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Einladungswettbewerb | 03/2017

Neubau eines Evangelischen Familienzentrums

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Preis

Preisgeld: 5.000 EUR

Mißfeldt Kraß Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau
Der neue Baukörper nutzt die zur Verfügung stehende Grundstücksbreite und entwickelt sich von der vorderen Gebäudekontur des Bestandsbaukörpers ausgehend nach Süden. Er zeigt sich zum Polleyn-Platz zweigeschossig, sein Fußbodenniveau und seine Firsthöhe unterschreiten das Polleyn-Zentrum. Südseitig löst sich im Obergeschoss die Zweigeschossigkeit spielerisch auf. Eine liegende, leicht in den Hang getreppte und sich zum baumreichen Außengelände öffnende Großform entsteht. Gegenspieler der benannten strikten Trennung von Vorn und Hinten ist eine großzügige achsiale Raumabfolge aus Vorbereich - Eingang – Halle – Bewegungsraum und rückwärtiger Öffnung zum Garten. Diese mögliche Durchwegung macht einen wesentlichen Teil der räumlichen Vernetzung mit dem städtebaulichen Raum aus. Hier im Zentrum des Gebäudes, der Eingangshalle, wirken durch die großen, gegenüberliegenden gläsernen Öffnungen das Innen und Aussen, das Vorne und Hinten zusammen. Eine wohltuende Durchlässigkeit entsteht selbst im geschlossen Zustand des Bewegungsraumes. Die gegenläufige Achse in Ost–West-Richtung des Gebäude ist der zweite Teil des Konzeptes eines orthogonalen Achsssystems für effiziente Wege, Orientierung und der Erschließung des räumlichen Umfeldes zu allen Seiten. Alle Zugangsbereiche werden durch erdgeschosshohe Einschnitte gekennzeichnet. Der Baukörper weicht hier etwas zurück und wechselt seine Materialität. Kleinteiligkeit und Differenzierung innerhalb der Großform entstehen und Eingänge erhalten einladende Gesten.

Gestaltidee
Ein steinerner, kubischer Grundkörper, der nach städtebaulichen Kriterien, notwendigen sowie funktionalen Aspekten und gewünschter Formgebung subtraktiv „bearbeitet“ wurde ist der Ausgangspunkt aller gestalterischen Überlegungen. Die „Schnittkanten“ zeigen sich im Obergeschoss als Kontur einer Freifläche auf dem Gründach und reagieren somit auf den Naturaspekt des Außengeländes im Süden. Das spielerische Verspringen von orthogonalen Flächen setzt sich im rückwärtigen Außengelände durch Terrassierungen fort. Im Erdgeschoss wurden große steinerne Anteile entnommen und partiell durch Holzkörper ersetzt. Sie markieren die Hauptaufenthaltsräume der Kinder und prägen den jeweils eigenen Charakter. Das Wechselspiel der räumlichen Charaktere thematisiert sich sowohl in der Außendarstellung als auch im Inneren des Gebäudes. Identifikation und Orientierung kann entstehen. Durch das Einrücken der Holzbaukörper ins Innere und deren feiner Verarbeitung kann die Assoziation an Möbel entstehen. Dieser Eindruck vertieft sich durch die Außenwandgestaltungen im Westen und Süden. Hier bilden verschließbare Außenschränke, neben einem Glasanteil die Fassade des Holzkörpers. Auch die Decken- und Bodenbelege wechseln dieser Logik entsprechend. Die Innenräume werden demnach unterschiedlich klingen und riechen. Unser Ansinnen ist es den Baukörper sinnlich und abwechslungsreich zu erleben. Das Herz des Hauses ist die großzügige Eingangshalle, die bei Bedarf um die Fläche des Bewegungsraumes bzw. um die Außenterrasse bei Festivitäten erweitert werden kann. Von der Küche aus kann über eine Durchreiche in Tresenform die Essen- und Getränkeausgabe stattfinden. Die Halle wird über ein großes Fenster zum Werkraum bereichert. Wir können uns vorstellen, daß hier im Sinne eines Schaufensters auf Regalböden „Kunstwerke“ wechselnd präsentiert werden können. Die Besonderheit eines Ateliers wird aufgezeigt und beiläufig in Szene gesetzt. Während der Steinkörper schmalprofilige Holz-Alu-Fenster erhält, besitzen die Holzkörper Holzfenster. Farblich nähern sie sich an. Im Ganzen bilden Grau-, Braun- und Beigetöne den gewünschten Farbkanon.

Funktionen
Grundsätzlich werden die Kita und der Beratungs- und Fortbildungsbereich durch zwei Ebenen und verschiedene Eingänge von einander getrennt. Eine Ausnahme bilden Personal-WC, Elternsprechzimmer und Mitarbeiterraum der Kita. Durch deren Lage und eine Zwischentür im Flur des Obergeschosses ist dies insofern vorteilhaft, als dass dadurch der wünschenswerte Aspekt des ungestörten Rückzugs möglich wird. Die funktional zusammengehörigen Räume der Kita gruppieren sich zu jeweils einem der vier „Bausteine“. Durch ihre Anordnung bilden sie im wesentlichen Flur und andere Freiräume. Die Gruppenräume sind miteinander koppelbar und jeder erhält seinen eigenen vorgelagerten Lagerraum. Der Flur ist Schmutzzone. Hier sind die Garderoben und der Außenzugang angeordnet. Die Bäder und Schlafräume liegen nordseitig zusammengefasst, Küche und Büro ergeben eine weitere Einheit. Beide Bereiche sind in Stein ausgeführt; Wasser kann hier risikolos genutzt werden. Im Obergeschoss werden Bereiche teilweise zusammengefasst, wie im Raumprogramm beschrieben. Erschlossen werden sie über einen separaten Eingang bzw. einen Aufzug. Je nach Größe reihen sich die Räume mit verschiedenen Anforderungen beidseitig auf. Die Orientierung wird durch ein großzügigen Eingangsbereich gewährleistet. An sinnvollen Stellen gibt es Zugänge zur Dachterrasse mit Aufenthaltsmöglichkeit.

Bauweise und Technik
Die Bauweise ist solide. Massivmauerwerk in gedämmten Hochlochziegeln mit einer Ziegelvorsatzschale. Die Holzbaukörper weitgehend in Massivholz, außen in einem Holzkleid und wettergeschützt zurückspringend. Decken und Böden wirken bauteilaktiv und klimaregulierend, da bis auf wenige Ausnahmen auf Abhangdecken verzichtet werden kann. Die Lüftung ist dezentral angeordnet, weshalb keine Leitungswege mit großen Querschnitten entstehen. Die technisch belüfteten Räume (Bäder, Großräume, Küche) liegen unmittelbar unter bzw. neben den Technikräumen. Zu- und Abluft kann wandintegriert erfolgen bzw. über Dach ohne Leitungsverzug abgeführt werden. Alle anderen Räume werden natürlich belüftet. Der sommerliche Wärmeschutz wird über Vordächer gewährleistet. Der Schallschutz funktioniert über eingehängte Deckensegel, wo notwendig. Die Sohlplatte ist unterseitig gedämmt und wird temperiert. Ein ausgeglichenes Klima und niedrige Unterhaltskosten sind die Folge. Die Räume im Obergeschoss werden über eine Deckenheizung temperiert. Die Option zur Kühlung kann systemintegriert erfolgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Baukörper entwickelt sich aus einer einfachen Geometrie und gewinnt seinen Reiz durch verschiedenen Subtraktionen in der Erdgeschoßfassade (Rücksprünge in Zugangsbereichen) und des gartenseitigen Obergeschosses (Abstaffelung zur Dachterrasse).
Kernstück der inneren Erschließung ist das in den Garten ndurchbindene Foyer, in das allerdings der Bewegungsraum integriert ist. Aus Nutzersicht führt das zu Konflikten, da für diesen eine optische Trennung notwendig ist. Die dargestellte Glasfalttür ist dafür keine akzeptable Lösung.
Im Bereich der Gruppenräume wird die funktionale Zuordnung der Neben-räume kritisiert.
Die räumliche Trennung der Eingänge von Kita und Familienberatung/Diakonie wird positiv gesehen, allerdings ist dabei die Anbindung des Aufzuges im Detail nicht gut gelöst.
Bei dem gartenseitigen Fassadenverlauf im OG und den davor liegenden Dachterrassenflächen könnte die Verknüpfung von innen und außen noch schlüssiger ausgeprägt sein.
Insgesamt sind alle Funktionseinheiten sehr rational und kompakt angeordnet. Das führt einerseits zu sehr günstigen Gebäudekennwerten und beherrschbaren Baukosten, allerdings erscheinen dabei die Verkehrsflächen in Teilbereichen doch sehr minimiert.
Die Fassaden aus Sichtziegeln mit gut proportionierten Fensteröffnungen werden aufgelockert durch zurückliegende EG-Bereiche mit Holzverschalung. Mit diesem einfachen aber konsequenten Gestaltungsprinzip entsteht ein der Bauaufgabe angemessenes Gesamtbild von hoher architektonischer Qualität.
Die Darstellung der Außenanlagen ist bis auf die terrassierten Vorbereiche leider nur sehr schematisch und lässt viele Fragen offen.
Die Arbeit zeigt eine unprätentiöse Lösung und zeichnet sich dabei durch eine souveräne gestalterische Gelassenheit aus. Getrübt wird der Gesamteindruck allerdings durch besonders aus Nutzersicht bestehende Mängel in der Grundrissdisposition.
Obergeschoss

Obergeschoss

Lageplan

Lageplan

Skizzen

Skizzen

Schnitte

Schnitte

Ansichten

Ansichten

Ansichten

Ansichten

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt