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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2019

Erlebnis Stadtmauer - Sanierung der vorhandenen Befestigungsanlage in Pegau

Klosterwiese

Klosterwiese

Anerkennung

Preisgeld: 3.050 EUR

LILASp - Lichtenstein Landschaftsarchitektur & Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Pegauer Stadtmauer bildet für die Bewohner eine wichtige Quelle der eigenen Identifikation und ist damit Baustein der lokalen Identitätsbildung. Im Zentrum des Konzepts steht daher die Wiederentdeckung und Sichtbarmachung der Pegauer Stadtmauer. Als raumbildendes Element verbindet sie die verschiedenen Teilräume der inneren Stadt und der äußeren Landschaft miteinander. Aufgrund der nur noch partiell erhaltenen Substanz, kann die Stadtmauer die Rolle als verbindendes Element jedoch nicht mehr in Gänze erfüllen. Auch die umliegenden Landschaftsräume und bestehenden Grünflächen entlang der Mauer benötigen ein qualifizierte Neuordnung und Herausarbeitung ihrer Potentiale.

KONZEPT
Die Stadtmauer wurde in weiten Teilen abgetragen und besteht nur noch partiell. Um der Stadtmauer ihre visuelle Kontinuität wiederzugeben, werden diejenigen Teilbereiche, in denen keine Substanz mehr vorhanden ist, durch Baumpflanzungen ergänzt. Hier werden säulenförmige Blutbuchen eingesetzt, um den historischen Verlauf der Stadtmauer räumlich nachzuzeichnen. Aufgrund der relativ hohen Wuchshöhe, der Säulenform und der prägnanten Laubfärbung, setzen sich die Blutbuchen von der umliegenden Vegetation ab und repräsentieren die Mauer über das ganze Jahr hinweg. Dieser Umgang mit der Stadtmauer und dessen Sichtbarmachung durch Baumpflanzungen, bildet dabei eine minimal invasive Lösung, die vor allem eine Realisierung auf nicht stadteigenen Grundstücken ermöglicht. Denn weite Teile des ursprünglichen Verlaufs der Stadtmauer erstrecken sich heute über privaten Grund, was eine aufwendige Neugestaltung bzw. Inszenierung der Mauer erschwert. Die bestehenden Mauerreste sollen denkmalpflegerisch ertüchtigt, jedoch nicht durch zusätzliche Bausubstanz erweitert werden. Zur besseren Wahrnehmung der Mauerreste soll der dichte Vegetationssaum entlang der Mauer entfernt und niedrige bis mittelhohe Gehölze entnommen werden. So erhält die Stadtmauer eine Vorfläche, die mit niedrigen Geophyten (Frühlingsblüher) bepflanzt wird und der Mauer so eine neue Geltung verschafft.
Um den verbindenden Charakter der Stadtmauer zu unterstützen und die verschiedenen Landschafts- und Freiräume der Stadt miteinander zu verweben, schlägt das Konzept ein Landschaftsband vor. Dieses Landschaftsband verläuft dabei nicht ausschließlich entlang des historischen Mauerverlaufs, sondern steht in einem dynamischen Wechselspiel zwischen dem Erleben der Stadtmauerreste auf der einen und der Aneignung der hochwertigen Freiräume auf der anderen Seite. Der Rundweg durchquert und verbindet dabei auch die drei Umsetzungsbereiche miteinander, deren Gestaltung sich maßgeblich aus den dort vorhandenen Freiraumstrukturen und Aktivitäten ergibt: Der Kulturgarten, der Uferpark mit den Elsterterrasse und die Klosterwiese.

Umsetzungsbereich 1 (Kulturgarten)
Der Kulturgarten befindet sich im nördlichen Bereich des Landschaftsbandes und ist zwischen Stadtfriedhof und Frederic Joliot Curie Schule gelegen. Die Formsprache des Konzepts orientiert sich an dem westlich gelegenen Gartendenkmal, welches als Auftakt des Kulturgartens an der Westseite fungiert und eine geometrische Formsprache vorgibt. Um diese Eingangssituation zusätzlich zu betonen und die Verbindung mit der Innenstadt zu schaffen, verweist ein alternativer Bodenbelag auf das ehemalige Stadttor. Der Kulturgarten führt entlang des Landschaftsbandes und ist durch zwei Grandwege eingefasst. Im westlichen Teil wird der ehemalige Wehrturm als ikonisches Element der Stadtmauer inszeniert. Dieser wird durch Sitzstufen in der Böschung als Aufenthaltsort qualifiziert und durch eine kleine Platzfläche komplettiert. Die Platzfläche bietet sich für diverse Veranstaltungen an und wird durch eine Boulefläche ergänzt. Entlang des Kulturgartens spannen sich Pflanzflächen und Rasenflächen zwischen den beiden Grandwegen auf. Die Freiflächen können unter anderem für Kunstinstallationen genutzt werden, um eine Freiluftgallerie für die Pegauer Künstler zu schaffen. Im zentralen Bereich des Gartens gibt das Konzept der Friedhofskapelle einen Vorplatz und eine großzügige Treppenanlage. Dies schafft einen attraktiven Ort zum Verweilen und einen neues, angemessenes Entrée für den Friedhof. Dieser Vorplatz wird durch ein Pflasterband mit dem Weltkriegsdenkmal verwoben. Im östlichen Bereich des Kulturgartens wird der im Bestand vorhandene Kinderspielplatz erweitert und weiter qualifiziert.
Im Bereich des Kulturgartens ist die Stadtmauer in weiten Teilen noch zu erkennen. Um die Sichtbarkeit der Mauerreste zu erhöhen und sie in den Kulturgarten einzubinden, wird der vorhandene Vegetationssaum entfernt und die Mauer freigestellt. In die so entstehende Vorzone der Mauer werden Frühblüher gepflanzt, die sich als Pflanzenband an der Mauer entlang bewegen. Die Bereiche ohne Mauersubstanz werden durch Blutbuchen ergänzt. Die prägenden Bestandsgehölze entlang der Mauer und auf der Böschungskante des Friedhofs werden in weiten Teilen erhalten. So wird die charakteristische Allee-Struktur des Gartens beibehalten und durch die Blutbuchen als neue Elemente ergänzt. Um die Orientierung von Besuchern und Bewohnern zu verbessern und sie durch das Landschaftsband zu führen, werden an historisch wichtigen Punkten Informationsstelen aufgestellt. Diese geben Orientierung und verweisen auf die Pegauer Stadtgeschichte.

Umsetzungsbereich 2 (Elsteraue mit Uferterrassen)
Die Elsteraue bildet durch seine Wasserlage und die Lage am östlichen Stadteingang Pegaus einen attraktiven Naherholungsort und einen wichtigen Baustein im übergeordneten Konzept. Angelehnt an die bestehenden Freiraumqualitäten, soll die Elsteraue renaturiert werden und in seine ursprüngliche Form als Biotop für Insekten und Zugvögel umgewandelt werden. Diese einzigartige Naturlandschaft wird durch einen Uferweg erfahrbar gemacht, der an der Uferzone entlangführt und Teil des übergeordneten Landschaftsbandes ist. Neben dem Uferweg führt ein weiterer Wanderweg entlang der historischen Reste der Stadtmauer. Diese bildet gegenüber der renaturierten Naturlandschaft einen starken Kontrast und vermittelt den historischen Gegensatz zwischen dem Inneren der Stadt und der außenliegenden Landschaft. Der östliche Stadteingang wird durch die Uferterrassen neu Inszeniert und an die attraktive Wasserlage angebunden. Eine großzügige Stufenanlage führt bis an das Wasser heran und fungiert gleichzeitig als Anlegestelle für Kanutouren und weiteren Wassersport. An die Stufenanlage schließt ein städtischer Grandplatz an, der durch eine Baumreihe zum Wasser und die Stadtmauer samt Feuerwachse auf der anderen Seite eingefasst wird. Diese Platzfläche springt im südlichen Teil über die Straße und erzeugt so eine einladende Geste beim Eintritt in die Stadt. In diesem Bereich befand sich einst das östliche Stadttor, welches durch einen Belagswechsel und Baumpflanzungen hervorgehoben wird. Um die Uferterrassen zusätzlich zu beleben wird ein gläserner Café-Pavillon am Stadtturm vorgeschlagen, der durch seine Außengastronomie einen Anlaufpunkt bildet. Zusammen mit dem starken Wasserbezug stellen die Uferterrassen einen einzigartigen und stimmungsvollen Aufenthaltsort in Pegau dar.

Umsetzungsbereich 3 (Klosterwiese)
Die Klosterwiese liegt im südlichen Bereich der Stadtmauer zwischen dem Pfarramt und der Feldmark angrenzend an das Volkshaus Pegau. Die freiräumliche Struktur des Ortes mit seiner dichten Baumstruktur und den ehemaligen Forellenteichen aufgreifend, soll hier ein intimer Gartenbereich zum Verweilen und entspannen entstehen. Dabei liegt der Fokus auch auf der gemeinschaftlichen Nutzung des Areals, was sich vor allem in der Möblierung mit Sitzgruppen widerspiegelt. Der ehemalige Wehrturm, der gegenwärtig bereits als Kulisse für diverse Feierlichkeiten genutzt wird, soll durch eine großzügige Grandfläche ergänzt werden. Diese Fläche kann zukünftig für Veranstaltungen genutzt werden und bietet eine sinnvolle Ergänzung als Veranstaltungsort des Volkshaus Pegau unter freiem Himmel. Die dichte Gehölzstruktur wird in den Lichtungsbereichen und entlang des Rundwegs durch freistehende Apfelbäume ergänzt, um eine Streuobstwiese zu erzeugen. Die Streuobstwiese greift dabei die Idee der Selbstversorgung auf, die bereits durch den Weinanbau auf der Klosterwiese vorhanden ist. Der ehemalige Forellenteich wird durch ein großzügiges Holzdeck ergänzt und lädt zur naturnahen Erholung ein. Eingerahmt wird der intime Gartenbereich durch auf der Nordseite durch Blutbuchen, welche den historischen Mauerverlauf nachzeichnen und mit dem ehemaligen Kloster im Hintergrund eine spannende Kulisse bilden. Der Rundweg verläuft entlang der Streuobstwiese und verläuft im Bereich des Elstermühlengrabens als Holzsteg entlang der Uferkante. Er springt gleichzeitig auch auf die andere Seite des Grabens und bindet so den Naturraum der Landmark in das Landschaftsband ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Jury begrüßt die situativ genaue und detaillierte Entwurfsplanung des gesamten Mauerverlaufs, die eine Vielzahl interessanter Einzelthemen und Raumbezüge entstehen lässt. Hierbei wird der Bereich 1 als formeller Park mit streng gefassten Pflanzbereichen interpretiert, der Bereich 2 mit einem starken räumlichen Auftakt aus Wehrturm-Cafe und Anlegerterrassen versehen und der Bereich 3 als Wasserlandschaft mit kleineren Möblierungen entwickelt. Die umlaufend eingesetzten Säulenblutbuchen zeichnen dabei die Fehlbereiche der Stadtmauer in kräftiger Form raumbildend nach, verstellen bei erwartbarem Größenwachstum jedoch wichtige Stadtansichten und Blickbeziehungen.

Während identitätsprägende Einzelbereiche wie der nordwestliche Wehrturm besonders freigestellt und mit einem vorgelagerten, sehr großen Platzraum betont werden, fehlen hier sowohl leistungsfähige Wegeanbindungen als auch funktionale Abtrennungen zu den öffentlichen und privaten Bestandslagen. Gelungen ist der überraschende Vorschlag der Öffnung und direkten Treppenverbindung zur Friedhofskirche sowie die deutliche Kennzeichnung der Schnittpunkte von Stadtmauerverlauf und Zufahrtstraßen zum Zentrum. Der Zuschnitt der konzipierten Pflanzbeete wie auch die Maßstäblichkeit der Elsterterrassen scheinen hinsichtlich des baulichen Aufwands als auch des absehbaren Pflegeaufwands gleichermaßen überzogen.

Denkmalpflegerische Belange scheinen nur im tolerierbaren Maß tangiert, die Freistellung der Stadtmauer ist sowohl im engeren Spurverlauf zu den Blutbuchen als auch in den räumlichen Abständen zu tangierendem Landschaftraum und Wegeführungen hinreichend.

Insgesamt eine interessante Arbeit, die vor allem hinsichtlich gelungener Einzelpunkte und weniger in der gestalterischen Gesamtkonzeption zu überzeugen weiß.
Turm im Kulturgarten

Turm im Kulturgarten

Strukturplan

Strukturplan

Strukturplan Erläuterung

Strukturplan Erläuterung

Lagepläne Vertiefungsbereich Klosterwiese und Kulturgarten

Lagepläne Vertiefungsbereich Klosterwiese und Kulturgarten

Lagepläne Vertiefungsbereich Elsterufer

Lagepläne Vertiefungsbereich Elsterufer