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Einladungswettbewerb | 11/2014

Denkzeichen für Max Reinhardt, Hans Poelzig und Erik Charell im Außenbereich des Friedrichstadt-Palastes

Prinzip des Lichtbeton

Prinzip des Lichtbeton

Teilnahme

Studio Thomas Eller

Kunst

Erläuterungstext

Gestaltung eines Denkzeichens
für Max Reinhardt, Hans Poelzig, Erik Charell
2014

2. Platz


Ohne auf die absteigend alphabetische Ordnung der zu ehrenden Personen, die in den 1920er Jahren den ursprünglichen Friedrichstadtpalast zu einem „kosmopolitischen“ Ort mit magnetischer Ausstrahlung gemacht hatten, weiter eingehen zu wollen, dient dieser Vorschlag dazu, dem Gedächtnis an Erik Charell, Hans Poelzig und Max Reinhardt in Berlin dauerhaft einen Ort zu geben. Die Konstellation dieser drei Personen machte den Zauber des Friedrichstadtpalastes möglich. Im Zentrum soll deren gemeinsames Lebenswerk stehen und nicht so sehr die Schicksale, die sie später unter dem nationalsozialistischen Regime erleiden mussten. Die Informationen über die jüdische Religionszugehörigkeit (Reinhardt und Charell) und die Homosexualität (Charell) werden durch die Texte auf der begleitenden Tafel vermittelt werden. Einzig die strenge vertikale Form der Gedenkstele, die sich im Format 300 x 184,5 cm der Maßverhältnisse des GOLDENEN SCHNITTS bedient, vermittelt eine ernsthafte Eleganz, die auf eine schreckliche Realität jenseits des Glamours der goldenen 20er Jahre verweist.


Die Gedenkstele ist ausgeführt in Lichtbeton, einem innovativem Werkstoff aus Feinbeton durchzogen von hoch lichtleitenden optischen Fasern aus Polymethylacrylat (PMMA). Der Beton ist dunkelanthrazit durchgefärbt, von großer Dichte und hohem Frostwiderstand. (Materialspezifikationen in der Anlage). Die Oberfläche des Lichtbetons ist gefräst, poliert und mit einem Graffiti-Schutz beschichtet. Als monolithische Betonscheibe erinnert sie fast schon archetypisch an Gedenkarchitekturen.
Das eingefräste Muster bezieht sich auf die legendäre „Tropfsteinhöhle“, den Kuppelraum im historischen Friedrichstadtpalast und steht so in einem direkten Bezug zur Architektur Hans Poelzigs und stellt die „Stalaktiten“ dar, in denen Hans Poelzig das Beleuchtungssystem untergebracht hatte. Durch die dunkel-anthrazite Eleganz der Gedenkstele wird etwas von Poelzigs expressionistischer Architekturauffassung mittransportiert.
Eingebaut in den Beton sind historische Abbildungen der drei Geehrten und eine Probenszene mit den „Girls“. Die Darstellung ist so gestaltet, dass die Frauen, den Männern auf dem Kopf herum tanzen. Oder, wenn man es anders betrachten will, die drei die Bühne bereiten, auf der die Frauen sich bewegen.
Die Bilder werden erzeugt durch optische Fasern, die in einem Raster von 8mm Abstand in den Beton eingegossen sind. Wird die Betonstele hinterleuchtet, erscheinen auf der Vorderseite die Portraits und das Probenbild.

Das Denkzeichen funktioniert dadurch in zwei unterschiedlichen Präsentationsmodi:

1. Tag-Modus:
Die abstrakte Lichtbetonstele wirkt als Gedenkzeichen. Die strenge Form verlangt Respekt vom Betrachter. Von den Bildanteilen wird im Schatten unter den Blutbuchen wenig zu sehen sein. Ganz entfernt mag der Betrachter sich noch an die Betonstelen des Denkmals für die vernichteten Juden erinnern.
Die rechts vor der Stele am vorderen Rand des Beetes platzierte Informationstafel vermittelt zusätzliche Informationen und hat darüber hinaus die Funktion dem Betrachter in einem gewissen Abstand zu halten, so dass die Skulptur nicht zu einem Fahrradparkplatz wird.



2. Nacht-Modus:
Die Skulptur wird nachts von im Fußboden eingebrachten Scheinwerfern hinterleuchtet. Dadurch aktiviert sich das in den Beton eingegossene Bild und die Oberflächenstruktur tritt optisch in den Hintergrund (so wie die Innenarchitektur jeden Theaters während der Show auch).
Diese performative Struktur der Skulptur wird noch dadurch gesteigert, dass Betrachter, die sich hinter der Stele (zwischen Lichtquelle und Skulptur) bewegen, einen Schatten werfen, der auf der Vorderseite als Schattenriss sichtbar wird. Der Betrachter, kann also mit der Skulptur spielen und den Bildanteil durch gezielte Verschattung verändern. Diese Struktur bezieht sich auf die von Charell und Reinhardt praktisch wie theoretische vollzogene Aufhebung der Trennung von Bühne und Zuschauerraum.
Sie können das an den mitgelieferten Materialproben nachvollziehen.
(Außerdem wird verhindert, dass sich die Rückseite der Stele zu einer öffentlichen Toilette wird, denn der Beton ist ja transparent).



Umsetzung:
Die Gedenkstele wird in Feinstbeton dunkel-anthrazit in ein Bildraster von hoch lichtleitenden Polymethylcarbonat (PMMA) gegossen, gefräst und poliert. Diese Arbeiten werden von einer Spezialfirma ausgeführt, die diese Methode patentiert hat. Ein Auftrag dieser Größenordnung wird durch eine Testphase laufen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
Aufgestellt wird die Skulptur auf einem zu giessenden Betonfundament in der geometrischen Mitte des vorhandenen Beetes. Befestigt wird die Skulptur mittels Edelstahlankern. Das Fundament wird unsichtbar unter der Oberfläche bleiben.
Ein Anschluss an die elektrische Versorgung lt. Plan wird von einer Baufirma gelegt.
Die Hinterleuchtung wird von einer Fachfirma ausgeführt.

Die Beete der Blutbuchen linker Hand des Haupteingangs des Friedrichstadtpalastes sind mit Rindenmulch gestreut. Das “Beet” in dem die Gedenkstele steht, soll in seiner Dimension erhalten bleiben, um dem Ort der Skulptur eine optische und ästhetische Gleichbehandlung mit den Bäumen zukommen zu lassen. Innerhalb der Umfassung soll jedoch Kopfsteinplaster verlegt werden, um eine prinzipielle Zugänglichkeit zu erreichen. Durch diese Einbindung wirkt die Skulptur nicht herausgehoben, sondern wie im Blutbuchenhain „gelandet“.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf unternimmt eine klare und vielschichtige Zeichensetzung in Form einer großformatigen Stele, die mittels ihrer formalen Monumentalität den Betrachter zum Erinnerungsort hinführt. Im Objekt eröffnen sich mehrere Überraschungseffekte, sowohl hinsichtlich der Reliefstruktur als auch des beabsichtigten Lichtspiels. Vor allem die Lichtwirkung verschafft dem Denkzeichen einen beeindruckenden Auftritt in der Nacht. Der Wechsel zwischen dem Tages- und dem Nachtmodus des Objektes ist ungewöhnlich und die zugrunde liegende Technologie bemerkenswert, die allerdings im Preisgericht viele Fragen aufwirft.
Konträr zu der vorgeschlagenen effektvollen Technik wird der Bildvorschlag der drei Porträts und der Tänzerinnen als zu konventionell gewertet. Der Einfluss der Reliefstruktur auf die nächtliche Bildwirkung wird problematisiert. Insgesamt erwecke die Stele auch den Eindruck eines überdimensionierten Grabsteins.
Ansicht zur Nacht

Ansicht zur Nacht

Ansicht am Tag

Ansicht am Tag

Material der Fa. Luccon

Material der Fa. Luccon