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Mehrfachbeauftragung | 07/2013

GrĂŒne Mitte NeckarPark

Teilnahme

Daniel Schönle Architektur und Stadtplanung

Architektur

Ferdinand Ludwig

sonstige Fachplanung

ErlÀuterungstext

RĂ€umliches Konzept
Die öffentlichen FreirĂ€ume des Planungsgebiets erfĂŒllen fĂŒr die neu zu bauenden wie auch die angrenzenden bestehenden Stadtquartiere wichtige gesellschaftliche, ökologische und identitĂ€tsbildende Funktionen. Sie sind ein rĂ€umliches Bindeglied in der Wegebeziehung zwischen Stadt und Neckar. Daher wird der gesamte Planungsbereich - vom Seelbergdurchlass bis zum westlichen Abschluss des Quartiersparks – als eine rĂ€umliche Sequenz von FreirĂ€umen unterschiedlicher QualitĂ€ten aufgefasst und entsprechend gestaltet. Der Quartiersparks ist Ergebnis einer Entstehungsgeschichte, die als ein Prozess entworfen wurde. Die sich im Laufe der Zeit Ă€ndernden Nutzergruppen stellen unterschiedlichste AnsprĂŒche, die durch dieses prozessuale Vorgehen erfĂŒllt werden können.

Entwurfselemente
Der Entwurf des Quartiersparks arbeitet mit 5 raumprÀgenden Elementen:
- Eine einheitliche BelagsflĂ€che zieht sich von den GebĂ€udekanten homogen durch den Park bis hinein in die angrenzenden StraßenrĂ€ume und ĂŒber den Quartiersplatz hinweg bis zum Seelbergdurchlass. Dadurch werden alle Wegeverbindungen gewĂ€hrleistet und zwischen Park und Platz entsteht eine zur Schule hin orientierte AktionsflĂ€che, die als stadtrĂ€umliches Gelenk Park und Platz miteinander verzahnt.
- GrĂŒne Inseln, die als HĂŒgel auf dieser FlĂ€che herausstehen, dienen als Spiel- und Sportbereiche, Liegewiese etc. Sie gliedern den Park rĂ€umlich und sind je nach Nutzungsanforderung und Kontext unterschiedlich bepflanzt und gestaltet.
- Ein baubotanischer Turm im Osten bildet ein identitÀtsstiftendes Landmark und dient als Aussichtspunkt, von dem Blickbeziehungen zur Grabkapelle auf dem Rotenberg, zum Fernsehturm und zum Killesberg-Turm möglich sind.
- In der Mitte des Parks befindet sich eine großflĂ€chige baubotanische Struktur, die in der Art eines Baumhains einen schattigen Aufenthaltsbereich generiert. Im Gegensatz zum Turm entsteht hier ein eher introvertierter Ort, der zur Kommunikation einlĂ€dt.
- Im westlichen Bereich des Parks befindet sich eine ĂŒber Sitzstufen zugĂ€ngliche WasserflĂ€che, die in das Wassermanagement eingebunden ist. Das SĂŒdufer dieses Teiches ist mit einer Schilfzone, die als Biofilter fungiert, naturnah gestaltet.

Entstehungsprozess
Ob die öffentlichen RĂ€ume eines Stadtquartiers funktionieren, ist nicht nur von ihrer Entwurfs- und AusfĂŒhrungsqualitĂ€t abhĂ€ngig, sondern auch davon, ob sich die Nutzer und Anwohner mit ihnen identifizieren. Diese Identifikation muss sich ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum entwickeln. Der Entwurf greift dies dahingehend auf, dass ein Entstehungs- und Entwicklungsprozess entwickelt wurde, der in die drei Phasen „Aktivieren“, „Etablieren“ und „Konsolidieren“ gegliedert werden kann. Bei der Gestaltung dieses Prozesses wird u.a. die Tatsache genutzt, dass die gesamte ParkflĂ€che um bis zu 1,2 Meter angehoben werden soll. Die AufschĂŒttung erfolgt sukzessive, wobei durch Modellierung von HĂŒgeln eine Topographie gebildet wird, die in den verschiedenen Phasen vielfĂ€ltig genutzt werden kann.

Aktuell wird die FlĂ€che hauptsĂ€chlich als Parkplatz fĂŒr die Besucher des Wasens und der SportstĂ€tten zwischengenutzt. In einem ersten Schritt soll auf diesem Parkplatz lediglich ein kleiner Bereich aufgeschĂŒttet werden, auf dem der baubotanische Turm realisiert wird. Dadurch rĂŒckt die FlĂ€che in das Bewusstsein der Öffentlichkeit, sie wird „aktiviert“. Als erstes Vorzeichen der in Zukunft im Neckarpark stattfindenden Entwicklung wird mit dem Turm die Idee einer allen offen stehenden FreiflĂ€che eingepflanzt. Er dient in dieser Phase primĂ€r als „Info-Tower“, in dem die Stadt, die Baugruppen und die Investoren Ihre Bauvorhaben prĂ€sentieren können. Gleichzeitig ist er ein erster nutzbarer GrĂŒnraum, der insbesondere auch den Anwohnern des Gebiets Veilbrunnen offen steht.

Wenn die umliegenden Baufelder erschlossen werden und die BautĂ€tigkeit einsetzt, wird der Park kontinuierlich weitergebaut. Obwohl die FlĂ€che noch nicht abschließend gestaltet ist, etabliert sie sich als FreiflĂ€che mit vielfĂ€ltigen Nutzungsangeboten.
Die beim Aushub der angrenzenden Bauwerke anfallenden Erdmassen werden genutzt, um auf der zukĂŒnftigen ParkflĂ€che in einigen Bereichen HĂŒgel zu modellieren. Diese werden tlw. bereits mit BĂŒschen bepflanzt und es erfolgt eine einfache Einsaat mit Ruderalvegetaion. Diese Topographie ermöglicht es, Nutzungen aufzunehmen, die aufgrund der BautĂ€tigkeit im Umfeld nicht mehr möglich sind, wie z. B. die BMX-Strecke. Auch zusĂ€tzliche Angebote, wie z.B. ein Beachvolleyballfeld, sind denkbar.
Gleichzeitig werden in der Mitte des Parks temporĂ€re Architekturen aus Containern aufgebaut. Diese können (sub-)kulturelle Nutzungen wie Ateliers oder kleine AusstellungsrĂ€ume beherbergen, wie sie sich aktuell unter der Überschrift „contained“ nordöstlich des Zollamts entwickeln. Die dort angesiedelten Nutzungen könnten bei BautĂ€tigkeit tlw. in den Park verlagert oder dorthin erweitert werden. Vorgesehen sind aber auch temporĂ€re Nutzungen, die sich aus dem Kontext der BautĂ€tigkeit ergeben, wie z.B. ein Imbiss, ein Besprechungsraum oder eine Kantine fĂŒr die Bauarbeiter. Die Container werden mit baubotanischen Techniken begrĂŒnt, sodass sie als
Trag- bzw. Hilfsstrukturen fĂŒr das zukĂŒnftige StadtgrĂŒn (baubotanischer Hain) dienen.

Wenn die BautĂ€tigkeit der umgebenden Bebauung großteils abgeschlossen ist, beginnt sich der Park zu konsolidieren. Nun werden im gesamten Park alle verbleibenden Bereiche bis zum neuen Null-Niveau aufgefĂŒllt, sodass eine horizontale FlĂ€che entsteht, die von den mittleren Bereichen zwischen den HĂŒgeln bis an die GebĂ€ude heran reicht. Diese homogene FlĂ€che gewĂ€hrleistet die geforderte Durchwegung fĂŒr FußgĂ€nger und Radfahrer und bietet im Vorbereich der GebĂ€ude
(u. a. DRK) Außenbereiche fĂŒr CafĂ©s etc.
Auf den HĂŒgeln erfolgt nun eine finale OberflĂ€chenbearbeitung, wie z.B. die Einsaat von Rasen. Auch werden nun die dort gepflanzten BĂŒsche aufgeastet, sodass schirmartige Strukturen entstehen, die lokal Schatten spenden (Liegewiesen).
In der Parkmitte werden nun, nachdem sich die baubotanischen Elemente zu selbsttragenden Strukturen entwickelt haben, die meisten Container entfernt. Diese können an anderer Stelle fĂŒr vergleichbare Zwecke weitergenutzt werden. Zwei bis 3 Container sollen jedoch vor Ort verbleiben, und z.B. als KulturcafĂ© weitergenutzt werden. Auch im baubotanischen Turm können nun Teile der GerĂŒststruktur (Standard-BaugerĂŒste) ausgebaut werden und in folgenden Projekten wiederverwendet werden.
Damit liegt bei der eigentlichen „Eröffnung“ des Parks, d.h. wenn die neuen Bewohner bzw. Nutzer das Quartier beziehen, mit dem baubotansichen Turm ein voll entwickelter begehbarer Großbaum und mit dem baubotanischen Hain ein großes zusammenhĂ€ngendes BlĂ€tterdach vor. Diese zentrale GrĂŒnstruktur spendet Schatten und sorgt damit vor allem im Hochsommer fĂŒr eine hohe AufenthaltsqualitĂ€t im gerade erst fertiggestellten Quartier.

Wassermanagement
Der produktive Umgang mit dem anfallenden Regenwasser ist integrierter Bestandteil des Entwurfs. In der ersten Phase wird im Bereich des baubotanischen Turms eine Zisterne (ca. 20mÂł) installiert, die anfangs durch OberflĂ€chenwasser von der alten Frachtstraße gespeist werden kann und langfristig an die Drainage des östlich gelegenen Quartierplatzes angeschlossen werden kann. In der zweiten Phase werden dann in allen AufschĂŒttungen Rigolen platzier und im Bereich des baubotanischen Hains ist eine weitere Zisterne vorgesehen. Am Westende des Parks wird eine Mulde ausgehoben, die der Verdunstung des anfallenden Überschusswassers dient.
In der dritten Entwicklungsphase werden die angrenzenden GebĂ€ude in das Wassermanagement eingebunden. Alle Dach- und OberflĂ€chenwĂ€sser werden in die Rigolen eingeleitet, die ĂŒber kommunizierenden Röhren mit den Zisternen und der WasserflĂ€che verbunden sind. Über einen höhenverstellbaren und drosselbaren Ablauf (Vorflut/Kanalanschluss) kann das Einstauniveau variiert werden werden. Die gesamte FlĂ€che wird als organisch gebundener Sandbelag ausgefĂŒhrt, der einen kapillaren Aufbau erhĂ€lt. Insbesondere in den stark besonnten nördlichen Bereichen werden auch unterhalb der so befestigen FlĂ€chen weitere Rigolen eingebaut, sodass diese Bereiche – je nach Einstauniveau – ebenfalls zur Verdunstung, und damit zur KĂŒhlung genutzt werden können.
Die in den ersten Jahren notwendige TropfbewĂ€sserung der baubotanischen Strukturen erfolgt mittels Solarpumpen aus den lokalen Zisternen, die bei Bedarf durch die zentralen Zisternen nachbefĂŒllt werden können.

Materialien und Baumarten
FĂŒr den baubotanischen Turm soll Liquidambar Styraciflua (Amerikanischer Amberbaum) verwendet werden, um den Charakter des Bauwerks als Landmarks zu unterstreichen, was insbesondere durch die markante HerbstfĂ€rbung geschieht. FĂŒr den zentralen baubotanischen Hain wird die Baumart Hainbuche (Carpinus betulus) genutz, da diese die sich insgesamt fĂŒr die Baubotanik sehr gut eignet (Verwachsungen) und als ĂŒberschĂŒttungstolerante Auenwaldbaumart die AnschĂŒttung der GehflĂ€che in Phase 3 vertrĂ€gt und aktiv in das Wassermanagement eingebunden werden kann. Langfristig werden sich die baubotanisch geformten StĂ€mme zu markanten, knorrigen Strukturen entwickeln (SpannrĂŒckigkeit), in die mit LEDs ausgestattete Edelstahlrohre einwachsen.
Auf den „HĂŒgel“ werden blĂŒhende GroßstrĂ€ucher gepflanzt: Felsenbirnen (Amelanchier lamarckii), Zierkirschen (Prunus hybirda „Accolade“), Weißdorn/Rotdorn (Crataegus laevigiata; Cratagus laevigiata „Paul’s Scarlet“. Die Felsenbirnen werden als durchgehendes HochstĂ€mme ebenfalls in den Querstraßen und auf dem Quartiersplatz verwendet. Dort werden sie durch Feldahorn ergĂ€nzt. Ansonsten sind die HĂŒgellandschaften als Wiese ausgebildet, die je nach funktionaler Notwendigkeit in kurzen Zyklen als Rasen oder ein- bis zweimal JĂ€hrlich als Naturwiese geschnitten werden. In die HĂŒgel sind Sitzstufen (Beton-Elemente, tlw. mit Holzauflage) eingebettet. Diese werden auch im nördlichen Rand der WasserflĂ€che verwendet, wobei je nach Einstauniveau 1 bis 3 Stufen nutzbar sind. Die gesamte befestigete FlĂ€che soll mit organisch gebundenem, wasserdurchlĂ€ssigen Sandbelag (Stalizer, Naturafix; grau-weiß) ausgebildet werden. Dieser ist im Vergleich zu wassergebundenen Decken nahezu staubfrei und wartungsarm. Die Kanten zwischen Pflanz- bzw. WiesenflĂ€chen und Gehbelag erfolgen durch StahlbĂ€nder. Sollten in einigen Bereichen höhere Belastungen (z.B. durch Anlieferung mittels LKW) auftreten, können einzelne Bereiche auch in Rollasphalt, in den identisches Obermaterial eingewalzt wird, ausgefĂŒhrt werden.


Baubotanik
Die Baubotanik macht sich seit langem bekannte PhĂ€nomene pflanzlichen Wachstums zu Nutze: Wenn sich die Äste, StĂ€mme oder Wurzeln von BĂ€umen berĂŒhren und fest aneinander gedrĂŒckt werden, verwachsen sie an dieser Stelle. Auf diese Art bilden beispielsweise WĂŒrgefeigen regelrechte Baumfachwerke aus, die Ă€ußerst stabile Konstruktionen darstellen. Mit Hilfe traditionelle Techniken und auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse werden in der Baubotanik diese Potentiale verwachsender Pflanzenkonstruktionen in der Architektur fruchtbar gemacht. Eine wesentliche Innovation ist dabei der Ansatz der Pflanzenaddition, durch den die Strukturen unmittelbar in der Dimension ausgewachsener BĂ€ume realisiert werden können. Bei diesem Verfahren werden junge, in speziellen BehĂ€ltern wurzelnde Pflanzen derart im Raum angeordnet und – durch mit dem gĂ€rtnerischen Pfropfen vergleichbare Methoden – so miteinander verbunden, dass sie zu einer pflanzlichen Fachwerkstruktur verwachsen. Die einzelnen Pflanzen werden anfangs kontinuierlich und lokal mit Wasser und NĂ€hrstoffen versorgt und in Form gehalten. Im Verlauf der weiteren Entwicklung wird erreicht, dass der Transport von Wasser, NĂ€hrstoffen und Assimilaten ĂŒber ursprĂŒngliche Individuengrenzen hinweg von der untersten Wurzel bis zum obersten Blatt erfolgen kann und die untersten, in den Erdboden gesetzten Pflanzen, ein sehr leistungsfĂ€higes Wurzelsystem entwickeln. Die ĂŒber dem Boden angeordneten Wurzeln werden dadurch ĂŒberflĂŒssig und können gemeinsam mit der anfangs notwendigen BewĂ€sserungs- und DĂŒngetechnik entfernt werden.
Neben dem baubotanischen Turm und dem baubotanischen Hain werden im Quartierspark baubotanische Strukturen auch fĂŒr die Fassaden des DRK vorgeschlagen. In ErgĂ€nzung zur vorgegebenen DachbegrĂŒnung sollen diese Pflanzen, die ĂŒber eine große VerdunstungsflĂ€che verfĂŒgen, aktiv in das Wassermanagement eingebunden werden (Rigolen im Wurzelraum)

Beleuchtung
Die Beleuchtung des Parks erfolgt ĂŒber netzunabhĂ€ngige Solarleuchten (z. B. EPS Tower-Sun / Tower Light). Diese können bereits in der ersten bzw. zweiten Entwicklungsphase entsprechend der Nutzungserfordernisse unabhĂ€ngig von der Baufelderschließung platziert und bedarfsweise umgestellt werden. Der baubotanische Hain und der baubotanische Turm werden lokal noch zusĂ€tzlich durch LEDs beleuchtet, die die in einwachsenden Rohren installiert sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeigt eine eigenstÀndige Lösung, die eine besondere IdentitÀt durch die baubotanischen Elemente der begehbare Architekturen und die Auseinandersetzung mit dem Entwicklungsprozess erzeugt.

Allerdings sind die formale Struktur der starken Modellierungen und in die inhaltlichen Angebote fĂŒr den Ort nicht angemessen. Auch der hohe Anteil der versiegelten FlĂ€che und MaterialitĂ€t der wassergebundenen Decke fĂŒr die Erschließung ist nicht schlĂŒssig.