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Offener Wettbewerb | 04/2019

Umgestaltung Helvetiaplatz in Bern (CH)

3. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

JANS - Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum

Landschaftsarchitektur

Samuel Flükiger Städtebau Architektur

Architektur, Stadtplanung / Städtebau, Szenographie

Belloli Raum- und Verkehrsplanung

Verkehrsplanung

Gruner AG

Bauingenieurwesen

Lichtblick

Lichtplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau
Städtebaulich greift dieser Entwurf das Thema der radialen Grundform und Zentrierung auf. Eine ovale Platzmitte vermittelt städtebaulich zwischen den prägenden Strukturen der Hauptachsen, den strahlenförmigen Baufeldern, den strahlenförmigen Parkanlagen und den orthogonalen Baufeldern am Brückenkopf und in Richtung Museumsquartier. Das Projekt besticht durch die grosse städtebauliche Geste, den fehlenden Raumkanten eine starke Mitte entgegenzusetzen, welche sich im Belag um das Welttelegrafendenkmal als helle, ellipsenförmige Fläche deutlich abzeichnet. Die Ellipse bildet eine neutrale Figur, welche die verschiedenen Ränder, die an den Platz stossen, gleichberechtigt verbindet und alle denkmalpfegerisch wertvollen Elemente – darunter auch das Welttelegrafendenkmal – auf adäquate Weise berücksichtigt und in Szene setzt. Es soll ein Platz für die ganze Stadt geschaffen werden, der die Geste des Brückenschlags (Kirchenfeldbrücke) aufnimmt und einen grossartigen Eintritt ins Kirchenfeldquartier darstellt.

Landschaftsarchitektur/Architektur/ Mobiliar
Eine den Platz umfassende Reihe aus Linden vermittelt dabei zwischen der inneren, offenen Platzfäche und den äusseren, strahlenförmigen Achsen und Bau- bzw. Parkfeldern. Die räumliche Zonierung wird durch eine radiale Pfästerung gestärkt, welche vom inneren Oval bis an die innere Grenze der Ringstrasse verläuft und damit zur Wahrnehmung des Platzes als Gesamtensemble führt. Die Ellipse in der Platzmitte erhält einen hellen, warmgrauen Terrazzo-Asphalt, der sich deutlich von den dunkelgrau gepfästerten Seitenbereichen abhebt. Es ist aber leider davon auszugehen, dass sich die helle Farbgebung der Ellipse durch den Gebrauch an den umgebenden Belag angleichen wird, was zu einer Verwischung oder Schwächung des Konzepts führen wird. Die grosszügigen Flächen im Randbereich vor der den Platz rahmenden Lindenreihe machen wenig bis keine Angebote zum Aufenthalt. Die Frage, ob die Flächen genutzt werden oder nur repräsentativ wirken, bleibt offen. Da der Versiegelungsgrad außerdem sehr hoch ist und es kaum Angebote zum Aufenthalt oder Flanieren im Schatten gibt, ist mit einem starken Aufheizen des Platzes im Sommer zu rechnen, was sehr kritisch beurteilt wird. Es wird vorgeschlagen, auf den Grundstücken des heutigen Ziergartens und des ehemaligen Restaurantgartens einen Quartierspark anzulegen. Das Potenzial, das im Begriff Quartierspark steckt, wird aber leider nicht genutzt. Die Anordnung einer freien und ungegliederten Fläche als Spielwiese – bei Fällung einer Grosszahl der vorhandenen Bäume – erscheint der Jury als Gestaltungsansatz und als Aufenthaltsangebot für die Flächen zu wenig.

Verkehr
Die Verkehrsführung geht davon aus, dass der Verkehr aus der Marienstrasse nach Norden auf die Strasse vor der Kunsthalle gelenkt wird, die heute für den motorisierten Verkehr geschlossen ist – dies um das Arboretum und den mit Kastanien überstandenen Bereich zu einem Quartierspark zusammenzufassen. Für den Veloverkehr ergibt sich bei dieser Fahrbeziehung der gleiche Umweg, da die geradlinige Platzzufahrt unterbunden wird. Auf dem Platz selbst wird der Verkehr in einem Kreisverkehr um die Platzmitte gelenkt, was aus Sicht der Jury unnötig viele Verkehrsbewegungen nach sich zieht. Das Einbahnsystem des Kreisverkehrs bringt es mit sich, dass es keine Linksabbiegebeziehungen mehr gibt, was generell als Verkehrssicherheitsgewinn gewertet werden kann, wohingegen sich viele Fahrbeziehungen deutlich verlängern, auch für den Velo- und Busverkehr. Besonders kritisiert wird, dass durch dieses Konzept eine Fahrbahn vor den Eingang zum historischen Museum zu liegen kommt, was die ohnehin städtebaulich schwierige Eingangssituation hinter dem Welttelegrafendenkmal nochmals stark einschränkt. Es wurde bezweifelt, dass die Platzmitte um das Denkmal genutzt wird, wenn die Besucherinnen und Besucher, um dorthin zu gelangen, in jedem Fall die Fahrbahn queren müssen. Da die Tramgleise die repräsentative Platzmitte im Osten tangieren und die Fläche zerschneiden, erscheint der Jury diese Situation als unangemessen und zu unsicher – vor allem mit Blick auf die Aufenthaltsqualität und unter Berücksichtigung spielender Kinder. Bei der Bushaltestelle in der Bernastrasse sind die notwenigen Schleppkurven für die gerade Anfahrt aus südlicher Richtung an die barrierefrei auszubildende Haltekante nicht gewährleistet. Aufgrund der Lage des Kreisverkehrs sind hier auch keine Optimierungen möglich. Hinsichtlich der Tramführung wurde die kostengünstigere Variante 2 gewählt. Im Bereich der Tramhaltestelle sind die Haltekanten leider etwas zu kurz ausgebildet.

Beleuchtung
Das städtebauliche Konzept wird durch zwei zentral angeordnete Pylonen unterstützt, die das Oval in der Mitte stärken und einen Eingang ins Quartier andeuten. Sie bilden die Mitte einer bis zu den Platzrändern gespannten, abgehängten Beleuchtung. Als Ergänzung dienen funktionale Mastleuchten der Beleuchtung der Achsen bzw. Straßen, wobei auf Kritik stößt, dass die Bereiche in der Farbe des Lichts differenziert werden.

Fazit
Insgesamt verfolgt dieser Entwurf ein sehr starkes städtebauliches Konzept, welches gut und stringent ausgearbeitet wurde. Das Bild an sich wirkt zwar überzeugend, wirft aber die Frage auf, ob es in der Realisierung auch zu halten vermag, was es evoziert. Die marginale Aufenthaltsqualität und das schwierige Verkehrskonzept führen in der Konsequenz dazu, dass sich die große städtebauliche Geste letztlich selbst infrage stellt.