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Einladungswettbewerb | 03/2014

Inselspital, Universitätsspital Bern - Neubau für Organzentren (Baufeld 6 aus dem Masterplan)

AUSSICHT

Engere Wahl

GD Architectes

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden der Studie «AUSSICHT» reagieren mit ihrer volumetrischen Setzung parzellenscharf auf die vorgegebenen Baubereichsgrenzen aus der UeO. Somit steht das neue Gebäude direkt an der Friedbühlstrasse und verhält sich sehr städtisch, mit einem kleinen Vordach als adressbildende Geste. Die vorgeschlagene dreiteilige Gliederung des Baukörpers mit Sockel, Mittelteil und Dachkrone wird geschickt eingesetzt, um ein Gebäude mit einer kräftigen Präsenz zum Bremgarten-Friedhof einerseits als auch um die gewünschte vermittelnde Geste zu den umliegenden Pocket-Parks (F3 und F4 gemäss Insel UeO Areal III) zu erzeugen. Die mineralische Fassade aus vorfabrizierten Betonelementen unterstützt und stärkt den selbstbewussten Anspruch nach Eigenständigkeit beim ersten neuen Baustein im historischen Kontext, eingebettet in den zukunftsweisenden Masterplan. Der architektonische Ausdruck vermittelt einen unverkrampften und wohltuenden Umgang mit dem Innenleben und der Funktion des medizinischen Gebäudes. Der Nutzungsdruck mit den unterirdischen, natürlich zu belichtenden Räumen lässt das Umland im Bereich entlang der Friedbühlstrasse zu einer reinen Funktionszone werden, was aus stadträumlicher Sicht nicht erwünscht ist. Das über den Baubereich 6 hinausragende Vordach ist zudem nicht bewilligungsfähig.

Die zur Hälfte eingegrabene Eingangshalle auf Ebene C ist wohl sehr inspiriert gestaltet, vermag jedoch weder räumlich noch funktional zu überzeugen. Die Wegführung aus der Magistralen auf Ebene B ist umständlich. Eine funktionierende gedeckte Vorfahrt, auch für liegende Gäste fehlt. Die vorgeschlagene provisorische Vorfahrt mit Stellplätzen und Ausstiegsstelle ausserhalb des Baubereichs ist baurechtlich nicht umsetzbar und die schwellenlose Überwindung des Niveauunterschieds zwischen Friedbühlstrasse und Niveau Ebene C ist ungelöst.

Die innere Gebäudeorganisation wird geprägt von dem starken Willen, die Korridore an das Tageslicht zu führen. Der sehr geschätzte Ansatz bringt jedoch eine Bürde im Bereich des Fahrerlosen Transport-Systems (FTS) mit sich, welches aus Betriebsgründen in seiner geplanten Form nicht funktioniert und sich auch nur schwer korrigieren lässt. Die vor den Einbettzimmern vorgesehenen Balkone werden im Beurteilungsgremium kontrovers diskutiert. Auf diese könnte jedoch ohne Verlust an architektonischer Qualität verzichtet werden. Die sorgfältig projektierte Innenarchitektur anhand von stimmigen Materialien und Ausblicken zeugen von der grossen Sensibilität der Verfassenden für die innere Atmosphäre und für die Bedürfnisse der Patienten und Patientinnen. Die Studie zeichnet sich betriebsorganisatorisch durch eine offensichtlich intensive Auseinandersetzung mit den Schemagrundrissen aus. Dabei wurden viele wichtige betriebsorganisatorische Aspekte berücksichtigt. Gut gelöst sind vor allem die Kernfunktionen des Operationsbereiches und der zugehörigen Infrastruktur. Die Bettenzimmer sind sehr gut nutzbar und bieten von innen eine ansprechende positive Patientenperspektive. Die Pflegestation ist sehr gut strukturiert und bietet betriebsorganisatorisch gute Rahmenbedingungen, jedoch sind die Pflegestützpunkte deutlich zu klein und nicht optimal platziert.

Die gravierendsten Schwächen der Projektstudie ergeben sich aus der gegenüber den Vorgaben veränderten Positionierung des FTS (Schächte und Übergaberaum). Diese funktioniert gut im Operationsbereich auf Ebene D, hat aber gleichzeitig gravierende Nachteile auf allen anderen Ebenen, vor allem durch die unerwünschte Durchkreuzung von Kernprozessen. Im Weiteren sind viele der Funktionsräume zu klein oder im Zuschnitt nicht gut nutzbar. Die gewählte Konfiguration der Nuklearmedizin liesse so keine adäquaten Prozesse zu und müsste vollkommen überarbeitet werden. Die Wartezonen sind nicht optimal konfiguriert und Teile der Betriebsorganisation sind nicht gemäss den Anforderungen abgebildet (z.B. Wartezone liegend). Die Grösse der Steigzonen in den Funktionsbereichen entspricht nicht der erforderlichen Grösse und die Einbringung grosser Technikanlagen ist bis zum Anschluss der Ebene U1 an Baubereich 7 nicht gesichert. Viele der erwähnten Schwächen könnten durch eine Überarbeitung behoben werden, jedoch bestehen Bedenken, ob mit der Umsetzung der betriebsnotwendigen Anpassungen die architektonische Idee gewahrt werden könnte.

Die Projektstudie überzeugt durch den eigenständigen und selbstbewussten architektonischen Ausdruck, der den gewünschten starken Auftritt des Inselspitals hin zum Bremgarten-Friedhof manifestiert. Baurechtliche Verstösse und teils gravierende betriebliche Mängel fallen letztendlich stärker ins Gewicht als die gute Raumorganisation
auf den Bettengeschossen.