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Offener Wettbewerb | 05/2011

Sanierung Waaghaus - Zweistufiger Planungswettbewerb

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 8.000 CHF

Klaiber Partnership AG

Architektur

IG Florian Reiser & Marcel Walker

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Das Waaghaus wurde im Jahre 1586 gebaut und diente ursprünglich, wie sein Name verrät, zum Wägen, Verzollen und Lagern von Handelsgütern. Die Halle wurde als geschlossener Raum genutzt, wobei die Rundbogen-Tore für die Ein- und Ausfahrt von Fuhrwerken erstellt wurden. Durch den Warentransport mit der Bahn Mitte 19. Jht. verlor das Haus seine Funktion. Erst seit 1963 befindet sich im Obergeschoss der Regierungssaal. Das Erdgeschoss wird auch heute noch von unterschiedlichsten Benutzern zeitweise in Anspruch genommen. Diese Anlässe erfordern oft temporäre Installationen. Es ist erfreulich, dass die Stadt St. Gallen bereit ist diesem erhaltenen Zeitzeugen aus denkmalpflegerischer Sicht zu helfen. Aus urbanen, politischen und gesellschaftlichen Aspekten ist eine ganzjährige Nutzung zwingend notwendig. Leerzeiten führen zu unbelebten, unrepräsentativen, ungemütlichen Situationen. Der Sanierungsvorschlag für das Waaghaus sieht einen baulichen Minimaleingriff vor, um die notwendige Infrastruktur für eine polyvalente Nutzung zu gewährleisten und diesem wertvollen Geschichtszeugen auf sensible Weise seine bürgernahe Repräsentanz wieder zu verleihen. Die Projektverfasser sind der Meinung, dass ein flexibles Nutzungskonzept, welches eine Zugänglichkeit des Gebäudes für die Öffentlichkeit an 365 Tagen im Jahr ermöglicht, den grössten Mehrwert für die Stadt darstellt. Das Gebäude soll sich repräsentativ der Stadt und seinen Bürger öffnen.
Durch die Anordnung zweier Baukörper an den Längsseiten entsteht im Erdgeschoss ein grosser offener Raum. An der Nordseite befindet sich der Aufzug mit dem Office, auf der Südseite bildet eine gegenläufige Treppenanlage das Gegenstück. Glasöffnungen zwischen den beiden Treppenläufen schaffen Transparenz, Offenheit und spannende Blickbezüge. Die funktionale Erschliessung der Besuchergalerie via Aufzug wurde eingehend geprüft und erkannt dass dieser technische Eingriff entweder den Raum zerschneidet, oder unakzeptable Dachaufbauten zur Folge hat. Die behindertengerechte Erschliessung der Besuchergalerie kann mit einem Treppenlift gewährleistet werden. Zwei separate Eingänge führen vom Waaghausweg direkt in den Gemeindesaal und in das vorgegliederte Foyer. Somit sind zwei direkte Fluchtwege aus den Obergeschossen auf den Waaghausweg gegeben. Gleichzeitig öffnet sich der Saal im Erdgeschoss der Stadt und den Bürgern durch zusätzliche Öffnungen in der Südseite, diese erhellen den Saal mit natürlichem Tageslicht und geben dem Gebäude seine ursprüngliche Offenheit zurück.
Im Obergeschoss übernehmen wiederum zwei Elemente an den Längsseiten die funktionalen Nutzungen. Die Teeküche und die Bar bilden, zentral im Foyer angeordnet, ein eigenständiges Möbel. Die Zuschauertribüne, welche ebenfalls mittels Balkendecke einen eingespannten Baukörper darstellt, bietet Blick auf Parlament und Einblick in das Foyer. Das Untergeschoss ist in einen öffentlichen Teil mit den erforderlichen Toilettenanlagen, einen Bereich für Lager und einen Bereich mit den erforderlichen Technikflächen unterteilt.
Erd- und Obergeschoss können einzeln, aber auch zusammen genutzt werden. Die grosse Halle im Erdgeschoss bietet dabei weiterhin ausreichend Platz für Anlässe mit unterschiedlichsten Ansprüchen, wie Velomarkt, Weihnachtsmarkt, oder Konzerte. Dank der zwei Eingänge ist sie unterteilbar oder als Raum für Grossveranstaltungen weiterhin nutzbar. Verschiedene Anlässe wie Ausstellungen, Vorträge, Gastronomiebetrieb oder ähnliches können somit nebeneinander stattfinden. Die vorhandene Niveaudifferenz wird durch ein Gefälle von lediglich 2% im Innenraum und einer leichten Absenkung des östlichen Aussenbereichs angeglichen. Auf der Besuchergalerie finden in der ersten Reihe Arbeitsplätze für Medienschaffende mit optimaler Sicht auf das Parlament und Anzeigentafel, sowie Schreibarbeitsplätze mit Sicht ins Foyer Platz. Je nach Jahreszeit ist eine Aussenbestuhlung sowohl auf der Ost- wie auf der Westseite des Gebäudes möglich. Die grossen Räume im Erdgeschoss und im Obergeschoss sind ost-west-orientiert und passen sich sowohl der städtischen Ausrichtung des Gebäudes als auch dem Fussgänger- bzw. Verkehrsfluss an. Durch die Neugestaltung im Inneren wirkt das Gebäude inhaltlich als auch formal ausgewogen. Das neue Waaghaus wird zum kulturellen Ort der Begegnung und integriert gleichzeitig die bisherigen Nutzungen. Auf der ehemaligen Stadtmauer entsteht ein neuer innerstädtischer Bezugspunkt für Einheimische aber auch ein Willkommensort für Gäste. Zwischen Marktplatz und Stadtpark hält es die Waage zwischen Stadt und Park.
Die vorhandene historische Bausubstanz des Gebäudes soll erhalten bleiben. Die Holzkonstruktionen, die Torbögen und die Säulen bleiben weiterhin die prägenden Bauteile der Halle. Es wird vorgeschlagen, eine Bodenheizung nach Ausbau des Kopfsteinpflasters einzubauen. Geschliffene Granitsteine im Format der bestehenden Pflästerung sollen den Charakter der Halle erhalten. Die festen Einbauten differenzieren sich durch Sichtbetonflächen mit Weisszement. Neben den betonierten neuen Bauteilen wird dunkles einheimisches Eichenholz eingesetzt. Einbauten wie Tribünenränge, Handläufe, Tische, Stühle, Treppenläufe und Theken erhalten dadurch eine natürliche warme Oberfläche. Die Deckenkonstruktion im Obergeschoss erhält eine neue, abgerundete Akustikverkleidung. Dadurch kann im Saal ein ruhiges Deckenbild mit einer stimmigen Ausleuchtung geschaffen werden. Dank innen eingebauten Fensterläden an der Westseite kann der Raum verdunkelt werden. Es wird eine feste, aber flexibel nutzbare Möblierung eingebaut, dabei wird der Abstand der Parlamentsbestuhlung dem Raster einer zweireihigen Theaterbestuhlung angepasst. Aufklappbare Tischflächen bieten genügend Platz für die Parlamentsarbeit. Für andere Nutzungen können die Arbeitsflächen heruntergeklappt und weitere Sitze ausgeklappt werden. Diese Umnutzung erfordert wenige Handgriffe und keinen betrieblichen Aufwand.
Situation

Situation

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt