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Offener Wettbewerb | 10/2015

Gestaltung der zentralen ÖV-Achse (Korridor für den öffentlichen Verkehr)

Blick in die Achse von Norden. Durch die Ausbildung eines erhöhten Plateaus vor dem Gebäude entsteht ein beruhigter Bereich mit Aufenthaltsqualität

Blick in die Achse von Norden. Durch die Ausbildung eines erhöhten Plateaus vor dem Gebäude entsteht ein beruhigter Bereich mit Aufenthaltsqualität

2. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

AAPS Atelier für Architektur

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Die Entfaltung einer urbanen Achse
Die neue ÖV Achse wird über viele Jahre durch das bizarre Nebeneinander von Imaginationen kommender Urbanität, hochglänzenden Versprechen der Immobilienentwickler und der Realität von spärlich bebauten Feldern, Autohändlerparkplätzen, verlassenen Gebäuden und ambitionierten Hochhausbaustellen führen. Wie kann die Entstehung der neuen Achse genutzt werden, um bereits in der Bauphase soziales Leben anzuziehen, urbane Räume zu entfalten und die neue Adresse im Bewusstsein der BürgerInnen der Stadt zu verankern? Welchen Grund können Familien mit Kindern, Studenten und Migranten, Wohnungssuchende und Freizeitexperten haben, um die Reininghausbaustelle aufzusuchen?

Der linearen Achse wird daher zunächst eine räumliche Struktur gegeben. Durch Bepflanzungsfelder, die seitlich in den Achsenraum eingreifen, wird der maßstabslose Achsenraum zu einer Abfolge von unterschiedlich charakterisierten Räumen; es entstehen Bezugspunkte im Raum, die unterschiedliche Qualitäten ausbilden. In der Abfolge der wechselseitig in die Achse eingreifenden Grünräume entstehen schwingende und belebende Raum- und Bewegungsfolgen.

Phase 1: Die Bäume kommen – so früh wie möglich
Die erste Maßnahme zur Raumbildung entlang der Achse ist das Anlegen von gartenartigen Baumfeldern am Rand der Achse. Diese Randgärten greifen jeweils ein wenig in den zukünftigen Straßenraum ein und bilden eine Verbindung zwischen der Achse und den angrenzenden Quartieren bzw. mit dem neuen Park. Die Randgärten werden aus unterschiedlichen Baumgruppen komponiert und erhalten jeweils einen eigenen Charakter als Kirschgarten, Platanenhain, Maulbeergarten etc. Sie bilden von Anfang an konkrete Bezugspunkte im abstrakten Raum. An der Achse entstehen unterscheidbare Episoden, erste Einladungen zum Aufenthalt bilden sich heraus. Die anfangs namenlose Achse erhält durch das Spiel der unterschiedlichen Farbtöne Perspektivität und greifbare Tiefe. Die Bewegungen entlang der Achse werden dadurch nicht gestört, sondern in eine heitere Schwingung versetzt.

Alle Baumsetzungen sollten so früh wie möglich erfolgen. Dadurch wird den Bäumen ein Vorsprung gegeben – sie werden umso mehr spürbaren Raum bilden und respektablen Schatten spenden, wenn die Besiedelung beginnt. Und sie werden bereits in den Bauphasen Grünraumqualitäten anbieten und eine Andeutung der kommenden Achse bilden.

Phase 2: Die Urbanisatoren kommen
Jetzt schlägt die Stunde der Investoren. Bauzäune, Projektversprechen, käufliche Visionen. Was kann Menschen dazu verlocken, der noch nicht fertig gebauten Achse einen Besuch abzustatten? Wir setzen verschiedene Instrumente ein, um Aufenthalts-, Informations- und Spielangebote in den Raum zu setzen. Was später eine Informationsstele sein wird, hat ein Vorleben als Aussichtsturm: von hier kann man sich einen Überblick über das neue Quartier und seine Bauprojekte verschaffen. Baustellenrestaurants bilden ihre ganz eigene soziale Sphäre aus und etablieren sich als temporäre Treffpunkte für Arbeiter, Künstler, urban Gardeners, Freizeitexperten. Junge Familien kommen zum Picknick im Garten und setzen sich ganz nah zu den großen schwingenden Schaukeln. Alle Elemente haben schon in diesem Stadium die Aufgabe der qualifizierten Einladung zum Aufenthalt und zielen auf optionale Aktivitäten entlang der neuen Achse. Die Urbanisatoren haben temporären Charakter und bringen Heiterkeit und Spontanität in den Baustellenraum.

Phase 3: Der ÖV kommt
Die Straßenbahn kommt – per Bus. Jetzt muss der zentrale Achsenraum mit Schienen ausgestattet und befestigt werden. Es hat jedoch noch keinen Sinn, den gesamten Achsenraum mit dem endgültigen Pflastermaterial zu versehen. Der provisorische Charakter des Patchworks von ersten fein ausgearbeiteten Bereichen, den zunehmend stattlicher werdenden Randgärten, präzisen Wegeverbindungen und Makadam-Flächen kann bestehen, bis die Verzahnung der Achse mit den öffentlichen Räumen in den einzelnen Quartiersbereichen vollendet werden kann. Mit dem zunehmenden Heranrollen der Bebauungen wächst auch die Zahl der Sitzgelegenheiten. Die Aussichtstürme, die durch die bereits umgesetzten Bauprojekte schrittweise ihren Sinn verlieren, werden jetzt zu Informationsstelen, die einem übergeordneten Orientierungssystem folgen.

Phase 4: Am Steinfeld. Wir wohnen, wir leben.
Mit zunehmender baulicher Verdichtung muss für die Achse das angemessene Gleichgewicht von Identität und Individualität und die richtige Balance von Regel und Abwechslung gefunden werden. Als Gegengewicht zu den zu erwartenden heterogenen Bebauungen entlang der Achse wird als innere Orientierung eine Serie von farbig gestalteten Informationsstelen gesetzt, die teilweise mit Haltestellen oder Kiosken verbunden sind. Sie folgen einem strikten Farbcode, der das Spektrum des Farbkreises in einer Reihe abbildet und an jedem Punkt der Achse zwanglos für Orientierung und Zusammenhang steht. Das rhythmisierende Element der ‚Randgärten‘, die Farbtonleiter der Orientierungstürme und die schrittweise zusammenwachsende Pflasterung bilden die Identität der neuen Achse.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich durch die starke Prozessorientierung aus, die Entwicklungsfähigkeit im Laufe der Zeit ist zentrales Thema. Die Vielfalt der urbanen Freiraumentwicklung wird bei diesem Projekt richtungsweisend verankert. Der Entwurf sucht die Auseinandersetzung mit der Umgebung. Er setzt den Städtebau fort und gibt eine Antwort auf die bereits vorhandenen städtebaulichen Konzepte für die Quartiere Q1 und Q4a. Im Bereich der ÖV-Achse wurde auf die Vorschläge des Büros Schegk, München, eingegangen. Der Entwurf ist sehr programmatisch. Über die Bepflanzung entwickeln die Verfasser ein Raumkonzept, das bereits vor der Bebauung Freiraumqualität entstehen lässt. Mittels Farbkonzept wird ein identitätsstiftendes Leitsystem mit Quartiersbezug vorgeschlagen, das für Orientierung und Zusammenhang sorgen soll, und in das auch die Randgärten einbezogen sind. Es finden sich viele Freiraumangebote. Eine gewisse „Überprogrammierung“ in den ersten Jahren kann durchaus positiv wirken, um Menschen bereits während der Bauphase anzulocken. Der nördliche Platz, als „Reininghausplatz“ bezeichnet, ist städteplanerisch sehr gut konzipiert. Er bildet eine Sichtachse vom erhöht angelegten Vorplatz vor dem Linsen - Turm auf die ÖV - Achse und umfasst auch den Bereich nordwestlich der Reininghausstraße. Der als baumbestandene Grünzone gestaltete Bereich zwischen Straßenbahn und Kreuzung wirkt als Pufferzone. Die Vorgabe des Auslobers das Grünraumkonzept über den Straßenraum, „das grüne Netz Graz“, weiter zu entwickeln, wurde nicht aufgenommen. Die Bäume befinden sich zum überwiegenden Teil außerhalb des öffentlichen Gutes. Die Baumartenwahl ist im Hinblick auf Stadtökologie und Raumwirkung zu überdenken. Als Schwachpunkt ist zu sehen, dass für das eigentliche Projektgebiet, die ÖV - Achse, kein klares lineares Konzept als Rückgrat der Stadtteilentwicklung gezeigt wird. Die identitätsstiftenden Maßnahmen liegen fast ausschließlich im halböffentlichen und privaten Bereich und müssen letztlich erst in den Dialog mit der künftig en Bebauungskonzeption treten.
'Reininghausplatz'

'Reininghausplatz'

Am Steinfeldpark. Überschneidung von Achse, Park und Quartier. Fließende Übergänge, schwingende Bewegungen

Am Steinfeldpark. Überschneidung von Achse, Park und Quartier. Fließende Übergänge, schwingende Bewegungen

Lineare Achse

Lineare Achse

Schwingende Räume

Schwingende Räume

Orientierung in der Achse

Orientierung in der Achse

Phase 1: Die Bäume kommen - so früh wie möglich

Phase 1: Die Bäume kommen - so früh wie möglich

Phase 2: Die Urbanisatoren kommen

Phase 2: Die Urbanisatoren kommen

Phase 3: Der ÖV kommt

Phase 3: Der ÖV kommt

Phase 4: Am Steinfeld. Wir wohnen, wir leben

Phase 4: Am Steinfeld. Wir wohnen, wir leben