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Verhandlungsverfahren | 07/2015

Neubau einer Großmarkthalle auf dem Gelände der Markthallen

Teilnahme

SEHLHOFF GMBH

Architektur

Erläuterungstext

Leitgedanke

Datteln aus Ägypten, Feigen aus der Türkei, Radieschen aus Feldmoching. Die Vielfalt von Waren und Nationen wird unter einem gemeinsamen Dach erlebbar.
Gleich einem Segeltuch über dem Basar umhüllt die geschwungene Dachform das Gebäudeinnere und fasst die Weite des Raumes.
Das geschäftige Treiben nunmehr einer der größten Großmarkthallen Europas erhält eine adäquate Hülle, die in ihrer naheliegenden assoziativen Formgebung höchsten Wiedererkennungswert erzeugt.


Architektur

Dach und Fassade bilden eine Hülle: Die Formgebung im Querschnitt des Gebäudes spiegelt die funktionale und stadträumliche Gegensätzlichkeit der Großmarkthalle wider und findet in ihrer durchgängigen Formensprache eine klar gestaltete Antwort. Die Fassade ist der Wohnbebauung gegenüber flächig geschlossen und schirmt die Geräuschkulisse des Marktes ab. Die Dach- und Fassadenkonstruktion als fortgesetzte geschlossene Außenhaut wird an den Gebäudestirnseiten aufgelöst in die konstruktiven Grundbestandteile. In Dachebene ergeben die sich gegeneinander schwingenden Dachbänder linsenförmige Öffnungen, die mit einer Glasfassade versehen werden. Die Grundbeleuchtung der Halle und die Einzelbeleuchtung der Stände zeigt sich nachts
durch die erleuchteten Dachgauben. In Fassadenebene eröffnen die gezielt vorgesehenen Vor- und Rücksprünge der Fassadenauswölbungen schlitzartige Durchblicke zwischen den einzelnen Bänderungen. Die Glasfassaden sind auf Flächen für notwendige Belichtung und bewusste Fassadenöffnungen reduziert.
Der besondere Umstand der Hauptbetriebszeiten von den frühen Morgenstunden bis Sonnenaufgang findet Ausdruck in den jeweiligen Wangen der Holzbinder in Höhe des Fassaden- bzw. Dachaufbaus: Diese erhalten entlang der Gebäudelängsrichtung eine strahlende Konturbeleuchtung, die damit als Streiflicht, nicht aber als frontale Effektbeleuchtung in die nähere Umgebung wirken kann.
ab 13.07.2015 online:
https://www.youtube.com/watch?v=nhA41oW9vTQ


Materialwahl und Außenhaut

Die modulare Holzkonstruktion aus V-Stützen, geschwungenen Leimholzbindern und der hellen hölzernen Schalung ist inszenierter Mittelpunkt der Raumgestaltung. Die Gebäudekonstruktion wird bewusst sichtbar gemacht, anstatt in den Hintergrund zu treten. Das Wechselspiel der sich verschneidenden Binderschwünge erzeugt eine abwechslungsreiche und zugleich im positiven Sinn wiederkehrende Dynamik.
Dach und Westfassade werden in einheitlichem Konstruktionssystem und Baustoff ausgeführt. Vorgesehen ist eine Systemstehfalzdeckung aus versorgungsunkritischen Metallen. Im Fokus steht hier die hundertprozentige Recyclierbarkeit der verwendeten Materialien und die Möglichkeit einer vollständigen Trennbarkeit aller ausgeführten Fassaden-, Dach- und Konstruktionsaufbauten bei Wartungsarbeiten oder späterem Rückbau.


Brandschutz

Die Trennung der nach Verkaufsstättenrichtlinie vorgegebenen Brandbekämpfungsabschnitte erfolgt durch die Anordnung von Ladenstraßen.
Die Problemstellung der Freihaltung von Brandlasten der 10 m breiten Ladenstraßen wird durch einspurige Fahrstraßen und eines für Lagerung und Befahrung
ungeeigneten Trennstreifens in Form eines Wasserbeckens sichergestellt. Die einzelnen Brandabschnitte können hinsichtlich einer Reihe von Zusatzmaßnahmen bis zu einer Größe von 13.500 m² ausgeweitet werden. Die Löschwasserversorgung erfolgt primär über ein Hydrantennetz durch die Stadtwerke München, ergänzend und als Kompensationsmaßnahme erfolgt eine örtliche Löschwasserbevorratung über die zwei in den Ladenstraßen angeordneten Wasserbecken als Löschwassertank mit jeweils 96 m³.


Standkonzept

Der betreiberseitige Gebäudeausbau wird auf Basis einer Grundstruktur für die einzelnen Mietbereiche der Verkaufsstände und der zugehörigen Lagerflächen (Stahl) erstellt. Diese baut auf dem Grundraster des Gebäudes auf und erstreckt sich vorerst auf das Erdgeschoss mit einer Gesamthöhe von 5,00 m. Die Versorgung der Mieter mit allen notwendigen Medien bzw. elektrischen und kommunikationstechnischen Versorgungen erfolgt über das Rückgrat 'Mittelspur' der Stahlkonstruktion von oben, um eine optimale Reinigung und somit die Erfüllung der hygienerelevanten EU-Richtlinien und der aktuellen IFS Food-Hygienerichtlinien sicherzustellen. Die Abnahmedocks für die technischen Sparten stehen dem Mieter in flexibler Anordnung (Rastermaß 7,20 m) und somit unabhängig von seinem individuellen Ausbaukonzept zur Verfügung. Die Medien werden aus den Technikräumen im Tiefgeschoss über die Hohlwandspur
entlang der Entladebühne (Kälte/Wärme) bzw. über die Steigtrassen an den Treppenhäusern (ELT/NT) erschlossen. Gleichzeitig bietet diese Lösung den Vorteil eines modularen Systems als Baukastenprinzip. Die Nutzung eines optionalen Zwischengeschosses bleibt dem Mieter vorbehalten.


Logistik der Lager- und Verkaufsflächen

Innerhalb der Hallen soll ausgehend vom Ausladeprozess der angedockten Trailer lediglich ein Querverkehr realisiert werden. Dies bedingt, dass eine Zuordnung der anliefernden Züge für die Kunden umgesetzt wird und ein Längstransport dadurch vermieden wird. Jeweils Lager- und Verkaufsbereich werden "Rücken an Rücken" und gleichzeitig mit über den Verkehrswegen gegenüberliegenden gleichen Flächentypen vorgesehen. Um dem individuellen Raumbedarf der einzelnen Händler und auch den individuellen Anforderungen an bestimmte Kühlzonen nachzukommen, können bei fester Gesamtbreite der Flächen individuelle Flächenkombinationen realisiert werden.


Stockwerkübergreifende Palettenförderung

Prinzipiell sollen die historisch gewachsenen Prozesse und organisatorischen Verantwortlichkeiten zwischen Händler und Kunden hinsichtlich der Warentransporte identisch bleiben. Allerdings sollen an den zu erwartenden Engpässen an den Übergängen zwischen Erdgeschoss und Untergeschoss Palettensenkrechtförderer die Aktivität der geplanten Aufzüge unterstützen. Dies verringert die Belastung der Aufzüge und verkürzt die Transportzeit vom
Verkaufsstand zum Fahrzeug der Kunden. Dennoch ist die Verantwortung des Transportes dem Händler zuzuordnen. Mit diesem Konzept werden den Händlern wirtschaftliche Optimierungsspielräume in Bezug auf die Organisation des Warentransports geboten.


Konzept Ticketing

Um die Organisation des Verkehrs zu verbessern und jeglichen Parkplatz- Suchaufwand zu vermeiden sowie stets die kürzest mögliche Verbindung vom
KFZ-Stellplatz zum Händler zu gewährleisten, ist vorgesehen, dass jedes einfahrende Fahrzeug eindeutig einem Kundenprofil zugeordnet werden kann und entsprechend an einen idealen Parkplatz geleitet wird. Es soll drei Prozesse geben, die diese Prämisse sicherstellen, abhängig von Kunden- und Warenprofil.


Logistik der Realisierungsstufen

Auf Basis der komplexen Themenstellung der abfolgenden Realisierungsstufen und den damit verbundenen betriebs- und baulogistischen Anforderungen werden die Tiefgeschosse der 5 Bauabschnitte mit einem Erschließungs- und Verteiltunnel verbunden. Nach Fertigstellung des Bauabschnittes 2a/2b kann der Tunnel zur vorzeitigen Nutzung der jeweiligen Tiefgaragenabschnitte in Betrieb genommen werden. Eine Inbetriebnahme der Tiefgarage BA 1 wird durch ein provisorisches Rampenbauwerk auf der Nordseite des Gebäudeteils östlich des Bestands GM-9 realisiert.
Die vorgezogene Nutzbarkeit der Tiefgaragensektoren ermöglicht eine volle Funktion der neuen Hallenteile vor Fertigstellung des Gesamtbauwerks und somit eine Entlastung des Betriebs- und Bauverkehrs. Gleichzeitig dient der Tunnel einer reibungslosen Verteilung des Kundenverkehrs sowie des Mitarbeiterparkaufkommens, stellt die Ver- bzw. Entsorgung sicher und entzerrt die Verkehrsströme des Hallenbetriebs bzw. ermöglicht eine wegoptimierte Zuleitung an einen reservierten Parkplatz.


Verkehrsführung auf dem Gelände

Die Fahrwege sind dahingehend optimiert, kreuzende Verkehrsströme zu vermeiden und klare Fahrtrichtungen vorzugeben. Damit wird unter anderem die Beschilderung vereinfacht und die Anzahl der Falschfahrten reduziert. Die Trennung der Verkehrsflüsse erfolgt direkt nach Zufahrt auf das Gelände der Großmarkthallen. Die PKW’s und Kleintransporter werden über die Tiefgaragenrampe vom oberirdischen Verkehr weggeführt. Hier verbleibt ausschließlich der Lieferverkehr durch die LKW’s. Die Abfahrtsrampe zur Tiefgarage wird entgegen der Vorstudie durch die beiden Fahrbahnen zur oberirdischen Entladezone flankiert. Dadurch ergeben sich in Bezug auf den Massivbau (Tunnel, Stützwände, Brückenbauwerke) erhebliche Einsparungen. Auf Einbahnstraßenverkehr wird verzichtet, um die Fahrstrecken (Lärm und Kraftstoffverbrauch) zu verkürzen und Rückstaus durch rückwärtsfahrende Lastkraftwagen zu vermeiden.


Prozessablauf der Halle

Lieferant: Erhält über Ticketing / Leitsystem eine Entladestation so nah als möglich zum Abnehmer, entlädt, fährt auf kürzestem Weg weiter oder pausiert.
Händler: Nimmt die Ware entgegen, lagert auf kürzestem Weg über Querverkehr in der Halle, bestückt Verkaufsflächen aus der angelagerten Lagerfläche, kommissioniert direkt am Aufzug, bringt die Ware über Aufzug oder Palettenförderer in die TG bis zum Kundenfahrzeug.
Kunde: Erhält über Ticketing / Parkleitsystem den nächstmöglichen Parkplatz unterhalb seines bevorzugten Händlers, wählt aus, bestellt, bekommt die Ware ohne Wartezeiten zum Fahrzeug.


Der dicke Grünstreifen

Durch die sägezahnartige Anordnung der Rampen rückt die LKW-Trasse näher ans Gebäude heran. Der jetzige Höhenversprung mittels Stahlbetonwand wird aufgelöst und in eine Böschungsform überführt. Die neu gestaltete Böschung stellt mit fast 3.500 m² die größte zusammenhängende grüne Fläche im Gelände dar. Durch das „Herunterklappen“ der Fläche wirkt sie als grüner Rücken hinter der befestigten Parkplatzfläche und entfaltet so eine grüne Wirkung auf den Besucher. Der LKW-Parkplatz wird von Gehölzen freigehalten, da diese Flächen sehr intensiv genutzt werden. Die Anlage wird nach Stellplatzanzahl und Benutzerfreundlichkeit optimiert und ein großzügiger Pausenbereich für die LKW-Fahrer angeboten.
Entlang der Verkehrswege werden Hochstämme aus heimischen, mittelgroßen und großen Baumarten vorgesehen, an der Böschung zum LKW-Parkplatz sowie an den Rasenflächen sind Solitärsträucher wie Amelanchier oder Carpinus gesetzt. Im Zuge der Baumaßnahmen werden 320 Bäume gefällt und 338 Neupflanzungen verortet.


Denkmal

Der quaderförmige Baukörper des Baudenkmals Kontorhaus II wird integrierter Bestandteil des Neubaus der Großmarkthalle München und erfüllt als Anlauf- und Orientierungspunkt den Zweck eines baulichen Wegweisers zum fußläufigen Haupteingang der Halle I. Die flankierende Thalkirchner Straße wird über die Länge des Kontorhauses gänzlich von motorisiertem Verkehr (mit Ausnahme der Feuerwehrzufahrt) befreit und bildet somit einen neuen neuralgischen Punkt im städtebaulichen Zusammenhang der vermischten Bebauung.
Die übergeordnete Radwegverbindung über die Thalkirchner Straße aus Richtung des Schlachthofes wird entlang der neuen Großmarkthalle um die Wegstrecke der alten Thalkirchner Straße wieder ergänzt und bietet eine interessante Abfolge in der Wahrnehmung der baulichen Wellenstruktur der Fassade.
Der baurechtliche und baukonstruktive Abstand zwischen Bestands- und Neubau ermöglicht eine gestaltete Pufferzone. Diese wird einerseits in der Wahrung eines respektvollen Abstands verstanden, andererseits als stadträumliche Zonierung in den Zusammenhang der baulichen Gegensätzlichkeiten gebracht.
Die sich aus der Dachform entwickelnde Fassade der Großmarkthalle nimmt sich jeweils von den Stirnseiten des langen Baukörpers kommend in Richtung des Kontorhauses immer weiter zurück und gibt in der sich abflachenden Bauchung dem vorüberkommenden Betrachter den Blick auf den Bestandsbau mehr und mehr frei. Am Eckpunkt zum Rücksprung angekommen zeigt sich die Fassade als Schnittfläche einer gedachten Stanzung, die den Bestandsbau dreiseitig umklammert. Die dem Denkmal gegenüberstehende Fassade ermöglicht als vollflächige Pfosten-Riegel-Glasfassade eine Aufnahme der Fassadenrasterung des Nachbarbaukörpers und spiegelt diesen in mehrfacher Hinsicht wieder.