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1-stufiger anonymer Wettbewerb | 01/2006

Gedenkstätte für den deportierten Nachbarn

2. Preis

Junkers & Partner

Architektur

Erläuterungstext

Konzept

Eine Erinnerung festzuhalten, neu zu beleben oder gar erst zu erwecken, dies zudem an einem historischen Ort, von welchem nichts mehr erkennbar oder vorhanden ist, stellt Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen von Gedenkstätten.
Ist schon der Anlass des Gedenkens, der europäische Holocaust mit zahl- und oft auch namenlosen Opfern maßstablos, wie findet sich dann der richtigen Maßstab für diesen einen, hier konkret stattgefundenen Baustein des Schreckens?
Da baulich-strukturelles nicht überliefert ist und die neue Stadt mit ihrem neuen Aspang-Park zeitgemäße Räume erzeugt, sehen wir in einer Zäsur, in einer nicht-konformen Einpassung, in einer komplementären Einfügung in die vollständige moderne Form den geeigneten Weg zur Entwicklung der Gedenkstätte, eines Denkzeichens als bildhaften Kommentar im öffentlichen Raum
Ziel ist der im Alltäglichen unerwartete, beiläufige, aber dennoch unausweichliche Blick zurück.


Sinngehalt und Gestaltung

Das Paßstück im durchlaufenden und raumgreifenden Park ist ein Fenster zurück, ein Ausschnitt, ein Loch in einer geschlossenen Jetzt-Zeit, eine Referenz an einen spezifischen abgeschlossenen Zeitabschnitt, ein Blick zurück auf das damalige Hier-und-Jetzt, ein Kalender der Vergangenheit.
Die Bewegungsrichtungen der Parkbesucher werden wohl nur kurz berührt, beim Durchwegen über die Gedenkstätte: quer und zeitlich kurz, beiläufig und irritierend.
Die Lesbarkeit eröffnet sich erst in Längsrichtung des Kalendariums: längs und zeitlich lang, bewußt und eindeutig.
Dieser sichtbare Abschnitt als Teil einer endlosen Zeitspur zeigt den Gleichlauf der Monate und Jahre und die Zuordnung aller 47 Deportationen.
Für jeden dieser Transporte steht eine Stahlplatte mit eingetriebenem Schriftzug des jeweiligen Bestimmungsorts. Die Anzahl wird absolut; die Häufigkeit und zeitliche Dichte werden relativ erkennbar.
Es entschlüsselt sich der Rhythmus der Transporte als ein sich steigerndes Vernichtungswerk.


Situierung im Umfeld

Die metergenaue Lage im Park ist nicht wirklich relevant. Wohl aber die Ausrichtung: von West nach Ost. Wie die Destination der Deportationen damals gemeinhin hieß: nach Osten.
Der neue Aspang-Park grenzt in gesamter Bereite ansatzlos an die Gedenkstätte, Promenade und Wege führen über die Schotterfläche hinweg. Die spätere Aufteilung, Zonierung und Gestaltung der Parkanlage ist vollkommen unabhängig von der Spur des Kalendariums. Zäsurhafte Nachbarschaften sind gut vorstellbar, vielleicht sogar erwünscht, aber sie sollten nicht vorsätzlich herbeigeführt -oder besser: konstruiert- werden.
Die Gedenkstätte wird durch die Lage, die Fläche, das Material und den Rhythmus bestimmt, nicht aber durch die Betonung der Höhendimension. Die aufragenden Stahlplatten werden auf etwa einen Meter Höhe angedacht, um die Sichtbezüge des Parks und der umgebebenden Bebauung durchgängig zu erhalten.
Flächig, niedrig, in Querrichtung offen und durchlässig, in Längsrichtung hingegen massig und wegverstellend.

Das Kalendarium sollte ein eigener Ort, aber auch Teil des Parks werden, ein Fenster, um die geschichtliche Doppelbödigkeit dieses Geländes zu zeigen: die Angst und die Ausweglosigkeit, aber auch die Entspannung und das Spiel.

Beurteilung durch das Preisgericht

... Der Versuch, den Zugang zur Themenstellung über eine Vergegenständlichung der zeitlichen Abläufe der Deportationen zu suchen, hat zu einem gelungenen, beispielhaften Ergebnis geführt. ...