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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2023

Zentrum Holzbau Schwarzwald in St. Blasien

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 14.000 EUR

MGF Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Zwischen zwei bewaldeten Hängen an der Menzenschwander Alb mit freiem Blick in den südlichen Schwarzwald entsteht das Zentrum für Holzbau Schwarzwald.
Aus dem Kurhaus mitten im Hinterdorf in Menzenschwand wird durch architektonische Interventionen ein neuer repräsentativer Ort für Lehre, Vermittlung und temporäres Wohnen entstehen. Wie wird das gemacht?
Wir schlagen vor das Bestandskonglomerat auf das historische Haus Longo von 1828 und den Saal von 1975 zu reduzieren und schaffen mit dem Neubau der Veranstaltungsflächen und Appartements einen Hof für das Zentrum Holzbau.
Als neuer Baustein wird der Neubau die Veranstaltungsflächen und für die Appartementnutzung aufnehmen. Im Haus Longo ist die Dauerausstellung sowie die Verwaltung vorgesehen. Der frühere Kursaal wird nach Norden zur Landschaft geöffnet und durch das Einfügen einer Gastro- und Infobox in zwei Ebenen gegliedert. Der künftige Empfang befindet sich an der Schnittstelle Gastronomie und Ausstellung.
Der Umbau des Bestands konkretisiert den Charakter der vorhandenen Substanz durch die Transformation des Saals zur gastronomischen Nutzung. Das weckt Neugierde und belebt das Ensemble, ein Aushängeschild und Magnet für das Zentrum Holzbau. Der Neubau der Veranstaltungsräume verbindet sich durch die traditionelle Gebäudekontur mit den Bauten des Dorfes und integriert sich damit selbstbewusst in die Dorfgestaltung. Ein respektvoller Umgang mit dem Dorfensemble Menzenschwand.
Städtebau
Die Haupterschließung zum Zentrum Holzbau erfolgt von Süden über die Winterhalder Straße, wo auch die Stellplätze (teilweise mit PV überdacht) vorgesehen sind. Zwischen Bestand und Neubau spannt sich der neue Hof auf, der den Blick nach Norden fasst und inszeniert. Die fußläufige Erschließung über die Brücke am Bach führt direkt zur neuen Gastronomie mit Terrasse vorbei; eine einladende Geste an der Menzenschwander Alb.
Bestand
Der frühere Kursaal wird auf die Tragkonstruktion rückgebaut, wobei die Bodenplatte und die Kegelbahn erhalten wird. Die aus energetischen Gründen notwendige ertüchtigte Hülle wird mit teiltransparenten Dachflächen mit PV-Anlage und öffenbaren Fassadenflächen ausgeführt. Durch den Rückbau der Bühne bildet das Tragwerk einen überdachten Außenbereich für die Gastronomie. Die eingestellte Küchen- und Empfangsbox beinhaltet alle notwendigen Küchen- und Lagerräume. Auf der Box sind offene Flächen als Co – Working Space angeboten, die durch Treppen an den Gästebereich angebunden sind. Dieses additive Vorgehen inszeniert eine deutliche Ablesbarkeit von bestehender Konstruktion und neuen Einbauelementen.
Das historische Haus wird auf die rohe Mauerwerkstruktur rückgebaut und durch massive Bauteilergänzungen neu gegliedert. Der imposante Dachstuhl wird wichtiger Teil der Ausstellung und zeigt die Handwerkskunst vergangener Tage. Die architektonischen Interventionen im historischen Haus spiegeln den massiven Eindruck wieder und bilden einen spannenden Kontrast zum Skelettbau des umgebauten Kursaals.
Neubau
Der Neubau begrenzt den Hof zur Waldkante und bildet ein kräftiges Gegenüber zum Bestand. Das zweigeschossige Gebäude wird als reiner Holzbau erstellt und bietet dem Zentrum Holzbau und dem Dorf Menzenschwand im Erdgeschoss eine große zusammenhängende Fläche für die Veranstaltungen an. Flexible Trennwände gliedern den Veranstaltungsbereich, der sich zum Hof öffnen lässt. Hier sind durch die längliche Geometrie vielfältige Raumkonfigurationen möglich. Im südlichen Bereich der Versammlungsflächen befindet sich das kompakte Foyer als Eingangs- aber auch Ausgabebereich bei Veranstaltungen. Von hier aus sind auch die Appartements im Obergeschoß erschlossen, die sich jeweils auf die Ost- und Westseite mit Blick in dem Wald oder auf das Dorf orientieren. Den Appartements ist ein umlaufender Balkon vorgelagert.
Konstruktiv schlagen wir eine stützenfreie Konstruktion für die Versammlungsräume vor. Raumhohe Träger auf jeder Achse mit einer mittigen Aussparung für den Flur spannen von Außenstütze zu Außenstütze. Die Balkone sind an den Dachpfetten v-förmig abgehängt und erinnern damit an traditionelles Fachwerk. Damit bleibt die Decke der Veranstaltungsräume unterzugsfrei und die gewünschte flexible Teilbarkeit ist einfach zu realisieren. Kleine Balkoneinschnitte belichten den Flur der Erschließungsflächen und öffnen diese nach draußen. Im Bereich der Haupterschließung ist der Sauna- und Wellnessbereich vorgesehen.
Ökonomie und Umwelt
Durch die einfachen übersichtlichen Baukörperformen und die Nutzung der Bestandsstrukturen werden die Aspekte des nachhaltigen Bauens in das Projekt nützlich integriert. Aufgrund des Verzichts auf flächige Unterkellerungen und der baulichen Weiterentwicklung der Bestandsbauten sind die Tiefbaumaßnahmen auf das notwendige begrenzt. Aus der Aufgabenstellung heraus ist Holz das vorherrschende Baumaterial. Die Dächer des früheren Kursaals und das Veranstaltungshaus werden mit PV belegt. Im Teilrückbau des Kursaals gewonnene Bauelemente werden aus die Möglichkeit der Wiederverwendung geprüft und nach Aufarbeitung in die Umbaumaßnahme integriert. So werden beispielsweise die Bestandsträger des Saals überarbeitet und in einer grünfarbigen Neufassung beschichtet.
Freianlagen
Die Freianlagen sollen einfach und naturnah hergestellt werden. Für die Parkierung am Winterhalter Weg schlagen eine offene wassergebunden Decke bzw. Schotterrasen vor, da in der überwiegenden Zeit die Stellplätze nicht vollständig besetzt sein werden. Der neue Werk-und Veranstaltungshof soll befestigt ausgeführt werden, ist aber mit Baumscheiben mit Sitzgelegenheiten und offenen Rasenflächen strukturiert. Der Parkplatz ist mit unterschiedlichen heimischen Baumarten bepflanzt. Einige solitäre Bäume im Hof bieten Schatten für Feste und verknüpfen Bestand und Neubau. Die erforderliche Zufahrt zur Hackschnitzelanlage erfolgt über den Parkplatz. Am Bachlauf bieten einheimischen Heckenpflanzungen Insekten und Schmetterlinge vielfältige Habitate.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf bildet mittels eines Neubaus und den Bestandsgebäuden eine Hofsituation, die selbstverständlich auf die jeweiligen Eingänge der Gebäude hinlenkt. Damit wird die Grundausrichtung der Häuser in Menzenschwand aufgenommen, und gleichzeitig die umgebende Natur förmlich inszeniert, mit der durchgängigen Blickbeziehung zu den umliegenden Bergen. Proportion und Ausgestaltung des sogenannten Werk- und Veranstaltungshofes lassen einen guten Aufenthaltscharakter erwarten.

Die langgestreckte und lineare Form des Neubaus weiß durch die gewählte Höhe zu überzeugen, und bildet dennoch ein selbstbewusstes und kräftiges Gegenüber zu den Bestandsbauten. Die geforderte Gastronomie wurde im bisherigen Kursaal untergebracht, orientiert sich mit Außensitzfläche und Spielplatz zu den attraktiven Freiräumen am Bach und Blick ins Talende. Die Trennung zwischen Hauptzugang und Anlieferung und Andienung der Heizungsanlage ist schlüssig gelöst.

Als Stärke wird der Umgang mit der vorhandenen Gebäudesubstanz gesehen. Neben dem Erhalt des Hauses Longo (abgesehen von einem Eingriff zur barrierefreien Erschließung), der Transformation des Kursaals, und dem ergänzenden Neubau, wird geradezu ein Narrativ geschaffen, dass erlebbar die Fortentwicklung vom Bestand über Umbau zum Neubau darstellt.

Die tatsächliche Umgestaltung des Kurhaussaals, mittels verglaster und opaker Flächen, inkl. PV-Elemente auf dem Dach, ist im Detail sicherlich nochmals kritisch zu hinterfragen und bauphysikalisch zu überprüfen. Die Ausbildung eines Freisitzes unter den vorhandenen Träger ermöglicht zudem eine einladende Geste für Besuche, die über die Menzenschwander Alb ankommen. Der ergänzte Binder hält jedoch den erforderlichen Grenzabstand zum nördl. Nachbargrundstück nicht ein. Die eingestellten Kuben lassen zwar den Raum und die Tragstruktur nach wie vor erkennen, die Wertigkeit der Nutzung (Küche, NR, Umkleide etc.) erscheinen für den Eingriff jedoch nur bedingt als angemessen.

Die Eingriffe in das Haus Longo erscheinen überschaubar und vertretbar. Die Verortung der Erlebnisausstellung über drei Etagen ist eine interessante Variante, die barrierefreie Anbindung, Lage des Aufzugs und die Anbindung an den Eingang und die Infotheke sind jedoch nochmals zu überarbeiten.

Der Neubautrakt als östlicher Abschluss des Ensembles und Abschirmung zur vorhandenen Wohnbebauung überzeugt in Ausgestaltung und Proportion. Die Öffnung der Veranstaltungsräume zum Hof sind richtig verortet. Lediglich die weite Wegebeziehung zur Küche im Bestandsgebäude wird kritisch hinterfragt.

Die Anordnung und Ausbildung der Ferienappartements überzeugt, und bildet mit dem vorgelagerten Balkon und Erschließung eine hohe Aufenthaltsqualität. Die V-Stützen der umlaufenden Balkone erinnern an traditionelles Fachwerk, und erzeugen einen hohen Wiedererkennungseffekt. Der konstruktive Holzschutz ist in der weiteren Ausarbeitung jedoch noch eingehend zu prüfen.

Der Entwurf befindet sich im mittleren Bereich der Gebäudekennwerte, und lässt eine wirtschaftliche Umsetzung vermuten.

Der Verfasserin gelingt mit der Weiterentwicklung und Ergänzung des Bestands die sicht- und erlebbare Weitererzählung unterschiedlicher Bauweisen. Durch den Erhalt und der Transformation von vorhandener Substanz wird ein wertvoller Beitrag mit dem Umgang unserer Ressourcen geleistet. Der Neubau rundet die Forderung nach Wiedererkennung in gelungener Weise ab.

Insgesamt stellt der Entwurf einen sehr wertvollen Beitrag zur gestellten Bauaufgabe dar.
Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Schnitt und Ansicht

Schnitt und Ansicht

Ansicht Nord und Ost

Ansicht Nord und Ost

Ansicht Süd und Ost

Ansicht Süd und Ost