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Nichtoffenes Verfahren | 03/2020

Neubau eines Mehrzweckzentrums in Ellmau (AT)

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

Preisgeld: 5.400 EUR

Dietger Wissounig Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Kriterien
Der Bauplatzbefindet sich in unmittelbarer Nähe zum Dorfzentrum der Gemeinde Ellmau in Tirol. Die Dorfstruktur ist geprägt von Einfamilienhäusern und mehrgeschossigen Apartmenthäusern, die den Touristen über das ganze Jahr hinweg Gästezimmer zum Erholungsurlaub in den Bergen anbieten.
Das neue Mehrzweckzentrum wird abseits des geschäftigen Treibens platziert, um den Kindern der pädagogischen Einrichtungen einen ungestörten Platz zum Spielen und Toben zu bieten. Das Gebäude wird als kubischer Baukörper in die bestehende Topografie gelegt, woraus sich zwei voneinander getrennt begehbare Ebenen ergeben, eine Vorplatz- und Eingangsebene sowie eine verkehrsberuhigte und sichtgeschützte Spiel- und Gartenebene.

Verkehrskonzept
Das Verkehrskonzept beruht auf der Prämisse die Sicherheit der Nutzer, im Speziellen der Kinder zu gewährleisten. Die Verortung der Kiss-and-Ride Stellplätze auf dem angrenzenden Parkplatzareal tragen dazu ebenso bei wie die Umsetzung einer verkehrsberuhigten Spielstraße bei der Zufahrt im Norden mit ausschließlichem Rad- und Fußgängerverkehr. Lediglich die Zufahrt zur Tiefgarage und zur bestehenden Anrainerstraße sowie Notzufahrten sollen weiterhin möglich sein. Die Einfahrt auf das großzügige Parkplatzareal erfolgt zukünftig nur über den im Westen liegenden Kreisverkehr.

Öffentliche Zone
Diese konzipierte beruhigte Zone um das Gebäude dient zur Erschließung der Medizinischen Räume und der für das Vereinswesen vorbehaltenen Flächen in der Eingangsebene sowie der Kindereinrichtungen in den Obergeschossen. Die Pufferzone zwischen Gebäude und Parkplatz wird durch Grüninseln gegliedert und als gemeinschaftlicher Vorplatz mit Aufenthaltsqualitäten ausgestaltet. Der im Norden liegende befestigte Vorbereich dient den Vereinen als erweiterte Fläche für Veranstaltungen sowie als Anlieferungszone.

Funktionale Kriterien
Arzt- und Therapieräume sowie die Vereinszone werden barrierefrei erschließbar mit je eigenen Eingängen in der Eingangsebene verortet. Der Zugang zur Tiefgarage und öffentliches WC werden ebenso über eine witterungsgeschütztes Eingangsfoyer erschlossen.
Der Eingangsbereich für die pädagogischen Einrichtungen wird durch einen prägnanten Einschnitt im Nordwesten des L-förmigen Baukörpers definiert und führt über eine großzügige Treppe in die darüber liegende Gartenebene. Die Treppe verknüpft das Eingangsgeschoss mit einer Eingangshalle, die sich in die Zentralgarderobe sowie das in Gartenrichtung orientierte Bistro und das Elternfoyer gliedert. Dieser gemütlich gestaltete Aufenthaltsbereich dient als Begegnungszone der drei Nutzergruppen (Kindergarten, Krippe, Eltern-Kind-Zentrum) und geht fließend in die umlaufenden Bewegungs- und Spielzonen der Pädagogischen Einrichtungen über. Das obere Geschoss mit Kindergarten wird über eine großzügige Spieltreppe angeknüpft.
An die erweiterte Spiel- und Aufenthaltszonen der Einrichtungen sind die einzelnen Gruppen sowie Bewegungs- und Freibereiche angeordnet. Balkone und Fensternischen sowie Sitz- und Verstaumöbel gliedern die lineare Struktur und erzeugen eine helle, freundliche Atmosphäre mit gezielt gesetzten Öffnungen/Abtrennungen und Blickbezügen. Neben den flexibel gestaltbaren Vorbereichen vor den Gruppenräumen dienen großzügige Flächen rund um die beiden Erschließungstreppen als Ausstellungsbereich. Bilder und Werkstücke der Kinder erzeugen dabei einen gruppenspezifischen Wiedererkennungswert und dienen der Identifikation und Identitätsstiftung.
Das Eltern-Kind-Zentrum befindet sich unmittelbar am Eingang im Kopf des Gebäudes und grenzt an die gemeinsam genutzten Gartenflächen an. Über das zentrale Foyer in der Nähe des Bistros werden alle Räume erschlossen und sind untereinander verbunden.

Baukünstlerische Kriterien
Die Gartenebene bildet das Herz des Gebäudes. Durch den L-förmigen Zuschnitt des Baukörpers orientieren sich alle Gruppenräume zu den begrünten Flächen und erhalten so einen starken Außenraumbezug. Durch die Öffnung des Gebäudes in Richtung Südosten erhält die gesamte Fläche ausreichend Tageslicht und gleichzeitig wird der Garten gegenüber den Nachbargebäuden im Norden und Osten abgeschirmt. Die offenen, hellen Räume wirken einladend und fördern das Spielen und Lernen der Kinder. Die Konzeption der Fassade verstärkt dieses Anliegen. Als umlaufendes Holz-Pfosten- und Riegelsystem legt sie sich um das Volumen und bildet im Bereich der Terrassen eine dem Baukörper vorgelagerte Veranda aus. Neben den funktionalen Eigenschaften wie konstruktiver Sonnenschutz und Tragwerk übernimmt sie die Funktion der Überdachung der Terrassen, die zum witterungsgeschützten draußen Spielen einladen. Der hohe Grad an Transparenz ermöglicht dabei ein intensives Erleben der vier Jahreszeiten. Die Veranda dient als Übergang zum Freibereich und wird in einer umlaufenden Pergola fortgeführt. Sie fasst die außenliegende Spielfläche und bietet überdachte Aufenthaltsflächen und Spielterrassen. Der Außenbereich wird durch Spielhügel und Bepflanzung gegliedert sodass eine Landschaft im kindlichen Maßstab entsteht. Die Unterteilung in Kinderkrippe und Kindergarten wird dabei in die Gestaltung integriert.

Dachlandschaft
Die geneigten Dachflächen greifen die heterogene Umgebung auf und überspitzen in Ihrer Ausgestaltung die Formsprache des allgegenwärtigen Satteldachs. Gleichzeitig bilden die verspielten Giebel einen kindlichen Maßstab im Gebäudevolumen und erzeugen in Verbindung mit der Gartenfläche als Herzstück den Eindruck eines kleinen Dorfes.

Ökonomische, ökologische Kriterien
Einem hohen Grad an versiegelten Flächen, der mit dem geforderten Programm einhergeht, kann durch überlegten Einsatz von Hüllflächen, Außenmaterialien und einer kompakten Bauweise entgegengewirkt werden. Der Einsatz ökologischer Baustoffe und ein maßgeschneidertes Gebäudetechnikkonzept tragen wesentlich zu einem angenehmen Raumklima und einer umweltbewussten Umsetzung des Projekts bei. Neben der konstruktiven Holzbauweise kommen naturbelassene, umweltschonende Materialien in der Gestaltung der Fassade und der Innenräume zum Einsatz.
Ein repräsentatives Erscheinungsbild in der Gemeinde und eine offene Grundrissgestaltung zeugen von architektonischer Nachhaltigkeit. Das markante Erscheinungsbild verankert sich schnell in der Blicklandschaft und trägt somit aktiv zur Identitätsentwicklung der Gemeinde bei. Die flexible Raumnutzung lässt eine Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten zu, sodass in Bezug auf zukünftige pädagogische Entwicklungen reagiert und die Nutzung angepasst werden kann.

Raumklima
Durch die innere Organisation des Gebäudes ist es möglich eine gleichmäßige Durchlüftung zu erzeugen.
Um einer sommerlichen Überhitzung entgegenzuwirken kommen zusätzlich zum konstruktiven Sonnenschutz der vorgelagerten Veranda an den großflächigen Verglasungen außenliegende Sonnenschutz-Screens zum Einsatz. Diese sind so konzipiert, dass direkte Sonneneinstrahlung verhindert wird, ohne dabei den Ausblick der Kinder zu stören. Zusätzlich wird über Nachtlüftungsöffnungen ein nächtliches Auskühlen des Gebäudes gewährleistet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein L-förmiger Baukörper, der sich nach Südwesten öffnet und mit einer Art Kolonnade Pergola zu einem geschlossenen Quadrat entwickelt wird, füllt den Bauplatz beinahe zur Gänze aus. Die beinahe festungsartige Konzeption wird als ungewohnte aber in Bezug auf den Kindergarten intime, beschützende Geste gewürdigt. Die Faltdach-Konzeption gibt dem Gebäude einen schlüssigen durch die durchlaufenden Grate und Ichsen nur oberflächlich betrachtet ornamental wirkende Dachlandschaft. Als gröberer Mangel wird von der Jury die Bildung der langen schmalen Gänge zur Erschließung der Kindergartengruppen gesehen. Eine Verbesserung dieses Mangels würde zu einer weiteren Vergrößerung des Gebäudes führen, sodass kein ausreichendes Potential für eine Weiterentwicklung zu erwarten ist. Im Übrigen erscheint die charakteristische geschlossene Konzeption des Gebäudes zu streng für die Umgebung und reduziert den nutzbaren Grünbereich erheblich.
Grundriss OG

Grundriss OG

Ansicht Süd

Ansicht Süd