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Offener Wettbewerb | 12/2022

Neues Theater Luzern (CH)

1. Rang / 1. Preis / Zur Weiterbearbeitung empfohlen

Preisgeld: 90.000 CHF

Ilg Santer Architekten

Architektur

koepflipartner

Landschaftsarchitektur

Alea Baumanagement AG

sonstige Fachplanung

Fürst Laffranchi Bauingenieure

Bauingenieurwesen

Vadea AG

TGA-Fachplanung

Bühlmann Engineering AG

Energieplanung

Müller-BBM Building Solutions GmbH

Akustikplanung

volkartundrichard

sonstige Fachplanung

Büro für Nachhaltigkeit am Bau Stefan Schrader AG

BIM-Management

Makiol Wiederkehr AG

Brandschutzplanung

BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH

Bauphysik

Theaterplanung GmbH

Sonstige

Erläuterungstext

Obwohl zahlreiche, tiefgreifende Eingriffe in die Bausubstanz das Theatergebäude verändert haben, hat das Theater seinen identitätsstiftenden Wert für Luzern nicht verloren. Architekturgeschichtlich ist die Aneignung von Spolien zur Schaffung und Bewahrung von Identität verbürgt. Das Projekt integriert mit der Spolie vom Stadttheater Luzern die Geschichte und schreibt diese im Neuen Luzerner Theater als Identitätsstifter weiter.
Altbau und Neubau ergänzen sich zu einem Zusammenbau. Die volumetrische Gliederung des gemeinsamen Gebäudevolumens fügt sich harmonisch in den „Prospekt“ zur Reuss ein. Das Weiterbauen vereint Betrieb, Nachhaltigkeit, Denkmalpflege und städtebauliche Identität Hand in Hand. Der Altbau nimmt ein Drittel des oberirdischen Volumens des neuen Theaters auf, die substantielle Einsparung an grauer Energie ist aus Nachhaltigkeitsüberlegungen gewichtig.
Im Innern setzt sich das Weiterbauen fort. Der Zuschauerraum des alten Stadttheaters wird als vertikales Foyer zum Herz des neuen Theaters. So bleibt er im Gedächtnis der Stadt als lebendiger Raum erhalten. Foyer und die Säle öffnen sich zur Stadt. Das Neue Luzerner Theater wird so offen, öffentlich und als Ganzes erlebbar sein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt ‘überall’ verfolgt den zeitgemässen Ansatz des Weiterbauens anstelle eines Neubaus und trägt damit wesentlich zur Bewahrung der Identität von Theater und Ort bei. Das Theatergebäude von 1839 wird dazu mit einem Anbau Richtung Jesuitenkirche erweitert. Dieser Anbau gliedert sich in drei Volumen; einen liegenden, flachen Baukörper, welcher die Basis bildet und zwei stehende Körper, welche diesem an-und aufgesetzt werden. Das Resultat ist eine spannungsreiche und eigenständige Komposition, welche sich durch die austarierte Gliederung gleichzeitig sehr gut in den gebauten Kontext einfügt und eine differenzierte Abfolge von Bauten mit altem Theater, Erweiterung und Jesuitenkirche erzeugt. Während zum Fluss hin eine Schauseite ausgebildet wird, sucht das Projekt zum Stadtraum hin die Abstufung in die Tiefe, den Bezug zum Kontext und die Integration in die Dachlandschaft.

Der Entscheid zum Erhalt des Theaters führt im Innern zu einer kompletten Neuprogrammierung und Organisation desselben; der ehemalige Zuschauerraum wird zum mehrgeschossigen Foyer und dient als eindrücklicher Auftakt des Theatererlebnis und als Zugangsraum zu den drei Sälen. Auf Erdgeschossebene befindet sich direkt an das Foyer angrenzend der Haupttheaterraum. Diese Lage ermöglicht einen ebenerdigen Zugang von Aussen - sowohl für den Zuschauerraum wie auch für die Bühnenbereiche – und bietet damit viel Potenzial für Bespielungen und Nutzungen, welche über den herkömmlichen Theaterbetrieb hinaus gehen. Die ehemalige Theaterbühne im Altbau wird zu einer experimentellen Studiobühne ausgebaut und ist ebenfalls über das neue vertikale Foyer zugänglich. Auf der obersten Foyer-Ebene gelangt man in den alles überragenden, mittleren Saal mit Ausblick auf Reuss und Stadt.

Auf der Erdgeschossebene erfolgt der Zugang zum Theater über die bestehende Hauptfassade entlang der Reuss oder über die Seiteneingänge von der Buobenmatt oder der Theatergasse. Die allseitige Orientierung dieses ‚Foyer public‘ verspricht eine gute Anbindung an den Stadtraum und begünstigt die Nutzung desselben auch ausserhalb der Spielzeiten. Die Anlieferung für den Theaterbetrieb erfolgt südlich aus Richtung Hirschengraben. Ein direkter Zugang zur Hinterbühne von der Seite Jesuitenkirche erhöht die Zugänglichkeit der Hauptbühne zusätzlich. Durch eine grosse, ebenerdige Öffnung Richtung Fluss kann auf Wunsch eine räumliche Beziehung zwischen Promenade und Theaterraum hergestellt werden.

Ebenfalls wichtig für den Austausch zwischen Theater und Stadtraum ist die im Neubau untergebrachte Café-Bar Richtung Reuss. Die bestehende zweireihige Baumallee entlang der Reuss wird bis zur Jesuitenkirche weitergeführt. Die Fassade des Cafés lässt sich zum Aussenraum hin grossflächig öffnen und der Bereich zwischen Gebäude und Allee kann als Aussenterrasse des Cafés genutzt werden.

Der grosse Konzert- und Theater-Saal ist ein klassischer Rechteckraum für 600 Besucher und bietet mit in der Höhe gestuften Zuschauerreihen ideale akustische Voraussetzungen und Sichtlinien zur Bühne. Mit Hilfe eines mechanischen Saalkonvertierungssystems lässt sich der Saal ausserdem ohne grossen Aufwand mit den Hinter- und Seitenbühnen und dem Foyer zu einer zusammenhängenden und multifunktional bespielbaren Fläche transformieren. Diese grosse ebenerdige Veranstaltungsfläche bildet ein grosses Potenzial für vielfältige Nutzungen über den klassischen Theaterbetrieb hinaus.

Das neue Theater ist geprägt von der Hauptfassade zur Reuss mit den drei giebelständigen Volumina: der Altbau mit Risalit, der schwebende Mittlere Saal und der vorspringende Bühnenturm des grossen Saals. Die Fassade des Neubaus ist der introvertierten Nutzung entsprechend mehrheitlich geschlossen. Einzelne grosse ‚Stadt-Fenster‘ geben jedoch Einblick in das Innere des Theaterschaffens: Sowohl beim mittleren wie auch beim grossen Saal kann so der Theaterbetrieb nach aussen getragen werden oder das Stadtleben ins Innere gelangen. Die Fassadenhaut besteht aus einer weissen, geschuppten Verkleidung aus unterschiedlich reflektierenden Metallplättchen. Sie bezieht sich damit auf den hellen Farbton des alten Theaters und der Jesuitenkirche und erzeugt gleichzeitig die festliche Stimmung eines paillettenartigen Fassadenkleids. Es gelingt den Verfassenden mit ihrem Projekt ‚überall‘ auf überzeugende Art, Alt und Neu miteinander zu verbinden und aus diesen unterschiedlichen Fragmenten ein neues Ganzes entstehen zu lassen.

Gleichzeitig schaffen sie mit ihrer Vision des ‚open space‘ Theaters ein zukunftgerichtetes Gebäude, welches als ganzes Haus bespielbar ist und das Potenzial hat, den Stadtraum miteinzubeziehen. Das neue Luzerner Theater versteht sich als ein Haus für alle und richtet sich damit an eine breite Bevölkerung. Durch die geschickte Anordnung der Säle und das räumlich verbindende und einprägsame Element des vertikalen Foyers erreicht das Projekt eine hohe gestalterische Eigenständigkeit und erzeugt gleichzeitig grösstmögliche Freiheiten für einen innovativen Theaterbetrieb. Durch die präzise äussere Gliederung des Theaters wirkt das Gesamtvolumen trotz seiner Grösse am Ort gut verträglich und pflegt einen respektvollen Umgang mit der denkmalgeschützten Jesuitenkirche und dem gesellschaftlich geschätzten historischen Theaterbau.
Blick vom Reussufer auf das Neue Luzerner Theater

Blick vom Reussufer auf das Neue Luzerner Theater

Bühne, Blick ins Publikum

Bühne, Blick ins Publikum

Schnittperspektive

Schnittperspektive