Offener Wettbewerb | 06/2020
Gesamtentwicklung bis 2027 des Psychiatriezentrums (PZM) in Münsingen (CH)
©Waeber/Dickenmann/Partner/AG/Architekten BSA/SIA und Kuhn Landschaftsarchitekten
Engere Wahl / 2. Stufe
Landschaftsarchitektur
Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG
Bauingenieurwesen
TGA-Fachplanung
Bauphysik
HEFTI. HESS. MARTIGNONI. Zug AG
TGA-Fachplanung
Beurteilung durch das Preisgericht
Die beiden Flügelbauten sind in Massivbauweise mit Betonstützen und Wandscheiben vorgesehen. Die tragenden Fassaden sind beidseitig auf der auskragenden Decke über dem Untergeschoss abgestützt, die Decken wirken in diesem Bereich filigran. Auf der Aussenseite ist eine indirekte Lastabtragung vorgesehen, die Decken werden über die Brüstung an die Stützen angehängt, die erforderliche thermische Trennung erschwert dieses aufwändige Detail. In die Grundstruktur aus Stützen und Platten werden raumhohe Gläser eingespannt, die eine helle, lichtdurchflutete Stimmung erwarten lassen. Leichtigkeit und Transparenz stehen in direktem Dialog mit der gefassten räumlichen Ordnung des Altbaus. Das additive Prinzip erzeugt eine H-förmige Erschliessungsfigur mit jeweils einseitigem Aussenraumbezug, entlang derer sich die Nutzungen linear aufreihen. Eine Ausnahme bilden der Treppenrisalit und hofseitige Pflanzenzimmer.
Der Innenhof ist als baumbestandener, stark durchgrünter Freiraum gedacht. Ein etwas beliebig verlaufendes Wegnetz durchzieht den Hofraum. Es weist punktuell Ausweitungen auf, die als Aufenthaltsorte denkbar sind. Analogien zur historischen Referenz vor Ort sind nur rudimentär vorhanden. Zu den seitlich angrenzenden Freiräumen werden nicht weiter definierte Pflanzkörper als «Sicht-Puffer» vorgeschlagen.
Während die gestalterischen und räumlichen Themen mit grosser Konsequenz weiterbearbeitet wurden, bleiben wesentliche Fragen zum Betrieb unbeantwortet. Zentral zu nennen ist hierbei eine zweite Gebäudeerschliessung zur sinnvollen Entflechtung von Hauptzugang und Zugang für Logistik und Notfall. Zudem ist die Anordnung des Stationszimmers suboptimal, um insbesondere die Ankunftssituation und deren Kontrollfunktion im Zugangsbereich der Stationen wahrnehmen zu können. Hierbei zeigen sich auch Nachteile in der verschlungen anmutenden Erschliessung mit Verengungen im Übergang von Alt zu Neu bis hin zum ungelösten hindernisfreien Zugang zum Hofgarten. Besonders das Zusammenwirken von introvertiertem Wohnraum und den vorgeschlagenen Pflanzenzimmern hätte einer weiteren Darlegung zum Aufzeigen der Qualitäten bedurft. Die Lage der Ateliers im Untergeschoss in Bezug auf Aufenthaltsdauer und Benutzung wird als nicht tragfähig erachtet.
Die Zielkosten werden gemäss Grobkostenschätzung leicht überschritten. Der Projetvorschlag weist vergleichsweise kleine Geschoss- und Nutzflächen, dagegen hohe Verkehrsflächen und Gebäudeabwicklung auf. Daraus resultieren vergleichsweise leicht höhere Erstellungskosten und hohe Kosten pro Quadratmeter Nutzfläche.
Insgesamt überzeugt der Entwurf durch seine klare architektonische Idee sowie durch die stimmige Einbettung in die Gesamtanlage. Bezüglich der oben aufgeworfenen Fragen lässt der gestalterisch stringent formulierte Ansatz jedoch Zweifel aufkommen, ob eine weitere Entwicklung zur Erfüllung zwingender betrieblicher Anforderungen möglich ist, ohne das Grundkonzept grundsätzlich in Frage zu stellen
©Waeber/Dickenmann/Partner/AG/Architekten BSA/SIA und Kuhn Landschaftsarchitekten
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