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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Neues Stefansviertel für die Reformierte Kirche in Zürich Hirzenbach (CH)

Modellfoto

Modellfoto

"Palmarum"

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 29.000 CHF

Knorr & Pürckhauer Architekten

Architektur

GERSBACH LANDSCHAFTSARCHITEKTUR

Landschaftsarchitektur

Ferrari Gartmann AG

Bauingenieurwesen

BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH

Akustikplanung, Bauphysik

Balzer Ingenieure AG

TGA-Fachplanung

enerpeak salzmann ag

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Setzung
Die Altwiesenstrasse bildet eine immer wichtiger werdende, quartierinterne Vernetzungsachse inmitten des im Wandel stehenden Quartiers Hirzenbach. Inmitten dieser Achse wird dem Stefansviertel mit dem benachbarten Stefanshof eine zentrale Rolle im öffentlichen Leben über das Quartier zugeschrieben. Der Baukörper reagiert als Grossform auf die unterschiedlichen Bedingungen des Grundstücks. Die Führung der Strassenräume, das Schaffen einer öffentlichen grosszügigen Eingangssituation und das räumliche Fassen eines rückwärtigen Gartenhofes zeugen von einer gekonnten Quartiersverträglichkeit. Die geometrisch klare Gebäudeform vermag die unterschiedlichen Nutzungen einzuverleiben und lässt eine willkommene Flexibilität sowie Multifunktionalität zu – programmatisch alles unter einem Dach zu vereinen ist zugleich ein Statement an das Programm.

Freiraum
Der kompakte Fussabdruck des Neubaus spielt viel Raum frei. Form und Platzierung des Gebäudes schaffen eine klare Gliederung in eine Platzsituation an der Strasse und den ruhigen Gartenhof. Zwei kraftvolle architektonische Gesten – die kleine Rundung zur Strasse und der weite Bogen zum Garten – prägen diese Freiräume. Die Öffnung nach Aussen ist klar ausgerichtet, es stellt sich jedoch die Frage, was das Vis-à-Vis des Neubaus ist. Der wichtige Bezug zum Stefanshof dürfte etwas deutlicher artikuliert sein. Die Freiraumgestaltung löst das Potenzial der Situation ein: Der Vorplatz erhält mit dem baulichen Brunnenelement eine starke Besetzung; im Vis-à-Vis der Baumgruppe mit dem Brunnen entsteht nicht nur eine angemessene Räumlichkeit und Öffentlichkeit, sondern auch eine stimmige Aufenthaltsqualität. Auf der Gartenseite wird eine überzeugende Gliederung vorgeschlagen. Gebäudenah ist ein erhöhter, befestigter Aufenthaltsbereich mit Sitz- und Nutzungsmöglichkeiten und einer zentralen Baumgruppe vorgesehen. Zur Nachbarschaft hin entsteht mit dem vorgeschlagenen gehölzbestandenen Hof nicht nur eine offene Geste, sondern auch ein wertvoller Grünraum, in den weitere Nutzungsangebote eingebettet sind. Die alte Hainbuche bleibt als Teil dieses Raums erhalten. Die Erschliessung und Anbindung des Hofs an die Umgebung ist überzeugend gelöst. Architektur Zwei Baukörper werden strukturell lesbar mit zwei würdigen Eingängen zu den Wohnungen entlang der Altwiesenstrasse und des Luchswiesenweges gesetzt. Die plastisch geformten Eingansbereiche rhythmisieren den Gebäudekörper und nehmen den Massstab der benachbarten Zeilenbauten auf. In der Gehrung zwischen den flankierenden Baukörpern wird über die Diagonale ein grosszügiger, zweigeschossiger Raum aufgespannt, der einen Durchblick vom strassenseitigen Vorhof, über das Foyer bis hin in den rückwärtigen Gartenhof freispielt. Eine einladende Transparenz bis ins Innere des Areals wird jedoch vermisst. Unterschiedlichen Nutzungen sind an der Fassade ablesbar und werden durch rundherum laufende, horizontale Friese zusammengefasst. Ein ausladendes, dem Grundriss folgendes Dach verbindet die gezackte Geometrie zu einem Ganzen. Einzelne Motive weisen auf den öffentlichen Charakter des Gebäudes hin, konnotieren jedoch auch zu anderen Kulturen. Die Palmenwedel oberhalb der Eingangsbereiche stehen für die bildliche Darstellung des Heiligen Stefans, ähneln aber gleichzeitig an altägyptische Ornamente oder an ein japanisches Katagamis. Die Bemühung, dem Gebäude eine sakrale Ornamentik zu geben wird skeptisch gewürdigt. Eine deutliche Lesbarkeit als Kirche wird vermisst. Die starke Axialsymmetrie verleiht dem Grundriss eine unerwünschte Autonomie. Eine Auflockerung der unnötig strengen Geometrie würde dem Gebäude architektonisch wie auch funktional helfen, das zu werden, was es ist.

Funktionalität
Das zweigeschossige Foyer (Herz) verbindet im Erdgeschoss kreuzförmig die öffentlichen Raumbereiche Auditorium (Lunge) im Norden und Esssaal mit Küche (Magen) im Westen. Gleichzeitig verbindet das zentrale Foyer den Eingangshof mit dem Gartenhof. Vom Foyer aus gelangt man ebenso zu den Raumgruppen in den Obergeschossen. Alle Raumbereiche können separat erschlossen und genutzt werden aber auch eine offene Landschaft bilden. Eine direkte Erschliessung in den Esssaal wird vermisst. Hofseitig bildet die Kapelle geometrisch die Schnittmenge zwischen dem Auditorium und dem Hofgarten und kann als Verbindung zwischen Innen und Aussen von beiden Seiten her erschlossen werden. Skulptural öffnet sich der Raum der Kapelle gegen oben zum Himmel, von wo der Raum durch ein Zenitallicht eine introvertierte, sakrale Note bekommt. Vier Treppenhäuser erschliessen sehr effizient mit je einem 3-4-Spänner die gewünschten 36 Wohnungen in den Obergeschossen. Der Wohnungsspiegel wird eingehalten. Die Verwinkelung der Wohngrundrisse ergibt spannungsvolle Räume mit unterschiedlichen Blickbeziehungen und meist zweiseitigen Ausrichtungen. Die polygonalen Grundrisse der Wohn- und Essbereiche können jedoch die Möblierbarkeit erschweren.

Ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit
Das gesamte Gebäude wird durch Fernwärme versorgt. Eine vollflächige PV-Anlage erzeugt den nötigen Strombedarf. Eine bedarfsgerechte Regelung der öffentlichen Räume erlaubt die verschiedenen Nutzungsszenarien. Die relative Kompaktheit der Grundform ist eine gute Voraussetzung für ein energieeffizientes Gebäude. Vernünftige Spannweiten versprechen eine ökonomische Statik. Holz, Recyclingbeton und Mauerwerk werden als tragendes und raumbildendes Material wirtschaftlich und nachhaltig eingesetzt. Die Oberflächenvergrösserung durch eine grosse Fassadenabwicklung erschwert jedoch die Energiebilanz. Die Polygonalität der Grundrisse sollten verhältnismässig mit der Bauökonomie abgestimmt werden.

Gesamtwürdigung
Palmarum erfüllt die Funktionalität des Programmes gut, einige interne und externe Sichtbezüge werden jedoch vermisst. Die tiefe und präzise Bearbeitung der qualitätsvollen Wohnungen ist vorbildlich und zu würdigen. Leider entspricht die «residenzhafte» Gesamterscheinung nicht den gewünschten Erwartungen – der Erkennbarkeit als Kirche wird zu wenig Rechnung getragen.
Grundriss EG

Grundriss EG

Regelgrundriss

Regelgrundriss