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Offener Wettbewerb | 04/2016

Pfaffengrunder Terrasse

Anerkennung

Preisgeld: 3.500 EUR

Gerber Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Mit der Pfaffengrunder Terrasse erhält die Bahnstadt Heidelberg in seinem Zentrum einen neuen Quartiersplatz. Eingespannt zwischen Langer Anger und Promenade an der Stadtkante bildet er einen großzügigen Freiraum zusammen mit dem bereits geplanten, nordöstlich gelegenen Gadamer Platz.
Der Platz wird entlang der Fassaden von einer Reihe von Scharlacheichen gefasst, die bereits den Gadamer Platz flankieren. Somit werden die Sichtachsen von der Da-Vinci-Straße und der Noetherstraße bis in die weite Landschaft des Pfaffengrunder Grunds im Südwesten durchgehend betont und eine Verbindung zwischen Pfaffengrunder Terrasse und Gadamer Platz hergestellt. Ebenso werden die inneren Platzkanten der Hochbeete aufgenommen und über einen breiten Zebrastreifen bis zur Pfaffengrunder Terrasse verknüpft. Der Kanal des langen Angers wird als prägendes dynamisches Element der Bahnstadt weitergeführt.
Die Erschließung der Pfaffengrunder Terrasse für Lieferverkehr, Anwohner und ggf. Kurzzeitparken erfolgt über eine Einbahnstraße in Verlängerung der Da-Vinci-Straße und führt in U-Form über die untere Platzhälfte wieder zum langen Anger. Insgesamt soll der Platz aber von Autoverkehr möglichst freigehalten werden. Der befahrbare Bereich wird durch ein vom Pflasterbelag dunkel abgesetztes Läuferband gekennzeichnet. Fahrradständer und sonstige kleine Einbauten wie Abfalleimer WLAN-Säulen sind im hochwertigen Beton-Pflasterbelag zwischen den Scharlacheichen vorgesehen.
Das Innere des Platzes wird durch einen breiten hellen Rahmen betont, der sich mit der Platzfläche im Süden leicht aus dem flachen Gelände hebt und eine Sitzkante mit Blick in die weite Landschaft im Südwesten ausbildet. Innerhalb des breiten Rahmens aus großen Betonelementen werden größere Plattenformate in demselben warmgrauen Farbton wie in den Bewegungsflächen außen verlegt. Während sich im nordöstlichen und südwestlichen Bereich des Platzes zwei schattige Dächer aus locker verteilten Linden und rotblühenden Kastanien bilden, ist die Platzmitte offen, sonnig und flexibel nutzbar.
Zentrales Element auf dem Stadtplatz ist ein großes rundes Wasserbassin, welches sich in das leicht ansteigende Plateau einschneidet und damit am nordöstlichen Rand eine runde Sitzkante entstehen lässt. Im Sommer kann man hier die Füße in das Wasser baumeln lassen oder sich in dem flachen Wasserbecken abkühlen. Aus der Mitte des Wasserbassins strecken sich einige dünne Metallsäulen in den Himmel, die bei warmem Wetter auf unterschiedlichen Höhen Nebel versprühen und für Abkühlung sorgen. In den Abendstunden ist das Wasserbassin samt Nebelsäulen beleuchtet und sorgt für eine besondere Atmosphäre.
Die runde Form aus großen Betonblöcken findet sich in zwei erhöhten Pflanzbeeten unter den Baumdächern wieder, dessen Ränder gleichzeitig weitere Sitzgelegenheiten und zusätzlichen Platz für die Außenterrasse des Cafés bieten. Die Pflanzbeete können je nach Pflegekapazitäten saisonal oder mit Stauden bepflanzt werden, so dass sich über die Jahreszeiten unterschiedliche Blühaspekte ergeben.
Zwischen sonnigem Wasserplateau und Freiraum der Promenade befindet sich der Spielplatz, eine wellig modellierte Rasenfläche mit Sandspiel und Trampolin.
Die Promenade an der südwestlichen Stadtkante wird gerade über den Platz geführt, wobei sich der Pflasterplattenbelag der Terrasse bis an den Aussichtsbalkon erstreckt. Lediglich als Verlängerung der Liegewiesen ergibt sich eine von Linden überstandene Fläche mit wassergebundener Decke, die sich als Biergarten oder Boule-Spielfläche eignet. Hier könnte in Spielplatznähe ein kleiner Kiosk mit öffentlicher Toilette, ein saisonales Café oder ein mobiler Bierstand Platz finden.
Breite Bänke auf dem Stadtbalkon laden zum Ausruhen, Treffen und Beobachten ein und bieten weite Blicke über den Quartierplatz und die weite Kulturlandschaft des Pfaffengrunds.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser grenzt die Pfaffengrunder Terrasse mit einer gelungenen Fortführung des Langen Angers bewusst vom Gadamer Platz ab und schafft über eine großzügige Brückenverbindung die Vernetzung der beiden Platzflächen. Der Lange Anger wird von der Brücke aus in einer zusätzlichen Dimension erlebbar, was als außerordentlich positiv gewertet wird. Positiv sind auch die Fortsetzungen der Baumreihen entlang der Ost- und Westseite und die sich dadurch ergebenden Sichtachsen. Eine überaus großzügige, mit Betonplatten befestigte Platzfläche schließt sich an und wird durch ein kreisrundes unmotiviert wirkendes Wasserbecken und ebenfalls kreisförmige Hochbeete, sowie durch einen zweigeteilten Baumhain im nördlichen Teil bestimmt. Insgesamt wirkt die Platzfläche aber unbelebt, obwohl Angebote wie Café-Freisitz und die Option für einen Infopoint mit Kiosk angedeutet sind. Im Anschluss an den großen Platz befindet sich südliche ein abgegrenzter und tiefer gelegener Spielbereich, der in seiner Dimensionierung kleiner als gefordert ausfällt. Den Abschluss bildet eine unscharf dargestellte Nutzungsmischung aus Biergarten, Café, Bar und öffentlicher Toilette, die jedoch an dieser Stelle richtig platziert scheint. Das Wechselspiel von Anheben und Absenken der Platzflächen ist wenig nachvollziehbar. Die wichtige Sichtbeziehung vom Platz in die freie Landschaft ist auf Grund dieser Situation und der nach Süden ansteigenden Platzfläche in Frage zu stellen. Die angedeutete Umfahrung des Platzes mit PKW widerspricht der Auslobung und sollte nicht weiter verfolgt werden. Dem Verfasser gelingt es im Vergleich zu den anderen Flächen der Bahnstadt nicht, dem Platz eine eigene Identität zu geben. Inwieweit alle Nutzergruppen Angebote finden, lässt sich aus dem Entwurf nur in Ansätzen erkennen; Besonderheiten sind nicht dargestellt. Die geforderte Multifunktionalität ist auf den großen Freiflächen möglich, geht aber zu Lasten des Ambientes. Die zu erwartenden Kosten für Herstellung und Unterhalt liegen über dem Soll, da einige Wasserflächen vorgesehen sind und viele Bäume in befestigten Flächen liegen. Dieses Budget dürfte bei einer Realisierung jedoch durch Qualitätsanpassungen erreichbar sein. Die Aufwendungen für den Unterhalt werden im mittleren Bereich liegend eingeschätzt. Insgesamt bietet der Entwurf für die Vernetzung mit dem Gadamer Platz einen überzeugenden Ansatz, der hier in besonderer Weise gewürdigt wird. Die weiteren Lösungsansätze für die Pfaffengrunder Terrasse sind eher kein Beitrag zur Lebendigkeit und Attraktivität des Stadtteils.