denn auch einen bewussten Kontrast zu den im unmittelbaren Umfeld zu findenden Gebäudetypologien.
Der vorliegende Entwurf folgt diesem Ansatz und entwickelt unter Beachtung der klaren Vorgaben des Auslobers eine Typologie, die die kraftvolle städtebauliche Einheitlichkeit sicherstellt und gleichzeitig eine Differenzierung der einzelnen Gebäudekörper erlaubt.
Die Kubaturen aus dem städtebaulichen Entwurf werden konsequent beibehalten, lediglich der Hochpunkt von Baukörper III wird verkürzt, so dass die Abstandsflächen eingehalten werden und eine zu den Baufeldern I und II analoge Erschließung mit Sicherheitstreppenhäusern möglich wird. Es entstehen somit auch in diesem Bauteil effiziente und optimal nutzbare Grundrisse.
Die mit einem leichten Versatz in den Lisenen strukturierten Fassaden aus einem mittelbeigen Klinker definieren auf den drei Baufeldern durch die Variation der Fensterbreiten und des Öffnungsrhythmus deutlich voneinander unterscheidbare Häuser.
Das Baufeld III mit seinen gegenüber den anderen Baufeldern im Bereich des Hochpunktes wie auch den 5-geschossigen Bereichen deutlich längeren Fassaden erhält großzügige, nahezu quadratische Fensterelemente. Der Ausgleich in Bezug auf das Ausbauraster erfolgt jeweils an den Gebäudeecken.
Die Fassade auf Baufeld II erhält demgegenüber eine feingliedrige Struktur aus einachsigen Fensteröffnungen, während die Fassade auf Baufeld I durch den Wechsel von 2- und 1-achsigen Fensteröffnungen ein eigenes Gesicht erhält.
Die Wahl eines hellbeigen Klinkers unterstreicht die selbstverständliche und gleichzeitig selbstbewusste Situierung des Quartiers und erzeugt gleichzeitig in den schmalen Straßen- und Hofräumen eine helle und freundliche Atmosphäre. Die Handwerklichkeit des Klinkers wird in der robusten Materialität der horizontal strukturierten Brüstungspaneele aus Metall weitergeführt.
Das Erdgeschoss wird bei allen Gebäuden deutlich als ein Sockel ausgebildet, die Eingänge sind als Nischen eingerückt.
Alle Fenster sind öffenbar und somit von Innen zu reinigen. Der Sonnenschutz ist außenliegend als Lamellenraffstore vorgesehen, der sich bei Benutzung mit der horizontalen Struktur der Metallpaneels optisch verbindet.
Jeweils in den opaken Bereichen der raumhohen Fensterelemente ist eine Lüftungsklappe für die Nachtlüftung entweder oberhalb der Heizkörper oder bei einer Verteilung der Heizkörper in jeder 2. Achse jeweils versetzt dazu neben den Heizkörpern integriert. Der Insektenschutz erfolgt über eine Gaze, die im Bereich der Klappe zwischen Metallpaneel und Fensterelement angebracht ist. Der Vorteil eines Brüstungspaneels gegenüber einer massiven Brüstung besteht in der geringen Bautiefe und somit einer optimalen Mietflächeneffizienz. Im Erdgeschoss ist die Lüftungsklappe im Sturzbereich hinter dem Verblendmauerwerk integriert.
Aufgrund der Hochpunkte und der Baukörperöffnungen kann keine sinnvolle Abgrenzung von Hoffassaden gegenüber Straßenfassaden vorgenommen werden. Wir schlagen daher vor, die Fassadenstruktur umlaufend beizubehalten.
Die Außenwände sind tragend ausgebildet, die Decken sind als Flachdecken vorgesehen, längs der Flurzone ist eine Stützenreihe vorgesehen, die Aussteifung erfolgt über die Kerne.
Die klare, effiziente und hochflexible Gebäudestruktur bildet die Basis für eine sehr nachhaltige Entwicklung, die durch die Materialität und Funktionalität der Fassade ergänzt wird. Somit können durch intelligenten Einsatz die technischen Einrichtungen auf ein Mindestmaß reduziert werden:
- Anschluss an Trinkwasser und Abwassernetz, Rückhaltung des Regenwassers auf Gebäude- und Tiefgaragendächern, Versickerung auf dem Grundstück, wenn möglich, ansonsten gedrosselte Einleitung in übergeordnetes Netz.
- Anschluss an Fernwärmenetz, Heizen und Kühlen über eine Betonkernaktivierung, ergänzende Heizung über Brüstungsheizkörper, Kühlung Serverräume über Umluftkühlgeräte.
- Natürliche Lüftung der Büro- und Besprechungsräume, mechanische Lüftung der WC-Bereiche
- Nachweis sommerlicher Wärmeschutz über Glasflächenanteil in Verbindung mit außenliegendem Sonnenschutz und Nachtlüftung.

Außenanlagen:
Die Baufelder werden über eine Einfahrt von der Straße Podbielskistraße und über vier Einfahrten von der Straße Riethorst erschlossen. Die vorhandenen geschützten Bäume entlang der Straßen Riethorst und Podbieslkistraße werden erhalten. Die geforderten Aussenstellplätze werden oberirdisch entlang der Zuwegungen angeordnet und durch Anordnung von Bäumen alle vier Stellplätze akzentuiert. Die Bewegungsflächen der Feuerwehr werden in den Fugen zwischen den Baukörpern positioniert. Es ist eine Bewegungsfläche pro Baufeld ausreichend, da der Abstand von dieser zu den Treppen kleiner als 50 m beträgt.
Die Innenhöfe werden mit unterschiedlich ausformulierten Grünflächen akzentuiert, die durch eine Umrandung aus gefärbtem Sichtbeton mit Holzauflage eingerahmt werden, die zum verweilen einlädt. Große mehrstämmige Bäume spenden in den Höfen Schatten und sorgen für ein angenehmes Klima. Der Boden der Höfe ist mit farblich zur Fassade passendem Kleinsteinpflaster belegt, welches durch Flächen als wassergebundene Decke gegliedert wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser entscheiden sich, die drei Baukörper gestalterisch zusammenhängend als „Familie“ zu entwickeln und dem Gesamtareal dadurch zu einem starken, großmaßstäblichen Auftritt zu verhelfen. Es gliedert sich damit ein in eine Reihe von Großbauten, die auf der Nordseite der Podbielskistraße wiederholt vorhanden sind.

Die Fassaden der drei Bauten bestehen aus einem lichten, hellgelben Verblendstein. Brüstungspaneele werden eingesetzt und verringern so den Mauerwerksanteil. Die Gebäude erhalten ein leichtes, offenes und eher vertikales Erscheinungsbild. Die drei Fassaden sind jeweils klar geordnet und erhalten streng rhythmisierte Fassaden. Alle horizontalen Fassadenelemente laufen im Sinne der Vereinheitlichung durch: Geschossdecken, Brüstungen, Attika. Die Gebäude erhalten denselben, ausdrucksstarken Sockel.

Gleichzeitig sind die Einzelbauten in ihrer Fassadengestalt deutlich unterschiedlich: Die jeweils einheitlichen Fassadenöffnungsbreiten variieren zwischen einer, zwei und drei Achsen und geben so den Einzelbauten einen individuellen und qualitätvollen Ausdruck. Die Teilbarkeit der Flächen in sinnvolle Büroeinheiten ist trotz der variierenden Fensterbreiten möglich. Die Gesamtanlage wirkt architektonisch stringent und dennoch heiter und lebendig. Die Grundrisskonfiguration ist funktional. Die Entwurfsverfasser halten sich in den Grundzügen an den Masterentwurf, entwickeln diesen aber nicht weiter.

Den Verfassenden gelingt es, ein einfaches Konzept zur Konditionierung gemäß Auslobungsvorgaben glaubhaft im Entwurf umzusetzen. Neben der Teilbarkeit der Fassade und der Integration eines allseitigen Sonnenschutzes werden Konzepte für Wärme- und Kälteübergabe vorgeschlagen, die einen einfachen und kosteneffizienten Betrieb des Gebäudes vorstellbar machen.

Die hohe Funktionalität der Gebäude sowie deren offene, lebendige Architektursprache werden von dem Preisgericht positiv bewertet.