modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 07/2012

Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal

Herbstgarten

3. Preis

Preisgeld: 12.500 EUR

Anna Dilengite, Tina Bara, Alba d’Urbano

Architektur, Kunst

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 116 verwandelt den gesamten Platzraum in einen Obstgarten, der durchquert wird von dem Schriftzug „Keine Gewalt“ in Form einer Rauminstallation. Der Obstgarten mit Apfelbäumen verweist mit seinem jahreszeitlichen Zyklus von Blüte und Ernte, von Wachstum und Erneuerung auf die Leipziger Revolution wie auch auf Widerstandsbewegungen in anderen Städten, Ländern und Zeiten. Die Nutzung des Gartens, seine Pflege, zum Beispiel über Patenschaften, und die Ernte der Äpfel als gemeinschaftliche Aktion verleihen dem Platz den Charakter eines „gesellschaftlichen Handlungsraums“.

Die Rauminstallation, als „Parcours“ gestaltet, umfasst den doppelten Schriftzug in Form begehbarer Module, die zum Sitzen und zur Begegnung genutzt werden können und am Verbindungspunkt der beiden Wortreihungen einen gläsernen, vielfach nutzbaren Pavillon bilden. Dieser wie auch die einzelnen Buchstaben-Module enthalten akustische Installationen mit Erinnerungen von Zeitzeugen; an einigen Stellen sind sie mit dem Schriftzug des Appells vom 9. Oktober 1989 perforiert.

Gelobt wird vor allem die hier erhoffte Aufenthaltsqualität, in der sich eine entspannte Gartennutzung mit historischen und aktuellen Gedanken, Assoziationen und Auseinandersetzungen verbinden kann. Gerade im Motiv des Apfelbaums sind nach Meinung der Jury unterschiedliche Metaphern und Bezüge enthalten, von der Bibel über Luther bis zu aktuellen Losungen. Die künstlerische Qualität des Entwurfs wird allerdings kontrovers eingeschätzt. Viel Zustimmung findet die Wahl des Mottos „keine Gewalt“, mit dem der zentrale pazifistische Grundsatz für friedlichen Widerstand damals und heute in den öffentlichen Raum transportiert wird. Dabei wird die Tatsache, dass der Schriftzug nur aus der Vogelsperspektive lesbar ist, als besonderer Vorzug gelobt: die Vermittlung des Mottos auf zurückhaltende Weise weckt Neugier und regt zum Suchen und Erforschen an.

Positiv gesehen werden auch die vorgeschlagenen Partizipationsformen, die zunächst noch von den Verfassern begleitet werden und sich später unter anderer Regie weiterentwickeln können. Kontrovers diskutiert wird allerdings das Konzept des Obstgartens, wobei von einem Teil der Jury bezweifelt wird, dass ein solches „public gardening“ an diesem Platz realisierbar sei. Kontrovers eingeschätzt wird darüber hinaus die Geländemodellierung, die für diesen innerstädtischen Standort auch bei Befürwortung des Gartens durchaus verzichtbar sein könnte.

Klärungsbedarf wird vor allem bei zwei Punkten gesehen: in der Ausdehnung des Gartens auf die privaten Flächen im Platzinneren und in der stadträumlichen und funktionalen Einbindung des Gartens beziehungsweise in der noch fehlenden Fassung der Randbereiche.