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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2020

Neubau des Landesspitals Liechtenstein in Vaduz (LI)

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

SAM ARCHITEKTEN AG

Architektur

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen

Meierhans + Partner AG

TGA-Fachplanung

HEFTI. HESS. MARTIGNONI. Aarau AG usic

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Ein neues, komplettes Akutspital für Vaduz, gelegen an der südlichen Zufahrt zum Land, am Rheindamm vor Hochwasser geschützt, zwischen gewerblichen Strukturen und der Weite der Landschaft. Zwischen zwei Bergflanken, die eine in der Schweiz gelegen, getrennt durch den Grenzfluss, die andere in Liechtenstein, das markante Schloss auf einem Vorsprung haltend. Erschlossen durch Zollstrasse und Felbaweg liegt das Grundstück nach Norden und Westen geschützt durch die Rheinaufschüttung, offen nach Süden und Osten zum Gewerbe und den auslaufenden Wiesen.
Die Entwurfsstrategie ist einfach und resultiert in einem zurückhaltenden, klaren Konzept. Ein kubischer Bau, basierend auf einem effizienten Konstruktionsraster von 8.40 Metern mit Stützen und Flachdecken in Beton. Der Ausrichtung des Baus orientiert sich am Flusslauf, seine inneren Funktionen haben wir in der Höhe gestapelt, die Räume kompakt gegliedert und die Wege kurz und mit Blicken nach aussen. Man weiss immer wo man ist und wohin man sich bewegen will. Benutzerinnen und Besucher finden sich gleichsam leicht zurecht, die inneren Wege und Orientierungen sind deutlich zu erkennen. Genauso die Erreichbarkeit über die neue Busstation, die Zufahrten, die Fahrrad- und Fussgängerwege. Sie führen zum Bau, der ohne Schnörkel seinen Haupteingang, die Apotheke und den gehenden Notfallzugang auf den Vorplatz orientiert. Einfach, klar und übersichtlich. Die Zufahrt zum Notfall für Ambulanzen im rückwärtigen Bereich am Rheindamm mit viel Manövrierflächen, geschützt durch eine gedeckte, Pergolen-förmige Struktur.
Durch das Stapeln der Funktionen in der Vertikalen und der präzisen Formgebung des Baukörpers bleibt der Fussabdruck des Gebäudes minimal. Ressourcen minimal zu verbrauchen, einfache Bausysteme zu verwenden, die Anliegen der Bauphysik berücksichtigend und dem Bau im Talboden eine markante Identität zu verleihen, die auch von weitem klarmacht, was der Inhalt ist, dies waren wesentliche Entwurfsargumente, die zum vorliegenden Ansatz geführt haben. Und, das Wohl der Patienten/Innen und der Mitarbeitenden.
Die zukünftige Erweiterung im Süden als paralleler, in seiner Grösse noch frei zu definierender Baukörper ist angedacht.
Die Gebäudehülle reflektiert die Thematik der Gebäudestruktur. Aufbauend auf demselben Raster wird die Rhythmik in den Obergeschossen variiert und vertikal thematisiert. Das oberste Geschoss zusammen mit dem Dach wird als überhohes Geschoss nach aussen formuliert und bildet so einen kraftvollen, von weither spürbaren Gebäudeabschluss. Wir stellen uns diesen bepflanzt vor. Die Begrünung spendet damit Schatten und deutet auf die öffentlichen Räume der Restauration in diesen Geschossen an. Den unmittelbaren Aussenbereich des Erdgeschosses verstehen wir als intensiv genutzten, begehbaren und befahrbaren Bereich, der wenig an Romantik des Verweilens vermitteln kann. Dagegen ist die umliegende Umgebung grün und die Aussichten spektakulär. Deshalb stellen wir uns die obersten zwei Geschosse begrünt und öffentlich zugänglich vor. Bewusst entfalten sich die zwei obersten Geschosse für Verpflegung und Konferenz hinter einem begrünten, offenen Aussenbereich. Der Blick auf das Schloss ist von der obersten Terrasse auch ein identitätsstiftender Schlüssel zum Gesamtkonzept. Man weiss, wohin man gehört.
Die Gestaltung des Areals sehen wir für Fussgänger wie Radfahrerinnen als durchlässigen Teil der Landschaft. In dieses System von Wegen und unterschiedlich ausgestalteten Orten und Bepflanzungen schliesst der Rundweg für die Geriatrie am Fusse der östlich gelegenen Böschung an. Die Böschungen erhalten so eine Funktion und werden Teil des Ganzen und entziehen sich so dem jetzigen Zustand, als Restflächen verstanden zu werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Name ist Programm. Die markante Topographie des Rheintals mit seiner von Bergflanken begrenzten weiten Landschaft wie auch der Ort mit seiner unspezifischen Morphologie und seinen heterogenen Gebäudestrukturen bewogen die Verfasser zu einem markant kubischen Bau. Durch die städteräumliche Akzentuierung gelingt es mit einem solitären Gebäude im Siedlungskontext eine Triangulation zwischen dem Vaduzer Zentrum, dem Schloss und dem neuen Spital zu erwirken und für den Ort einen starken Gravitationspunkt zu schaffen. Durch den minimierten Footprint kann im Süden und in idealer städteräumlicher Position ein im Grundriss etwa gleich grosse Gebäude als Erweiterung geplant werden.

Das turmartige Gebäude ist wohlproportioniert, schön gegliedert und in seiner Tektonik, Materialität und Anmut eine würdige architektonische Antwort auf die gestellte Aufgabe. Trotz seiner strukturellen Allseitigkeit entsteht durch einen einseitigen Dachabschluss mit kolossaler Ordnung eine subtile Betonung der Hauptfassade, die zusammen mit dem unmittelbar davor gelegenen Platz eine einladende Adresse zum Spital wird. Die zweigeschossige Aussenterrasse im 5. Obergeschoss bekommt durch seine kraftvolle Begrünung eine charismatische Ausstrahlung.

Die Freiraumgestaltung ist pragmatisch, funktional, selbstverständlich und sinnlich zugleich. Neben den für ein Spital notwendige rational bemessene Infrastrukturen wie Erschliessungen, Vorfahrten und Abstellplätzen schlagen die Verfasser für die Patienten, die Besucher und das Personal einen intuitiv gestalteten «pilgerartigen» Weg als Rundgang mit verschiedenen Stationen wie Rosengarten, Ort der Kunst, Gartensitzplatz, Ort der Stille und Spielen und Toben vor.

Der Baukörper bedingt durch seine Gestalt eine vertikale Organisation der verschiedenen Funktionen über sieben oberirdische Geschosse. Im Erdgeschoss befinden sich die Zufahrten, die Eingangshalle, die Apotheke, der Notfall und das Ambulatorium, im 1. Obergeschoss die Behandlung, im 2. Obergeschoss der Operationstrakt, im 3. und 4. Obergeschoss die Pflege und die Bettenstation, im 5. Obergeschoss das Restaurant, die Aussenterrasse und die Spitalverwaltung und im 6. Obergeschoss der Kongressraum, der Raum der Stille und Teile der Haustechnik. In den beiden Untergeschossen sind die Anlieferung, das Parking, die Ver- und Entsorgung, Haustechnik, Logistik und Infrastruktur.

Die öffentlichen Bereiche befinden sich gut positioniert im Kopfbereich des Gebäudes. Die Eingangshalle breitet sich mit den dazugehörigen und erweiterten Nutzungen übersichtlich auf die ganze Gebäudebreite aus: Platz und Halle finden zu einer räumlichen Einheit mit synergetischem Potential zusammen. In analoger Lage sind in den beiden obersten Geschossen weitere öffentliche Nutzungen, wie bereits erwähnt das Restaurant mit Aussenterrasse, der grosse Konferenzraum und der Raum der Stille vorgesehen. Über eine offene Galerie werden die beiden Ebenen zusammengefasst. Der einzigartige Ausblick in die pittoreske Bergwelt und zum fürstlichen Schloss wird zum visuellen Erlebnis.

Nutzung / Betrieb

Die geforderten Cluster wurden weitgehend nicht eingehalten. Aus Nutzersicht sind auf den einzelnen Geschossen «Abteilungsanordnungen» entstanden, die aus der Praxissicht wenig nachvollziehbar sind. Zudem wurden Abteilungen getrennt, was die Prozesse personalintensiv gestaltet (IDA auf mehreren Stockwerken, Gastronomie getrennt). Die Gänge sind an vielen Stellen knapp bemessen, die Bettenzimmer durch ihre Geometrie und Grösse nicht zu 2-Bettzimmer umnutzbar. Dieses Projekt müsste aus Nutzersicht umfangreich umgeplant werden (Zusammensetzung der Stockwerke, Grösse der Zimmer und Gänge) um den betrieblichen Anforderungen eines Spitals zu genügen.

Wirtschaftlichkeit

Die Geschossflächen sind beim Spitalbau um 6.9%, das Gebäudevolumen um 5.7% über der Grundlage des Kredites. Die Gesamtkosten liegen ca. 15.9% über den Zielkosten, wobei die Tiefgarage fast 90% teurer ist.

Erschliessung

Die Erschliessung des Landesspitals erfolgt sowohl für den Besucher- und Mitarbeiterverkehr als auch für die Anlieferung und für Notfälle über den Felbaweg. Im südöstlichen Bereich der Liegenschaft werden Fahrzeuge von Besuchern und Mitarbeitern sowie der Anlieferung über eine Rampe in die Untergeschosse geführt, die Mitarbeiterparkplätze und die Anlieferung befinden sich im UG2, die Besucherparkplätze im UG1. Die Zufahrt für Notfälle stehend befindet sich im EG an der südöstlichen und für Notfälle liegend an der südwestlichen Gebäudeecke.

Die Trennung des Fahrzeugverkehrs vom Fuss- und Radverkehr als auch vom Linienbusverkehr ist gut gelöst. Allerdings entstehen durch die Konzentration verschiedener Verkehrsströme am Rampenkopf der Tiefgarage zahlreiche Konflikte, auch aufgrund überkreuzender Ströme und fehlender Geometrien. Die Abmessungen der Tiefgaragenzufahrt als auch der Fahrgassen und Parkplätze in den Parkierungsanlagen sind grossteils und auch deutlich zu klein gewählt. Insbesondere bei der Rampe ist ein konfliktfreies Begegnen der verschiedenen Fahrzeugarten nicht möglich.

Nachhaltigkeit

Das kompakte Volumen erhält eine effiziente Struktur wie auch eine überzeugende typologische Ordnung, die zusammen mit der Fassadenkonstruktion eine gute Grundlage für ein nachhaltiges Konzept in den Bereichen Energie, Ökonomie und Unterhalt versprechen.

Zusammenfassung

Städteräumlich und architektonisch stellt der Entwurf einen interessanten Beitrag dar. Seine Anmut schafft im Rheintal und vor den Toren von Vaduz eine markante Identität. Durch die Verweigerung kurzlebiger modischer Aperçus wird die Architektur im übergeordneten Sinne schön, menschlich und nachhaltig. Diesem grossen Lob stehen gravierende betriebliche Defizite entgegen, die einen optimal funktionierenden Spital nicht zulassen.