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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Neubau der Kindertagesstätte „Kinderhaus Habakuk“ in Friedrichshafen

Modell

Modell

Anerkennung

Sulitze Muñoz Arquitectos

Architektur

Laura Jeschke - ljeschke paisajismo

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHES KONZEPT UND ERSCHLIESSUNG

Die neue zweigeschossige Kindertagesstätte gestaltet sich als ein bumerangförmiges Gebäude, dessen Baumasse sich entlang der Nordost- und der Nordwestseite des Grundstücks konzentriert und dadurch den inneren Bereich vom Verkehr und der bestehenden Bebauung trennt. Das Gebäude öffnet sich einer geschützten Freifläche an der Südseite, zu der visuell auch der erhaltene Bolzplatz und der Mehrgenerationenspielplatz gehören und die sich landschaftlich bis zum Waldrand erstreckt. Der befahrbare Fußweg zum Unterhalt des Mehrgenerationenspielplatzes wird an den östlichen Rand des Planbereiches verlegt.

An der nördlichen Ecke des Planungsgebiets wird ein Vorplatz erzeugt, an dem der Haupteingang der Kindertagesstätte liegt. Durch einen Rücksprung der Fassade wird ein überdachter, wettergeschützter Eingangsbereich geschaffen. Der Vorplatz wird durch einen Fußgängerweg bis zu den Parkplätzen entlang der Lindenstraße geführt. Zur Belieferung der Kindertagesstätte ist eine separate Zufahrt über die Lindenstraße vorgesehen, mit direkter Anbindung zum Küchenbereich. Die gefordeten öffentlichen Stellplätze sowie die zusätzlichen kiss+ride Parkplätze befinden sich nordöstlich des Grundstücks entlang der Lindenstraße, und die überdachten Fahrradstellplätze werden parallel zur nordöstlichen Fassade angeordnet.


ARCHITEKTONISCHES KONZEPT UND RAUMPROGRAMM

Die Kindertagesstätte ist als kompakter Baukörper um ein lichtdurchflutetes Atrium angelegt. Dieser zentral gelegene Raum ist das pädagogische und architektonische Herzstück der Einrichtung. Es dient nicht nur als Verkehrsfläche, sondern bietet auch eine Sichtverbindung zu allen Spiel- und Fachräumen sowie zum Außenbereich. Dies erlaubt, das ganze Haus als Einheit wahrzunehmen, was ein wesentlicher Beitrag zur „Offenen Arbeit“ darstellt.

Die Haupttreppe befindet sich mittig im Atrium unter einem Oberlicht, und verbindet die beiden Gebäudeetagen über einen Luftraum. Die Treppe führt zu einem Podium mit Sitzstufen im unteren Geschoss, der als Zentrum der Verkehrsfläche dient und als Objekt bzw. Spielzeug erlebt wird. In direkter Nähe der Treppe befindet sich die Schmutzschleuse, die als Hauptausgang zum Außenbereich vorgesehen ist. Die Garderoben mit Sitznischen sind zentral im Eingangsbereich angeordnet.

Die Gebäudenutzung reagiert auf die unterschiedlichen Bedingungen von Gartenseite und Straßenseite.

Die Gartenseite orientiert sich zum Süden und verfügt über einen starken Bezug zur privaten Freifläche und zur Landschaft über eine großzügige Verglasung. Alle Spiel- und Fachräume im Erdgeschoss und Obergeschoss werden an dieser Gebäudeseite angeordnet. Eine Loggia, die als zweiter Rettungsweg für das Obergeschoss dient, bietet einen effektiven Regen- und Sonnenschutz und schafft dadurch einen Bereich mit hoher Aufenthaltsqualität an der Südfassade im Erdgeschoss.

Die Straßenseite orientiert sich zum Nordosten und Nordwesten, und beherbergt Personalräume, Schalfräume und Sanitärräume. Diese Räume bekommen eine eher abgeschlossene Fassade mit kleineren Öffnungen.

Das Gebäude verjüngt sich an beiden Enden und schafft dadurch zwei differenzierte Bereiche.

Das westliche Gebäudeende beherbergt die Räume für die U3-Guppen, die einen eher abgetrennten Bereich als sichere Basisstation benötigen und nur bedingt am offenen Konzept teilnehmen. Die Anordnung des U3-Bereiches im Erdgeschoss garantiert eine gute Erreichbarkeit, ohne Nutzung von Aufzug oder Treppe, sowie einen direkten Zugang zum eigenen, geschützten Außenbereich.

Die ostliche Seite des Atriums im Erdgeschoss umfasst die Piazza. Der Essbereich und der Mehrzweckraum sind untereinander und mit der Piazza durch faltbare Trennwände schaltbar. Das Zusammenschalten aller drei Räume erzeugt einen weitläufigen Inneraum, der für Nutzungen wie Feste und Aufführungen zur Verfügung steht und auch einen direkten Bezug zum Aussenbereich durch den Essraum ermöglicht. Vier Räume (Bauen, Tisch- und Brettspiele, Atelier, Rollenspiel) befinden sich in unmittelbarer Nähe und bieten direkte Blickbeziehung zur Piazza.


AUSSENANLAGEN

Die Freianlagen für die Kindertagesstätte sind eine Serie von kleinräumigen Spielbereichen im unmittelbaren Anschluss an das Gebäude vorgesehen, darunter ein Sandspielbereich für die Gruppen U3, eine Sandspielzone mit Matschbrunnen und Findlingen sowie zwei Bewegungsbereiche zum Schaukeln und Klettern für die Gruppen Ü3. Ein durchgehender Bodenbelag fasst die einzelnen Teilbereiche ein und bildet Wegeschleifen zum Befahren mit Spielgefährten in bestehenden Gehölzbestand. In diesem Bereich befinden sich topografische Wiesenflächen und versteckte Spielecken unter dem Baumbestand.

Neue Baumpflanzungen und textile Sonnensegel spenden ausreichend Schatten in den Spielbereichen. Als Fallschutz kommen natürliche Schüttgüter wie Holzhackschnitzel und Rindenhäcksel zur Verwendung. Ein mehrformatiger Betonstein im ungerichteten Verband bildet den durchgehenden Bodenbelag aus.Bei den Neupflanzungen der Gehölze werden bestehenden Arten wie Esche oder Ahorn verwendet, einzelne blühende Bäume ergänzen den Baumbestand. Im Bereich des bestehenden Wäldchens ist die Pflanzung einer abwechlungsreichen Auswahl an heimischen Sträuchern als Anlass zu Beobachtung, Entdeckungen und Spiel vorgesehen.

Alle Einzelbäume und Feldhecken innerhalb des Planbereiches, deren Erhalt im Umweltbericht empfohlen wird, bleiben erhalten und werden im Außenanlagenkonzept integriert. Der südlichen, mit Gehölzen bestandenen Bereich wird naturbelassen gestaltet.


BAUKONSTRUKTION UND MATERIALIEN

Die Kindertagesstätte wird im Holzhybridbauweise umgesetzt. Holz ist nicht nur ein nachwachsender, CO2-neutraler Rohstoff, sondern trägt darüber hinaus zu einer ausgezeichneten Wärmedämmung und einer angenehmen Akustik bei.

Bodenplatte und Pfahlsystem werden als Stahlbetonkonstruktion erstellt. Ab der Oberkante der Bodenplatte sind alle Wände und die Dachkonstruktion als Holzbaukonstruktion, und die Decken als Holzbetonverbunddecken konzipiert, um die Speichermasse zu erhöhen.

Die Außenwände sind als Holzrahmenkonstruktion mit einer gedämmtem hinterlüfteten Fassade mit sägerauer, lasierter Holzschalung ausgeführt. Der Rhytmus der sichtbaren, vertikalen Holzbauteile an der Fassade bestimmt das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes. Als wartungsarme Variante der Fassadenbegrünung werden Rankhilfen aus Drahtseil für heimische Kletterpflanzen wie z.B. Weinreben an diesen vertikalen Elementen befestigt.

Das Gebäude wird großflächig über vertikale Fensterflächen tagesbelichtet. Der außenliegende Sonnenschutz wird als Aluminiumraffstoresystem im Bereich der verglasten Fassadenflächen umgesetzt. Für das zentrale Oberlicht wird ein Tageslichtinletmikroraster verwendet, dass das direkte Sonnenlicht aussperrt, während es das diffuse weiße Tageslicht durchlässt.

Das Flachdach ist extensiv begrünt. Als Fußbodenbelag ist je nach Bereich Linoleoum oder Holzparkett vorgesehen.


ENERGIEEFFIZIENZ

Der Baukörper wird möglichst kompakt geplant um der Transmissionswärmebedarf zu minimieren.

Zur Reduzierung des Einsatzes von fossilen Brennstoffen wird eine Holzpelletsheizung als Wärmeerzeuger vorgeschlagen. Zur besseren Ausnutzung des Brennstoffs sind eine Fußbodenheizung als Wärmeabgabe mit niedriger Systemtemperatur sowie eine Abwärmenutzung vorgesehen.

Zusätzlich kann Solarthermie zur Warmwasserbereitung im Sommer und Heizungsunterstützung in der Übergangszeit eingesetzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich aus städtebaulicher Sicht dadurch aus, dass die wesentlichen Straßenkanten durch das Gebäude aufgenommen werden. Die markante Gebäudeecke ragt erkennbar in den Straßenraum. Gleichzeitig wird dadurch die Eingangssituation betont und somit über einen wohlproportionierten Vorplatz leicht auffindbar. Durch das Heranrücken an den Straßenraum und das gleichzeitige Einrücken der Südostfassade erhält der Freiraum eine großzügige Abgrenzung und eine folgerichtige Orientierung.
Der Baukörper stellt sich kompakt dar und fügt sich durch die Fassadenbegrünung gut in die vorhandenen Freiraumstrukturen ein. Aufgrund der Sonderfunktion als KITA wird der städtebauliche Umgebungsrahmen trotz der Großflächigkeit des Gebäudes nicht gesprengt, die Zweigeschossigkeit fügt sich prinzipiell in die Umgebung ein.
Die großzügige Eingangshalle stellt das zentrale Element des Entwurfs dar und präsentiert sich durch das große Oberlicht hell und lichtdurchflutet. Die Funktionsräume sind um den zentralen Eingangsbereich angeordnet und sind prinzipiell richtig platziert. Eine großzügige Treppenanlage verbindet die beiden Etagenebenen und ist in einen atriumähnlichen Luftraum mit Oberlicht integriert. Im EG ist zentral die Garderobe mit Piazza angelegt, welche mit dem Mehrzweckraum und dem im Osten angelegten Essbereich verbunden werden kann.
Die Fachräume sowie die U3-Räume sind im EG richtig verortet. Schlaf- und Nebenräume sind nach Westen orientiert. Die zentrale Schmutzschleuse schafft die direkte Verbindung zum Außenbereich.
Im OG befinden sich nach Südosten zum Freiraum orientiert vier weitere Gruppenräume. Verwaltung, Zusatzräume und Schlafräume befinden sich im Westen und Norden. Die Eingangshalle setzt sich im OG großzügig fort. Kritikpunkte sind die Garderobe im EG, die eindeutig zu klein ist und die Anordnung einer Mitarbeitergarderobe im OG. Ebenfalls zu knapp dimensioniert sind die WC-Anlagen für das Personal im EG. Insgesamt betrachtet sind die innenräumlichen Qualitäten und das Nutzungskonzept stimmig, allerdings sind die erforderlichen Überarbeitungen ohne wesentliche Eingriffe in die gesamtkonzeptionellen Qualitäten voraussichtlich nicht umsetzbar.
Die Freiräume im rückwärtigen Bereich bieten aufgrund ihrer Großzügigkeit sämtliche Möglichkeiten einer Bespielung. Zu erwähnen ist auch der getrennte Bereich für U3 als besondere Qualität mit der richtigen Verortung in Bezug auf die innere Anordnung. Der naturnahe Bereich im Süden bleibt dabei in seiner Wertigkeit unangetastet.
Das Gebäude ist in Holzrahmenkonstruktion mit hinterlüfteter Holzverschalung und vorgestellter begrünter Fassade konzipiert. Durch die kompakte Form, die Bauweise und die Begrünung leistet die Konzeption einen wertvollen ökologischen Beitrag.
Die Nutzfläche liegt im Vergleich mit anderen Arbeiten im oberen Bereich, was vor allem aus der großzügigen Anordnung des Foyers resultiert.
Zusammenfassend betrachtet stellt die Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Lösungsfindung der komplexen Aufgabenstellung dar. Sowohl das städtebauliche Einfügen als auch die freiräumliche Konzeption mit dem Übergang in den Grünbereich im Südosten sind gelungen. Das architektonische Konzept und die innenräumliche Qualität sind prinzipiell hochwertig. Wesentlicher Kritikpunkt liegt jedoch in der Erfüllung des erforderlichen Raumprogramms, v.a. in Bezug auf die wichtige Größenordnung der Garderobenanlagen. Es ist zweifelhaft, ob dieser Kritikpunkt ohne wesentlichen gesamtkonzeptionellen Qualitätsverlust bewältigt werden könnte.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Perspektive

Perspektive