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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2013

Stadttheater Bern, Studienauftrag Zuschauerbereich

Teilnahme

Blue Architects

Architektur

andrin schweizer company

Innenarchitektur

b+p baurealisation ag

Projektsteuerung

jürg landert gastronomie.konzepte.consulting ltd.

sonstige Fachplanung

Atelier Derrer

Lichtplanung

Timo Kern

sonstige Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfasser attestieren der neubarocken Theaterarchitektur von René von Wurstemberger hohe Qualität, welche grossen Respekt verdient. Das Konzept basiert auf einer einfachen Analyse der bestehenden Raumschichten und sieht im Wesentlichen vier Interventionen vor: Die Umgänge werden auf allen Geschossen von Garderoben und Logen befreit, die Gastronomie neu in den Vorhallen platziert, die Garderoben ins Untergeschoss verlegt und der Theatersaal mit neuen Sitzplätzen versehen.

Die gewünschte Öffnung nach Aussen mit einer entsprechend stärkeren Präsenz im öffentlichen Raum wird mit zwei Massnahmen angestrebt. Mit einer Beleuchtung soll das differenzierte Volumen in der Nacht akzentuiert werden. Zudem werden neue Windfänge vorgeschlagen. Dies ermöglicht die bestehenden Eingangstüren zu belassen, diese jedoch während den Betriebszeiten zu öffnen. Das Einfügen einer zweiten Türschicht aus Glas vermag die postulierte Öffnung auf einfachste Weise zu ermöglichen. Ob dies jedoch mit den, in die Eingangshalle gesetzten, Windfangkörpern oder lediglich mit einer zweiten Türschicht geschehen soll, bleibt zu hinterfragen. Die Funktion eines Windfanges steht mit der angestrebten Öffnung der bestehenden Holztüren in einem Widerspruch.

Die stringente Zuordnung von Nutzungen ermöglicht weitgehend attraktive Publikumsräume. Dank der Neuplazierung der Garderoben werden die Aufenthaltsbereiche in den Umgängen aufgewertet. Das Öffnen der Umgänge zwischen dem 1. und 2. Obergeschoss ergibt einen vertikalen Raumbezug der Aufenthaltsbereiche und stärkt gleichzeitig die bestehende Fassadengliederung. Das Toilettenangebot wird gemäss den Vorgaben wesentlich verbessert.
Die Platzierung der Garderoben im Untergeschoss ist denkbar. Die gewählten Räumlichkeiten sind geschickt gewählt, Eingriffe in die Haustechnik können reduziert werden. Die Platzierung bedingt eine Verlängerung der Publikumstreppen ins Untergeschoss. Die Plausibilität der Platzierung und der Erschliessung wird jedoch durch den Ablauf beim Eintreten geschmälert (hinauf- und hinabsteigen).

Die Raumstimmungen werden folgerichtig aus dem gewählten konzeptionellen Ansatz entwickelt. Die einzelnen Raumschichten sind differenziert der Nutzung entsprechend gestaltet. Grundsätzlich beabsichtigen die Projektverfasser wesentliche Teile der Oberflächen zu restaurieren. Minimale, präzise Interventionen werden als Ergänzungen sichtbar. Die zurückhaltende Umsetzung der notwendigen Eingriffe ist von hoher Qualität. Dieser Haltung widerspricht jedoch sowohl die vorgeschlagene Gestaltung der Wand des Saalkörpers als auch die aus dem Deckenbild hergeleitete Farbigkeit der neuen Bestuhlung. Bei beiden Massnahmen wird die Kohärenz zur architektonischen Grundhaltung vermisst, sie wirken aufgesetzt und weisen eine gewisse Beliebigkeit auf.

Für den Zuschauerbereich wird vorgeschlagen, die bestehenden Sitze weiterzuverwenden, jedoch neu anzuordnen. Neue, raumsparende Klappsitze sind als Zusatzmodul vorgesehen. Aus Sicht der Veranstalterin ist der Ersatz der heutigen Stühle zwingend. Die neue Anordnung der 700 Sitzplätze vermag die Sichtbeziehungen zwar grösstenteils zu verbessern, mit der vorgeschlagenen Anordnung erfolgt jedoch eine Reduktion der Plätze mit den besten Sichtbeziehungen.

Die Mansarde im dritten Obergeschoss bleibt in ihrer Struktur und im Ausdruck als Blackbox erhalten. Die Oberflächen werden erneuert, der Raum mit einer kleinen, mobilen Bühne ergänzt. Das durchgehende Öffnen der Vorhalle wird begrüsst. Für die angestrebte Nutzungsflexibilität fehlen jedoch entsprechende Nebenräume.

Das Gastro-Konzept ist adäquat aus der architektonischen Grundhaltung entwickelt. Drei fix installierte Bars in den Zwischenzonen vermögen den Grundbedarf abzudecken. Zusätzlich erlauben zwei mobile Barelemente im ersten Obergeschoss und im Mansardengeschoss eine flexible Nutzung der Räume. Die benötigten Flächen für Logistikräume und Arbeitsbereiche für die Aufbereitung sind jedoch nicht nachgewiesen.

Die eingereichten Kosten basieren auf einer Grobschätzung mit Detailangaben zu den Anpassungen der Installationen in den Untergeschossen und liegen innerhalb der vorgegebenen Budgets. Mit dem Verlegen der Garderoben in das heutige Lampenlager im Untergeschoss werden Anpassarbeiten an den haustechnischen Installationen notwendig. Die Kosten wurden im Detail kalkuliert und transparent ausgewiesen. Auch in den andern Umbaubereichen - Toilettenanlagen, Mansarde - wird das Anpassen der Haustechnik im Projekt aufgenommen. Die Kalkulation in diesen Bereichen fällt realistisch bis knapp aus. Das Zusatzmodul besteht aus mehreren Teilprojekten. Grundsätzlich wird vorgeschlagen, dass im Projekt lediglich ein Aufräumen und Entstauben vorgesehen ist.

Als Zusatzmodule werden weiterführende Eingriffe wie Ersatz der bestehenden Bestuhlung, eine umfassende Restaurierung der Oberflächen, die Aussenbeleuchtung sowie die Gestaltung der Wand des Saalkörpers vorgeschlagen. Das Projekt „LUCIA“ besticht durch seine Einfachheit und Zurückhaltung. Die architektonische Grundhaltung wird mit präzisen Interventionen qualitätsvoll umgesetzt. Bei einzelnen Vorschlägen wie der Farbigkeit der neuen Sitze, der Gestaltung der Wand des Saalkörpers oder der Reduktion der besten Sitzplätze im ersten Rang wird die sonst ersichtliche Stringenz jedoch vermisst.