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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2020

Neugestaltung Stadtraum Neuer Markt in Stralsund

Perspektive 1

Perspektive 1

1. Preis

Preisgeld: 34.800 EUR

Bruun & Möllers GmbH & Co. KG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der historische Marktplatz (Neue Markt) in Stralsund soll neu geordnet werden. Damit besteht die Chance, nicht nur den Platz, sondern auch sein Umfeld, die Marienkirche und das sowjetische Ehrenmal zu einer Einheit zusammenzuführen und dabei jeden Teil für sich klarer in Erscheinung treten zu lassen. Ziel des Entwurfs ist es, diesen Teil der Stadt zukunftsfähig zu gestalten und in seiner Erscheinung harmonisch in das historische Stadtbild zu integrieren. Das bedeutet zukünftig: der Markt ist kein Parkplatz, sondern lebendiger Platzraum; die Grünräume um die Kirche keine Restflächen, sondern ein Garten; und das Ehrenmal weniger ein Fremdkörper, sondern ein selbstverständlicher Teil seiner Umgebung.
Über diese beiden Stadträume wacht das imposante Kirchenschiff, das die Gesamtsituation positiv bestimmt. Dabei braucht der Dom beide Räume, um sich in seiner Gänze entfalten zu können. Der grüne Rahmen im direkten Schatten der Kirche ist Rückzugsort und Ruheort zugleich. Er bettet die Kirche sanft in den Stadtraum ein und schafft eine angenehme Distanz zum lebendigen Stadtraum.
Über der offenen, zurückhaltend gestalteten Platzfläche wandert der Schatten der Kirche. Vor allem in den sonnigen Bereichen hat das Stadtleben Platz sich zu entfalten.
Die historische städtebauliche Figur des Platzes wird in der Gestaltung aufgegriffen und wieder lesbar gemacht. Die ehemalige städtebauliche Kante und das historische Rathaus werden nachgezeichnet. Im Übergang zum Kirchenumfeld werden die historische Fassadelinie in Form eines steinernen Sockelelements ausformuliert, und damit die Grenze zwischen Platz und Garten gleichzeitig hervorgehoben und belebt.
Zwischen Ehrenmal und Platz wird ein klarer Übergang geschaffen und durch eine gezielte Öffnung des Sitzelements das Ehrenmal dezent in die Platzgestaltung integriert. Das baufällige Podest des Ehrenmals wird ersetzt durch einen neuen Sockel, der es möglich macht, dass der Bereich darum auf das Niveau des umgebenden Gartens abgesenkt wird. Auch der Blick auf das Nordportal wird so nicht mehr verstellt. Es wird vorgeschlagen, die Gedenktafeln aus ihrer strengen Ordnung zu befreien und unter den Bäumen im Rasen ebenerdig einzubetten. Insgesamt wird der grüne Rahmen um das Kirchenschiff durch ein neues Wegesystem und klar akzentuierte Eingangssituationen gestärkt. Frühjahrsblüher bringen farbige Akzente in das grüne Umfeld der Kirche. Das Ehrenmal mit seiner Stele aus Sandstein fügt sich in diese Komposition selbstverständlich und zurückhaltend ein.
Auf dem Markt selber entsteht ein einheitlicher Platzteppich. Als Belag wird gesägtes Großsteinpflaster aus Granit vorgeschlagen, um sich in das historische Bild zu integrieren und gleichzeitig eine gute Begehbarkeit des Platzes zu gewährleisten. Sowohl der Platzbelag als auch der Kirchengarten bekommt einen kräftigen Rahmen aus großformatige Natursteinplatten in Anlehnung an das historische Vorbild der Stadt. Das Motiv der Gehwege im Umfeld wird somit aufgenommen und weitergeführt.
Punktuelle Gestaltungsmaßnahmen setzen Akzente in den sonst offen gehaltenen Stadtraum. Als einziges neues Schmuckelement ist ein Wasserspiel als bodenbündiger Wasserfilm vorgesehen. Der Grundriss des historischen Rathauses wird dabei nachgebildet. Das Wasser ist damit als multifunktionales Element Spielfläche, Anziehungspunkt und nutzbare Fläche für den Markt (durch Abstellen der Technik) zugleich. Der bestehende Pavillon wird saniert und in seiner Setzung durch drei neue Laubbäume unterstrichen.
Auf dem Platz selbst soll geprüft werden, ob auf hohe Mastleuchten, die die Maßstäblichkeit stören, verzichtet werden kann. Ziel ist es, zu einer Lichtstimmung zurückzufinden, die auf dem Mantra „mehr Sehen mit weniger Licht“ beruht. Entlang der Raumkanten werden Mastleuchten mit möglichst niedrigen Lichtpunkthöhe aufgestellt, die ein warmes Licht verbreiten. Die Platzmitte wird dabei bewusst dunkler gehalten, ohne Angsträume zu generieren. Zusätzlich wird punktuell Licht auf den Platz gebracht. Dies geschieht in Form von hervorhebender Beleuchtung des Pavillons, des Wasserspiels und des langen Bankelements.
Das Verkehrskonzept sieht eine Sackgassenführung der umgebenden Straßen vor (ausgenommen Tribseer Straße) und eine Sperrung des Platzes für die motorisierten Verkehre (ausgenommen Lieferverkehr und Taxivorfahrt Hotel). Poller werden als Absperrung vorgeschlagen. Die geforderten Kurzzeitstellplätze werden entlang der Fahrgasse der Tribseer Straße angeordnet. Um im Süden der Kirche die Gehwegbereiche herzustellen, wird hier auf das Parken in der Einbahnstraße verzichtet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den VerfasserInnen gelingt es, mit großer Selbstverständlichkeit die besonderen Eigenarten des Or-tes ebenso herauszuarbeiten, wie historische Bezüge herzustellen. Dies geschieht mit Sensibilität, Lässigkeit und Unaufgeregtheit. Den Neuen Markt innerhalb seiner baulichen Raumkanten zunächst einheitlich zu gestalten, um in einem zweiten Schritt Themen der historischen Bezüge und Elemente subtil zuzufügen, wird vom Preisgericht sehr positiv bewertet. Die unterschiedlichen Charakter von of-fenem Platz und baumbestandenem Kirchenumfeld werden folgerichtig mit für Stralsund typischen Granitplatten eingefasst, was gleichzeitig Rahmung und Trottoir ergibt. Die Häuser an den West-, Nord- und Ostseiten erhalten dadurch ihre typischen Vorbereiche in bekannter Größe. An diesen Sei-ten wird auf der Platzfläche jeweils eine „Fahrspur“ subtil durch Intarsien aus höhengleichen Granit-platten markiert, ohne Straße zu werden und ohne dass die Großzügigkeit des Platzes in Frage ge-stellt wird. An der Südseite entfällt diese Markierung, um Platz und Kirchenumfeld stärker zu verbin-den. Stattdessen stellt eine deutliche Kante in Form eines linearen Sitzelementes aus Granit geschickt den Bezug zur früheren Bebauung der südlichen Platzseite her. Das Ehrenmal mit neuem Sockel und ausreichend freiem Raum würdigt die Bedeutung der Erinnerung und gibt ebenso den Blick und Zu-gang zum Paradies frei. Gedenken an die gefallenen sowjetischen Soldaten und Sichtbarkeit des bedeutenden Kirchenmonuments stehen in ausgewogener Balance. Der Ehrenhain wird in seiner Ge-samtwirkung allerdings deutlich verändert, was im Preisgericht kritisch gesehen wird. Die Neuordnung der Grabplatten lässt keine nachvollziehbare Herleitung erkennen und überzeugt nicht.
Das Umfeld der Marienkirche erhält seine Prägung durch den Wechsel von Baumbestand und Rasen-flächen. Die Erschließungswege werden neu geordnet und in einem wohlproportionierten Verhältnis zu den Grünflächen ausgebildet. Der Bereich des südlichen Kirchhofes zeigt sich als ruhige, zusam-menhängende Fläche und Zugang zum Südportal. Bänke sind an den richtigen Standorten gut ange-fügt.
Die einzigen Elemente auf dem Platz – Pavillon und Wasserbecken – sind überzeugend platziert. Das Umfeld des Pavillons mit Bäumen zu stärken wird positiv bewertet. Anzahl und Lage müssen aller-dings geprüft werden hinsichtlich des ungestörten Blicks auf St. Marien. Der Vorschlag, die Gastrono-mie über die „Fahrbahn“ auf den Platz am Pavillon zur sonnigen Seite auszudehnen überzeugt.
Das Wasserspiel mit seinem Bezug zum historischen Rathaus stellt ein gutes und belebendes Ele-ment für Kinder und Erwachsene dar. Ob die vorgeschlagene Ausformung als ebenerdige Wasserflä-che frei auf dem Platz die richtige Antwort ist, wird kontrovers diskutiert.
Die Arbeit überzeugt durch ihre große Selbstverständlichkeit, ihre Einfühlungskraft und durch die An-gemessenheit der baulichen Mittel.
Lageplan

Lageplan

Perspektive 2

Perspektive 2

Perspektive 3

Perspektive 3

Isometrie

Isometrie

Detail

Detail

Längsschnitt

Längsschnitt

Querschnitt

Querschnitt