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begrenzt offener Wettbewerb nach RAW mit vorgeschaltetem, kombiniertem Auswahl-/Losverfahren | 07/2005

Gestaltung Pumpwerk

2. Preis

FLOSUNDK architektur + urbanistik GmbH

Architektur

  • Mitarbeitende:

    Carolin Fickinger, Bearbeiter: Mario Krämer, Carolin Fickinger, Laurent Goetz

archiscape

Architektur

Erläuterungstext


Entwurfsidee_Das Ruhrgebiet und die Emscherlandschaft sind in hohem Maße durch ihre industrielle Vergangenheit geprägt. Der sogenannte Inselstreifen zwischen Rhein-Herne-Kanal und Emscher ist ein Produkt dieser industriell geprägten und technisch erzeugten Landschaft, dessen Charakter bestimmt wird durch die zwei künstlich angelegten Flussläufen, die von Deichen gesäumt und von linearen Infrastrukturtrassen durchkreuzt werden. Im Zuge des Umstruktierungsprozesses nimmt das Pumpwerk Gelsenkirchen, das in dieser Insellage und an zentraler Stelle innerhalb des Emscher Landschaftsparks entstehen wird, eine richtungsweisenden Rolle für das Projekt Emscher:Wasserkultur ein.
Der vorliegende Entwurf akzeptiert die industriell geformte Landschaft und stellt sie in Bezug zu dem reinen Technikbauwerk der Pumpe: in ihrer Synthese formulieren sie eine Neuinterpretation der Industriekultur, die ihren Niederschlag findet in der neu entstehenden Wasser:kultur.
Die sichtbaren Gebäudeteile des Pumpwerks werden nicht kaschiert oder hinter Kulissen verborgen, sondern Baukörper und Topografie bilden eine gestalterische Einheit. Der notwendige Erdaushub wird Ausgangspunkt für die Schaffung eines landschaftlich-architektonischen Hybrids, der auf selbstverständliche Weise die Zuwegung und Abtrennung der verschiedenen Nutzerströme regelt (Besucherverkehr oben, Zulieferung unten). Das Erlebnis der „Begehung“ des Pumpwerks bleibt nicht den Besuchern der geführten Rundgänge vorbehalten, sondern wird auch für den Außenstehenden unmittelbar erfahrbar durch die ungehinderten Einblicke in das Pumpeninnere und die haptische und sensitive Auseinandersetzung mit dem Thema Wasser.

Einbindung_Städtebaulich nimmt der Baukörper die Körnung der umliegenden Industriebauten auf. Durch die Aufnahme beider Deichkörper in die gewölbte Erdskulptur reicht die Präsenz des Pumpwerks bis an die Kanalufer und ist auch von den gegenüberliegenden Seiten und der Kurt-Schuhmacher-Straße als markanter Angelpunkt der Wasserkultur weithin sichtbar. Dieser wird zu einer unverwechselbaren Attraktion entlang der querenden Rad- und Uferwege, die das öffentlich zugängliche Rasenband erschließen. Die interne Erschließung des Pumpwerks erfolgt über einen Tunnelstich an der Nordostseite.
Landschaftlich vermittelt der Baukörper in seiner zweiseitigen Orientierung als spannungsvolle Klammer zwischen den beiden Wasserwegen. Seine asymmetrische Wölbung schafft einen mit Sitzstufen leicht terrassierten Südhang zum Rhein-Herne-Kanal hin. Der höchste Punkt des Rasenbandes ist dem Emscherkanal zugewandt und ermöglicht durch seinen Rundumblick auch die optische Verknüpfung der Flussläufe und Wahrnehmnung der Insellage.

Baukörper_Wie ein Schmuckstück - ein Armreif - umfasst der Hybrid die Emscherinsel und formuliert einen kontrastreichen Akzent zu der umgebenden Freizeit- und Auenlandschaft im Strom der Bäume, die das Thema der Kohlelagerflächen aufnimmt.
Der Armreif wiederum bildet die Fassung für die räumliche Einheit der Betriebsgebäude aus Pumpwerk sowie Trafogebäude und Lüftungsanlagen, die in zwei Ringen umeinander gelegt als eine prägende landschaftliche Setzung aus der gewölbten Erdskulptur hervortreten. Die begehbare Dachfläche ist öffentlich zugänglich und wird über das Rasenband erschlossen. Von hier aus kann Einsicht gewonnen werden in die Pumpe und ihre Funktion ohne die internen Betriebsabläufe zu stören. Höhenunterschiede und Wasserbarrieren erübrigen die sonst üblichen Zaunanlagen.
Die Identifikation des Bauwerks erfolgt nicht über die Gestaltung seiner Hülle, sondern durch die direkte, räumliche und sensitive Umsetzung seiner Funktion zu der einzigartigen Qualität eines „Wasserkulturguts“.

Wasserring_Durch das Betreten des Wasserringes, auf der „Dachfläche“ der Betriebsgebäude, wird die direkte Verbindung des „Besuchers“ mit neuem „sauberen“ Wasser geschaffen. Der Besucher geht auf einem Wasserfilm, der sich im leichten Fluss befindet. Das Wasser quillt im „Innenbereich“ des Ringes hervor und tritt seitlich über die Kanten, wodurch auch die Seitenfläche durch einen dünnen Film überzogen wird. Die gesamten Oberflächen schimmern bewegt, sie glänzen.
Die benetzte Oberfläche reagiert auf den Rhythmus der Tages- und Jahreszeiten. Durch Verdunstung, Nebelbildung, Wind und Frost erwartet den Besucher ein immer wieder neues, faszinierendes Erlebnis.
Auf dem Wasserring liegen „Tropfen“ auf die man sich setzen und legen darf. Diese Tropfen bestehen aus Wassergefüllten, durchsichtigen Kissen. Man spürt das Wasser unter sich. Jede eigene Bewegung erzeugt eine wellenartige Schwingung im Tropfen.

Besucherpumpwerk, Führungen_Der direkte Besuch der technischen Bereiche ist nur innerhalb geführter Gruppen vorgesehen. Der Zugang hierzu erfolgt über die Werkszufahrt nach Anmeldung. Einblicke zu jeder Zeit werden durch die vielfältigen Blickmöglichkeiten vom Wasserring geboten. Die „Pumpe“ wird von oben in ihrer vollen Größe erlebt und gespürt.

Materialien_Der Wasserfilm fließt über Schalen aus weißem, glatt geschliffenem WU-Beton - ein Symbol für Reinheit, ein wichtiges Element des Emscher-Umbaus.
Im inneren Bereich des Ringes, dem eigentlichen Betriebsbereich des Pumpwerks herrschen klare, technisch einfache Materialien vor: roher Beton, lackierter Stahl. Nichts wird kaschiert, sondern in seiner technischen Qualität gezeigt. Unterschiedlich farbige Tore zu den seitlich angeordneten Betriebsräumen unterstreichen deren Bedeutung.

Wirtschaftlichkeit_Die beim Aushub für das Pumpwerk anfallenden Massen entsprechen nahezu den Massen, die für die Errichtung der geplanten „Inselklammer“ benötigt werden. Auf teures Entsorgen der Erdmassen kann verzichtet werden.
Das durch den Entwurf ermöglichte Nutzen der Umfahrt von zwei Seiten erspart ebenfalls Kosten, die für weitere Befestigungen, Zaunanlagen usw. entstehen würden.
Die bewusste Wahl von Sichtbetonoberflächen sowie das nahezu vollständige Versenken des Pumpwerks innerhalb des Rasenbandes sparen Kosten für aufwändige Fassaden. Diese freiwerdenden Gelder sollten es ermöglichen, das Besucherpumpwerk als Ankerpunkt der Wasserkultur, seiner Bedeutung entsprechend, in der gebotenen Konsequenz entstehen zu lassen.