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Award / Auszeichnung | 06/2022

Bayerischer Landschaftsarchitektur-Preis 2022

WA15

WA15

Prinz-Eugen-Park

DE-81927 München

Bayerischer Landschaftsarchitektur-Preis 2022

liebald+aufermann landschaftsarchitekten und stadtplaner PartG mbB

Landschaftsarchitektur

die naturgartenplaner

Landschafts- / Umweltplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Landschaft und Freiraum

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2017
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Planverfasser
Katja Aufermann, Ingrid Liebald
liebald + aufermann landschaftsarchitekten & stadtplaner bdla

Martina Lehmann, Isabella Sworowski, Martin Spiekermann

weitere Planungsbeteiligte
Biodiversitätskonzept; Pflanzplanung; Pflanzungen, Ansaaten und Entwicklungspflege mit Bürgerbeteiligung
Dr. Reinhard Witt und Katrin Kaltofen
(die naturgartenplaner)

Bauherr
Mehrere Baugemeinschaften und Genossenschaften

Zeitraum
2017 - 2020

Ökologische Mustersiedlung im Prinz-Eugen-Park

Die beiden Baufelder WA 15 und WA 16 sind Teil der ökologischen Mustersiedlung im Prinz-Eugen-Park in München. Dieser Anspruch findet sich auch in der Gestaltung und Materialität der Architektur und Freianlagenplanung wieder: Ziel war möglichst viele Materialien vor Ort wieder zu verwenden: Boden, Steine, Bäume und insgesamt die Versiegelung zu minimieren, das Regenwasser direkt über Bankette in Mulden zu versickern und so möglichst viele verschiedene Standorte und Nischen für Tiere und Pflanzen zu schaffen.

Die unversiegelten Flächen der Gemeinschaftsbereiche wurden in Zusammenarbeit mit den Naturgartenplanern Dr. Reinhard Witt und Katrin Kaltofen als artenreiche Wildstaudenbeete mit solitären Wildgehölzen ausgearbeitet. Auf den Freiflächen und Dächern wurde konsequent mit heimischen Wildpflanzen auf drei Ebenen nach dem Konzept der Naturgartenidee gearbeitet. Insgesamt wurden mehr als 300 verschiedene heimische Stauden- und Gehölzarten eingesetzt. Bei den flächigen Ansaaten ist heimische Vielfalt ebenfalls das oberste Prinzip. Die artenreichen Mischungen für Blumenrasen, Wildblumenwiesen, Wildblumensäume, Staudenbeete und Biodiversitätsdächer enthielten jeweils 60-70 Pflanzenarten. Die Saatgut-Mischungen wurden den durch Substrat und Exposition vorgegebenen Standorten angepasst. Zusätzlich wurden über 50 verschiedene Arten von Blumenzwiebeln eingesetzt.

Alle Vegetationsflächen wurden komplett oberbodenfrei hergestellt und bestehen aus Unterböden, die vor Ort entnommen und mit Hilfe von Zuschlagsstoffen, wie z.B. Sand und Kompost, verbessert wurden. Dabei entstanden unterschiedliche Standorte, da der Aushub sehr heterogene Bodeneigenschaften aufwies. So wurde aus Lehmlinsen Substrat für den Rosengarten und aus kiesiger Rotlage ein magerer Standort für den späteren Schmetterlingsgarten entwickelt.

Die Pflanzung sowie die Entwicklungs- und Dauerpflege führen die Naturgartenplaner gemeinsam mit den Anwohnern durch. So verstetigt sich das Wissen um die Pflanzen und Symbiosen mit Tierarten und erfüllt zugleich umweltpädagogische Zwecke: eine Staude, die man selber pflanzt und pflegt wird nicht zertrampelt oder gepflückt.

Auch beim Spielplatzbau wurden hauptsächlich naturnahe Materialien verwendet. Zusammen mit der projekt spielart GmbH wurde ein individueller Spielplatz mit zahlreichen Klettermöglichkeiten und Balancierangeboten gemeinsam mit den Bewohnern entworfen und dann gebaut.

Die Dachflächen über dem 5. OG bieten neben gemeinschaftlich nutzbaren Terrassenflächen auch Raum für den privaten Gartenbau. So wird das Gemüse für den Eigenbedarf auf dem gemeinschaftlichen Dachgarten (mit Gewächshäusern zur Verlängerung der Erntezeit) gezogen. Im Hinblick auf den Artenschutz wurden Teilflächen anderer Dächer, die oft die einzigen nicht Menschen oder Haustieren zugänglichen Grünflächen der Stadt darstellen, mit erhöhtem Substrataufbau als sogenannte Biodiversitätsdächer ausgebildet. Eine zusätzliche Anreicherung mit Totholz, Sandlinsen und Steinhaufen ermöglicht die Ansiedlung unterschiedlicher Vegetationsformen und Habitate. Wenige Dächer sind lediglich extensiv begrünt, beziehungsweise mit Photovoltaikanlagen belegt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Prinz-Eugen-Park fängt den Geist unserer Zeit in höchstem Maße ein: Der schonende Umgang mit Energie und Ressourcen und eine radikale Zurückhaltung in der Wahl der Materialien wird zur Basis der Planung. Die Planer:innen geben einen gestalterischen Rahmen vor, vorhandene Materialien werden wiederverwendet.

Im Vordergrund stehen hier nicht mehr die Designer, die der Anlage ihren gestalterischen Stempel einprägen und bis ins Detail durchdesignen, was die GaLa-Bau-Firmen dann genau so herzustellen haben. Die Landschaftsarchitekt:innen sind stattdessen in einen intensiven, kontinuierlichen, manchmal sicherlich auch mühsamen Planungs- und Arbeitsprozess mit den Bewohnern und Bewohnerinnen getreten und haben deren Sinn für Boden, Pflanze und Form geweckt. Alle arbeiten gemeinsam mit Schubkarre und Spaten, kommunizieren Pflanztipps und Hinweise zur Pflege.

Unbedeutend sind plötzlich Protokoll, Laptop und E-Mail. So entsteht der Garten der Quartiersbewohner:innen, die dann gärtnerisches Wissen ansammeln, sich austauschen, den Freiraum miteinander hegen und pflegen. Ein fast selbstverständlicher und gerade deshalb überzeugender Ansatz zur Verwirklichung idealen Zusammenlebens in der Stadt, quasi im Gleichklang mit der Natur.

Die Anlage erinnert an die Naturgärten der 70er und 80er Jahre und ist doch höchst aktuell – mit der dynamischen Vielfalt und Unberechenbarkeit der Blütenpflanzen, mit Gemüsebeeten auf den Dächern, mit Holz und Kies, mit dem Fehlen strenger Einfassungen und der Abwesenheit von 17-fach gemähtem Rasen. Eine wegweisende Arbeit des Teams, die diesen Hauptpreis voll und ganz verdient hat!

(Verfasst von Dr. Johannes Gnädinger, im Namen der Jury)
Lageplan

Lageplan

Baumerhalt im Baufeld

Baumerhalt im Baufeld

Blick in den Innenhof WA 16

Blick in den Innenhof WA 16

Detail aus dem artenreichen Wildblumensaum: Moschus-Malven, Echtes Labkraut, Wiesen-Knautien ...

Detail aus dem artenreichen Wildblumensaum: Moschus-Malven, Echtes Labkraut, Wiesen-Knautien ...

Rosengarten mit mehr als 30 Sorten Gartenrosen und dazwischen gesäten Wildblumen

Rosengarten mit mehr als 30 Sorten Gartenrosen und dazwischen gesäten Wildblumen

Gemüsegarten auf dem Dach

Gemüsegarten auf dem Dach

Zentraler Treff im Rosengarten

Zentraler Treff im Rosengarten