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Offener Wettbewerb | 04/2016

Neubau Schulhaus Staffeln

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 28.000 CHF

Lütjens Padmanabhan Architekten

Architektur

Waldhauser + Hermann AG

Bauphysik, TGA-Fachplanung

SJB Kempter Fitze

Bauingenieurwesen, Brandschutzplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt Bullerbü stellt grundsätzlich die pädagogische Frage nach einer zukünftigen Schul- und Unterrichtsform. Die Schule als Dorf steht in Anlehnung an einen Roman von Astrid Lindgren als Sinnbild für das städtebauliche Konzept. Die fünf bzw. sechs Baukörper spannen einen Raum in loser Setzung über den ganzen Perimeter auf und bilden durch ihre Ausrichtung einen fliessenden Begegnungsraum in der Mitte. Die Qualität dieses Ansatzes lässt auch in städtebaulicher Hinsicht bereits eine Grundsatzdiskussion zu. Es scheint, als wäre die lockere Art der freien Setzung eine Hinterfragung der heute gängigen Schulmuster und dies in einer so anregenden Art und Weise, dass die pädagogische Phantasie beflügelt wird.

Durch den ganz eigenen Ansatz der Schule als Dorf fällt der Freiraum der Schule auf dem Areal deutlich weniger grosszügig aus als bei anderen Projekten, bietet dafür aber das Potential, eine eigene, dichte und abwechslungsreiche Welt zu schaffen. Auf den Unterlagen wird diese atmosphärisch komplexe Welt noch nicht spürbar, im Text kann man aber die Absicht erkennen. Ein Nachteil dieses flächenkonsumierenden Ansatzes ist die Auslagerung beider Sport- und Bewegungsflächen (Allwetterplatz und Kunstrasenfeld) ins Naherholungsgebiet Staffelntäli, welches dadurch einiges an Charme einbüsst. Ein zusätzlicher Makel ist die Anordnung der Parkplätze westlich der Turnhalle, dort, wo die Verbindung zu den Sportplätzen im Schulalltag intensiv sein wird. Die Flächen, auf denen sich im Endausbau 600 Schülerinnen und Schüler austoben und auch in den Pausen Gruppen- oder Ballspiele machen möchten, sind somit ausserhalb des engeren Schulareals angesiedelt. Auch wenn im „Dorf“ eine hohe Aufenthaltsqualität mit vielen Spielmöglichkeiten geschaffen werden kann, wird dies doch zu Komplikationen im Schulalltag und Pausenbetrieb führen. Der pädagogisch sehr interessante und geschätzte Ansatz scheitert somit daran, dass die im Schulalltag benötigten unterschiedlichen Flächen auf dem hier zur Verfügung stehenden Kernareal nicht geschaffen werden können. Die Terrainanpassungen sind in einigen Bereichen wahrscheinlich über dem baurechtlich bewilligungsfähigen Mass; sie sind allerdings nicht ersichtlich und daher nur schwer einschätzbar und nicht gesichert überprüfbar.

Die architektonische Ausformulierung der einzelnen Schulhäuser folgt konsequent der Grundkonzeption des Entwurfs. Sie ermöglicht den einzelnen Häusern eine individuelle Prägung hinsichtlich der Grundrissorganisation und der Erscheinung der Baukörper. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der ungezwungene Umgang in der Grundrisskonzeption teilweise nicht etwas willkürlich bleibt. Die Ausgangslage ist dennoch positiv zu werten, insofern dass in einem partizipativen Prozess die einzelnen Häuser nahezu massgeschneidert angepasst werden könnten. Dies ist ein impliziertes Versprechen des Projekts. Einzelne Ordnungen in den jeweiligen Grundrissen sind gekonnt auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt, andere werfen durch den grossen Freigeist in der Organisation der Grundrisse die Fragen der innenräumlichen Qualität auf. Als Beispiel kann der Erschliessungsraum der Turnhalle mit dem Saal erwähnt werden. In dieser Art der architektonischen Prägung könnte nur die Untersuchung im Modell die Zuversicht geben. Die Projektverfasser sind sich dieser Arbeitsweise bewusst und stellen verschiedene Modellbilder zur Verfügung. Diese sind von grosser Qualität und lassen ein gekonntes Handwerk der Projektverfasser erkennen. Konsequent werden die Häuser in ihrer äusseren Erscheinung angemessen individualisiert, ohne die architektonische Absicht und Ernsthaftigkeit vermissen zu lassen. Diese basiert durchaus auf einem modernen, wenn nicht postmodernen Ansatz.

Die Organisation der Nutzungen bleibt der Grundkonzeption treu und ist geschickt auf die jeweiligen Häuser verteilt. So wird das Potenzial der Einzelhäuser richtig eingesetzt. Es sind unterschiedliche Schulhäuser möglich, die einerseits stufengerecht organisiert werden und andererseits im Erdgeschoss öffentlichere oder übergeordnete Nutzungen zulassen, die jeweils einen individuellen Bezug zum Aussenraum haben. Der Schulbetrieb war an der Herausforderung interessiert, diese Einzelhäuser zu organisieren und auf den Tagesbetrieb abzustimmen, da darin ein pädagogischer Nutzen erkannt wurde.

Die Etappierung liegt bei diesem Konzept auf der Hand und wird als weiteres Volumen vorgeschlagen. Die Nachhaltigkeit bezüglich einer Nutzungsveränderung in der Zukunft
wurde kritisch beurteilt.

Eine durchaus gewöhnungsbedürftige ästhetische Auffassung liegt dem Projekt in seiner materialisierten und farblich gestalteten Aussenhaut zugrunde. Im Hinblick auf die Ausbildung der Fassaden und Vordächer in Holz stellt sich die Frage, ob die konstruktiven Schwierigkeiten dieser charmanten aber unterhaltsintensiven Lösung bewältigt werden können.

Bezüglich der Wirtschaftlichkeit bzw. Nachhaltigkeit hat das Projekt Meriten. Obschon die Materialisierung in Holzbauweise dem Grundsatz von Minergie-P-ECO folgt, ist die Abwicklung der Gebäudehülle durch die Einzelbauweise höher als bei einer kompakten Schulanlage. Demgegenüber wurde das Projekt durch die einfache Holzbauweise ohne Untergeschoss bezüglich den Baukosten als mittleres Projekt eingestuft. Eine nachhaltige Bauweise und die Frage nach Licht und Luft werden durch die städtebauliche und architektonische Grundanlage eingelöst. Die gesamtheitliche Betrachtung wie auch der Wunsch nach Individualität des Einzelnen und gleichzeitig einer Identität im Gesamten liegen dem Projekt zugrunde.

Den Projektverfasser wird ein grosses Lob für diesen mutigen Projektvorschlag ausgesprochen. Er hat zu einer lebhaften und intensiven Diskussion über die Zukunft der Architektur und der Schule geführt. Auf die dem Wettbewerbsprogramm zugrundeliegende Frage nach der Rolle der Architektur als dritter Pädagoge wurde mit diesem Projekt die interessanteste Antwort erteilt.