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Einladungswettbewerb | 10/2021

Neubau Gemeindehaus mit KITA „Zum Guten Hirten“ in Stuttgart-Stammheim

ein 3. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Wolfgang Helmle

Architektur

Erläuterungstext

Der Neubau des Gemeindezentrums und Kindertagesstätte zum Guten Hirten wird in einer heterogenen Stadtlandschaft auf einem beengten Grundstück entstehen. Er lehnt sich mit zwei ruhigen Baukörpern an die bestehende Kirche. Das neue Gemeindezentrum tritt an Stelle des Seitenschiffes östlich als eingeschossiger Bau auf. Zur Herbertstraße und zum Vorplatz hin ist der Baukörper 1 1/2 geschossig und bildet so eine klare Kante zum Stadtraum. Gleichzeitig bildet er eine einladende Geste zum Vorplatz hin aus. Der Baukörper der Kindertagesstätte und der Jugendräume legt sich als 3 geschossiger Bau an die nördliche Giebelfläche der Kirche. Ein Laubengang weicht im Norden den Baukörper und die Grenze zwischen Innen und Außen auf.
Durch die verschiedenen Höhen zeichnen sich die Funktionen ab: Kindergarten mit Jugendräumen, Gemeindesaal und Bewegungsraum mit Foyer. Bereits vom Kirchplatz ist der Eingang des Gemeindezentrums sichtbar. Die Besucher:innen werden über den Kirchenvorplatz, zwischen Kirche und Pfarrhaus zum Neubau aus Gemeinde-haus und Kindergarten geleitet. Vom gemeinsamen zentralen Haupteingang aus werden die unterschiedlichen Nutzungsbereiche erschlossen.
Das Seitenschiff der Kirche wird abgerissen, wodurch der Kircheninnenraum eine klare, gefasste Form erhält und die Erschließung des Gemeindehauses über den Kirchenvorplatz möglich wird. Es entsteht ein Ensemble aus Kirche und Neubau, wobei sich der Neubau in seinem Ausdruck vom Bestand abgrenzt, gleichzeitig aber einzelne Referenzen wie Farbigkeit, Tragwerk und Fassadengliederung von diesem aufnimmt. Das Raster der Kirche wird im Neubau übernommen. Daran orientiert sich die Gliederung des Gemeindesaales und des Bewegungsraumes.
Beide Gebäudeteile sind jeweils entlang einer Erschließungsachse orientiert, um welche sich die Räume organisieren. Im Gemeindezentrum liegt diese parallel zur Kirche, im Kindergarten orthogonal dazu. Auf diese Weise entsteht eine Zuordnung des Gemeindehauses zur Kirche und eine Distinktion des Kindergartens. Die Erschließungsachse des Gemeindezentrums weitet sich an zwei Stellen und dient dort dem Ankommen, Orientieren und Verteilen. Vom Foyer gelangen aus gelangt man in den Gemeindesaal und den Gruppenraum. Die Küche öffnet sich. Die zweite Weitung – der Eingangsbereich des Kindergartens – dient diesem als Verteiler in die Krippe, Kindertagesstätte und den Mehrzweckraum. Durch seine Lage am Eingang des Kindergartens mit dem Büro der Leitung ermöglicht er ein geordnetes Ankommen und Abholen für Eltern und Kinder. Im Kindergarten ist die Erschließungsachse orthogonal dazu. Um sie organisieren sich die Gruppen-, Bildungsräume mit vorgelagerten Garderoben, sowie Sanitär- und Schlafräume. Der Essplatz ist zweigeschossig. Der Windfang führt direkt zum Spielbereich und nimmt ebenfalls Graderoben auf.
Der Mehrzweckraum, der Gemeindesaal und der Gruppenraum können durch eine mobile Trennwand miteinander verbunden werden und bilden so einen großzügigen Raum. Entsprechend der öffentlichen Funktion weitet sich dieser Bereich durch großflächige Fenster zur Straße.
Die Gruppenräume des Kindergartens, jeweils angrenzend an die Spielflächen, sind durch große bodentiefe Öffnungen sehr hell und freundlich. Geschlossene Wandscheiben bieten Schutz und Stellflächen. Der Laubengang erweitert die Gruppenräume nach außen und dient auch als Spielzone.
Der Jugendbereich ist durch den Haupteingang zugänglich, wir aber auch durch einen eigenen Eingang im UG erschlossen. Die Kegelbahn bleibt erhalten und wird in den Neubau integriert. Der Jugendbereich verfügt über einen eigenen Außenbereich.
Das Untergeschoss des bestehenden Gemeindehauses wird zu Teilen erhalten und in den Neubau integriert, wodurch graue Energie eingespart wird. Der Neubau ist ausschließlich in Holzbauweise und mit nachwachsenden Rohstoffen konstruiert. Die Dächer sind als Retentionsdächer begrünt und bieten Platz für die Installation von Photovoltaikanlagen zur Kompensierung des Energieverbrauchs.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen eine Bebauung an der nordöstlichen Grundstücksfläche vor. Durch eine Höhenstaffelung der Gebäudekörper werden die unterschiedlichen Funktionen von außen ablesbar. Der dreigeschossige Teil mit Jugendräumen und Kindertagesstätte bildet an der Ecke Erdmannhäuserund Herbertstraße einen städtebaulichen Schwerpunkt. Trotz dieser Dreigeschossigkeit bleibt der Neubau in seiner Erscheinung angenehm zurückhaltend gegenüber dem bestehenden Kirchengebäude. Allein die Anbindung des neuen Baukörpers an die nordöstliche Fassade des Altarraums lässt ein gewisses Feingefühl vermissen. Positiv fällt auf, dass es den Verfassern offensichtlich mühelos gelingt, das Erdgeschossniveau des Neubaus auf die Höhe des Kirchenraums zu bringen, was eine durchgängige Barrierefreiheit auf dieser Ebene zur Folge hat. Der Kirchvorplatz findet seine Fortsetzung im Vorplatz des Neubaus, der auch von der Herbertstraße erschlossen wird. Alle Nutzerinnen und Nutzer werden durch einen gemeinsame Eingang empfangen. Das großzügige Foyer erschließt alle Räume des Gemeindehauses und bietet eine direkte Verbindung zum Kirchenraum. Diese Anordnung ermöglicht unterschiedliche Veranstaltungsformate unter Gewährleistung von kurzen Wegen. Weniger geglückt erscheint die Erschließung der KiTa-Räume durch eine Abfolge von zwei Foyers und zwei Fluren. Die Wegeführung entlang verschiedener Abstellräume und durch ein innenliegendes Foyer ohne Tageslicht erscheint wenig attraktiv. Um den Raum für Kinderwagen zu erreichen, muss eine lange Strecke zurückgelegt werden, was eine erhöhte Verschmutzung der Erschließungsflächen erwarten lässt. Die gewünschte Zusammenschaltbarkeit von Gemeindesaal, Gruppenraum und Mehrzweckraum ist äußerst gelungen.
Die Aufteilung der Kita-Gruppen Ü3 im EG und U3 im OG entspricht den Vorstellungen des Auslobers. Die Anordnung der Räume ist funktional. Trotz der Lage im Norden des Grundstücks erhalten alle Gruppenräume Tageslicht von Osten oder Westen. Die Beschränkung des Kita-Betriebs über zwei Geschosse erleichtert die täglichen Abläufe. Einzig hauswirtschaftliche Nebenräume sind im UG untergebracht. Die Außenspielfläche für beide Bereiche (U3 und Ü3) ist zu gering bemessen. Nicht nachvollziehbar ist im EG der Bezug auf die ehemaligen Außenabmessungen des noch bestehenden Untergeschosses, welches aber zumindest in Teilen abgebrochen werden soll. Die Nutzung der Dachterrasse im OG für die Krippenkinder gewährleistet zwar einen geschützten Raum, wobei die zu gering bemessene Fläche hier nicht erweitert werden kann. Die Jugendräume in UG bieten die gewünschte separate Erschließung und separate Lage. Eine barrierefreie Verbindung zu den Gemeinderäumen im EG ist allerdings nur durch das Foyer der Kita möglich. Hinterfragt wird das Belassen der vorhandenen Kegelbahn, was eine unnötige Erhöhung der Gebäudekubatur bedingt und tragwerkstechnisch nicht unbedenklich erscheint. Die Fassadengestaltung lehnt sich im Duktus an die Gestaltung der Pfarrkirche an, lässt aber eine zeitgenössische Eigenständigkeit etwas vermissen. Die vielfältigen funktionalen Anforderungen der Auslobung wurden hier großteils unprätentiös gelöst. Hinsichtlich der Anbindung an das Bestandsgebäude, der Erschließung der Kindertagesstätte und der äußeren Gestaltung bedarf es noch weiterer Überlegungen. Teile des bestehenden Untergeschosses werden erhalten und mit zwei neuen Geschoßen in Holzbauweise überbaut. Auf Grund der Bauzeit und der Lastsituation im Bestand erscheint die Überbauung mit mehr als einem Geschoß nicht sinnvoll umsetzbar. Die Holzdecken sind als Rippendecken (Hohlkastenelemente) mit 200 mm Dicke bei einer Spannweite von bis zu 7m zu schlank angegeben, aber grundsätzlich sinnvoll. Vorteilhaft wird die Integration der Akustik, der Schüttung und der technischen Leitungen beim vorgeschlagenen Deckensystem beurteilt. Das Tragkonzept ist zwar nur teilweise erkennbar, aber erscheint mit den genannten Einschränkungen umsetzbar. Der Entwurf verfügt über eine durchdachte brandschutztechnische Konzeption mit Abschnittsbildung von ca. 200 m2 und zugeordneten Rettungswegen. Über das zentrale Foyer im EG führen Rettungswege aus der Kirche und Gemeinderäume, so dass diese von Brandlasten frei sind. Es wird ein zusätzlicher Rettungsweg in diesem Bereich erforderlich.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss