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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2021

Kultur- und Bildungsforum „Gerhart Hauptmann“ in Erkner

Außenperspektive

Außenperspektive

1. Preis

Preisgeld: 16.500 EUR

ka - keller architekten

Architektur

Erläuterungstext

Wir schlagen vor, das neue Eingangsgebäude des Museums mit etwas Abstand zur Villa Lassen zu errichten, um der besonderen Lage an einem Endpunkt der Haupt-Entwicklungsachse von Erkner angemessen zu begegnen. Der neue, ergänzende Baukörper bündelt die Funktionen des Eingangsbereiches, der Touristeninformation, der Bibliothek und des Cafés im Erdgeschoss. Die Ausstellungsbereiche und die Verbindung zur Villa befinden sich im Untergeschoss.

Obwohl der Eingangsbereich sowohl von Westen als auch Osten zugänglich ist, gliedert der Neubau das Grundstück in eine repräsentative (Stadt-)Seite und eine funktionale: im Osten befinden sich die Parkplätze und die Flächen für das Sommertheater während im Westen die einladende Geste des Skulpturenparks und die Situation der Adressbildung grundsätzlich beibehalten wird.

Im Norden schließt der Neubau mit der Flucht der vorhandenen Wohnbebauungen ab und rückt - ganz im Sinne des typologischen Musters - möglichst nah an den Nachbarn um eine Zufahrt zu erzeugen. Im Süden schlagen wir den Anschluss an die Nachbarbebauung vor, so dass sich einerseits der Park von der Villa zur Allee öffnet und andererseits ein lärmgeschützter Aussenraum auf der Ostseite des Neubaus entsteht, der zum Austragungsort für das Literatur-Sommertheater werden kann.
Entlang der südlichen Grundstücksgrenze schlagen wir eine dichte Schilfpflanzung vor welche als Sichtschutz zum anschließenden Gewerbehof dient und zugleich einen Hinweis auf Gerhart Hauptmanns spätere Heimat auf Hiddensee gibt.

Der Neubau besteht oberirdisch aus einem eingeschossigen Langhaus mit Satteldach, welches nach Norden einen Walm aufweist um die Dachneigungen der Nachbarbebauung als verbindendes Element zu nutzen. Das Gebäude ist mit einem offenen Lattenkleid aus thermobehandeltem Eschenholz überzogen. Die Oberfläche des Holzes soll nahezu verkohlt sein und dadurch einen Bezug zu Hauptmanns Werk „Vor Sonnenaufgang“ herstellen, welches in Erkner entstanden ist. Dieses Lattenkleid soll auch die meisten Fensterflächen überdecken, wenn auch mit größeren Zwischenabständen. Nur die beiden Eingangsbereiche sind von Holzlatten freigehalten.

Die Eingänge führen in eine große Halle, welche nur durch wenige Einbauten gegliedert wird. Hier befinden sich die Touristeninformation, der Eingang zur Bibliothek, der Zugang zum Café und natürlich die Museumskasse in Kombination mit einem Verkaufsangebot.
Zur Ausstellung im Untergeschoss gelangen die Besucher über Treppe und Fahrstuhl aus dem Eingangsbereich. Zur Rechten befinden sich Spinde, WCs und die Garderobe für größere Veranstaltungen. Darüber hinaus wird der Lager- und Archivbereich von dort erschlossen. Zur linken Hand befinden sich der Zugang zur Dauerausstellung sowie der durch Wandelemente gliederbare Sonderausstellungs- und Veranstaltungsbereich.
Die Dauerausstellung gliedert sich wiederum in drei Bereiche: im ersten Bereich, unmittelbar nach dem Treppenantritt, könnten die Herkunft und Jugendjahre von Gerhart Hauptmann vermittelt werden. Dieser Bereich liegt direkt an einem Lichthof. Im Anschluss an diesen ersten, didaktischen Teil erfolgt der Übergang in die Erdgeschossflächen der Villa, welche dem Leben und Wirken von Hauptmann am authentischen Ort gewidmet sein könnten. Abschließend verlässt man den Dauerausstellungsbereich durch die Südseite des Lichthofes. Hier könnte das Thema „Ruhm“ untergebracht sein, mit dem der Besuch der Dauerausstellung seinen Abschluss findet.

Von hier aus bieten sich zwei Möglichkeiten: zum einen der Besuch des Cafés durch die Nutzung der südlichen Fluchttreppe oder aber der Besuch des Wechselausstellungsbereiches. Letzterer kann durch ein variables Schiebewandsystem auch für Veranstaltungen hergerichtet und/ oder parallel zur Dauerausstellung genutzt werden.

Der gesamte Neubau ist zum unsichtbaren Anschluss an die Villa und der einzurichtenden Funktionen ca. 4,5 m tief im Erdboden eingegraben. Dieses befördert nicht nur die Konzentration der Besucher auf die Ausstellung und deren Exponate sondern sie schafft auch günstige Klimabedingungen für die Archive und die Ausstellungsgegenstände. Damit die Dauerausstellungsflächen in der Villa Lassen angeschlossen werden können, schlagen wir die Vertiefung der Fundamentbereiche sowie die Etablierung eines neuen Treppenhauses samt Aufzug in der Villa vor.

Das Untergeschoss ist als klassischer Massivbau vorgesehen. Zum Lichthof sollen großzügige Fensterflächen angelegt werden, welche aufgrund der voraussichtlichen Lichtverhältnisse keine Verschattung erfordern, und dennoch einen hellen Mittelpunkt für die Ausstellungsbereiche ausbilden.

Das Obergeschoss des Neubaus besteht aus einem zurückhaltend gestalteten Anschlussbau im Süden mit Oberflächen aus Strukturputz. Der eigentliche Haupt-Baukörper soll oberhalb des Kellergeschosses möglichst weitgehend aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt werden. Holzoberflächen sollen innen und aussen dominieren. Die Tragkonstruktion ist als Brettschichtholz-Dreigelenkrahmen vorgesehen.

Aufgrund der Lage der Archiv- und Ausstellungsräume im Untergeschoss sind vergleichsweise konstante Temperaturen einfacher herzustellen als in einem oberirdisch angeordneten Geschoss. Eine direkte Belüftung der Ausstellungsbereiche ist in Abhängigkeit zum Ausstellungskonzept zu prüfen, ist jedoch durch die zentrale Lage des Lichthofes gut herstellbar.

Insgesamt ist eine hohe Wirtschaftlichkeit der Räume im Betrieb zu erwarten. In der Bibliothek sowie den anderen, erdgeschossigen Bereichen sollen Strahlungsheizungen zur gezielten Erwärmung genau definierter Flächen eingesetzt werden um die allgemeine Temperatur des Bauwerkes niedrig und damit die Bewirtschaftungskosten ebenfalls niedrig zu halten. Das relativ große Raumvolumen sowie eine Entlüftung über ein zentrales Oberlicht fördert sowohl die Pufferung von Wärme- und Feuchtespitzen in der Nutzung und ermöglicht prinzipiell eine natürliche Belüftung. Zudem reduziert das Oberlicht den Bedarf an künstlicher Beleuchtung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche und architektonische Qualität
Der Entwurf überzeugt durch die Solitärstellung des Ergänzungsbaukörpers, der abgerückt von der Villa nur durch ein Untergeschoss mit dieser verbunden ist. Die völlige Freistellung des denkmalgeschützten Bestandsgebäudes prägt den Entwurf und gibt der Villa die Eigenständigkeit der originalen Struktur zurück. Eine besondere Qualität liegt in der städtebaulichen Figur. Durch die leichte Verdrehung aus dem 90° Winkel zur Villa Lassen öffnet sich das Ensemble dem Besucher mit einer einladenden Geste und der Zugang vom Vorplatz wird dadurch deutlich markiert. Gleichzeitig wird die Qualität des Außenbereichs östlich des Gebäudes aufgewertet, eine zweite Platzsituation entsteht. Das Sommertheater erhält eine repräsentative Verortung und eine wertvolle Freifläche für Veranstaltungen und Gastronomie, durch den neuen Baukörper wird es zudem besser vom Straßenlärm abgeschirmt. Das durchgesteckte Eingangsfoyer verbindet mit einem zweiten, gleichwertigen Zugang von der Ostseite gelungen die Außenräume. Der Neubau zeichnet sich in Form, Material und Konstruktion durch eine hohe architektonische Qualität aus. Mit einer selbstbewussten, klaren und eigenständigen Sprache bildet er ein kraftvolles Gegenüber zur Villa. Die ruhige, zurückhaltende Formensprache ist prägnant und identitätsstiftend. Positiv bewertet werden auch die Sichtschutzelemente aus Schilfrohranpflanzungen zum Nachbargrundstück. Diese einfache aber wirksame Maßnahme erzeugt zusammen mit den Geländern um den Lichthof einen dezenten und gleichzeitig auch wahrnehmbaren Zusammenhalt des Ensembles.
Umsetzung des Raumprogramms
Die Eingangssituation ist gut gelöst und die Anordnung von Bibliothek, Shop und Gastronomie im Erdgeschoss schlüssig. Kritisiert wird, dass die Bibliothek sich von den anderen Bereichen stark isoliert. Der Veranstaltungsraum/die Fläche für Wechselausstellungen im Untergeschoss erhält nur wenig natürliche Belichtung, dies wird für die Nutzung für Veranstaltungen als nachteilig bewertet, da ein erhöhter Aufwand für Belüftung und Beleuchtung zu erwarten ist und die Raumqualität gemindert wird. Die Wegführung der Ausstellung wird kontrovers diskutiert. Die Inszenierung der Dauerausstellung entlang des Lichthofes wird als besondere Qualität wahrgenommen, wobei aber auch in Frage gestellt wird, ob die Überlagerung von Weg und Ausstellungsfläche in den schmalen Räumen gut funktioniert. Der Übergang über das wenig belichtete Treppenhaus in den Altbau könnte eine spannungsreiche Inszenierung sein, muss allerdings angemessen ausgeführt werden. Positiv wird bewertet, dass die Wegführung einen zusammenhängenden Rundgang durch Alt- und Neubau ermöglicht und dem Besucher damit eine klare Orientierung bietet. Der Lichthof wird als besondere räumliche Qualität bewertet, muss aber als Außenraum, der öffentlich einsehbar ist, geschützt und dauerhaft gepflegt werden, um attraktiv zu sein. Das Ensemble von Alt- und Neubau bietet trotz der Separierung der Gebäude auf der Erdgeschossebene ein multifunktional nutzbares Raumprogramm.
Umgang mit der denkmalgeschützten Bausubstanz
Der Entwurf zeichnet sich durch einen respektvollen Umgang mit der Bausubstanz aus und verbessert durch die Freistellung den aktuellen Zustand des denkmalgeschützten Bestandsbaus. Der Eingriff für das neue Treppenhaus und die Unterfangung des Altbaus an dieser Stelle ist umfangreich, bietet aber den Vorteil, dass an anderer Stelle keine weiteren relevanten Eingriffe in die Substanz vorgenommen werden müssen. Die Bestandstreppe und der Anbau bleiben erhalten. Das Raumprogramm in EG und OG wird nicht verändert, der Brandschutz ist daher ohne weitere bauliche Eingriffe erfüllbar. Der neue Aufzug ermöglicht einen barrierefreien Zugang aller Etagen.
Materialität/Nachhaltigkeit
Hervorstechendes Merkmal ist die Holzstruktur der äußeren Fassadenebene aus thermobehandeltem Eschenholz und damit das insgesamt schwarze Erscheinungsbild. Durch den Einsatz dieses Materials hebt sich das Gebäude markant von der Umgebung ab und setzt ein deutliches Zeichen für Innovation und Modernität. Die oberirdischen Gebäudeteile sind in Holzbauweise konstruiert, somit wird ein nachhaltiges Material für Konstruktion und Fassade gewählt.
Wirtschaftlichkeit
Die Kosten sind im mittleren Segment und stehen in einer angemessenen Relation zu dem relativ hohen Bruttorauminhalt.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Untergeschoss

Untergeschoss

Schnitt AA

Schnitt AA

Besucherführung

Besucherführung

Präsentationsplan

Präsentationsplan