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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Neukonzeption ehemaliges Rathaus und Freianlagen in Egloffstein

2. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

studio ELE

Architektur

Jonas Schäfer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

ZUSAMMEN EGLOFFSTEIN

Im Mittelpunkt des Entwurfes steht die Idee, Egloffstein mit seiner Vielfalt an kulturellen und geschichtlichen Besonderheiten als ein gesamtheitliches Kulturdenkmal zu präsentieren. Mit dem Historischen Rundweg wurde bereits ein attraktives Angebot entwickelt, das durch die geplante Interventionen gestärkt wird. Dem Besucher soll hierbei ein übergreifendes Gestaltungskonzept auf dem gesamten Rundweg mit unterschiedlichen Schwerpunkten begleiten. Im Bereich des Marktplatzes mit seiner hohen Ensemblequalität verdichten sich die signalgebenden Ereignisse und unterstreichen die historische Relevanz. In gleicher Architektursprache wird rückseitig des Pfarrhauses der „Kulturgarten“ ergänzt, der zukünftig den Treffpunkt für Besucher und Einheimische darstellt.

Das Rathaus wird in seiner Substanz behutsam und zugleich signalgebend transformiert: Zur Schaffung eines großzügigen öffentlichen Bereiches wird die Decke zum 1. OG teils rückgebaut und diese Geste auch zum Marktplatz einladend und repräsentativ nach Außen getragen. Der Raum für Touristeninformation und Bistro wird zum hinten liegenden Kulturgarten geöffnet, wodurch vom Marktplatz eine durchgehende Bezugsachse geschaffen wird. Die Wohnungen werden vom bestehenden, nördlichen Eingang erschlossen und erstrecken sich nahezu gespiegelt bis ins Dachgeschoss. Der Schlafbereich im Dachgeschoss wird durch eine Negativgaube im Dach ergänzt, um so einen Austritt zu erzeugen, der die Außenerscheinung des Bestands nicht aufdringlich beeinflusst.

Dem architektonischen Leitbild liegt die Idee zu Grunde, Egloffstein in einer gesamtheitlichen Sprache zu präsentieren. Dafür werden vorhandene, stilprägende Gebäude- und Außenraumelemente aufgegriffen und in eine neue Formensprache übertragen. Insbesondere das Fachwerk mit seiner rhythmischen Erscheinung dient hier als Grundlage: Mit der Stütze wird ein Grundsystem angeboten, an der Informationstafeln, Wegweiser oder Wandelemente für den jeweiligem Themenschwerpunkt ergänzt werden können und so auch in Zukunft je nach Bedarf weitere Elemente ergänzt oder angepasst werden.

Im Außenraum wird in den Nebenflächen ein Kleinsteinpflaster verwendet, in der Fahrbahn ein heller Asphalt. Eine dreizeilige Rinne dient als Führungslinie für den Verkehr. Der gesamte Straßenraum ist ebenengleich ausgebaut, durch die Führungslinien wird der Straßenraum optisch stark verschmälert und über die Nebenflächen ein Ausweichen weiterhin möglich. Das Plateau vor der Tourismusinfo wird größtenteils von seinen Einbauten befreit und zu einem großzügigen Vorhof ausgebildet. Die Statue bleibt erhalten und wird vor dem Gebäude neu inszeniert. Rückseitig entsteht eine großzügige Terrasse auf dem Tiefgaragendach. Der Wanderweg wird über eine großzügige Freitreppe Richtung Burg weitergeführt. Der Höhensprung nach Norden wird durch eine hüfthohe Stützmauer und Böschung abgefangen. Baumsetzungen geben dem Raum Fassung. Nach Westen besteht Anschluss an die historische Treppenanlage.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die VerfasserInnen schaffen mit markanten Eingriffen in das Bestandsgebäude ein gelungenes Ausrufezeichen für die Ortsmitte Egloffstein.

Der neue Treffpunkt wird vom klar definierten Vorplatz durch das Bestandsgebäude zum westlichen Kulturgarten durchgestochen. Hierfür wird das ehemalige Rathaus auf der südlichen Grundrissfläche auf zwei Geschossebenen freigeräumt. Zum Vorplatz entsteht eine prägnante zweigeschossige gläserne Öffnung, die als Geste richtig wirkt, aber in der Ausgestaltung kontrovers diskutiert wurde. Die Baumsetzung vor der Ostfassade steht dem erzeugten Bild entgegen und wirkt fehlplatziert. Zusammen mit den bodentiefen Fenstern der Südfassade lässt sich ein großzügiges lichtdurchflutetes Foyer der Touristeninformation erwarten.

Es entstehen zwei gespiegelte nahezu gleiche Wohngrundrisse über drei Geschosse. Die nahezu vollständige Entkernung der Bestandsgrundrisse im 2. und 3. Obergeschoss wird sehr kritisch und vom baulichen Aufwand als unverhältnismäßig bewertet. Die südliche Negativgaube verändert die Südansicht untypisch für das Ortsbild und wird ebenso hinterfragt.

Die Unterbringung der geforderten Stellplätze in der etwas zurückspringenden Tiefgarage mit nur einer Zufahrt ist gut gelöst und wird sehr begrüßt. Der bauliche Aufwand für den tiefen und großflächigen Eingriff wird in der dargestellten Dimension jedoch kritisch hinterfragt. Die Tiefgarage bildet den Sockel für den Kulturgarten, welcher freiräumliche Gestaltungsqualität vermissen lässt und maßstäblich zu großflächig befestigt ist. Eine Differenzierung der Räume wäre wünschenswert gewesen.

Für den Hybrid-Bau wird ein modularer Gestaltungskatalog in Anlehnung an das ortstypische Fachwerk entwickelt, was im Grundsatz begrüßt wird. Das vorgeschlagene Hybride Zimmer wird richtigerweise davon abgeleitet und als Riegel zur Markgrafenstraße der Tiefgaragendecke aufgesetzt. Die Anordnung und das Ausmaß des als Pergola wirkenden Bausteines wird jedoch hinterfragt. Die städtebauliche Setzung wird dem Anspruch der Einbindung in das Ortsbild nicht ganz gerecht.

Der Marktplatz und Verkehrsraum wird klar auf Fahrbereich und Nebenbereich gegliedert, die untereinander richtigerweise ebengleich ausgebildet werden. Die Setzung wiederkehrender Gestaltungselemente im zentralen Ortsbild wirkt bereichernd, wird jedoch an einigen Stellen in der Positionierung hinterfragt. Die Stellplätze südlich der Markgrafenstraße entfallen für eine geringe Aufenthaltsqualität.

Die Arbeit besticht durch das entwickelte starke Bild des ehemaligen Rathauses vom Marktplatz aus und den ortsprägenden Gestaltungsansatz. In Gänze gelingt jedoch keine angemessene städtebauliche Einbindung und Maßstäblichkeit im neu geschaffenen Kulturgarten.