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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2009

Umgestaltung der Tulpenallee

Anerkennung

Kamel Louafi Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

HL Heilbronner Lachkareff Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Landschaftsarchitekt Kamel Louafi mit Heilbronner-Lachkaref Landschaftsarchitekten

Team:
Kamel Louafi
Florian Heilbronner
Nil Lachkaref
Dörte Eggert
Geraldine Radjeb
Judith Wach



Tulpenallee und ihre angrenzenden Plätze im Bergpark Wilhelmshöhe

Eine geschwungene Auffahrt führt durch den über 150 Jahre lang gestalteten Bergpark zum Schloss Wilhelmshöhe und darüber hinaus. Wie Almwiesen öffnen sich Lichtungen, kullissenhaft umstanden von einem herrschaftlichen, schattigen Bergwald mit pittoresken Baumindividuen und –gruppen, Parkarchitekturen und groß angelegten Wasserspielen. Dieser Besonderheit einer aufwändig gestalteten, ehemals aristokratischen Bergwelt will der Entwurf Rechnung tragen.

Die sanfte Integration der Wettbewerbsbereiche in das historische Bild und die Rückgewinnung eines ungestörten Parkbildes sind hier Ziel. Denkmalschutz wird dabei situativ verstanden, in einem Park dessen Gestaltung allein schon ca. 1,5 Jahrhunderte dauerte, wobei unterschiedlichen Gestaltungsauffassungen Raum geboten und diese miteinander kombiniert wurden. Will man dem gerecht werden, so sollte das Neue als Neues erkennbar, jedoch das Alte nicht störend, sondern dieses visualisierend eingesetzt werden.

Die Tulpenallee ist das Rückgrat, an dem sich motorisierte, wie unmotorisierte Verkehrsbewegungen abspielen. Zukünftig soll sie sich wieder wenig unterscheiden von den anderen Parkwegen und vollständig Bestandteil des Parks sein. Der Entwurf folgt der bestehenden Trasse, so dass Kuppen, Rampen und große wie kleine Kurven mit ihren charakteristischen Raumsequenzen weiterhin wahrgenommen werden. Ankommende, kreuzende und tangentiale Fußwege verflechten die neue Tulpenallee mit dem Bewegungsmuster der Parkbesucher im Raum. An markanten Querungen von Wasserläufen, Bächen und ‚Neuem Wasserfall‘ können diese unter Berücksichtigung der Gartendenkmalpflege als topographische Besonderheiten sichtbarer gemacht werden. Die Straßendecke wird asphaltiert und bleibt damit leise; dies kann zusätzlich durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung unterstützt werden.
Eine streckenweise Trennung der Fahrbahnen nimmt der Straße ihre Dominanz. Das dynamische Auseinanderdriften und wieder Aneinanderschmiegen der zwei Fahrtrichtungen erzeugt ein lockeres Straßenbild, das sich in das Parkwegesystem unauffällig einfügt. Die Mittelinseln bilden mit Rasen und ‚Pflanzkissen‘ gestalterische Übergänge. Auch bewirkt die Fahrbahnteilung eine typologische Ablösung von der Schlossachse. Das Verlassen der Wilhelmshöher Allee und der Beginn der Tulpenallee wird durch intarsienhafte Streifen im Bodenbelag (z.B. Natursteinplatten) der Achsenfortsetzung deutlich gemacht. Hier tritt man in den schlossnahen Teil des Bergparks ein.

Der neu gestaltete Platz um das Besucherzentrum weist eine einfache Grundform auf. Hier können sich Ankommende und Abfahrende sammeln und erste Eindrücke der Bergwelt erhalten oder resümieren. Von der tiefer gelegenen Trambahnebene gelangt man über symmetrisch das Besucherschlösschen einbindende Rampenanlagen auf den ebenen Platz. Dieser versteht sich als Schnittstelle der Bewegungsströme in den Park. Formal ablesbar durch die symmetrischen Rundungen einer ellipsoiden Plattform schwebt er über einer feucht-sumpfigen Senke, wie eine Bühne deren Zuschauerraum die Kulisse eines Naturbildes bildet.

Die Tulpenallee führt über den Platz. Sie trennt funktional den mit Platten befestigten Vorbereich des Besucherzentrums vom Ellipsoid, ist jedoch gestalterisch in die unaufdringliche, mit wenigen Bäumen bestandene Fläche mit wassergebundener Wegedecke und zur Straße parallelen Betonstreifen eingebunden.

Der neue Platz zwischen Ballhaus und Schlosshotel verbindet die auf dem Schlossplateau stehenden Gebäude Gewächshaus, Ballhaus mit Plantage, Marstall, Restaurant und das Schlosshotel.
Parallel zur Tulpenallee und in der Flucht des Marstalls wird die dort schon existierende Platzsituation auf den östlichen Platzteil übertragen. Die topographisch abfallende Rasenfläche wird zu ruhigen Rasenebene modelliert. Treppen und Rasentreppen fangen die Höhenunterschiede ab. So entstehen waagrechte Ebenen und Terrassen in einem topographisch weich abfallenden Raum. Die historische, städtebauliche Flucht des Marstalls und des ehemaligen Schlosshotels wird durch eine Baumreihe (z.B. Säuleneichen) und Heckenkörper betont und der Platz daran ausgerichtet.
Die Tulpenallee - eigentlich ansteigend - quert wie auch schon jetzt das Rasenparterre. Beidseitige Bushaltestellen verdeutlichen die funktionale wie topographische Schnittstelle zwischen Allee und Plateau. Eine große Freitreppe verbindet die Plantage mit dem Rasenparterre. Vom Aufwuchs des jetzigen Bewuchses befreit werden so die visuellen Verbindungen der zwei Bereiche gestärkt.
Auch das Gewächshaus ist langfristig optisch zurückzuholen: Die massiven vegetativen Elemente sind nach deren Abgängigkeit deutlich zu reduzieren.
Der Vorbereich des Schlosshotels wird wie in der vorgegebenen Planung realisiert.
Eine breite Wegeachse mündet vom Rasenparterre in das großzügige, mit
Wasserbecken gestaltete Areal.
Die Möglichkeit des Buswendens ist durch das entworfene Wegesystem gegeben.
Wenderadien sind eingehalten, allerdings werden diese im Platzbelag nicht betont.

Der Parkplatz Ochsenallee bleibt in seiner räumlichen Struktur erhalten. Umweltschonend wird auf große Erdbewegungen verzichtet und der Parkplatz in die Topographie eingepasst. Zur Stärkung des ÖPNV wird ein zusätzlicher Busparkplatz vorgesehen; die Fläche für den Gartenbetriebshof ist aus der Planung ausgespart. Einzelne Stellplätze weichen Baumstandorten, so dass zusammen mit der vorhandenen Vegetation ein landschaftliches, an den Ort angepasstes Bild entsteht. Bei realisiertem Betriebshof können sich 303 PKW, neun Busse und ggf. drei Taxen auf der Umfahrt zu ihren Stellplätzen bewegen, ohne den Betriebshof erhöht sich die Stellplatzanzahl. Der Parkplatz ist von zwei Seiten mit Ein- und Ausfahrt zugänglich. Die Fahrwege sind asphaltiert, die Oberfläche der Stellplätze ist mit Rasengittersteinen befestigt.


Beurteilung durch das Preisgericht

"Die Arbeit sucht nach einem „ungestörten Parkbild“, nach einer „sanften Integration“ der Wettbewerbsbereiche in das historische Bild. Der außergewöhnliche Ansatz der Arbeit besteht darin, die Straßentrasse der Tulpenallee zwar zu erhalten, diese jedoch streckenweise in ihre einzelnen Fahrspuren aufzufächern und sich im Maßstab an den vorhandenen Parkwegen zu orientieren.
(...).
Der Parkplatz bleibt in seiner heutigen Struktur erhalten. Die vorhandene Vegetation bleibt weitestgehend bestehen und wird durch Neupflanzungen ergänzt. Dem positiven Effekt des Erhalts des Großgrüns stehen die überdimensionierten Erschließungsflächen gegenüber (...).
Im Bereich des Besucherzentrums wird ein großzügiger, ellipsenförmiger Platz vorgesehen, wodurch ein repräsentatives, klar ablesbares Entree geschaffen wird. Es entsteht eine „Plattform“, als markanter Eingang in den Bergpark. Kritisch wird die Größe dieser Plattform, insbesondere der überdimensionierte Eintrittsbereich des Gewässers unter der Plattform gesehen (...).
Die Gestaltung des Übergangsbereiches Schlosshotel-Ballhaus nimmt historische Bezüge auf (Raumkante des historischen Schlosshotels). Der Bereich wird als offener und klar gegliederter Platz definiert, der jedoch die Fahrbahn der Tulpenallee als trennendes Element nicht zu integrieren vermag. (...). Die Sitzstufen an der Böschung des Ballausplateaus werden kritisch gesehen, da sie der Böschung eine unangemessene Bedeutung im Gesamtzusammenhang zugestehen. (...).
Insgesamt bildet diese Arbeit einen interessanten Ansatz (...)."