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Studienauftrag im selektiven Verfahren | 06/2022

Neugestaltung Schiffländi in Stein am Rhein (CH)

L'heure bleue, Visualisierung

L'heure bleue, Visualisierung

Engere Wahl

Schmid Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Stein am Rhein, dieses schmucke Kleinod am Rhein. Wohin soll nun die Reise gehen? Wir schlendern durch die malerischen, mittelalterlichen Gassen mit den kunstvoll gestalteten Fassaden seiner Stadthäuser und wir treten auf die Schiffländi am Rhein. Hier öffnet sich der Blick übers Wasser in die Weite. Es ist ein Ort mit unterschiedlichen Gesichtern, im Winter und im Sommer, frühmorgens oder wenn die blaue Stunde schlägt. Die Betriebsamkeit wechselt sich ab mit der Ruhe nach dem letzten Schiff. Es ist ein atmosphärischer Ort, den man nicht so schnell vergisst.

Die Transformation der Schiffländi hat sich über viele Jahrzehnte vollzogen: der Warenumschlagsplatz extra muros ist Geschichte. Die einst abweisenden, befestigten Hausfassaden zum Rhein erhielten zusehends ein freundliches Gesicht, die Gassen wurden zur Schiffländi hin geöffnet, insgesamt wurde sie vergrössert, die baumbestandene Promenade entlang des Ufers signalisierte seine Öffnung als öffentlicher Ort, die Lagerschuppen wichen touristischen Nutzungen, die Schiffländi wurde stromabwärts an die Uferlandschaft angebunden, die Gartenwirtschaften richteten sich zum Rhein hin ein, die Schiffanlegestelle wurde an die heutigen Erfordernissen angepasst, der touristische Zweckbau wurde abgebrochen und schliesslich wurde Platz geschaffen für eine neue Schiffländi. Sie ist die Visitenkarte des Städtchens.

In Zukunft wird die Schiffländi robust und werthaltig. Sie wird zum Landmark und erste Ankunftsadresse mit seinem kräftigen Baumbouquet, das von weitem vom Schiff aus in Erscheinung tritt und zum Teil der Steinemer Stadtsilhouette wird: Schiffländi, Stadtfassade, Dachlandschaft und hoch oben das Schloss Hohenklingen. So fügt sich die Schiffländi einerseits mit dem Baumbouquet ins Weichbild der Rheinlandschaft ein. Andererseits wird sie zum öffentlichen Ort, der alle Attribute einer städtischen Anlage aufweist und die Idee der historischen Promenade und des offenen Platzes weiterentwickelt. Hier sind unterschiedlichste Aktivitäten möglich, seien diese temporär oder fest, sowohl im Sommer als auch im Winter.
Die Schiffländi ist eine Anlage, die als Gegenstück zur inneren Altstadt zu lesen ist. Sie tritt vor allem als Einheit mit unverwechselbarem Charakter auf. Gleichwohl verfügt sie über unterschiedliche räumliche Qualitäten, die aus ihrem Bestand entwickelt werden: das von weitem sichtbare Baumbouquet mit Unterstand als Landmark, die offene Platzfläche vor den schattigen Restauranterrassen und die Promenade unter Bäumen direkt am Rheinufer. Vielfältige Situationen bereichern die Schiffländi: Sonne und Schatten, Platz und Gartenwirtschaft, Schiffsanlegestelle und Promenade, Bewegung und Aufenthalt, ein Ort sowohl für Touristen und als auch für den Steinemer Alltag.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die übergeordnete Analyse der Landschaft zwischen Rheinfall und Bodensee führt das Entwurfsteam zur Bildung einer Landmark auf dem Platz, die kleinräumige Analyse der Altstadt zur Ausbildung des robusten Platzes als einen zusammenhängenden Raum als Gegenüber der inneren Altstadt und nicht zuletzt zur klaren Dreiteilung auf dem Platz. Kräftig werden die drei Zonen ausformuliert: Der Landmark im Westen als Baumhain aus Pappeln, Weiden und einem gedeckten Aufenthaltsbereich, der Bereich der Gartenwirtschaften als Hain von lichten und aufgeasteten Baumarten und der Teil der östlichen Promenade mit einer Mischung von Bestandsbäumen und lichten Baumarten. Die Bäume stehen alle in grossflächigen Kiesbelägen, deren Form sich von der jeweiligen Situation ableitet. Der Platz und die Bewegungsflächen sind mit unterschiedlich breiten Reihen von Natursteinplatten belegt. Mit dem gleichen Stein werden die Höhensprünge zur Aussengastronomie gelöst und der Abschluss zum Rhein als Sitzmauer mit den Bestandsplatten ausgebildet.

Die Lage, die Gestalt und die Ausformulierung des architektonischen «Landmarks» an der Nord-West-Ecke des Planungsperimeters kann nachvollzogen werden. Die runde Form passt an dieser Stelle. Die Grösse des Unterstandes wird jedoch hinterfragt, vor allem in Zusammenhang mit der dahinterliegenden Suumetzg / Badstube. Es besteht die Gefahr, dass diese für Stein am Rhein sehr wichtigen und markanten Bauten, durch den neuen Unterstand (vor allem in Zusammenhang mit der üppigen Bepflanzung) «unterdrückt» bzw. in den Hintergrund gerückt werden. Auch die Lage in Zusammenhang mit der Gewässerlinie müsste präzisiert werden, ein Abrücken von zuvor erwähnten Bauten wäre wünschenswert. Positiv erwähnt werden kann die vertiefte Auseinandersetzung des Planers mit ersten konstruktiven Ansätzen, eine Realisierung erscheint in dieser Form möglich, wenn auch aufwendig.

Der formale Abschluss der Schiffländi nach Süd-Westen mit einer Sitzmauer im Bereich der Anlegestelle gibt dem Platz Halt und einen Abschluss, dieses Detail erscheint aus architektonischer Sicht richtig und wünschenswert.

Die grosse offene Mitte wird begrüsst. Durch diese kann Gemeinschaft erlebt und die Schiffländi vielfältig das ganze Jahr bespielt werden, auch wenn gleichzeitig die Schifffahrt und Zufahrten sichergestellt werden müssen. Die Zonierungen in Aufenthaltsbereich mit Pavillon, Aussengastronomie und Flanierzone mit Gastronomie und Aufenthalt leitet sich von der heutigen Nutzung ab. Das Projekt löst die Stellen, wo heute Schwächen sichtbar sind.

Der Einsatz von Zukunftsbäumen und standortgerechten Arten, die Entsiegelung in den Pflanzbereichen und Gedanken zum Lebenszyklus des Belages zeugen von ökologischen Ansätzen, auch wenn diese nicht offensichtlich in den Vordergrund treten. Das ausgewogene Mass von Pflanzdichte und offenen Flächen, der helle Belag, der Brunnen unter den Bäumen und viele unversiegelte Flächen vermögen das Mikroklima gegenüber heute merklich zu verbessern.

Durch die Zonierung entstehen automatisch unterschiedliche Orte, die unterschiedliche Gruppen anziehen. Auch wenn den Schiffs-Touristen hohen Stellenwert zugestanden wird, ist auch vorstellbar, dass Kinder am Brunnen spielen, die Jungen am Kleinschifffahrthafen Sonnenbaden und ältere Steiner auf den bequemen Bänken lesen. Nicht ganz schlüssig sind die Stufen in der Aussengastronomie, die eine Art Zweiklassengesellschaft entstehen lassen. Die fix angeordneten Aussenbereiche der Restaurants lassen zudem wenig Flexibilität zu.

Das Lichtgestaltungskonzept ist kontrastreich und doch unaufgeregt sanft. Die sich zurücknehmende Einfachheit und klare Strukturierung ergibt eine ökonomische Umsetzungsbasis. Die vorgeschlagenen Pilzmastleuchten stellen am hiesigen Ort jedoch ein leichtes Risiko hinsichtlich Blendung und Lichtverschmutzung dar. Wärmere Lichtfarben (1‘800 bis 2‘200K) resp. PC Amber wären zu prüfen.

Das Projekt erscheint durch den hochwertigen Belag auf den ersten Blick teuer. Die mit Keis ausgebildeten Baumflächen kompensieren den Preis teilweise. Berücksichtigt man die Lebenszykluskosten mit Unterhalt, Lebensdauer und Sanierung, so schliesst das Projekt gut ab.
L'heure bleue, Situation und Rheinansicht

L'heure bleue, Situation und Rheinansicht